Lebenswert
In unserer vorgeblich nicht von wirtschaft­lichem, sondern christ­lichem Denken geprägten Gesell­schaft zählt ein Menschen­leben nicht eine Million Euro, sondern unend­lich viel. Daraus resul­tiert die Weige­rung, ein Leben gegen das andere abzu­wägen und sich lieber das Hirn mit Dilem­mata vollzu­scheißen. In der Realität sieht das anders aus. Die Leiden der Wirt­schaft drängen sich in den Vorder­grund.

Hätten die Amerikaner schnell gegen Corona gehandelt, könnte es in den USA bei wenigen Toten bleiben, aber ein wirt­schaft­licher Schaden von 10 „tril­lion“ Dollar entstehen. Hätte Trump weiter­hin nichts unter­nommen, gäbe es viel­leicht drei Milli­onen Tote bei verschwin­dend geringem Schaden. [1] Bei einem Wert von etwa drei Milli­onen Dollar für ein Menschen­leben sind beide Varianten gleich­wertig. Ein voll ausge­bildeter Kampf­pilot oder der Präsi­dent selbst sind mehr wert, ein normaler Soldat weniger, von einem Zivi­listen ganz zu schweigen.

Die Entscheidung wäre einfach, befänden wir uns wirklich im Krieg und fasel­ten nicht nur davon. In Friedens­zeiten aber sollte sie in unserer christ­lich durch­setzten zivili­sierten Welt eben­falls einfach sein, weil ein hoher wirt­schaft­licher Schaden schneller wegge­steckt wird als ein weiteres Jahr­hundert Bewäl­tigung der Schande. Meine Enkel sollen nicht Aufsätze über Seuchen­opfer schrei­ben müssen wie wir zur Todes­strafe. Das schon damals Haltung einfor­dernde Hohe­lied der Deutsch­lehrer von These, Anti­these und Syn­these gehört auf den Schrott­haufen der Geschichte.

[1] Wahrscheinlich suboptimal ist es, auf halbem Weg umzu­schwenken. Dann gibt es hohe Kosten bei hohen Verlu­sten und nach­gängiges Klagen über beides.

Erste Welle | Herdenimmunität | Disziplinlosigkeit | Virologenschnack | Prognose | Tote | Ethikraten | Nationalstaaten | Unredlichkeit | Reproduktion | Unterleben | Förderalismus | Rattenschwanz | Siebentage‑R | Zweite Welle

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Dank der vielen Touristen, die gerne fremde Völker heim­suchen, wurde Corona nach Deutsch­land impor­tiert, wegen der Überheb­lichkeit gegenüber Fleder­maus­fressern und der auf Reisen studierten mangelnden Rein­lich­keit vieler fremder Völker, dachten wir wohl, uns würde es nicht so hart treffen. Nun beklagen wir die zöger­liche Infor­mation durch die Chinesen, gleich­wohl wir es doch selbst waren, die einen ganzen Februar lang viel wußten und wenig taten. Urlaub, Fußball, Karneval und allge­meine Vergnü­gungs­sucht waren uns heilig.

Nun trösten wir uns mit einer Sterb­lich­keits­rate von unter einem Prozent und führen sie auf unser muster­gültiges Gesund­heits­system zurück, das bisher ohne so schlichte Maßnahmen wie Atem­masken für alle auskam. Erst Ende des Jahres werden wir einiger­maßen genau wissen, wieviele Opfer das Corona-​Virus wirk­lich gefor­dert hat, wenn abseits aller Vor­lieben auf Toten­scheinen die reale Morta­lität mit der normalen vergli­chen werden kann. [1] Dann wird sich zeigen, ob die Ärzte dem Virus viele Todes­fälle in die Schuhe schoben oder ganz heim­lich viele ver­starben, ohne das Gesund­heits­wesen belastet zu haben.

[1] Sie beträgt zumindest in Ländern hoher Lebens­erwartung etwa 1 Pro­zent pro Jahr. Das sind immer­hin 10000 ppm, aus dem der kleine durch Corona entstan­dene Berg von wenigen ppm hoffent­lich gut heraus­zurechnen ist.

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Meinetwegen kann man gerne darüber disku­tieren, unter welchen Umständen man auch in Friedens­zeiten Menschen­leben bewußt opfern sollte, um die Gesell­schaft am Laufen und damit andere Menschen am Leben zu halten, auch wenn sie nur stati­stisch in Erschei­nung treten und kein Kamera­team ihre letzten Tage auf der Intensiv­station ablichtet. Wenn man bewußt das eigene Leben riskiert oder gar opfert und zum Beispiel ins Schwimm­becken von Tscher­nobyl abtaucht, dann ist man zumin­dest kurz­zeitig ein Held. Noch höher im Kurs steht nur die Ret­tung eines Kindes, das allen Betei­ligten persön­lich bekannt ist, nicht aus dem fernen Afrika.

Was ich aber nicht mag, ist erst den Menschen starke Beschrän­kungen aufzu­bürden und die arme Wirt­schaft schrumpfen zu lassen, weil sie nicht mehr produ­zieren und anbie­ten kann, was so und so keiner benö­tigt oder wovon man lange Zeit die Finger lassen kann, um dann kurz vor Ende dieser entbeh­rungs­reichen Zeit die Geduld zu ver­lieren, „Öffnung­sdiskus­sions­orgien“ zu begin­nen und alles wieder zu gefähr­den, zumin­dest aber das Ende weiter hinaus­zu­zögern.

Von der FDP und den Lobbyisten erwarte ich nichts anderes, als sich vorgeb­lich zum Wohle des unter­nehmerischen oder frei­beruf­lichen Mittel­standes einzu­setzen, ohne zu laut von den Inter­essen notlei­dender Groß­unter­nehmen zu reden. Ich sehe es auch Herrn Laschet nach, wenn es als Heins­berg­mann der ersten Stunde sich hat profi­lieren können und nun als Motor der Kon­junk­tur wieder vorne stehen möchte. Ich weiß aber nicht, was Herrn Schäuble geritten hat, da er gerade jetzt zart andeu­ten mußte, daß Menschen­leben nicht über alles gehen.

Gerne hätte man vorher und wird hoffent­lich auch nach der Epidemie darüber sprechen können, welchen Wert ein Menschen­leben wirk­lich hat, um nicht tief in der Krise Ethik­räte aus dem Hut zaubern zu müssen, die mit Inbrunst disku­tieren, unter welchen Umständen man Atem­geräte wegnehmen oder auch nur zurück­halten darf. Ich glaube nicht, daß unter freien Diskus­sions­bedin­gungen die grauen Panther gesagt hätten: Wir Rentner müssen mit aller Macht geret­tet werden, auch wenn der Sensen­mann schon mehr­fach an die Tür geklopft hat.

Und wenn man schon Menschen­leben abwägen kann und darf, dann muß es dem Impf­gegnern erst recht an den Kragen gehen, die meinen nur sich selbst durch Masern zu gefährden, weil ihre Kinder es schon über­leben werden, die von Kreuz­fahrt­schiffen diese Krank­heit an Land tragen, wo man auf sie gar nicht vorbe­reitet ist. Hoffent­lich kommt bald die Corana-​Zwangs­impfung. Das sage ich nicht, weil ich gegen Pocken zwangs­geimpft wurde, sondern obwohl ich mich nie habe gegen Grippe impfen lassen. Es muß vorbei sein mit dem grenzen­losen Indi­vidua­lismus. Den kann man in der freien Natur aus­leben, wo das nächste Kranken­haus 500, die deut­sche Bot­schaft 1000 Kilo­meter ent­fernt ist.

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