Rattenschwanz
wuerg, 05.05.2020 03:03
Meine Prognosen für den ersten und hoffentlich letzten Berg mit Gipfel zunächst Ende März, dann Anfang April sind zumindest für den absteigenden Ast überholt. Seit ein paar Tagen ist die Zeit des in der nachstehenden Abbildung deutlich zu erkennenden Rattenschwanzes gekommen, längs dessen es nicht mehr so schnell herunter geht wie es die schwarze Linie der an die Werte bis zum 19. April angepaßten Normalverteilung erwarten ließ.
Rattenschwanz der neu Infizierten (png)
Bis zum Muttertag wäre die Epidemie praktisch überwunden. Doch die Osterexzesse läuteten weitere Nachlässigkeiten ein. Die berühmten R-Zahlen sinken nicht mehr, sie kleben unter der Eins und schicken sich an, diese Linie zu überschreiten. Die bei anhaltender Disziplin zu erwartenden 160.000 Erkrankten sind bereits Geschichte. Bald wird das vorstehende Bild aktualisiert und zeigen, wohin die Reise geht. [1,2]
Das alles mag im Vergleich zu dem, was wir bereits hinter uns haben, unbedeutend erscheinen, doch wurde das für den 1. Mai erreichbare Ziel von unter hundert täglich neu Infizierten schon jetzt weit in die Zukunft geschoben. Es wäre auch für die Wirtschaft günstiger gewesen, jede Öffnung noch ein paar Wochen zu verschieben und Verletzungen der Vorschriften rigoros zu verfolgen. Die geduldete Disziplinlosigkeit zu Ostern und die nach Öffnungsdiskussionsorgien in einigen Ländern egoistisch erlaubten Lockerungen lassen die Krise länger als nötig andauern.
[1] 12.06.2020: Die realen Zahlen vom 19. April bis zum 11. Juni 2020 sind als rote Punkte dargestellt. In dieser Zeit wurden 44.000 neu infiziert. Das ist auch für die beiden roten Ausgleichslinien der Fall. Die durchgehende geht von konstantem R₀=0,86 aus, die gestrichelte nimmt eine tägliche Steigerung von drei Promille an. Vor dem Anstieg zu einem zweiten Berg erreicht sie ziemlich genau in der Mitte des Jahres bei R₀=1,01 ein Minimum. Das beruht auf meiner zu 80 Prozent angenommenen Dunkelziffer der Infizierten, die Rₜ=R₀⋅(1−5⋅192.000/83.520.000)=1 bewirkt.
[2] 17.07.2020: Wäre die Reproduktionszahl konstant geblieben (rote durchgehende Linie), gäbe es heute 11.000 Infizierte weniger. Selbst mit einem unterstellten Wachstum von 3 Promille täglich (rote gestrichelete Linie) fehlten noch 6.500 an den heute gemeldeten gestrigen 201.372. Da Tönnies und Konsorten soviel nicht hergeben, muß man wohl eingestehen, daß die Dreckspatzen der Nation im Schatten lokaler Ausbrüche die Epidemie vorangetrieben und den Aufstieg zu einem zweiten Berg in Angriff genommen haben.
Erste Welle | Disziplinlosigkeit | Virologenschnack | Prognose | Lebenswert | Ethikraten | Herdenimmunität | Tote | Nationalstaaten | Unredlichkeit | Reproduktion | Unterleben | Förderalismus | Siebentage‑R | Zweite Welle
Rattenschwanz der neu Infizierten (png)
Bis zum Muttertag wäre die Epidemie praktisch überwunden. Doch die Osterexzesse läuteten weitere Nachlässigkeiten ein. Die berühmten R-Zahlen sinken nicht mehr, sie kleben unter der Eins und schicken sich an, diese Linie zu überschreiten. Die bei anhaltender Disziplin zu erwartenden 160.000 Erkrankten sind bereits Geschichte. Bald wird das vorstehende Bild aktualisiert und zeigen, wohin die Reise geht. [1,2]
Das alles mag im Vergleich zu dem, was wir bereits hinter uns haben, unbedeutend erscheinen, doch wurde das für den 1. Mai erreichbare Ziel von unter hundert täglich neu Infizierten schon jetzt weit in die Zukunft geschoben. Es wäre auch für die Wirtschaft günstiger gewesen, jede Öffnung noch ein paar Wochen zu verschieben und Verletzungen der Vorschriften rigoros zu verfolgen. Die geduldete Disziplinlosigkeit zu Ostern und die nach Öffnungsdiskussionsorgien in einigen Ländern egoistisch erlaubten Lockerungen lassen die Krise länger als nötig andauern.
[1] 12.06.2020: Die realen Zahlen vom 19. April bis zum 11. Juni 2020 sind als rote Punkte dargestellt. In dieser Zeit wurden 44.000 neu infiziert. Das ist auch für die beiden roten Ausgleichslinien der Fall. Die durchgehende geht von konstantem R₀=0,86 aus, die gestrichelte nimmt eine tägliche Steigerung von drei Promille an. Vor dem Anstieg zu einem zweiten Berg erreicht sie ziemlich genau in der Mitte des Jahres bei R₀=1,01 ein Minimum. Das beruht auf meiner zu 80 Prozent angenommenen Dunkelziffer der Infizierten, die Rₜ=R₀⋅(1−5⋅192.000/83.520.000)=1 bewirkt.
[2] 17.07.2020: Wäre die Reproduktionszahl konstant geblieben (rote durchgehende Linie), gäbe es heute 11.000 Infizierte weniger. Selbst mit einem unterstellten Wachstum von 3 Promille täglich (rote gestrichelete Linie) fehlten noch 6.500 an den heute gemeldeten gestrigen 201.372. Da Tönnies und Konsorten soviel nicht hergeben, muß man wohl eingestehen, daß die Dreckspatzen der Nation im Schatten lokaler Ausbrüche die Epidemie vorangetrieben und den Aufstieg zu einem zweiten Berg in Angriff genommen haben.
Erste Welle | Disziplinlosigkeit | Virologenschnack | Prognose | Lebenswert | Ethikraten | Herdenimmunität | Tote | Nationalstaaten | Unredlichkeit | Reproduktion | Unterleben | Förderalismus | Siebentage‑R | Zweite Welle
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wuerg,
14.07.2020 03:38
Noch unterstellt man zuvielen Universitäten des Landes, in dem man den Kindergarten mit einem Doktorhut abschließt, zur Elite zu gehören, und vertraut auch deshalb den Johns-Hopkins-Zahlen, nach denen die runde Zahl von 200.000 deutschen Erkrankten [1] überschritten ist. Beim Robert-Koch-Institut wird es noch zwei, drei Tage dauern. Doch egal: Es sind schon jetzt 20.000 mehr als bei anhaltender Disziplin zu erwarten waren. Glücklicherweise werden keine 500 davon sterben, weil das Durchschnittsalter der Saubären deutlich unter dem in Altersheimen liegt. Es spricht sich aber immer mehr herum, daß auch die Überlebenden Folgeschäden davontragen und vielleicht mehr Lebensjahre einbüßen könnten als ein verstorbener Greis.
[1] Ich gehe davon aus, daß ohne Stammbaumprüfung alle mitzählen, die sich dauerhaft, also nicht nur auf der Durchreise oder als Touristen auf deutschem Boden befinden. Anderen Staaten nehme ich das nicht ab. Zumindest Singapur unterstelle ich, Totkranke exportiert und nicht gezählt zu haben. Auch Luxemburg, obwohl sie es nach langer, langer Zeit gestern tatsächlich auf einen neuen Toten gebracht haben.
[1] Ich gehe davon aus, daß ohne Stammbaumprüfung alle mitzählen, die sich dauerhaft, also nicht nur auf der Durchreise oder als Touristen auf deutschem Boden befinden. Anderen Staaten nehme ich das nicht ab. Zumindest Singapur unterstelle ich, Totkranke exportiert und nicht gezählt zu haben. Auch Luxemburg, obwohl sie es nach langer, langer Zeit gestern tatsächlich auf einen neuen Toten gebracht haben.
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wuerg,
10.09.2020 01:54
Idealerweise entwickeln sich die Zahlen positiv Getesteter recht gut entlang einer Normalverteilung, solange die Reproduktionszahl exponentiell abnimmt. Die Todesfälle laufen etwa zwei Wochen nach, ebenfalls einigermaßen und etwas breiter normalverteilt. Trägt man die Letalität gegen die Mortalität auf, so ergibt sich eine recht gerade Linie. Die Zahlen realer Staaten oder Gebiete zeigen eine mehr oder minder davon abweichende Rechtskrümmung. Das kann verschiedene Ursachen haben. Wenn die Reproduktionszahl knapp unterhalb der Einslinie stagniert, erhält die Normalverteilung einen deutlichen Rattenschwanz. Dann wird der Verlauf im M‑L‑Diagramm waagerechter und fällt sogar, wenn stark gefährdete Gruppen aus der Schußlinie treten oder genommen werden und der weitere Verlauf der Epidemie von jüngeren Menschen getragen wird.
In vielen Staaten wird runtergetestet. Findet man dabei noch ausreichend viele Infizierte, die wegen ihres jungen Alters einfach nicht sterben wollen, so tropft die Kurve im M-L-Diagramm geradezu herunter, idealerweise bis hin zu den 0,37 Prozent des Herrn Streeck. Doch nicht genug damit, daß die Epidemie normalerweise nicht einfach am Maximum endet, weil es keine Infektionen mehr gibt, geht die anschließend abfallende Rechtskurve oftmals sogar in eine linksgekrümmte über. Auch das kann verschiedenen Ursachen geschuldet sein. So können die durchseuchten Hedonisten ihr Umfeld zunehmend mitreißen und in den Tod treiben. Wahrscheinlicher aber ist eine wegen Ermüdung, Gewöhnung oder vermeintlicher Besserung einsetzende Nachlässigkeit der Menschen und ihrer Obrigkeit, eine kräftige zweite Welle mit wieder anziehenden Sterberaten.
Letalität gegen Mortalität für ausgewählte Gebiete (png)
Das vorstehende Bild zeigt den Verlauf ausgewählter Staaten und Gebiete. Auf der Abszisse ist die Mortalität M in ppm logarithmisch abgetragen, und die Ordinate zeigt die Letalität L in Prozent. Gesamtdeutschland, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern sind rot dargestellt. Sie haben ihr Maximum im Streifen der Normalität, also in der Nähe von L=ln(M+e). Das soll nicht Deutschland zum Maß aller Dinge machen, denn dazu gehören auch Österreich, Tschechien und Dänemark, am unteren Ende Südkorea, am oberen sogar die USA. Auch Australien hatte in diesem Streifen sein erstes lokales Maximum.
Die lange Zeit fast lineare Entwicklung in Deutschland schlägt sich wegen der halblogarithmischen Darstellung in anfänglich nicht rechts- sondern linksgekrümmten einigermaßen exponentiellen Linien nieder. Bis Mitte Mai war ich so naiv zu glauben, sie würde beim Maximum stehenbleiben, weil das Virus ausstirbt. Doch dann kam der Rattenschwanz gefolgt vom Runtertesten. Besonders zu Mecklenburg-Vorpommern ist das gut zu sehen. Die Kurve tropft senkrecht ab, weil in den letzten vier Monaten die Zahl der positiv Getesteten zwar von 700 auf 1000 stieg, doch kein einziger mehr starb. Bayern beließ es in den letzten Monaten bei einer Sterberate von einem halben Prozent. Ganz Deutschland schneidet mit einem Prozent weniger gut ab, im Einklang mit der ausgeprägteren Rundung der Kurve am Maximum.
Durchgehend grün gezeichnet sind die Vereinigten Staaten, denen man zurecht vorwerfen kann, keine ausreichenden Maßnahmen gegen das Virus getroffen zu haben. Unberechtigt scheint mir jedoch die Behauptung, man würde in den USA wegen eines schlechten Gesundheitssystems sterben. Zwar lag in der Spitze die amerikanische Letalität um 1,4 Prozent über unserer, doch ist das weitgehend einfach Folge einer zweieinhalbfachen Mortalität. Schon vor dem Erreichen des Letalitätsmaximum war zu sehen, daß die USA dort weder stehenbleiben, noch abtropfen werden. Dank eines früh einsetzenden Rattenschwanzes und einer nahtlos sich anschließenden zweiten Welle ging es mit Schwung weiter. Das Runtertesten war zwar erfolgreich, doch die Linkskrümmung auf abgesenkten Niveau macht deutlich, daß nicht nur wenige junge Renitente sterben. Die USA fallen nur noch sehr langsam unter die von Trump gepriesenen drei Prozent, während es in anderen Ländern steil bergab Richtung eins und weniger geht, auch wenn dieses Ziel mangels Masse nicht mehr erreicht wird.
Der schlechte Ruf der USA ist nicht allein Donald Trump geschuldet, sondern auch den verheerenden Zuständen im Staat New York mit einer gegenüber Bayern achteinhalbfachen Sterberate, von der Stadt New York und den darin gelegenen Problembezirken ganz zu schweigen. Unter diesen Umständen hätten auch die Abdecker von München Probleme bekommen und Söder neben Tiefkühltransportern stehend keine Aussicht auf die Kanzlerschaft. Im Gegensatz zum Rest des Landes sterben in New York die neuen positiv Getesteten nur noch halb so stark, nämlich mit einem statt zwei Prozent, weshalb die grün gestrichelte Linie zumindest leicht abtropft. Trotz allem ist natürlich bezeichnend, daß gerade die von Elite-Universitäten und -Forschern durchsetzen USA mit New York eine relativ große Region von anderen unerreicht hoher Betroffenheit aufweisen. Inzidenz und Mortalität sind zwanzigfach höher als in Wuhan, obwohl Trump trotz chinesischer Geheimniskrämerei doch einen Monat mehr Vorbereitungszeit hatte.
Aber wir müssen nicht in die Ferne schweifen. Zumindest jetzt gibt es noch europäische Länder, in denen es sich zahlreicher und vor allem leichter stirbt. Darunter Großbritannien (schwarz), wo Boris Johnson ähnlich verheerend wie Donald Trump wirkt, Schweden (blau) mit seinem bestenfalls alternativ zu nennenden Weg und vor allem Belgien (gelb), das weitgehend unter dem Radar flog und nur kurz auffiel, als es die rote Laterne an Peru abgeben mußte. Schweden schaffte soviele Tote wie in den USA mit der Hälfte an Infizierten, England benötigte nur ein viertel. Die weit über amerikanischen Verhältnissen liegende Letalität in Belgien, Großbritannien, Italien, Frankreich, Spanien, Holland, aber auch Schweden ist nicht durch höhere Betroffenheit zu erklären, es müssen eklatante Mängel und Fehleinschätzungen vorliegen.
Trotz ähnlich verheerender Zahlen sind deutliche Unterschiede zwischen Schweden und Belgien bzw. England zu sehen. Die Punktdichte um das belgische Maximum deutet darauf hin, daß es zunächst nur zu einem Rattenschwanz, allenfalls zum Ansatz einer zweiten Welle mit jüngeren Erkrankten kam und erst in den letzten anderthalb Monaten heruntergetestet wurde. In England kann es ähnlich gewesen sein, wird aber durch eine auf schlampigen Zahlen beruhende Zickzacklinie verdeckt. In Schweden ging es dagegen nach Erreichen des Maximums sofort schnell bergab. Möglicherweise hat sich dort die Gesellschaft frühzeitig in Vernünftige und Rücksichtslose geteilt, ohne zuvor einen langen Rattenschwanz auszubilden. Im letzten Monat hat sich diese Trennung wohl erschöpft, und es werden wie in den USA erneut Normalbürger mit in den Tod gerissen.
Von einem sehr frühen Zeitpunkt abgesehen haben Luxemburg (gelb), Rußland (blau) und Singapur (schwarz) nie den Normalbereich erreicht und liegen seit langem deutlich darunter. Allen drei unterstelle ich wie vielen anderen, Tote verschwiegen zu haben. Daß Russen bis vor kurzem weniger infiziert wurden als Deutsche, mag man wegen der geringen Bevölkerungsdichte noch glauben, nicht aber die lange Zeit winzige Sterberate um ein Prozent. Ich gehe davon aus, daß man zu spät mit einer ordentlichen Erfassung begann und weiterhin nur ungern Corona in den Totenschein schreibt. Wo Luxemburg umringt von Belgien, Frankreich und sogar Deutschland seine Toten gelassen hat, bleibt ein EU-Rätsel. Und das so oft und gern gelobte Singapur mag wie das nur lokal betroffene Rot- oder gar Nationalchina weitgehend verschont worden sein. Es bleibt aber ein Wunder, warum von den letzten 8.000 Infizierten keiner verstarb. Insgesamt nur 27 Tote unter 57.000 Infizierten sind völlig unglaubwürdig!
In vielen Staaten wird runtergetestet. Findet man dabei noch ausreichend viele Infizierte, die wegen ihres jungen Alters einfach nicht sterben wollen, so tropft die Kurve im M-L-Diagramm geradezu herunter, idealerweise bis hin zu den 0,37 Prozent des Herrn Streeck. Doch nicht genug damit, daß die Epidemie normalerweise nicht einfach am Maximum endet, weil es keine Infektionen mehr gibt, geht die anschließend abfallende Rechtskurve oftmals sogar in eine linksgekrümmte über. Auch das kann verschiedenen Ursachen geschuldet sein. So können die durchseuchten Hedonisten ihr Umfeld zunehmend mitreißen und in den Tod treiben. Wahrscheinlicher aber ist eine wegen Ermüdung, Gewöhnung oder vermeintlicher Besserung einsetzende Nachlässigkeit der Menschen und ihrer Obrigkeit, eine kräftige zweite Welle mit wieder anziehenden Sterberaten.
Letalität gegen Mortalität für ausgewählte Gebiete (png)
Das vorstehende Bild zeigt den Verlauf ausgewählter Staaten und Gebiete. Auf der Abszisse ist die Mortalität M in ppm logarithmisch abgetragen, und die Ordinate zeigt die Letalität L in Prozent. Gesamtdeutschland, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern sind rot dargestellt. Sie haben ihr Maximum im Streifen der Normalität, also in der Nähe von L=ln(M+e). Das soll nicht Deutschland zum Maß aller Dinge machen, denn dazu gehören auch Österreich, Tschechien und Dänemark, am unteren Ende Südkorea, am oberen sogar die USA. Auch Australien hatte in diesem Streifen sein erstes lokales Maximum.
Die lange Zeit fast lineare Entwicklung in Deutschland schlägt sich wegen der halblogarithmischen Darstellung in anfänglich nicht rechts- sondern linksgekrümmten einigermaßen exponentiellen Linien nieder. Bis Mitte Mai war ich so naiv zu glauben, sie würde beim Maximum stehenbleiben, weil das Virus ausstirbt. Doch dann kam der Rattenschwanz gefolgt vom Runtertesten. Besonders zu Mecklenburg-Vorpommern ist das gut zu sehen. Die Kurve tropft senkrecht ab, weil in den letzten vier Monaten die Zahl der positiv Getesteten zwar von 700 auf 1000 stieg, doch kein einziger mehr starb. Bayern beließ es in den letzten Monaten bei einer Sterberate von einem halben Prozent. Ganz Deutschland schneidet mit einem Prozent weniger gut ab, im Einklang mit der ausgeprägteren Rundung der Kurve am Maximum.
Durchgehend grün gezeichnet sind die Vereinigten Staaten, denen man zurecht vorwerfen kann, keine ausreichenden Maßnahmen gegen das Virus getroffen zu haben. Unberechtigt scheint mir jedoch die Behauptung, man würde in den USA wegen eines schlechten Gesundheitssystems sterben. Zwar lag in der Spitze die amerikanische Letalität um 1,4 Prozent über unserer, doch ist das weitgehend einfach Folge einer zweieinhalbfachen Mortalität. Schon vor dem Erreichen des Letalitätsmaximum war zu sehen, daß die USA dort weder stehenbleiben, noch abtropfen werden. Dank eines früh einsetzenden Rattenschwanzes und einer nahtlos sich anschließenden zweiten Welle ging es mit Schwung weiter. Das Runtertesten war zwar erfolgreich, doch die Linkskrümmung auf abgesenkten Niveau macht deutlich, daß nicht nur wenige junge Renitente sterben. Die USA fallen nur noch sehr langsam unter die von Trump gepriesenen drei Prozent, während es in anderen Ländern steil bergab Richtung eins und weniger geht, auch wenn dieses Ziel mangels Masse nicht mehr erreicht wird.
Der schlechte Ruf der USA ist nicht allein Donald Trump geschuldet, sondern auch den verheerenden Zuständen im Staat New York mit einer gegenüber Bayern achteinhalbfachen Sterberate, von der Stadt New York und den darin gelegenen Problembezirken ganz zu schweigen. Unter diesen Umständen hätten auch die Abdecker von München Probleme bekommen und Söder neben Tiefkühltransportern stehend keine Aussicht auf die Kanzlerschaft. Im Gegensatz zum Rest des Landes sterben in New York die neuen positiv Getesteten nur noch halb so stark, nämlich mit einem statt zwei Prozent, weshalb die grün gestrichelte Linie zumindest leicht abtropft. Trotz allem ist natürlich bezeichnend, daß gerade die von Elite-Universitäten und -Forschern durchsetzen USA mit New York eine relativ große Region von anderen unerreicht hoher Betroffenheit aufweisen. Inzidenz und Mortalität sind zwanzigfach höher als in Wuhan, obwohl Trump trotz chinesischer Geheimniskrämerei doch einen Monat mehr Vorbereitungszeit hatte.
Aber wir müssen nicht in die Ferne schweifen. Zumindest jetzt gibt es noch europäische Länder, in denen es sich zahlreicher und vor allem leichter stirbt. Darunter Großbritannien (schwarz), wo Boris Johnson ähnlich verheerend wie Donald Trump wirkt, Schweden (blau) mit seinem bestenfalls alternativ zu nennenden Weg und vor allem Belgien (gelb), das weitgehend unter dem Radar flog und nur kurz auffiel, als es die rote Laterne an Peru abgeben mußte. Schweden schaffte soviele Tote wie in den USA mit der Hälfte an Infizierten, England benötigte nur ein viertel. Die weit über amerikanischen Verhältnissen liegende Letalität in Belgien, Großbritannien, Italien, Frankreich, Spanien, Holland, aber auch Schweden ist nicht durch höhere Betroffenheit zu erklären, es müssen eklatante Mängel und Fehleinschätzungen vorliegen.
Trotz ähnlich verheerender Zahlen sind deutliche Unterschiede zwischen Schweden und Belgien bzw. England zu sehen. Die Punktdichte um das belgische Maximum deutet darauf hin, daß es zunächst nur zu einem Rattenschwanz, allenfalls zum Ansatz einer zweiten Welle mit jüngeren Erkrankten kam und erst in den letzten anderthalb Monaten heruntergetestet wurde. In England kann es ähnlich gewesen sein, wird aber durch eine auf schlampigen Zahlen beruhende Zickzacklinie verdeckt. In Schweden ging es dagegen nach Erreichen des Maximums sofort schnell bergab. Möglicherweise hat sich dort die Gesellschaft frühzeitig in Vernünftige und Rücksichtslose geteilt, ohne zuvor einen langen Rattenschwanz auszubilden. Im letzten Monat hat sich diese Trennung wohl erschöpft, und es werden wie in den USA erneut Normalbürger mit in den Tod gerissen.
Von einem sehr frühen Zeitpunkt abgesehen haben Luxemburg (gelb), Rußland (blau) und Singapur (schwarz) nie den Normalbereich erreicht und liegen seit langem deutlich darunter. Allen drei unterstelle ich wie vielen anderen, Tote verschwiegen zu haben. Daß Russen bis vor kurzem weniger infiziert wurden als Deutsche, mag man wegen der geringen Bevölkerungsdichte noch glauben, nicht aber die lange Zeit winzige Sterberate um ein Prozent. Ich gehe davon aus, daß man zu spät mit einer ordentlichen Erfassung begann und weiterhin nur ungern Corona in den Totenschein schreibt. Wo Luxemburg umringt von Belgien, Frankreich und sogar Deutschland seine Toten gelassen hat, bleibt ein EU-Rätsel. Und das so oft und gern gelobte Singapur mag wie das nur lokal betroffene Rot- oder gar Nationalchina weitgehend verschont worden sein. Es bleibt aber ein Wunder, warum von den letzten 8.000 Infizierten keiner verstarb. Insgesamt nur 27 Tote unter 57.000 Infizierten sind völlig unglaubwürdig!
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