99,9
Früher wurden Propaganda, Lügen, Verschwörungs­theorien und andere Geschmack­losig­keiten von Mund zu Mund, in Büchern und Trak­taten, in Zei­tungen, in der Kino-​Wochen­schau, in Radio und Fern­sehen ver­breitet. Heute vor allem über das Internet. Das paßt den Tätern vergan­gener Jahr­hun­derte nicht. Sie klagen über sog. Fake-News der anderen, schreiben sie aber trotzdem gerne ab und peppen sie auf, am liebsten durch blöde Über­schriften, die dazu verleiten sollen, einen sinn­leeren Artikel zu lesen.

So werden auch munter die falschen Zahlen des RKI nicht nur abge­schrieben und plump wieder­holt, sie werden auch effekt­haschend präsen­tiert. Heute mit 99,9 statt einer schlich­ten 100 aus dem Tages­bericht des RKI. Eigent­lich erwarte ich von den sich selbst Qualität­smedien nennen­den Repro­duktions­anstal­ten eigene Nach­for­schungen, eigene Berech­nungen. Warum sehe ich nir­gendwo eine ordent­liche Division: 87328 neu positiv Gete­stete im Verlaufe der vergan­genene Woche, geteilt durch 83,5 Mil­li­onen er­gibt 105, meinet­wegen auch 104,6 pcm pro Woche, nicht 100 und schon gar nicht effekt­ha­schen­de 99,9.

Viele Schreiberlinge [1] und Nachrichten­sprechende mögen wissen, daß die täglich raus­gehau­enen Wochen­zahlen sich nicht einfach aus einer Addi­tion der täglich neu positiv Gete­steten ergeben, sondern neben einer Glättung auch eine Rück­datie­rung [2] auf ein weit­gehend geschätz­tes Ansteckungs­datum erfolgt. Sie müßten aber irgend­wann einmal merken, daß im Mittel die gleichen Sieben­tage­inzi­denzen ent­stehen sollten, auf Roh­daten wie auf verscho­benen und geglät­teten.

Vor einem Jahr wieder­holte man bis zur Verga­sung, ein R-Wert von 1,03 bedeutete, daß 100 In­fi­zierte binnen vierer Tage 103 wei­tere anstecken. Später erklärte man dauernd, daß die Sieben­tage­inzi­denz besage, wie­viele von 100.000 Men­schen sich binnen einer Woche infi­zieren. Redlich­keit erfor­derte, dem Pub­likum gleich­falls einzu­bleuen: Die Sieben­tage­inzi­denz beruht auf den vom RKI geschätz­ten Infek­tionen der vergan­genen Woche. Sie liegen deshalb bis zu 10 Prozent niedriger als eine Berech­nung auf Basis der gemel­deten Fall­zahlen.

Und wenigstens einmal möchte ich von einem ordent­lichen Jour­nali­sten lesen: Infek­tions­datum hin, Test­berichts­datum her, wer neu positiv gete­stet wird, hat sich irgend­wann ange­steckt, weshalb mit beiden Datie­rungen im Mittel das gleiche heraus­kommen sollte. Trotzdem nennt das RKI vorzugs­weise stark nach unten abwei­chende Werte, die im Laufe der Zeit an der Öffent­lich­keit vorbei auf ein reali­sti­sches Niveau korri­giert werden. Wann kommt der Tag, an dem man sich von Modellen verab­schiedet, deren Ergeb­nisse derart tenden­ziös an der augen­schein­lichen Reali­tät vorbei­gehen.

Ein Tag ist kaum vergangen, und ich habe heute, am zweiten Sonntag Judika vor Ostern prompt einen Internet-​Abklatsch der Zeit gelesen, in dem die Zahlen des RKI tatsäch­lich leicht nach oben korri­giert werden, weil man aktu­elle Zahlen habe. Mög­licher­weise nahm man an, die zu geringen Zahlen des RKI seien nur veraltet oder unvoll­ständig. Es ist aber auch egal: Zur Zeit entwickelt sich die Zahl der positiv Gete­steten recht gleich­mäßig mit einem leicht stei­genden R-Faktor von 1,15 bis 1,18. Wenn ich einmal menschen­freundlich annehme, er verharre dort noch zwei Wochen, dann werden es zu Ostern 25.000 täglich sein.

Gestern meldete das RKI eine Sieben­tage­inzi­denz von 100, heute 104. Ich habe mit 108 wieder etwas mehr errechnet. Um sich aber nichts vorzu­machen: Das ist der Wert für Laetare bis gestern. Für heute (Woche vom letzten Don­ners­tag bis kom­men­den Mitt­woch) sind bereits 126 zu erwarten. Trotzdem werden die 200 zu Ostern wohl nicht erreicht. Aber egal, ob 99,9 oder 126, es ist einfach zuviel. Und den Trend lassen selbst Berech­nungen mit leich­ten Fehlern erkennen. Auch auf diesem Gebiet sind uns andere Länder voraus: Sie fälschen einfach die Grund­daten.

[1] Damit sind nicht nur Männer angesprochen, obwohl ich meine, die reine Bildung weib­licher Ablei­tungen (Schreiberin) wird auf Dauer nicht befrie­digen. Die jetzt noch männ­lichen Sammel­bezeich­nungen müssen ge­schlechts­los werden und sind ggf. einer männ­lichen Ablei­tung (Schreiber­ling) zu unter­werfen. Bleibt nur noch das R zu ver­nichten oder seine Herkunft zu vergessen.
[2] Die täglich gemeldeten Fallzahlen mögen nicht der Realität entspre­chen, beruhen aber auf einer Addition gemel­deter Daten, daß eine Rundung der letzten Stellen Verwir­rung stiften würde. Jeder weiß, daß es auch tausend mehr oder weniger sein könnten. Die geglät­teten und rück­datier­ten Zahlen aber eben­falls bis in die Einer­stelle raus­zuhauen, sugge­riert eine nicht vorhan­dene Genauig­keit und ist deshalb unredlich. Und warum werden berech­nete Nach­komma­stellen auf ganze Men­schen gerundet?

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44
Auf den ersten Blick gibt die 44 wie die Vorgän­gerin 43 nicht viel her. Vor den übli­chen Ange­boten an Luft­bal­lons ver­weist die allwis­sende Müll­halde noch auf die Engels­zahl 44, obgleich die Nume­rolo­gen sich nor­maler­weise mit 11, 22 und 33 zufrie­den geben. Zur Bedeu­tung kann ich nichts sagen, denn mich inter­essiert deren Belie­bigkeits­gefasel nicht. Die Chi­nesen mögen in den zwei Vieren doppel­tes Unglück sehen. In Buch­staben zu DD über­setzt fällt mir neben der Vermei­dung von Körb­chen­größe E nur Donald Duck ein. Heraus­zufinden, was die ver­botene Wolfs- oder Sturm­bri­gade 44 mir sagen will, fehlt mir die Ener­gie. Eine Halbie­rung der 88 oder eine Ver­kür­zung von 444?

Glücklicherweise gibt es doch noch ein paar im weiteren Sinne mathema­tische Klei­nig­keiten. Zwar ist die 44 unter den normalen figu­rierten Zahlen nicht zu finden, aber vierte Okta­eder­zahl. [1] Dazu stelle man sich eine Qua­drat aus 4·4=16 Apfel­sinen vor. Auf die stapelt man eine quadra­tische Pyra­mide mit 9+4+1=14 weiteren Apfel­sinen. Könnte man dies auch nach unten machen, kämen weitere 14 hinzu. Es ist ein Okta­eder mit 16+2·14=44 Apfel­sinen entstan­den. Ich verkneife mir, ein drei­dimen­sio­nales Bild zu malen oder zu kopie­ren. [2] Es reicht gerade noch für zwei Projek­tionen in die Ebene:
1   1   1   1           1
  2   2   2           2   2
1   3   3   1       3   3   3                                                                
  2   4   2       4   4   4   4
1   3   3   1       3   3   3
  2   2   2           2   2
1   1   1   1           1                                                       
Die linke schaut senkrecht von einer Ecke , die rechte von einer Kantemitte Richtung Mittelpunkt. Die Zahlen geben an, wieviele Kugeln an der bezeich­neten Stelle übereinander liegen. Links sind es 12·1+8·2+4·3+4=44, rechts 1·1+2·2+3·3+4·4+3·3+2·2+1·1=44.

Es bleibt die nette Frage, wieviele Möglich­keiten es gibt, das Haus vom Niko­laus zu malen? Die Antwort ist natür­lich 44, wenn man links unten anfängt. Von rechts unten kommen noch­mals 44 hinzu. Weitere Start­möglich­keiten gibt es nicht. Zur Über­prü­fung kann man ein Pro­gramm schreiben, aber das Problem auch mit der Hand am Arm angehen. Da man an der Dachspitze keine Wahlmöglich­keit hat, kann sie ent­fernt werden. Es ver­bleiben vier Ecken (Punkte) und sieben Kanten (Linien). Die Hälfte der 44 Wege führt durch das Ober­geschoß, bevor es über das Dach geht. Und wegen der Ver­tausch­bar­keit der beiden oberen Knoten samt zugehö­rigen Kanten, führt abermals die Hälfte über den linken Knoten ins Ober­geschoß. Damit verbleiben nur 11 Wege, die links unten beginnen und rechts unten enden, zunächst durch das Ober­geschoß, dann erst über das Dach führen und deren Erst­auf­stieg ins Ober­geschoß auf der linken Seite erfolgt:

                                                   ○  ○                                                                    
                                                                                             
                                                                                        
                                                   ●  ○                                                             
                                                    11
        
                                ●  ○                                 ○  ○
                                △                                     
                                │                                   
                                ○  ○                                 ○─▷●                                                        
                                  8                                    3                                            
                                                                                                                                   
                 ○─▷●                          ○  ○                  ●  ○                                                        
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                 ○  ○                          ○  ●                  ○─▷○                                                        
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Die 11 Oktette, das Haus vom Nikolaus zu malen (png)

Um das Bild nicht zu überlasten, habe ich unbenutzte Verbindungen Linien nicht eingezeichnet und Lauf­rich­tungen nur ange­deutet, wo es gra­phisch gut möglich ist. Der schwarze Punkt bezeichnet das vorläufige Ende des Weges, von dem er fortzu­führen ist. Die ersten vier Ebenen stehen für alle Wege der Längen 0,1,2,3. In der unteren Ebene sind sie soweit fortgeführt, bis es nur noch eine Möglichkeit ins Ziel gibt. Natür­lich ersetzt das Bild keinen Beweis, doch ein Programm allein auch nicht.

[1] The On-Line Encyclopedia of Integer Sequences. Oktaeder­zahlen A005900.
[2] Oktaederzahl. Wikipedia. Darin ein Bild eines Oktae­ders aus 146 Kugeln.

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Notbremse
Wer kennt sie nicht, die Not­bremsen im Zug. Zieht man sie, führt das wenig­stens zu einer Diskus­sion zwischen Zug- und Lok­führer, ob man erst aus dem Tunnel raus­fährt. Der Zug hält aber in abseh­barer Zeit, wenn nicht sofort eine Fehl­betäti­gung fest­gestellt wird. Auf keinen Fall wird nur der auslö­sende Wagen abge­kuppelt oder gar die verur­sachende Person auf offener Strecke ausge­setzt.

Mit den Corona-Notbremsen sollte es ähnlich sein. Eigent­lich hoffte man, sie nie betä­tigen zu müssen. Vorsichts­halber hatte man auch nie geplant, den gesamten Zug zu stoppen, sondern über­trug die Verant­wor­tung den 16 Schaff­nern, die anders als in einem wirk­lichen Zug ihren Wagen weit­gehend unab­hängig abbremsen könnten, wenn ein Dreh­gestell zuneh­mend unan­genehme Geräusche macht. Es war aber vorher­zusehen, und tatsäch­lich beließen sie es dabei, den Fahr­gästen freizu­stellen, ob sie die Gefahr aussitzen, im Gang stehen oder lieber aus dem Fenster springen möchten.

Heute hat der deutsche Natio­nalzug die Höchst­geschwin­digkeit von 100 Mei­len pro Stunde über­schrit­ten. [1] Die laute­sten Laufge­räusche machen die Kurs­wagen nach Thürin­gen, Sachsen und Sachsen-​Anhalt aus alter DDR-​Produktion, die wohl auch an die Nachbar­länder Hessen, Bayern und Niedersachsen bis nach Hamburg verkauft wurden. Immerhin hat man alle Fahrgäste gebeten, Plätze oberhalb der Dreh­gestelle zu meiden, denn sie sind die Hotspots, aus denen wie seiner­zeit in Eschede jeder­zeit stäh­lerne Rad­reifen durch Sitze schießen könnten. [2]

Nun aber im Ernst: Die Entwick­lung der Corona-​Epidemie ist in Deutsch­land seit geraumer Zeit sehr bestän­dig und vorher­sehbar. Man hätte also schon vor Tagen die Hand an die Not­bremse legen sollen, um sie heute um 0 Uhr mit sofor­tiger Wirkung für das gesamte Land zu ziehen, hat es aber voraus­schauend den Landes­fürsten überlassen, die sofort die Verant­wortung auf ihre Land­kreise runter­brachen, in denen man immer noch dem alten Aber­glauben anhängt, man sei schuldlos von tragi­schen Einzel­fällen betrof­fen, die durch „Contain­ment“ und Achtsam­keit in den Griff zu bekommen seien.

Aber warum schimpfe ich auf Politiker und beklage ihr durch­sich­tiges Ver­halten? So schlecht sind sie nicht. Natür­lich wollen sie wieder­gewählt werden. Natürlich müssen sie auf die sog. Wirt­schaft Rück­sicht nehmen. Wenn sie wollten, können sie frei, überlegen, auch mit drako­nischen Maß­nahmen rea­gieren. Nur wollen es die Men­schen nicht und würden es vor der näch­sten Urne stehend auch nicht hono­rieren. Eher lassen sie sich in eine eigene ein­füllen. Die Menschen sind wie sie sind: Sie leisten sich Ethik­räte und finden sich mit einer Sterberate von einem Promille problemlos ab, vor allem Impf­gegner, die mit hoher Sicherheit im Laufe ihres Lebens infiziert werden. [3]

Soeben spricht Angela Merkel in einer Sonder­sendung. Sie will die neue Notbremse in Bund und Ländern ziehen, wenn die Sieben­tage­inzidenz drei Tage über 100 liegt. Auch sie glaubt dem RKI, es sei heute noch nicht der Fall. Und ich frage mich, was denn die Notbremse in Bayern, Hamburg, Hessen, Sachsen-​Anhalt, Sachsen und vor allem Thürin­gen (heute 195, vor einer Woche 156 und R=1,16) in den letzten Wochen bewirkt hat.

Zudem versprach die Kanz­lerin, deut­sche Gründ­lich­keit durch deut­sche Flexi­bilität zu ergänzen. Doch nur wenige Minuten später, und schon werden in der nach­folgen­den Bericht­erstat­tung alle Detail­fürze proble­mati­siert. Warum darf eigent­lich über­haupt geimpft werden, obwohl die Bevöl­kerung die Impfge­rechtig­keit noch nicht voll ausdis­kutiert hat?

Eben höre ich, in Ham­burg sei die Not­bremse gezogen worden, wenn eine teil­weise Rück­kehr zu den laschen Maß­nahmen vom Jahres­beginn so genannt werden darf. Und Herr Ramelow erzählt nun viel über inter­galak­tische Pro­bleme und Impf­stoff-​Mengen. Statt zuzugeben, daß seine reni­tente Bevöl­kerung fort­setzt, was in Sachsen begann, faselt er von Tsche­chien und Muta­tionen. Na und: Sie mögen von dort gekommen sein, verbreitet haben sie aber die Zonis selbst.

Nun sind drei Wochen vergangen, und Angela Merkel scheint in Erwägung zu ziehen, was ich schon lange erwartet hätte, nämlich ein Gesetz, das bei Über­schrei­tung defi­nierter Werte verbind­lich zu ergrei­fende Maß­nahmen fest­legt. Das zügig auch durch den Bundes­rat zu bringen, muß sie kurz vor dem Ende ihrer Kanzler­schaft kein Mittel scheuen. Es geht nicht mehr darum, reni­tenten Minder­heiten und dem Zeit­geist zu gefallen, sondern um eine Würdi­gung in den Geschichts­büchern. Mit Glück bringt es die Union auch aus ihrem Umfrage­tief. [4]

[1] Heute 2.629.750, letzte Woche 2.545.781. Bei einer Differenz von 83.969 muß ich nicht lange rechnen: Das sind ein Promille der Gesam­tbevöl­kerung. Und seit fast einem Jahr kann man wissen: Ein Pro­mille sind 100 pcm, also 100 auf 100.000. Die 96 des RKI beruhen nicht auf einer alle Ille­galen und Besucher berück­sichti­genden Per­sonen­zahl auf deut­schem Boden. Viel­mehr liegen ihnen ver­pfuschte 79.476 In­fi­zierte zugrunde.
[2] Auch damals ließ man den Zug mit Abweichungen bis zum Doppelten der Grenz­werte auf die Strecke. Wem will man das vo­rwerfen? Nicht nur aus wirt­schaft­lichem Inter­esse warten wir gerne auf singu­läre medial aufberei­tete Kata­strophen.
[3] Vielleicht auf Corona-​Partys, wo man seine Kinder infi­ziert, solange sie noch eine sehr hohe Über­lebens­chance haben. Schließ­lich habe ich auch Masern und Wind­pocken über­standen.
[4] Hat nicht geklappt.

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43
Zu den natürlichen Zahlen 1 bis 42 schrieb ich bereits vor Jahren etwas. Nun ist 43 dran, ein Kan­didat für die klein­ste unin­teres­sante Zahl. Was ver­meldet uns die Wiki­pedia? Sie ist die Ordnungs­zahl des leich­testen Elemen­tes ohne sta­biles Iso­top [1] und die größte Zahl von McNuggets, die man mit den gän­gigen Größen 6, 9 und 20 nicht ohne Rest zusammen­stel­len kann. [2] Die Über­legung ist ein­fach: Mit 6 und 9 allein kann man alle durch 3 teil­baren Zahlen errei­chen, außer 3 selbst. Mit kein-, ein- oder zwei­mal 20 sind deshalb alle Anzah­len n=3k, n=20+3k und n=40+3k für k>1 mög­lich, darun­ter alle n≥40+3·2=46. Auch 45=5·9 und 44=20+4·6 gehen, nicht jedoch 43, denn mit einer oder keiner Zwan­ziger-​Packung müßte 43−1·20=23 bzw. 43−0·20=43 durch 3 teilbar sein. Bleiben zweimal 20. Der Rest 43−2·20=3 ist jedoch unmög­lich. So einfach ist es im allge­meinen nicht und das Problem für mehr als drei Porti­onen wohl ungelöst. [3]

Die Zahl 43 ist nicht nur eine Primzahl, sondern zusammen mit 41 auch ein Prim­zahl­zwilling. Daß es 18 Posi­tionen weiter mit 59 und 61 einen wei­teren gibt, ist nicht verwunder­lich. Es kommt aber gelegen, daß Prome­thium mit der Ord­nungs­zahl 61 nach Techne­tium mit 43 das zweite insta­bile Element ist. Peter Plichta zählt wie die Römer in Musiker­manier 19 Ele­mente von 43 bis 61, und schon ist er in seinem Denk­raster von Prim­zahlen und 19.

Ansonsten muß man 43 schon suchen. Um sie als ordent­liche Figur aus Punkten zu malen, sollte man sie irgendwo unter den figu­rierten Zahlen finden. Doch macht sie sich rar. Zu den nor­malen Poly­gonal- und Pyra­miden­zahlen gehört sie nicht. Um sie als zen­trierte Poly­gonal­zahl zu finden, muß 43−1=42 Viel­faches einer Dreiecks­zahl sein. Tatsäch­lich ist 42=7·6=7·D₄₋₁ und 43 damit vierte Sieben­eck­zahl. Auch wegen 42=2·21=2·D₇₋₁ siebte Zwei­ecks­zahl. Die Figur vom Zweieck will keiner sehen und ein Sieben­eck paßt auch schlecht ins Zeilen­raster:

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43 als vierte zentrierte Heptagonalzahl (png)

Die Sylvester-Folge [4] erhält man mit 1 begin­nend, indem alle voran­gehen­den Folge­glieder multi­pli­ziert werden und eins addiert wird, also a₀=1 und aₙ₊₁=a₀·a₁·…·aₙ₋₁+1. So ergeben sich a₁=1+1=2, a₂=1·2+1=3, a₃=1·2·3+1=7 und bereits als vierte Zahl a₄=1·2·3·7+1=43. Es folgen 1807 und 3263443. Danach werden die Zahlen schnell sehr groß. Daß die ersten Folge­glieder alle­samt nicht zusam­men­gesetzt sind, sollte nicht dazu verleiten anzu­nehmen, es folgten nur Prim­zahlen, denn schon 1807=13·139 ist keine mehr.

[1] The 43 Peculi­arity. The Big Bang Theory, Fernseh­serie, Staffel 6, Folge 8. Text. Sheldon hat 43 groß auf eine Tafel geschrieben. Die Bedeu­tung bleibt bis zum Schluß unklar. Eine Vermu­tung war Tech­netium.

[2] The On-Line Encyclopedia of Integer Sequences. Liste A214777 der McNugget-​Zahlen. Oberhalb von 43 sind alle dabei, weshalb es gerecht­fertigt ist, 43  „die“ McNugget-​Zahl zu nennen.

[3] Wolfram Mathworld. Coin Problem. Dort wird berich­tet, daß es nicht einfach, aber ein Lösungs­weg für drei Münzen (hier 6,9,20) bekannt ist.

[4] The On-Line Encyclopedia of Integer Sequences. A129871. Auch A000058 ohne a₀ mit der Rekursion aₙ₊₁=aₙ(aₙ−1)+1. Lustiger­weise könnte man a₀=Φ oder a₀=-φ wählen.

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Dritte Welle
Kaum steigt die Zahl der gemeldeten Corona-Fälle um 5.000 auf knapp 15.000, und schon ist von einer dritten Welle zu lesen. [1] Redli­cher wäre es, eine dritte Welle zu befürch­ten oder schon seit zwei Wochen Anzei­chen dafür zu sehen. Eigent­lich ist es ganz einfach: Mit Beginn des Jahres sinkt die Zahl der Toten bestän­dig, zunächst syn­chron zu den Infi­zierten zwei Wochen zuvor, nun wohl wegen der Impfun­gen, in deren Schatten sich die Bevöl­kerung dem Leicht­sinn hingibt. Die neue Not­bremse wird nicht ernster genommen als die alte. Glück­licher­weise ist das nun egal. Bei einem Rt-Wert von knapp über eins [2] werden sich solange mehr und mehr infi­zieren, bis die Herden­immu­nität erreicht ist. Eine dritte Welle möchte ich das nicht nennen, weil immer weniger sterben, in einem halben Jahr fast nur noch Unge­impfte. [3]

[1] Da spielt es auch keine Rolle, daß aus Hamburg 200 von vor­gestern erst heute gemeldet wurden.
[2] Zu Beginn interessierte man sich noch für den sog. R0-Wert. Den möchte nun keiner mehr hören, denn bei minde­stens fünf Prozent Geimpf­ten und Gene­senen samt einer unbe­kannten Zahl unem­pfäng­licher Menschen wird er derzeit über 1,1 liegen.
[3] Die Impfmuffel klopfen gerne Grundrechte, insbesondere Gleich­behand­lung. Das könnte sich legen, wenn weit­gehend alles für alle erlaubt sein wird. Dann bedeutet Gerech­tig­keit: Wer ohne Grund unge­impft ist, bezahlt seine Behand­lung selbst! Eigent­lich sogar: Ver­suchter Totschlag für jede An­steckung eines unver­schuldet Schutz­losen durch einen Verwei­gerer.

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Pro-Sieben-Frauentag
Dank meines IG-Metall-Taschenkalenders bin ich auf den Frauentag vorbe­reitet, sonst hätten mich die Werbe­spots über­rascht, mit denen sich Pro Sieben einen magenta­farbenen Anstrich verleihen möchte. Einer: 1903 gewann Marie Curie als erste Frau den Physik-​Nobel­preis. Bis heute gab es nur 3 wei­tere Preis­träge­rinnen im Bereich der Physik - in 118 Jahren.

Abgesehen davon, daß man auch auf 120 Jahre hätte erhöhen können und der Nobel­preis verliehen und nicht wie eine Pro-​Sieben-​Quizshow gewon­nen [1] wird, ist es leider richtig. Man hätte aber auch sagen können, daß es in der Chemie sechs nach Madame Curie waren [2], sie die/der erste Frau/Mann war, die/der einen Nobel­preis zweimal erhielt und mit zuneh­mender Weich­heit (Medizin, Frieden und Literatur) Frauen stärker, doch immer noch zu gering vertreten sind.

Woanders ist es viel härter. So hätte ich es gerne gesehen, wenn die zwölf­fache Snooker-​Frauen­welt­mei­sterin Reanne Evans dauer­haft auf die sog. Main Tour der 128 besten Spieler­*innen käme. Nicht nur für Frauen, auch für Deutsche gilt: Interes­sieren sich genü­gend, wird es auch was mit den vor­deren Plätzen. Die Chines­*innen haben das erreicht, zumindest die Männer unter ihnen. [3]

[1] Eben sagt Stephen Hawking zu Sheldon Cooper bei Pro Sieben, daß er noch (nunmehr sicher) keinen Nobel­preis „gewonnen“ habe, dafür aber bei Star Trek auf­treten durfte.
[2] Darunter die Frauenrechtlerin Irene Joliot-Curie, eine Tochter von Marie Curie.
[3] Und schon lese ich: Reanne Evans und Ng On Yee sind zum Frauentag in die Main Tour aufgenommen worden. Nun ist es ihre Aufgabe, darin zu verbleiben und Frauen für diesen Sport zu begei­stern. Glei­ches gilt für Deut­sche aller Geschlechter.

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HRH Meghan, geb. Merkle
Pünktlich zum Frauentag erfahre ich, daß Meghan ein Poc ist und Opfer unbe­dachter Bemer­kungen des engli­schen Königs­hauses wurde, die ihr nicht gefielen, und darauf kommt es ja an, darauf ist Rück­sicht zu nehmen, alles andere ist Ras­sismus. Ich traue mich schon gar nicht zu schreiben, daß ich die korrekte Stel­lung des kleinen H im Namen googeln mußte. So erfuhr ich auch ihren Geburts­namen, nun scheint sie nach­namenlos.

Das wäre an mir vorübergezogen, hätte ich als Fußgänger auf dem Super­markt­park­platz nicht einem Trans­porter den Vortritt gelassen. Als ich den Poc am Steuer sah, dachte ich: Was ein Glück, wäre ich etwas zügiger gegangen, dann hätte er viel­leicht bremsen müssen und denken können, ich habe mich zu forsch bewegt, und darauf kommt es ja an, darauf ist Rück­sicht zu nehmen, alles andere ist Ras­sismus.

Als ich wieder zu mir kam, fand ich allein diesen Gedanken rassi­stisch, denn ich lasse auch weiße alte Auto­fah­rer*in­nen aus der Tank­stellen­ausfahrt, die ja gar nicht wissen können, daß ich keinen Migra­tions­hinter­grund habe und mir andern­falls den Vortritt lassen müßten. Und als Opfer des weißen These-​Anti­these-​Deutsch­aufsatz-​Faschis­mus dauerte es nicht lange, und ich zog in Erwägung, mein Unter­bewußt­sein hätte seine Haupt­farbe eine Sekunde früher wahr­genommen und meinen Beinen signali­siert: Vorsicht, fährt wie wie eine besengte Sau.

Nachtrag: Eben höre ich aus dem Munde einer Adelsexpertin, Rasssimus sei der schwerste Vorwurf, den man machen könne. Wie steht es um Mord und Totschlag?

Nun ist der Witzbold Philip tot. Spontan dachte ich, er habe sich elegant einer Klage wegen Rassis­mus entzogen. Googeln aber verriet, er und die Köni­gin selbst seien expli­zit frei­gespro­chen worden, nicht von den Anklä­gern selbst, sondern von einer Kom­plizin namens Oprah, die nicht zu kennen ich bis vor einem Monat das Ver­gnügen hatte.

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Zack! Peng!
Smudo schildert bei Anne Will seine Luca-App: Man geht ins Restau­rant - zack! Man geht ins Stadion - peng! Man steigt in die Straßen­bahn - piep, piep! So einfach geht es mit Corona-​Verfol­gungs-​Appli­kati­onen aus privater Hand. Doch leider ist es nun zu spät, und die Verbrei­tung wird aus­bleiben, weil der normale Mensch sie nicht benö­tigt. [1]

Natürlich wird wieder über Daten­schutz geredet. Und dazu kann ich eigent­lich nur wieder­holen: Es ist seit vielen Jahr­zehnten nicht gelungen, ein ordent­liches System der Verschlüs­selung und Authen­tifi­zie­rung zu eta­blieren. Ich laufe mit einem Finger­abdruck im Personal­ausweis herum, den ich nie benut­zen konnte. Vor einem Jahr hätte man schnell etwas hinpfu­schen können, nun ist es zu spät.

Bei aller Kritik: Ich habe bei der Corona-App nicht mit mehr gerechnet, denn wir sind ein Volk, daß jeden Scheiß teilt, für ein halbes Prozent Rabatt jeden Einkauf regi­strieren läßt, aber im Wohn­zimmer einen Frei­raum für Krimina­lität sieht, vor der Obrig­keit alles, nicht nur die Ein­künfte verheim­lichen möchte und deshalb den Daten­schutz groß­maulig hoch­hält. Was sollen Ent­wickler da machen? Ich habe einmal ein Projekt aufge­geben, weil sich Daten­schützer wichtig machten und die Umset­zung ihrer Forde­rungen mir mit vertret­barem Aufwand nicht mehr möglich war. Und da ging es noch nicht einmal um personen­bezogene Daten Fremder, sondern nur um Schutz, Abschot­tung und Privi­legie­rung der ange­stellten Benutzer.

[1] Nun ist ein halbes Jahr um und ich muß leider sehen, daß die Hedo­nisten Corona noch einmal einen ordent­lichen Schub verpaß­ten, um mit ihrer Luca-​App schnel­len und unkon­trol­lierten Zutritt in ihre Vergnü­gungs­tempel zu erlangen.

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