99,9
wuerg, 20.03.2021 23:44
Früher wurden Propaganda, Lügen, Verschwörungstheorien und andere Geschmacklosigkeiten von Mund zu Mund, in Büchern und Traktaten, in Zeitungen, in der Kino-Wochenschau, in Radio und Fernsehen verbreitet. Heute vor allem über das Internet. Das paßt den Tätern vergangener Jahrhunderte nicht. Sie klagen über sog. Fake-News der anderen, schreiben sie aber trotzdem gerne ab und peppen sie auf, am liebsten durch blöde Überschriften, die dazu verleiten sollen, einen sinnleeren Artikel zu lesen.
So werden auch munter die falschen Zahlen des RKI nicht nur abgeschrieben und plump wiederholt, sie werden auch effekthaschend präsentiert. Heute mit 99,9 statt einer schlichten 100 aus dem Tagesbericht des RKI. Eigentlich erwarte ich von den sich selbst Qualitätsmedien nennenden Reproduktionsanstalten eigene Nachforschungen, eigene Berechnungen. Warum sehe ich nirgendwo eine ordentliche Division: 87328 neu positiv Getestete im Verlaufe der vergangenene Woche, geteilt durch 83,5 Millionen ergibt 105, meinetwegen auch 104,6 pcm pro Woche, nicht 100 und schon gar nicht effekthaschende 99,9.
Viele Schreiberlinge [1] und Nachrichtensprechende mögen wissen, daß die täglich rausgehauenen Wochenzahlen sich nicht einfach aus einer Addition der täglich neu positiv Getesteten ergeben, sondern neben einer Glättung auch eine Rückdatierung [2] auf ein weitgehend geschätztes Ansteckungsdatum erfolgt. Sie müßten aber irgendwann einmal merken, daß im Mittel die gleichen Siebentageinzidenzen entstehen sollten, auf Rohdaten wie auf verschobenen und geglätteten.
Vor einem Jahr wiederholte man bis zur Vergasung, ein R-Wert von 1,03 bedeutete, daß 100 Infizierte binnen vierer Tage 103 weitere anstecken. Später erklärte man dauernd, daß die Siebentageinzidenz besage, wieviele von 100.000 Menschen sich binnen einer Woche infizieren. Redlichkeit erforderte, dem Publikum gleichfalls einzubleuen: Die Siebentageinzidenz beruht auf den vom RKI geschätzten Infektionen der vergangenen Woche. Sie liegen deshalb bis zu 10 Prozent niedriger als eine Berechnung auf Basis der gemeldeten Fallzahlen.
Und wenigstens einmal möchte ich von einem ordentlichen Journalisten lesen: Infektionsdatum hin, Testberichtsdatum her, wer neu positiv getestet wird, hat sich irgendwann angesteckt, weshalb mit beiden Datierungen im Mittel das gleiche herauskommen sollte. Trotzdem nennt das RKI vorzugsweise stark nach unten abweichende Werte, die im Laufe der Zeit an der Öffentlichkeit vorbei auf ein realistisches Niveau korrigiert werden. Wann kommt der Tag, an dem man sich von Modellen verabschiedet, deren Ergebnisse derart tendenziös an der augenscheinlichen Realität vorbeigehen.
Ein Tag ist kaum vergangen, und ich habe heute, am zweiten Sonntag Judika vor Ostern prompt einen Internet-Abklatsch der Zeit gelesen, in dem die Zahlen des RKI tatsächlich leicht nach oben korrigiert werden, weil man aktuelle Zahlen habe. Möglicherweise nahm man an, die zu geringen Zahlen des RKI seien nur veraltet oder unvollständig. Es ist aber auch egal: Zur Zeit entwickelt sich die Zahl der positiv Getesteten recht gleichmäßig mit einem leicht steigenden R-Faktor von 1,15 bis 1,18. Wenn ich einmal menschenfreundlich annehme, er verharre dort noch zwei Wochen, dann werden es zu Ostern 25.000 täglich sein.
Gestern meldete das RKI eine Siebentageinzidenz von 100, heute 104. Ich habe mit 108 wieder etwas mehr errechnet. Um sich aber nichts vorzumachen: Das ist der Wert für Laetare bis gestern. Für heute (Woche vom letzten Donnerstag bis kommenden Mittwoch) sind bereits 126 zu erwarten. Trotzdem werden die 200 zu Ostern wohl nicht erreicht. Aber egal, ob 99,9 oder 126, es ist einfach zuviel. Und den Trend lassen selbst Berechnungen mit leichten Fehlern erkennen. Auch auf diesem Gebiet sind uns andere Länder voraus: Sie fälschen einfach die Grunddaten.
[1] Damit sind nicht nur Männer angesprochen, obwohl ich meine, die reine Bildung weiblicher Ableitungen (Schreiberin) wird auf Dauer nicht befriedigen. Die jetzt noch männlichen Sammelbezeichnungen müssen geschlechtslos werden und sind ggf. einer männlichen Ableitung (Schreiberling) zu unterwerfen. Bleibt nur noch das R zu vernichten oder seine Herkunft zu vergessen.
[2] Die täglich gemeldeten Fallzahlen mögen nicht der Realität entsprechen, beruhen aber auf einer Addition gemeldeter Daten, daß eine Rundung der letzten Stellen Verwirrung stiften würde. Jeder weiß, daß es auch tausend mehr oder weniger sein könnten. Die geglätteten und rückdatierten Zahlen aber ebenfalls bis in die Einerstelle rauszuhauen, suggeriert eine nicht vorhandene Genauigkeit und ist deshalb unredlich. Und warum werden berechnete Nachkommastellen auf ganze Menschen gerundet?
100 | Disziplinlosigkeit | Virologenschnack | Prognose | Lebenswert | Ethikraten | Herdenimmunität | Unredlichkeit | Tote | Nationalstaaten | Corona | Rattenschwanz | Förderalismus | Unterleben | Reproduktion | Siebentage-R | Zweite Welle
So werden auch munter die falschen Zahlen des RKI nicht nur abgeschrieben und plump wiederholt, sie werden auch effekthaschend präsentiert. Heute mit 99,9 statt einer schlichten 100 aus dem Tagesbericht des RKI. Eigentlich erwarte ich von den sich selbst Qualitätsmedien nennenden Reproduktionsanstalten eigene Nachforschungen, eigene Berechnungen. Warum sehe ich nirgendwo eine ordentliche Division: 87328 neu positiv Getestete im Verlaufe der vergangenene Woche, geteilt durch 83,5 Millionen ergibt 105, meinetwegen auch 104,6 pcm pro Woche, nicht 100 und schon gar nicht effekthaschende 99,9.
Viele Schreiberlinge [1] und Nachrichtensprechende mögen wissen, daß die täglich rausgehauenen Wochenzahlen sich nicht einfach aus einer Addition der täglich neu positiv Getesteten ergeben, sondern neben einer Glättung auch eine Rückdatierung [2] auf ein weitgehend geschätztes Ansteckungsdatum erfolgt. Sie müßten aber irgendwann einmal merken, daß im Mittel die gleichen Siebentageinzidenzen entstehen sollten, auf Rohdaten wie auf verschobenen und geglätteten.
Vor einem Jahr wiederholte man bis zur Vergasung, ein R-Wert von 1,03 bedeutete, daß 100 Infizierte binnen vierer Tage 103 weitere anstecken. Später erklärte man dauernd, daß die Siebentageinzidenz besage, wieviele von 100.000 Menschen sich binnen einer Woche infizieren. Redlichkeit erforderte, dem Publikum gleichfalls einzubleuen: Die Siebentageinzidenz beruht auf den vom RKI geschätzten Infektionen der vergangenen Woche. Sie liegen deshalb bis zu 10 Prozent niedriger als eine Berechnung auf Basis der gemeldeten Fallzahlen.
Und wenigstens einmal möchte ich von einem ordentlichen Journalisten lesen: Infektionsdatum hin, Testberichtsdatum her, wer neu positiv getestet wird, hat sich irgendwann angesteckt, weshalb mit beiden Datierungen im Mittel das gleiche herauskommen sollte. Trotzdem nennt das RKI vorzugsweise stark nach unten abweichende Werte, die im Laufe der Zeit an der Öffentlichkeit vorbei auf ein realistisches Niveau korrigiert werden. Wann kommt der Tag, an dem man sich von Modellen verabschiedet, deren Ergebnisse derart tendenziös an der augenscheinlichen Realität vorbeigehen.
Ein Tag ist kaum vergangen, und ich habe heute, am zweiten Sonntag Judika vor Ostern prompt einen Internet-Abklatsch der Zeit gelesen, in dem die Zahlen des RKI tatsächlich leicht nach oben korrigiert werden, weil man aktuelle Zahlen habe. Möglicherweise nahm man an, die zu geringen Zahlen des RKI seien nur veraltet oder unvollständig. Es ist aber auch egal: Zur Zeit entwickelt sich die Zahl der positiv Getesteten recht gleichmäßig mit einem leicht steigenden R-Faktor von 1,15 bis 1,18. Wenn ich einmal menschenfreundlich annehme, er verharre dort noch zwei Wochen, dann werden es zu Ostern 25.000 täglich sein.
Gestern meldete das RKI eine Siebentageinzidenz von 100, heute 104. Ich habe mit 108 wieder etwas mehr errechnet. Um sich aber nichts vorzumachen: Das ist der Wert für Laetare bis gestern. Für heute (Woche vom letzten Donnerstag bis kommenden Mittwoch) sind bereits 126 zu erwarten. Trotzdem werden die 200 zu Ostern wohl nicht erreicht. Aber egal, ob 99,9 oder 126, es ist einfach zuviel. Und den Trend lassen selbst Berechnungen mit leichten Fehlern erkennen. Auch auf diesem Gebiet sind uns andere Länder voraus: Sie fälschen einfach die Grunddaten.
[1] Damit sind nicht nur Männer angesprochen, obwohl ich meine, die reine Bildung weiblicher Ableitungen (Schreiberin) wird auf Dauer nicht befriedigen. Die jetzt noch männlichen Sammelbezeichnungen müssen geschlechtslos werden und sind ggf. einer männlichen Ableitung (Schreiberling) zu unterwerfen. Bleibt nur noch das R zu vernichten oder seine Herkunft zu vergessen.
[2] Die täglich gemeldeten Fallzahlen mögen nicht der Realität entsprechen, beruhen aber auf einer Addition gemeldeter Daten, daß eine Rundung der letzten Stellen Verwirrung stiften würde. Jeder weiß, daß es auch tausend mehr oder weniger sein könnten. Die geglätteten und rückdatierten Zahlen aber ebenfalls bis in die Einerstelle rauszuhauen, suggeriert eine nicht vorhandene Genauigkeit und ist deshalb unredlich. Und warum werden berechnete Nachkommastellen auf ganze Menschen gerundet?
100 | Disziplinlosigkeit | Virologenschnack | Prognose | Lebenswert | Ethikraten | Herdenimmunität | Unredlichkeit | Tote | Nationalstaaten | Corona | Rattenschwanz | Förderalismus | Unterleben | Reproduktion | Siebentage-R | Zweite Welle
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