von links nach rechts
Wer die Verarscheraufgabe 8÷2(2+2) stellt, will zumeist mit dem Ergeb­nis 16 glän­zen, weil Multi­plika­tionen und Divi­sionen stur von links nach rechts auszu­führen seien, während mein Taschen­rechner und ich die 1 bevor­zugen. Wie kann ich das begrün­den? Wann geht es von links nach rechts, wann umkehrt?

Selbst in der Stein­zeit war nicht nur klar, wo oben und unten sowie vorne und hinten ist. Man unter­schied auch die rechte, starke, geschickte Hand von der unge­schick­teren linken. Damit war das Gute, der Rex rechts, die andere Seite links. Wie Jesus zur Rechten Gottes, saßen die Königs­treuen rechts, die Aufmüp­figen links.

Die meisten Menschen schreiben von links nach rechts. Nicht weil sie mit der guten rechten Hand schreiben und das Geschrie­bene sofort sehen möchten, sondern weil unsere Vor­fahren links den Meißel hielten und mit der Rechten zuschlu­gen. Deshalb hing das Schwert links, weshalb Männer links der Frau gingen und aufs Pferd stie­gen, dem Vor­gänger des Fahr­rades.

Da es nahelag, die höher­wer­tigen Zahl­wörter oder Zahl­zeichen zuerst zu nennen und die Baby­lonier von links nach rechts schrieben, stehen in der ganzen Welt die höher­wer­tigen Ziffern links. In der Folge werden mathe­matische Ausdrücke von links nach rechts geschrieben und gelesen.

Wie beim Schwert kommt auch in der Mathe­matik das Gegen­teil ins Spiel. [1] Noch vor gar nicht langer Zeit schrieb man Zahlen aus und formu­lierte Opera­tionen sprach­lich. So sagte man „fünfmal drei“ und nicht „drei fünfmal“, wodurch die zu verviel­fachende Zahl (Multi­pli­kand 3) nach hinten (rechts) und die Verviel­fachung (Multi­plika­tor 5) nach vorne (links) kam (5⋅3=3+3+3+3+3).

Das könnte einem am Arsch vorbei­gehen, ist die Multi­plika­tion doch kommu­tativ (5⋅3=3⋅5). Doch wurde und wird ganz allge­mein der Operator vorzugs­weise links vom Ope­randen geschrie­ben. So steht f(x) für „f von x“, die Anwen­dung von f auf x, so sehr manch einer auch xf (wende auf x die Funk­tion f an) für besser mag. [2]

Wer in der Schule zu den Vektor­räumen vorge­stoßen ist, wird sich viel­leicht an an a(bv)=(ab)v erinnern. Nur wenige werden sich gefragt haben, warum man nicht umgekehrt (vb)a=v(ba) geschrie­ben hat, was einen echten Unter­schied macht, wenn ab≠ba ist. [3]

Kurz: Man erhält keine neue Mathe­matik, wenn man links und rechts ver­tauscht oder hier oder da einer anderen Nota­tion frönt. Man ist aber gut beraten, sich an Konven­tionen zu halten, wenn man sich nicht im stillen Kämmer­lein eine eigene, von anderen nur mit Mühen zu verste­hende Welt schaffen will.

Deshalb ist es meines Erach­tens gerecht­fertigt und sinn­voll, in arith­meti­schen Aus­drücken die Multi­plika­tionen vor den Divi­sionen auszu­führen. Dann wäre selbst 8÷2×(2+2) als 8/(2⋅4)=8/8=1 zu sehen.

[1] Bevor hier keiner schreibt, aber mancher denkt, die Römer hätten nicht nur in alten Film­schinken ihr Schwert rechts getragen, der möge beachten, daß dies nur für den ein­fachen Kämpfer galt, der oftmals in der Linken ein Schild zu bän­digen hatte. Außer­dem war sein Gladius recht kürz.

[2] Saunders Mac Lane: Kategorien. Springer, 1972. „Sind Abbil­dungen f: XY und g: YZ gegeben, so wird die Kompo­sition gf: XZ defi­niert ver­möge (gf)x=g(fx) für alle xX. […] Es sei jedoch ange­merkt, daß viele Autoren die ent­gegen­gesetzte Reihen­folge benut­zen.“ (S. 8)

[3] B. L. van der Waerden: Algebra I. Springer, 1971. Für viele viel­leicht befremd­lich beginnt er mit dem Rechts­vektor­raum, der eben­mäßi­ger zu den bevor­zugten Dar­stel­lungen in Schule und Physik führt.

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Wahlbetrug
Letzten Sonntag fand der erste Wahlgang zum Ober­bürger­meister in Ludwigs­hafen ohne den sitten­widrig ausge­schlos­senen Kandi­daten Joachim Paul von der AfD statt. Die Wahl­betei­ligung sank von 60,2 Prozent im Jahre 2017 auf nunmehr 29,3. Nach Abzug der ungül­tigen Stimmen floß ein Anteil von p=0,293⋅(1−0,092)=0,266 der Wahlbe­rech­tigten in die prozen­tualen Ergeb­nisse ein. Im Jahre 2017 war er noch q=0,602⋅(1−0,026)=0,586. Das Ver­hält­nis bezeichne ich mit λ=p/q=0,454.

Sollten alle, die unter normalen Umständen AfD gewählt hätten, nunmehr sich ent­halten oder eine ungül­tige Stimme abge­geben, die übrigen sich aber unbe­ein­druckt von den Machen­schaften im Vorfeld der Wahl gezeigt haben, so ist von einem AfD-​Anteil der Wahl­berech­tigten in Höhe von qp=0,32 auszu­gehen. Unter recht­mäßgen Umstän­den hätte das zu einem Wahl­ergeb­nis von a=1−λ=54,6% für die AfD geführt:
             manipuliert    rechtmäßig  
Beteiligung        29,3%    60,2%
ungültig            9,2%     2,6%
gezählt            26,6%    58,6%       
AfD           -      -      32,0%  54,6%
CDU         41,2%  11,0%    11,0%  18,8%
SPD         35,5%   9,4%     9,4%  16,0%
Wegner      15,7%   4,2%     4,2%   7,2%
Volt         7,6%   2,0%     2,0%   3,4%
           100,0%  26,6%    58,6% 100,0%
Der naive demokratische Leser mag nun denken, daß es besser für ihn aussähe, hätte sich statt allen nur ein Anteil α<1 derer, die normaler­weise AfD gewählt hätten, nicht betei­ligt. Doch gefehlt, denn dann stiege das AfD-​Ergebnis auf a=(1−λ)/α.

Den demokratischen Wunsch­vorstel­lungen näher kommt, daß auch ein Anteil β der Demo­kraten nicht an der Wahl teil­nahm, weil sie den Ausschluß nicht gerecht fanden oder meinten, ihrer Haltung keinen Ausdruck mehr ver­leihen zu müssen, da so und so CDU und SPD für eine Stichwahl übrig­blieben, zu der 2017 auch nur 34,8% erschienen. In diesem Falle schrumpft das AfD-​Ergebnis auf a=(1−λβ)/(αβ). Im demo­kratie­freund­lich­sten Falle von α=1 ergibt sich:
 β     a    Bemerkung                    
 0%  54,6%
 9%  50,0%  Grenze zur absoluten Mehrheit
10%  49,6%
20%  43,3%
30%  35,1%
36%  29,2%  AfD und CDU gleichauf
38%  26,2%  AfD und SPD gleichauf
40%  24,3%
50%   9,2%
55%   0,0%  Grenze im Falle α=0
Das macht doch Hoffnung! Sind nur β>9% der Demokratie­wähler zuhause geblie­ben, hätte die AfD im unma­nipu­lierten Normal­falle die abso­lute Mehr­heit verfehlt und wäre sodann in der Stich­wahl geschei­tert. Schöner, aber unrea­listischer ist β>38%, weil die AfD dann sofort aus­schiede.

Ich glaube, die Demokraten haben ihre gute Chance vergeben, Joachim Kaul späte­stens in der Stich­wahl zu bezwin­gen. Aber das Bedürf­nis, ein Zeichen gegen Rächts zu setzen, war wohl zu groß. Und nun droht nach erfolg­reicher Klage der Sieg im ersten Wahlgang.

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4 : 0
Ich habe gehört, es gäbe 20.000 Kandi­daten zur Kommunal­wahl in NRW³, davon 6.000 aus der AfD, von denen vier nach Druck­legung der Wahl­zettel ver­starben, von den übrigen Par­teien aber keiner. Und sofort ist die AfD mit ihren C‐Schwurb­lern und Chem­trai­lern um eine Ver­schwö­rungs­theorie reicher.

AfD-Knacker zwischen 50 und 70 mögen leichter sterben als Jung­spunde von Volt, doch kandi­dieren Kranke eher selten, weshalb man mit einer Morta­lität von 15 pcm binnen des angeb­lich zehn­tägigen Beobach­tungs­zeit­raumes im Mittel wohl ganz gut liegt. Dann wären insgesamt drei Todes­fälle zu erwarten, einer bei der AfD, zwei bei den Demo­kraten.

Egal, ob es in Wirklichkeit mehr oder weniger als geschätzt sind, kann man sich dennoch fragen: Wie groß ist die Wahr­schein­lich­keit, daß von vier Fällen alle in die 30% große Gruppe der AfD fallen? Bei den groben Grund­lagen sei eine gute Nähe­rung erlaubt: Sie lautet ledig­lich (3/10)⁴≈8‰, doch immer noch doppelt so hoch wie drei Sechsen. [1]

Das klingt verdächtig wenig, doch den Rosinen­pickern gelingt es immer wieder, solche Edel­steine in der riesigen Fülle von Vor­komm­nissen zu finden. Es erin­nert mich an ein Pflege­heim, in dem eine Impfung mehrere Insas­sen tötete. Zum einen war das einfach nicht wahr, und zum anderen wird dort ständig gestor­ben, auf daß sich unter tausen­den Heimen leicht eines mit deut­lich über­höhter Sterbe­rate finden läßt.

Die AfD-Kandidaten werden nicht aus Angst vor einer Nicht­zulas­sung gestor­ben sein. Auch wird es sich nicht um Mord handeln, jeden­falls nicht um erfolg­reichen, denn neue Stimm­zettel mit den Stell­ver­tretern sind bereits in Arbeit. Da es aber immer idio­tische Täter geben könnte und man Ver­schwö­rungs­theorien nicht freien Lauf lassen sollte, wäre eine genaue Unter­suchung der Todes­umstände samt Ver­öffent­lichung ihrer Ergeb­nisse sinnvoll.

[1] 04.09.2025: Ich hätte anfügen sollen, was damals bereist auf der Hand lag: Die Wahr­heit wird wohl sein, daß der betrach­tete Zeit­raum deutlich länger als 10 Tage betrug und bei den Parteien abseits der AfD gar nicht nach Toten geschaut wurde oder deren Kandi­daten deut­lich jünger sind.

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Tag der Flagge
Am heutigen National­feier- oder Unab­hängig­keits­tag werden sich die Ukra­iner ins Zeug legen. Gestern feierten sie ihren Tag der Flagge. Die Russen vorge­stern. Ich wußte zwar, daß es für viele Dinge, Fetische und Sicht­bar­keiten einen Tag gibt, Flaggen aber hatten sich noch nicht in mein Gedächt­nis einge­graben, auch der ameri­kanische 14. Juni nicht. Das liegt wohl daran, daß wir keinen Flaggen­tag feiern, noch nicht einmal für die Regen­bogen­fahne.

Dank der Front­bericht­erstat­ter weiß ich auch vom Ende des Sommers im Ukraine-​Kon­flikt, da die Russen angeb­lich eine Stadt nicht angreifen, sondern sich mit einem Vorort begnügen, um es sich darin für den Winter gemüt­lich zu machen. Für dieses auch Beginn der Heiz­periode genannte Sommer­ende wurde mehr­fach der heutige oder gestrige Tag genannt. Ist das eine Verwech­selung von August mit Sep­tember, die vielen beim Abkup­fern nicht auffiel?

Bei uns beginnt die Heizperiode mit dem 1. Okto­ber und der meteo­rolo­gische Herbst auch erst am 1. Sep­tember. Auf der Nord­halb­kugel ist der Sommer im eigent­lichen, dem astro­nomi­schen Sinne erst mit der Tag- und Nacht­gleiche am 22. Sep­tem­ber 2025 zuende. Und zwar um 20:19 mittel­europä­ischer Sommer­zeit, etwa der Ortszeit von Kiew.

Pi | Tau | Schnitzel | Kiew-Zeit

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PEMDAS
Mein Leben lang hatte ich keine Probleme mit der Auswer­tung arith­meti­scher Ausdücke, in denen Zahlen, Plus-, Minus-, Mal- und Geteil­tzeichen, Bruchstriche, Hochzahlen, Wurzeln und vieles andere mehr vor­kamen, auch wenn sie unvoll­ständig geklam­mert waren, denn im allge­meinen ergibt sich das von selbst, wenn man die Schule durchläuft.

Natürlich kenne ich nicht nur Sprüche wie „rechts vor links“ und „erst links, dann rechts, dann geradeaus, so kommst du sicher gut nach Haus“, sondern auch „Punkt vor Strich“. Aus ihnen leite ich nicht mein Verhalten ab. Vielmehr ist es umgekehrt. Die Erfahrung aus dem Rechts­verkehr lehrt mich, was günstig ist. Wenn ich in der Eile durchaus Strich vor Punkt sage oder gar denke, so siegt doch schnell die ver­inner­lichte Rea­lität, Über­ein­kunft, Gepflo­gen­heit.

Bei manchen scheint es umgekehrt zu sein. Sie müssen blöde Regeln erlernen, um dank ihrer zum kor­rekten Ver­halten oder Ergeb­nis zu kommen. Ich will mich nicht über sie lustig machen, denn ich bin nicht aus bürger­lichem Hause, da man „mit, nach, von, zu, bei, aus“ nebst „durch, für, ohne, um, gegen“ nicht lernen muß, um mir und mich nicht zu verwech­seln. Gleich „Punkt vor Strich“ reicht das allein nicht aus.

So wie es keinen Grund gibt, aus mir oder mich deucht, einen Grund­satz­streit zu machen, ist auch 8÷2(2+2) keine Denk­sport­aufgabe, deren ver­meint­lich kor­rekte Auswer­tung nicht auf 1, sondern 16 zu führen hat, weil PEMDAS zu beachten sei. Das bedeutet „Paren­thesis, Expo­nentia­tion, Multi­plica­tion, Divi­sion, Addition, Subtrac­tion“ und kommt dem ameri­kani­schen Hang zu bedeu­tungs­schwan­geren Abkür­zungen nach, deren Buch­staben über den Inhalt hinaus auch noch zu lernen sind: Please Excuse My Dear Aunt Sally.

Doch löst PEMDAS allein das Problem nicht, denn es ist nicht nur zusätzlich zu lernen, daß M und D, aber auch A und S gleich­berech­tigt sind. Außerdem ist P keine Ope­ration und geson­dert zu ver­stehen. Von E will ich gar nicht reden. Auch nicht von − als Negation, einer einstel­ligen Opera­tion, die auf das addi­tive Inverse abbil­det. Zudem wird nichts aus­gesagt über die Reihen­folge der Aus­füh­rung. Weil Addi­tion und Subtrak­tion in der Sprech­reihen­folge, also von links nach rechts auszu­führen sind, muß es doch bei der Multi­plikation nicht ebenso sein, schließlich steht der Multi­pli­kator links vom Multi­plikan­den, und Lehrer werten 5⋅3=5+5+5 schon mal als falsch.

Inzwischen haben sich neben den Besser­wissern auch die Ver­nünf­tigen zu ‚viral gehenden‘ Aufgaben wie 8÷2(2+2) zu Wort gemeldet. Sie weisen auf den fehlen­den Multi­pli­kations­punkt hin, was Taschen­rechner durch­aus zum Ergeb­nis 1 bringen kann. Vor allem aber bemerken sie, daß es keine mathe­mati­sche Frage ist, allen­falls eine der je nach Geschmack kor­rekten Lineari­sierung von Aus­drücken. Mathe­mati­ker bevor­zugen nicht nur eindeu­tige, sondern auch schöne Dar­stel­lungen. Keiner würde 1/2x² als x²/2 oder ½x² sehen. Vernünf­tiger­weise ver­wendet man unge­klam­mert nur höch­stens ein Divi­sions­zeichen und sieht ein solches als linea­risier­ten Bruch­strich.

Ich bitte um Entschul­digung, mich hier noch­mals darüber aufgeregt zu haben. Es mußte aber sein, denn mit so blöden Aufgaben wie 8÷2(2+2) wird vor allem mit der selbst­gefäl­ligen Lösung 16 der Mathe­matik ein Bären­dienst erwie­sen. Man reiht sich ein in die Riege der Click­baiter, die mit abar­tigen Konstrukten geringer mathe­mati­scher Relevanz verarschen oder glänzen wollen.

8:2(2+2)

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Vogelfutterfresser
Ich verbringe mein Leben nicht auf dem Balkon, wollte ihn heute nach über einem Jahr aber etwas reinigen. Und was liegt da auf dem Boden und im leeren Blumen­kasten: Schalen von Vogel­futter! Nun, es wohnen einige über mir, keine harten Umvolker, doch Russen, vielleicht sind es auch Ukrainer oder Polen. Grund­sätzlich anstän­dige Leute, doch scheint es Ausnahmen zu geben, die sich zuhause so ver­halten wie jugend­liche Rotzer an Bus­halte­stellen. Ja, ja, es ist alles halb so schlimm. Warum mache ich es nicht den bürger­lichen Grünen gleich, fahre nicht mit dem Bus und beschränke mich darauf, zwischen Tief­garage, Arbeits­platz und Lieb­lings­itali­ener zu pendeln?

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Verschönerung
Heute lese ich in einer Über­schrift, auf Rügen möchte man das Stadt­bild von Asylbe­werbern verschö­nern lassen. [1] Doch die zwei Zeilen vor der Bezahl­schranke holten mich auf den Boden der Rea­lität zurück. Nicht Auswei­sung, sondern angeb­lich zuwenig Stellen, auf denen wahr­schein­lich noch nicht einmal alle Fach­kräfte für Müll­entsor­gung beschäf­tigt werden können.

[1] Bergen auf Rügen will Stadtbild von Asylbe­werbern verschö­nern lassen. Ostsee-​Zeitung, Juli 2025.

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