Tote lügen doch
Nach einem schönen Bild, wo mehr als tausend Worte sagt, unter der Überschrift „Tote lügen nicht“, heute das Gegenteil. Natürlich lügen die Verstorbenen nicht selbst, sondern Menschen, Institutionen, Politiker, die sie noch nicht einmal ordentlich zu zählen bereit sind.



Drei Entwicklungen von Corona-Toten (png)

Schwarz und rot zwei reale, jeder­mann bekannte Staaten, grün die Simu­lation eines fik­tiven Kranken­hauses, in das täglich 1000 einge­liefert werden, die es jeden Tag mit fünfpro­zentiger Wahr­schein­lichkeit verlassen, und zwar zu einem Viertel durch den Keller. Im Mittel sterben natür­lich 250 pro Tag, aber auch schon ein­mal 270 oder nur 230. Und um es gleich zu sagen: Es geht mir nicht darum, daß der schwarze Verlauf nur leicht, der rote aber stark steigt.

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Trendwende
In den letzten Tagen hatte selbst ich eine Besse­rung gesehen. Eine Woche lang fiel der R‑Wert täglich um 0,03. Doch kurz vor der Eins­linie war die Tal­fahrt zuende. Jetzt bewegen wir und schon mehrere Tage knapp darüber. Natür­lich beein­drucken mich kurz­zeitige Schwan­kungen nicht, die durchaus einmal den Eindruck einer säku­laren Entwick­lung machen können. Doch war sie erstaun­lich grad­linig. Schon zu Hallo­ween konnte ich ähnliches beob­achten: Ein schneller, sehr gleich­mäßiger Abfall ging plötz­lich in einen lang­same­ren, ebenso gleich­mäßigen über, und mit dem Errei­chen der Eins­linie stag­nierte alles.

Auch damals ging es um mögliche Einschrän­kungen. Und wenn ich dazu noch an den aller­ersten Lock­down denke, an dessen Ende das Robert-​Koch-​Insti­tut frech verkün­dete, der R‑Wert sei bereits zuvor unter Eins gesunken, dann bleibe ich bei meiner Einschät­zung: Wenn alles kata­stro­phal läuft und endlich Maß­nahmen ange­droht werden, dann reißen sich alle zusam­men oder bekom­men Angst und der R‑Wert fällt. Ist dann endlich ein Ent­schluß gefaßt und stehen Maß­nahmen ins Haus, schwin­det das Ver­langen, auf den letzten Drücker noch einen guten Eindruck machen zu können. Zusam­men mit der Aus­sicht, die ange­drohten Maß­nahmen werden es schon richten, lassen die Bemü­hungen nach.

Was bleibt, ist die Hoffnung auf besseres Wetter, mehr Geimpfte und Druck, Druck, Druck, dem die Landes­fürsten nicht auswei­chen können und der es den Land­räten nicht gestat­tet, sich wie schon immer bei Pro­blemen eins in die Tasche zu lügen, um gegen­über dem Nach­barn gut dazu­stehen.

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Tote lügen nicht
Nachdem mein Mitblogger Avantgarde beim Kollegen Chro­nisten­plicht meinen Blog denen empfahl, die sich vom Verlauf der Epi­demie ein Bild machen wollen, komme ich nicht umhin, auch eines zu zeigen:



Tests, Positive, Tote, Sterberate (png)

Hellblau sind die wöchent­lichen Testungen zu sehen. Sie dümpeln knapp über einer Million dahin. Darunter dunkel­blau die von diesen Tests gefun­denen Posi­tiven. Rot die Toten, jedoch um zwei Wochen nach vorne versetzt, weil zumin­dest zu Beginn der Epi­demie etwa zwei Wochen von der Infek­tion bis zum Ableben ver­gingen. Darunter grün die Leta­lität in Prozent, also die rote Linie geteilt durch die blaue.

Deutlich zu sehen sind die nullte Welle vor dem 25. Februar 2020 ohne einen ein­zigen Toten, gefolgt von der ersten, die bis Ostern recht genau in Form einer Normal­vertei­lung verlief, die gelb darge­stellt weit­gehend hinter der blauen Rea­lität ver­schwindet. Nach der Oster­delle ging es wegen eines um 0,9 stag­nie­renden R-Wertes nur noch einfach-​exponen­tiell bergab. Der Tönnies­berg kam zum denkbar schlech­testen Zeit­punkt. Er verdeckte den Umschwung von lang­samer Besse­rung zur Nach­lässig­keit. Es begann der lange Aufstieg der zweiten Welle. Der Ferien­berg darin mutet aus heu­tiger Sicht fast nied­lich an.

Interessant finde ich den kleinen Abschwung der beiden blauen Linien von der 52. auf die 53. Ka­lender­woche, also von Heilig­abend zu Sil­vester. Die Tests brachen um 22 Pro­zent ein, die Posi­tiven um 11. Ja, mehr Tests finden mehr Infi­zierte. Und ja, symptom­freies Testen bringt nicht mehr viel. Es ist aber völlig egal, denn es wurde prak­tisch konstant getestet. Die Schwan­kungen der dunkel­blauen Linie sind also weit­gehend der Ansteckungs­rate, nur mar­ginal der Test­rate geschuldet.

Ebenso interessant ist, daß die grüne Linie Ende August unter die Streek­sche Marke von 0,38 Pro­zent gefallen ist. Das war eine Zeit, da nur noch wenige ganz junge und gesunde Party­gänger sich gegen­seitig infi­zierten und einen Besuch ihrer Groß­eltern mieden. Wie aber schon früher von mir darge­legt und auf der Hand liegend, ist es nur eine Frage der Zeit, bis eine sich durch­seu­chende Minder­heit den Rest mit­reißt. Und so kam es dann auch. Die Leta­lität zog wieder um den Faktor zehn an. Wenn sie jetzt fällt, ist das einfach der Impf­erfolg, keine Lei­stung von uns Bürgern.

Fallend ist auch die rote Linie der Toten, die bis zu den den Impfungen weitgehend synchron zur blauen verlief. Und ich bitte, die beiden gelben Niveau­linien zu beachten. Sie zeigen die Zahl der wöchent­lich an Drogen bzw. Krebs ster­benden Menschen. Sie sollen die Mär von der Corona-​Grippe in die Schran­ken weisen.

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shred -fuxz wuerg.htm
Nach vielen Jahren ist es mir erneut gelungen, einen kleinen Kommentar zu schrei­ben, der umge­hend gelöscht wurde. Viel­leicht kann auch dieser Eraser seine Einlas­sungen kommer­ziali­sieren und wird durch wen auch immer in der Wiki­pedia gewür­digt: „Dazu gibt es zu jedem Cartoon eine Kommen­tar­sektion, die angemel­dete Nutzer zu ironi­schen oder witzi­gen Kommen­taren ver­wenden können.“ [1]

Heute wurde in mir unter der Über­schrift Fakten [2] der Eindruck erweckt, es solle mit ausge­sucht alter­nativen unter­mauert werden, es sei in diesem März besser als noch vor einem Jahr. Dem wagte ich zu wider­sprechen: „Jeder darf sich gerne geeig­nete FAKTEN heraus­suchen. Wenn aber schon März-​März-​Vergleich, dann: Diesen März über 400.000 positiv Gete­stete, letztes Jahr unter 75.000. Diesen März über 6000 Tote, vor einem Jahr keine 1000. Durch welche alter­nativen Fakten kann das wegdis­kutiert werden? Ich gebe aber zu: Ich war heute schon draußen, und die Erde machte einen recht flachen Eindruck.“

Nur Minuten später mußte ich zu meiner Verlet­zung der Eti­kette lesen: „Hier geht es um den fairen Austausch ­von Ansichten und Mei­nungen. Deshalb muss ich darum bitten, jede Form von Belei­digung oder Diffa­mierung zu unter­lassen.“ Und schon war mein Kommen­tar weg. Was brachte einen hoffent­lich gestan­denen Mann so schnell an seine Grenze? Die Fakten, das Wegdis­kutieren oder die flache Erde?

Ich machte mir daraufhin die Mühe, einige ältere Beiträge anzusehen. Nicht unbe­dingt meine Lebens­welt, doch nicht über eine gesunde Frei­heits­liebe hinaus abge­driftet. Warum also diese Empfind­lich­keit? Ich verstehe jeden, der Corona für nicht so schlimm hält und akzep­tiere auch ausge­wählte Fakten, die dieses Lebens­gefühl, diese System­kritik stützen. Nur verkehrt sich dadurch das Offen­sicht­liche nicht ins Gegen­teil. Mehr wollte ich nicht sagen.

[1] Wikipedia. Ahoi Polloi. Ich hatte den Eindruck, Ironie und Witz würden nur bildhaft verstanden, nicht in einem Text.

[2] Volker Groß: Fakten. PSYCHE & PHANTASTIK, 16.04.2021. Kurze Zeit später in „Positive...“ umbenannt.

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COMIRNATY
Heute wurde ich geimpft, nicht gegen Tetanus, sondern Corona. Ich hätte auch verrufe­neren Impf­stoff akzep­tiert, auch länger gewar­tet, zumal ich vor Wochen so und so noch annahm, ins Loch zwischen 60 und 80 zu fallen. Außerden pflege ich einen Umgang, der eine Infek­tion unwahr­schein­lich macht. Im Super­markt steckt man sich nur schlecht an, und Kontakt habe ich nur mit wenigen, die meisten davon bereits geimpft. Und da ich nachts nicht raus muß, jeden­falls nicht weiter als bis zur Toi­lette, kann es mir eigent­lich am Arsch vorbei­gehen, wenn junge Hedo­nisten sich gegen­seitig voll­sabbern. Auch ist nicht abzu­sehen, daß ich ein Inten­siv­bett benö­tige, in dem sie sich zuneh­mend im wahr­sten Sinn des Wortes breit machen.

Was mich aber wirk­lich ärgert ist, Teil eines dermaßen diszi­plin­losen Volkes zu sein, auch wenn die meisten anderen sich nicht gerade als über­legen erwiesen haben und wir uns mit der zweiten Welle noch etwas ins Zeug legen müssen, um deren Ver­säum­nisse zu über­bieten. Wir hätten Anfang März ohne einen einzigen Toten aus der Epi-, später Pandemie kommen und es wie Taiwan bei der nullten Welle belas­sen können. Statt jeden Einrei­senden in Zwangs­quaran­täne zu nehmen, haben wir uns munter anstecken lassen, wären aber ohne Karne­val und Winter­urlauber trotzdem mit aus heutiger Sicht lächer­lichen 1.500 Toten davon­gekommen. Doch wir ent­schieden uns, den Preis unse­res Frei­heits­gedusels zu zahlen und bauten auf die fünf­fache Menge an Toten und Infi­zierten aus. Trotzdem hätte bis Mutter­tag alles vorüber sein können, wenn die Ver­treter eines unge­zügel­ten Lebens und eines unge­trüben Handels sich nicht selbst ein Bein gestellt und Öffnungs­diskus­sions­orgien geführt hätten.

Jeder denkende Mensch konnte bereits im Juni sehen, daß es immer lang­samer bergab ging und es bis zum Wieder­anstieg nur eine Frage der Zeit sein würde, sofern man sich weiter­hin nicht bemüht. Und wie es gerechter­weise so ist, verdeckte der Tönnies-​Berg diesen Umkehr­punkt. Sorg­losig­keit und Dumm­heit blieben, Gewöh­nung leistete ihren Beitrag, Ethik­gelaber trat in den Hinter­grund. Den Arsch­löchern der Anfangs­phase, die mit dem Virus zu leben rieten, wurde recht gegeben. Es kam zur zweiten und dank Impfung wohl letzten Welle, deren Höhe­punkt wir hoffent­lich bereits hinter uns haben, zu dem es uns gelungen war, die Corona­toten vom Niveau der Drogen­toten auf das der Krebs­toten zu stei­gern. Am Ende können es 5 Mil­lio­nen Infi­zierte und 120.000 Tote werden. Das Dreißig- bzw. Fünf­zehn­fache der ersten Welle, und immer noch ist das Gelaber der Leugner nicht verstummt, im Gegenteil.

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3.011.513
Heute nennt das Robert-Koch-Institut 3.011.513 positiv auf Corana gete­stete Deut­sche oder Men­schen auf deut­schem Boden oder „Per­sonen mit Wohn­sitz oder gewöhn­lichem Auf­ent­halt“ in Deutsch­land. Die letzten fünf, sechs Stellen mögen nicht der Rea­lität entsprechen. Worin diese besteht, kann man auch nicht sagen. Selbst eine theo­retisch rich­tige Zahl gibt es nicht. Wer meint, es seien deutlich mehr, spricht von ande­ren Größen, etwa den unbe­kann­ten wirk­lich Infi­zier­ten, die selbst­verständ­lich nicht alle regi­striert wurden. Nachdem ich noch vor drei Tagen über den Feynman-​Punkt schrieb, der 762. Nach­komma­stelle von pi, ab der sechs Neunen hinter­ein­ander auf­treten, wären gestern 2.999.999 schön gewesen. Für heute waren sie nicht mehr denkbar. Damit hat π im Ziffern­lotto sechs Rich­tige, Corona nur zrei.

Der Vergleich von Corona mit Lotto ist gar nicht schlecht. Wer jede Woche eine Reihe tippt, kann im Laufe eines Jahres mit fol­genden Gewin­nen rechnen: Gewinn­klasse 1 (sechs Rich­tige mit Super­zahl), nach wochen­langem Siechtum am Geburts­tag zu sterben. Gewinn­klasse 2 (sechs Rich­tige), das gleiche am Monats­letzten, einen Tag vor Renten­fällig­keit. Für Gewinn­klasse 3 (fünf Rich­tige mit Super­zahl) ist kein beson­derer Tag erfor­der­lich. Gewinn­klasse 4 (fünf Rich­tige) ent­spricht der Wahr­schein­lich­keit, über­haupt an, mit oder dank Corona dahin­zuschei­den. Gewinn­klasse 5 (vier Rich­tige mit Super­zahl) erfor­dert mehrere Erkrankte in einem Haus­halt. Gewinn­klasse 6 (vier Rich­tige) erreicht man alle 23 Jahre. Solange wäre auf eine eigene Ansteckung zu warten, ginge alles wie bisher weiter. Gewinn­klasse 7 (drei Rich­tige mit Super­zahl) ent­spricht der Quaran­täne wegen eines ernst­haften Ver­dach­tes. Mit Gewinn­klasse 9 (zwei Rich­tige mit Super­zahl) darf man fast jedes Jahr rechnen, wenn für den Sommer­laub ein teurer Test zu blechen ist. Bleibt Gewinn­klasse 8 (drei Rich­tige). Das ist der zweite Test für den Winter­urlaub.

Der vernünftige Mensch spielt weder Lotto, noch hat er Angst vor Corona, weil er weder mit einem Gewinn, noch einer Erkran­kung rechnet. Es gibt aber Viel­spieler, die das Glück heraus­fordern, die dem Reiz der hohen Gewinne erlegen sind. Ohne die würde kaum einer Lotto spielen. Dann wäre es attrak­tiver, mit den Sauf­kumpa­nen um die näch­ste Runde zu wür­feln. So ist es auch mit den Viel- und System­spie­lern in der Corona-​Lot­terie. Sie fordern ihr Glück heraus, gewin­nen aber leider zu selten etwas von Bedeu­tung. Und im Gegen­satz zu wirk­lichen Glücks­spie­lern teilen sie ihren Gewinn auch noch groß­zügig mit anderen. Die wollen aber gar nicht mit dem Teufel im Bunde stehen, benö­tigen die Silber­linge nicht. Auch keine Annahme­stellen, die rund um die Uhr geöff­net haben, weil sie von 20 bis 6 Uhr so und so zuhause bleiben.

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160-Stunden-Inzidenz
Die Überschriften bei Google-News durch­scrollend lese ich „Sieben-​Tage-​Inzi­denz geht leicht zurück“ und denke mir, der eine oder andere Schrei­ber­ling hätte es durch­schaut. [1] Der Beginn des Arti­kels mit „meldet 7.051 neue Corona-​Fälle ‒ etwa 1200 mehr“ und „dennoch sinkt die Sieben-​Tage-​Inzi­denz“ ließ auf Wider­spruchs­erken­nung hoffen. Doch weit gefehlt, es wird einfach hinge­schrieben, was vom RKI angeb­lich gemeldet wurde, daß die Sieben­tage­inzi­denz von 135,2 auf 132,5 gefallen sei. Dann noch ein paar weitere Zahlen und Bild­chen, und das Zeilen­honorar ist einge­strichen.

Gelegentlich hatte ich das RKI verdächtigt, Fälle auf das Ansteckungs­datum rück­zuda­tieren und damit zu nie­drige aktuelle Werte raus­zuhauen, die dann in den Folge­tagen von der Öffent­lich­keit unbe­merkt ange­hoben werden. Das triftt für den R-Wert wohl auch zu. Für die Sieben­tage­inzi­denz ist es schlich­ter und bru­taler: Die im Laufe des gestrigen Tages gemel­deten neuen Fälle kommen in die Spalte „Diffe­renz zum Vortag“. Unter „Fälle in den letzten 7 Tagen“ werden von diesen nur solche gesam­melt, die von den Gesund­heits­ämtern auch auf einen Tag der vergan­genen Woche datiert wurden. Ich muß also ein Lob ausspre­chen: Eine Abwei­chung beider Zahlen von nur 5 Pro­zent läßt darauf schließen, das zwei Drittel aller Fälle noch am gleichen Tage über­mittelt werden. [2]

Es bleibt dabei, was ich zum 20. März schrieb: RKI nennt 104, ich sehe für die vergan­gene Woche 108, was aktuell wohl 126 sein werden. Und heute: RKI 132 und ich 142 für die vergan­gene Woche, etwa 160 aktuell. [3] Man kann sich nicht damit entschul­digen, die Berech­nungs­methode genannt zu haben. Zur guten und redli­chen Wissen­schaft gehört, Begriffe und Kenn­zahlen ange­messen zu bilden. Ich sähe gerne, daß Corona nicht nur die Belie­big­keit im Denken fördert, sondern auch zur oft behaup­teten neuen Wissen­schaft­lich­keit bei­trägt. Viro­logie mit seichter Stati­stik und Medizin als Hand­werk werden das nicht bewirken.



Wochenverlauf meiner Inzidenzen (blau) und der des RKI (rot) (png)

Nun ist ein Tag vergangen. Das RKI und ich mußten unsere 160- bzw. 168-Stunden-​Inzidenz beide um 2 anheben. [4] Die vorste­hende Abbildung zeigt die Verläufe des letzten Monats. Den säkularen Unterschied von etwa 5 Pro­zent hatte ich gestern erläu­tert. Heute ein paar weitere Bemer­kungen, die verdeut­lichen sollen, daß es sich nicht nur um zufällige Schwan­kungen handelt, sondern auch um schlichte Fehl­berech­nungen, sei es aus Nai­vität, Verbes­serungs­angst oder vorsätz­licher Augen­wischerei.

Vor einem Jahr erwies sich der Viertage-R‑Wert trotz Glättung als stark schwankend und wochengängig. Der Siebentage-R‑Wert hat das naturgemäß abgemildert. Es blieben aber die Schwan­kungen dieser zweiten Ablei­tung der Gesamt­infek­tions­zahlen. [5] Die erste Ableitung ist numerisch stabiler zu bestimmen und zu plötz­lichen starken Schwan­kungen kaum in der Lage. Es war also geschickt, den R‑Wert vergessen zu machen und auf die Sieben­tage­inzidenz zu setzen, von der man eigent­lich nicht nur dem Namen nach eine geringe Wochen­gängig­keit erwarten sollte. Das ist grundsätzlich auch so. Geringe Zuwächse am Wochenende werden durch ebenso geringe Abgänge eine Woche zuvor ausge­glichen. Nur holt man sich einen Teil dieser vermeid­baren Schwan­kungen wieder herein, wenn man die Zahlen im Wochen­verlauf ungleich­mäßig stutzt. Dem Bild ist deutlich zu entnehmen, wie die vom RKI raus­gehau­enen Inzi­denzen auf Mittwoch einbre­chen, weil der Melde­verzug am Wochen­beginn beson­ders hoch ist. Da reicht ein kleiner lokaler Aus­setzer, und schon kann es wie gestern trotz säku­laren Wachstums von täglich 4 Prozent zu rück­läufigen Werten kommen.

Ich bin sicher, die richtigen Wissen­schaftler des RKI haben schon längst vorge­schlagen, die Berech­nung der Inzi­denzen auf realisti­schere und allein schon dadurch stabi­lere Beine zu stellen. Das könnte von der Leitung abge­schmet­tert worden sein, die dem Volk keine weiteren Ände­rungen zumuten will. Plötz­lich leicht höhere Werte sind poli­tisch nicht gewollt und diskre­ditieren die vergan­genen Ver­lautba­rungen. Image wird vor Redlich­keit gehen. Mehr erwarte ich auch gar nicht von einer Behörde eines unver­stän­digen Volkes. Nur sollte man immer dann, wenn vom Einfluß der Wissen­schaft auf die Politik die Rede ist, neben den Ethik­räten auch das RKI außen vor lassen.

Ich könnte diesen Mangel dem RKI schrift­lich vortragen, gehe jedoch davon aus, daß er bereits lange Zeit bekannt ist. Außerdem sollen Anfragen regel­mäßig mit dem Über­lastungs­argument abge­schmet­tert werden. Und für blöde Antworten benötige ich das RKI nicht. Da reichen mir Voda­fone und Lidl. Viel­leicht wird irgend­wann im Elfen­bein­turm der wahre Sach­verhalt geklärt. Nur inter­essiert es dann weder die dumpfe Masse noch die sich Journa­listen nen­nenden Über­schrifts­akro­baten. Obwohl: Ganz frei bin ich davon auch nicht, sonst hätte ich nicht mit „160-Stunden-​Inzi­denz“ über­schrieben, sondern „Vorschläge zur Verbes­serung der Kalku­lations­genauig­keit von Inzi­denzen auf Basis zensu­rierter Melde­daten“ als Titel gewählt.

Wieder ist ein Tag vergangen, nämlich der Gründonnerstag, an dem Katho­liken Grün­kohl mit fettiger Wurst essen dürfen, sich aber im Umfeld merk­wür­diger Umtriebe wohl lieber mit einhei­mischen Spezia­litäten den Magen voll­schlagen, auch mit Fisch. [6] Möglicher­weise hat ihr reli­giöser Eifer während der hei­ligen Karwoche ein paar Corona-​Fälle als weniger wichtig auf dem Schreib­tisch liegen lassen. Jeden­falls läßt das RKI die Sieben­tage­inzi­denz heute erneut bei 134 verharren. Ein Zeichen dafür, daß die Melde­quote der letzten Tage deut­lich hinter das normale Maß zurückfiel. [7]

Ganz so schlimm ist es nicht, denn die vom RKI behauptete Stagna­tion beruht zumin­dest zu Teil tatsäch­lich darauf, daß es in den letzten drei Tagen weniger forsch nach oben ging als in den zehn zuvor. Ist es nur voröster­liche Melde- und Test­müdig­keit oder fromme Einsicht? Jeden­falls sehe ich es einen Funken besser als die dauernd vom exponen­tiellen Wachstum und der dritten Welle brab­belnden Instituts­leiter, Poli­tiker, Nach­richten­sprecher, Talk­schau-Teil­nehmen­den und -Mode­räto­rinnen: Die Wachtums­rate geht zurück. Bleibt es dauerhaft dabei, ist nicht mit einem Anstieg durch die Decke zu rechnen, sondern nur mit einer Berg­spitze, so hoch sie auch sein mag. [8] Und von einer dritten Welle würde ich erst sprechen, wenn die derzei­tige Entwick­lung anhält und sich nicht als erneute Delle in der zweiten Welle erweist.

Wieder ist ein Tag vorüber. Und auf den heutigen Karsamstag ist sowohl meine, als auch die Sieben­tage­inzidenz des RKI um 3 gesunken. Drei Tage in Folge liegt mein Wert um stolze 10 höher. Das ist recht viel und Folge eines in der Karwoche zu erwar­tenden wach­senden Melde­verzuges, der sich auch im Gesamt­volumen deutlich bemerkbar macht, wodurch selbst meine Werte gedrückt werden. Ein weiterer Grund für den Einbruch der Sieben­tage­inzidenz sind in der Karwoche zurück­gestellte, unter­lassene und unbear­beitete Tests. Im besten Falle führte das rasante Wachstum der letzten Wochen zu Angst oder gar voröster­licher Einsicht. In einer Woche wird sich alles norma­lisieren, auf welchem Niveau auch immer.

Heute ist Mittwoch nach Ostern, und zum erstenmal höre ich in den Fernseh­nach­richten, daß die Sieben­tage­inzidenz auf unvoll­stän­digen Daten beruhe. Wohl keine selbst­bewußte Entschei­dung der Redak­tion, sondern wie andere falsche und richtige Mittei­lungen wohl einfach Folge eines neuen Warn­hinwei­ses des RKI am Beginn ihrer tägli­chen Verlaut­barungen. Ehrli­cher als solche Inter­preta­tionsbei­gaben, die viele überhören und andere nicht benötigen, wären zwei Mög­lich­keiten: Nur noch win­zigen Ände­rungen unter­liegende Sieben­tage­inzi­denzen von vor einer Woche anzu­geben und diese Verzö­gerung mit der gleichen Pene­tranz zu erläu­tern mit der auch der R‑Wert erklärt wurde. Oder ein ordent­liches Modell benutzen, das aktu­elle Werte mög­lichst gut prog­nosti­ziert, vor allem im Mittel nicht von der Rea­lität abweicht. Das sollte doch möglich sein, denn so spontan entwickeln sich die wahren Verhält­nisse nicht.

[1] Sieben-Tage-Inzidenz geht leicht zurück. FAZ, 30.03.2021. Leider keinen Autor gesehen. Und Schrei­ber­ling/liese bzw. Schrei­ber­ling_in waren mir etwas zu sperrig.

[2] Grobe Rechnung: Werden von täglich 100 Fällen 65 noch vor Mitter­nacht gemeldet, die rest­lichen 35 wenig­stens am nächsten Tag, so berück­sich­tigt das RKI wöchent­lich 665 der insge­samt 700. Das sind 5 Pro­zent zuwenig.

[3] Das geht mit Schulmathematik: RKI-Zahl vergessen. Gesamt­zahl der letzten Woche von der heu­tigen abziehen (2.808.873−2.690.523=118.350) und durch 835 teilen ergibt die 142. Da wir (gegen Mittag) dem Mittel der vergan­genen Woche um vier Tage voraus sind, fügt es sich gut, daß der R-Wert auf vier Tage berech­net wird: Also einfach mit dem aktuel­len R=1,13 multi­pli­zieren, und schwupps ist man bei reali­sti­schen 142⋅1,13=160 für heute.

[4] Ich spreche spaßes­halber von einer 160-Stunden-​Inzidenz des RKI, weil deren Werte um etwa fünf Prozent zu klein sind. Da 7 Tage 168 Stun­den haben und nach Abzug von 5% nur noch 160 bleiben.

[5] Meine R‑Werte waren glatter und reali­stischer. Warum das RKI diese Genauig­keit nicht über­bieten konnte, kann ich mir nur damit erklären, daß man in der Anfangs­hektik ein wenig reali­sti­sches Modell zusammen­gekloppt und später vor einer Verbes­serung oder Erset­zung Angst hatte. Und die ist berech­tigt, wenn man bedenkt, wie sensibel und gemein das deut­sche Volk jede Korrektur beob­achtet und verur­teilt.

[6] Und zwar mit echtem Fisch, keine ertränkten Schweine, auch keine Hühner, die zu Karpfen wurden, so wie Wein zu Blut. Jeden­falls erinnere ich mich, daß in meiner Kind­heit, da die Kühl­kette noch mit Wasser-, nicht Trocken­eis aufrecht erhalten werden mußte, am Palm­sonntag nord­deutsche Prote­stanten Last­wagen mit Fisch voll­stopften, nach dem süddeut­schen Katho­liken in der hei­ligen Woche der Sinn stand. Der Handel überwand schon immer Glaubes­grenzen und damals noch vorhandene Rassen­unter­schiede.

[7] Daß heute in der sächsischen Gesamtsumme 1000 Fälle fehlten, hat nichts damit zu tun. Ich erwähne es nur, weil ich lange suchen mußte, nachdem ich bemerkte, daß meine Addition der Länder um 1000 geringer ausfiel. Als ich die Diffe­renz fand, hatte das RKI seine Angaben bereits korr­igiert. Da ich auch bei mir Fehler suche, zog ich eine Sinnes­täu­schung in Betracht. Leider hatte ich nichts gespei­chert und muß Google loben. Dort standen noch 222.859 statt 223.859 für Sachsen im Cache. Da die tägliche Fallzahl von 1.595 von Anfang an stimmte, also eine innere Inkon­sistenz der Tabelle vorlag, darf ich annehmen, daß die Zahlen nicht auto­matisch einer Daten­quelle ent­nommen, sondern von Menschen abge­schrieben werden. Auch eine Plausi­bilitäts­prüfung scheint es nicht zu geben. Früher hätten Buch­halter die Neuner­probe gemacht. Das kann alles passieren. Man darf auch vergessen, die Aktua­lisie­rungs­zeit hochzu­setzen. Oder versteht das RKI darunter nur den gelegent­lich bis in die Mittags­stunden rei­chen­den Zeit­punkt, da der Vortages­bericht durch einen aktu­ellen ersetzt wird?

[8] Und für die mir in letzter Zeit nicht wegen ihrer Grund­auffas­ssung, sondern mit anhal­tenden merk­wür­digen Argu­menta­tionen und Spitz­findig­keiten auf den Sack gehenden Quer­denker: Ich weiß, daß durch die Endlich­keit der Deutschen jedes Wachstum ein Ende findet und es in jedem Falle auch wieder bergab gehen wird. Ich meine mit Berg einfach einen, der deut­lich hinter die Gesamt­popu­lation zurück­fällt.

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