Rattenschwanz
Meine Prognosen für den ersten und hoffentlich letzten Berg mit Gipfel zunächst Ende März, dann Anfang April sind zumindest für den absteigenden Ast überholt. Seit ein paar Tagen ist die Zeit des in der nach­stehenden Abbil­dung deut­lich zu erken­nenden Ratten­schwanzes gekommen, längs dessen es nicht mehr so schnell herunter geht wie es die schwarze Linie der an die Werte bis zum 19. April ange­paßten Normal­verteilung erwarten ließ.


Rattenschwanz der neu Infizierten (png)

Bis zum Muttertag wäre die Epidemie praktisch über­wunden. Doch die Oster­exzesse läuteten weitere Nach­lässig­keiten ein. Die berühmten R-Zahlen sinken nicht mehr, sie kleben unter der Eins und schicken sich an, diese Linie zu über­schreiten. Die bei anhal­tender Diszi­plin zu erwar­tenden 160.000 Erkrankten sind bereits Geschichte. Bald wird das vorstehende Bild aktualisiert und zeigen, wohin die Reise geht. [1,2]

Das alles mag im Vergleich zu dem, was wir bereits hinter uns haben, unbe­deutend erscheinen, doch wurde das für den 1. Mai erreich­bare Ziel von unter hundert täglich neu Infi­zierten schon jetzt weit in die Zukunft geschoben. Es wäre auch für die Wirt­schaft günstiger gewesen, jede Öffnung noch ein paar Wochen zu verschieben und Verlet­zungen der Vorschriften rigoros zu verfolgen. Die gedul­dete Diszi­plinlosig­keit zu Ostern und die nach Öffnungs­diskus­sions­orgien in einigen Ländern egoi­stisch erlaubten Locke­rungen lassen die Krise länger als nötig andauern.

[1] 12.06.2020: Die realen Zahlen vom 19. April bis zum 11. Juni 2020 sind als rote Punkte darge­stellt. In dieser Zeit wurden 44.000 neu infiziert. Das ist auch für die beiden roten Ausgleichs­linien der Fall. Die durchgehende geht von konstan­tem R0=0,86 aus, die gestrichelte nimmt eine tägliche Stei­gerung von drei Promille an. Vor dem Anstieg zu einem zweiten Berg erreicht sie ziem­lich genau in der Mitte des Jahres bei R0=1,01 ein Minimum. Das beruht auf meiner zu 80 Pro­zent angenom­menen Dunkel­ziffer der Infi­zierten, die Rt=R0·(1-5·192.000/83.520.000)=1 bewirkt.
[2] 17.07.2020: Wäre die Reproduktionszahl konstant geblieben (rote durch­gehende Linie), gäbe es heute 11.000 Infi­zierte weniger. Selbst mit einem unter­stellten Wachstum von 3 Pro­mille täglich (rote gestri­chelete Linie) fehlten noch 6.500 an den heute gemel­deten gestrigen 201.372. Da Tönnies und Konsorten soviel nicht hergeben, muß man wohl einge­stehen, daß die Dreck­spatzen der Nation im Schatten lokaler Ausbrüche die Epidemie voran­getrieben und den Aufstieg zu einem zweiten Berg in Angriff genommen haben.

Corona | Disziplinlosigkeit | Virologenschnack | Prognose | Lebenswert | Ethikraten | Herdenimmunität | Tote | Nationalstaaten | Unredlichkeit | Reproduktion | Unterleben | Förderalismus | Siebentage-R | Zweite-Welle

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Noch unterstellt man zuvielen Universitäten des Landes, in dem man den Kinder­garten mit einem Doktorhut abschließt, zur Elite zu gehören, und vertraut auch deshalb den Johns-Hopkins-Zahlen, nach denen die runde Zahl von 200.000 deut­schen Erkrankten [1] über­schritten ist. Beim Robert-Koch-Institut wird es noch zwei, drei Tage dauern. Doch egal: Es sind schon jetzt 20.000 mehr als bei anhal­tender Diszi­plin zu erwarten waren. Glück­licher­weise werden keine 500 davon sterben, weil das Durch­schnitt­salter der Saubären deutlich unter dem in Alters­heimen liegt. Es spricht sich aber immer mehr herum, daß auch die Über­lebenden Folge­schäden davon­tragen und viel­leicht mehr Lebens­jahre einbüßen könnten als ein verstor­bener Greis.

[1] Ich gehe davon aus, daß ohne Stammbaum­prüfung alle mitzählen, die sich dauerhaft, also nicht nur auf der Durch­reise oder als Touri­sten auf deut­schem Boden befinden. Anderen Staaten nehme ich das nicht ab. Zumin­dest Singapur unter­stelle ich, Totkranke expor­tiert und nicht gezählt zu haben. Auch Luxem­burg, obwohl sie es nach langer, langer Zeit gestern tatsäch­lich auf einen neuen Toten gebracht haben.

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In glaubwürdigen Staaten entwickeln sich die Zahlen positiv Getesteter recht gut entlang einer Normal­verteilung, solange die Repro­duktions­zahl exponen­tiell abnimmt. Die Todes­fälle laufen etwa zwei Wochen nach, eben­falls einiger­maßen und etwas breiter normal­verteilt. Trägt man die Leta­lität gegen die Morta­lität auf, so ergibt sich eine recht gerade Linie. Die konkreten Zahlen eines Staates oder Gebietes zeigen eine mehr oder minder davon abwei­chende Rechts­krümmung. Das kann verschie­dene Ursachen haben. Wenn die Repro­duktions­zahl knapp unterhalb der Eins­linie stagniert, erhält die Normal­vertei­lung einen deutlichen Rattenschwanz. Dann wird der Verlauf im M-L-Dia­gramm waagerechter und fällt sogar, wenn stark gefähr­dete Gruppen aus der Schuß­linie treten oder genommen werden und der weitere Verlauf der Epidemie von jüngeren Menschen getragen wird.

In vielen Staaten wird runter­getestet. Findet man dabei noch ausrei­chend viele Infi­zierte, die wegen ihres jungen Alters einfach nicht sterben wollen, so tropft die Kurve im M-L-Dia­gramm geradezu herunter, idealer­weise bis hin zu den 0,37 Pro­zent des Herrn Streeck. Doch nicht genug damit, daß die Epidemie normalerweise nicht einfach am Maximum endet, weil es keine Infek­tionen mehr gibt, geht die anschlie­ßend abfal­lende Rechts­kurve oftmals sogar in eine linksge­krümmte über. Auch das kann verschie­denen Ursachen geschuldet sein. So können die durch­seuchten Hedo­nisten ihr Umfeld zuneh­mend mitreißen und in den Tod treiben. Wahr­schein­licher aber ist eine wegen Ermü­dung, Gewöh­nung oder vermeint­licher Besse­rung einset­zende Nach­lässig­keit der Menschen und ihrer Obrig­keit, eine kräftige zweite Welle mit wieder anzie­henden Sterbe­raten.


Letalität gegen Mortalität für ausgewählte Gebiete (png)

Das vorstehende Bild zeigt den Verlauf ausge­wählter Staaten und Gebiete. Auf der Abszisse ist die Morta­lität M in ppm logarith­misch abge­tragen, und die Ordinate zeigt die Leta­lität L in Prozent. Gesamt­deutsch­land, Mecklen­burg-​Vorpom­mern und Bayern sind rot darge­stellt. Sie haben ihr Maximum im Streifen der Norma­lität, also in der Nähe von L=ln(M+e). Das soll nicht Deutsch­land zum Maß aller Dinge machen, denn dazu gehören auch Öster­reich, Tsche­chien und Däne­mark, am unteren Ende Südkorea, am oberen sogar die USA. Auch Austra­lien hatte in diesem Streifen sein erstes lokales Maximum.

Die lange Zeit fast lineare Entwick­lung in Deutsch­land schlägt sich wegen der halb­logarith­mischen Darstel­lung in anfäng­lich nicht rechts- sondern links­gekrümmten einiger­maßen exponen­tiellen Linien nieder. Bis Mitte Mai war ich so naiv zu glauben, sie würde beim Maximum stehen­bleiben, weil das Virus ausstirbt. Doch dann kam der Ratten­schwanz gefolgt vom Runter­testen. Besonders zu Mecklen­burg-​Vorpom­mern ist das gut zu sehen. Die Kurve tropft senk­recht ab, weil in den letzten vier Monaten die Zahl der positiv Gete­steten zwar von 700 auf 1000 stieg, doch kein einziger mehr starb. Bayern beließ es in den letzten Monaten bei einer Sterbe­rate von einem halben Prozent. Ganz Deutsch­land schneidet mit einem Prozent weniger gut ab, im Einklang mit der ausge­präg­teren Rundung der Kurve am Maximum.

Durchgehend grün gezeichnet sind die Verei­nigten Staaten, denen man zurecht vorwerfen kann, keine ausrei­chenden Maßnahmen gegen das Virus getroffen zu haben. Unbe­rech­tigt scheint mir jedoch die Behaup­tung, man würde in den USA wegen eines schlechten Gesund­heits­systems sterben. Zwar lag in der Spitze die ameri­kanische Leta­lität um 1,4 Pro­zent über unserer, doch ist das weitge­hend einfach Folge einer zweiein­halb­fachen Morta­lität. Schon vor dem Erreichen des Leta­litäts­maximum war zu sehen, daß die USA dort weder stehen­bleiben, noch abtropfen werden. Dank eines früh einset­zenden Ratten­schwanzes und einer nahtlos sich anschlie­ßenden zweiten Welle ging es mit Schwung weiter. Das Runter­testen war zwar erfolgreich, doch die Links­krümmung auf abge­senkten Niveau macht deut­lich, daß nicht nur wenige junge Reni­tente sterben. Die USA fallen nur noch sehr langsam unter die von Trump geprie­senen drei Prozent, während es in anderen Ländern steil bergab Richtung eins und weniger geht, auch wenn dieses Ziel mangels Masse nicht mehr erreicht wird.

Der schlechte Ruf der USA ist nicht allein Donald Trump geschuldet, sondern auch den verhee­renden Zuständen im Staat New York mit einer gegen­über Bayern acht­einhalb­fachen Sterbe­rate, von der Stadt New York und den darin gelegenen Problem­bezirken ganz zu schweigen. Unter diesen Umständen hätten auch die Abdecker von München Probleme bekommen und Söder neben Tief­kühl­trans­por­tern stehend keine Aussicht auf die Kanzler­schaft. Im Gegen­satz zum Rest des Landes sterben in New York die neuen positiv Gete­steten nur noch halb so stark, nämlich mit einem statt zwei Prozent, weshalb die grün gestri­chelte Linie zumin­dest leicht abtropft. Trotz allem ist natür­lich bezeich­nend, daß gerade die von Elite-​Univer­sitäten und -Forschern durch­setzen USA mit New York eine relativ große Region von anderen uner­reicht hoher Betrof­fenheit aufweisen. Inzidenz und Morta­lität sind zwanzig­fach höher als in Wuhan, obwohl Trump trotz chine­sischer Geheimnis­krämerei doch einen Monat mehr Vorbe­reitungs­zeit hatte.

Aber wir müssen nicht in die Ferne schweifen. Zumindest jetzt gibt es noch europäische Länder, in denen es sich zahlreicher und vor allem leichter stirbt. Darunter Großbri­tan­nien (schwarz), wo Boris Johnson ähnlich verhee­rend wie Donald Trump wirkt, Schwe­den (blau) mit seinem besten­falls alter­nativ zu nennenden Weg und vor allem Bel­gien (gelb), das weit­gehend unter dem Radar flog und nur kurz auffiel, als es die rote Laterne an Peru abgeben mußte. Schweden schaffte soviele Tote wie in den USA mit der Hälfte an Infi­zierten, England benö­tigte nur ein viertel. Die weit über ameri­kanischen Verhält­nissen liegende Leta­lität in Belgien, Großbri­tannien, Italien, Frank­reich, Spanien, Holland, aber auch Schweden ist nicht durch höhere Betrof­fenheit zu erklären, es müssen eklatante Mängel und Fehl­einschät­zungen vorliegen.

Trotz ähnlich verheerender Zahlen sind deutliche Unter­schiede zwischen Schweden und Belgien bzw. England zu sehen. Die Punkt­dichte um das belgi­sche Maximum deutet darauf hin, daß es zunächst nur zu einem Ratten­schwanz, allen­falls zum Ansatz einer zweiten Welle mit jüngeren Erkrankten kam und erst in den letzten andert­halb Monaten herunter­getestet wurde. In England kann es ähnlich gewesen sein, wird aber durch eine auf schlam­pigen Zahlen beru­hende Zickzack­linie verdeckt. In Schweden ging es dagegen nach Erreichen des Maximums sofort schnell bergab. Möglicher­weise hat sich dort die Gesell­schaft frühzeitig in Vernünf­tige und Rück­sichts­lose geteilt, ohne zuvor einen langen Ratten­schwanz auszu­bilden. Im letzten Monat hat sich diese Trennung wohl erschöpft, und es werden wie in den USA erneut Normal­bürger mit in den Tod gerissen.

Von einem sehr frühen Zeitpunkt abgesehen haben Luxem­burg (gelb), Ruß­land (blau) und Singa­pur (schwarz) nie den Normal­bereich erreicht und liegen seit langem deut­lich darunter. Allen drei unter­stelle ich wie vielen anderen, Tote verschwiegen zu haben. Daß Russen bis vor kurzem weniger infi­ziert wurden als Deut­sche, mag man wegen der geringen Bevöl­kerungs­dichte noch glauben, nicht aber die lange Zeit winzige Sterbe­rate um ein Prozent. Ich gehe davon aus, daß man zu spät mit einer ordent­lichen Erfas­sung begann und weiterhin nur ungern Corona in den Toten­schein schreibt. Wo Luxem­burg umringt von Belgien, Frank­reich und sogar Deutsch­land seine Toten gelassen hat, bleibt ein EU-Rätsel. Und das so oft und gern gelobte Singapur mag wie das nur lokal betrof­fene Rot- oder gar National­china weit­gehend verschont worden sein. Es bleibt aber ein Wunder, warum von den letzten 8.000 Infi­zierten keiner verstarb. Insgesamt nur 27 Tote unter 57.000 Infi­zierten sind völlig unglaub­würdig!

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