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Wahlgerechtigkeit
wuerg, 08.11.2020 23:50
Kein Wahlrecht kann oder will alle Menschen gleich oder gemäß ihres Wertes behandeln. [1] So erscheint auch mir die Wahl des amerikanischen Präsidenten weniger gerecht als die unseres Kanzlers. Es beginnt mit einem fehlenden Meldewesen, einer Benachteiligung derer ohne Führerschein oder Erlaubnis, eine Waffe offen zu tragen, geht weiter mit der Abschreckung durch lange Schlangen vor den Wahllokalen und läßt die überwiegende Mehrheit ohne Würstchen und Kugelschreiber stehen, weil nur die sog. Swing-States umworben werden. Aber haben deshalb deren Einwohner tatsächlich mehr Einfluß auf das Ergebnis?
Eine Antwort auf diese Frage kann nicht gegeben werden, weil der ominöse Einfluß des einzelnen auf das Wahlergebnis nicht beziffert werden kann. Fast immer hat keiner Einfluß in dem Sinne, daß seine Stimme entscheidet. Und sollte es innnerhalb von Milliarden Jahren tasächlich dazu kommen, ist er nur einer unter Millionen. Im Falle eines Patts in einem entscheidenden Bundesstaat wäre jeder Nichtwähler entscheidend, bei einer Stimme Vorsprung jeder Wähler der Mehrheit.
Aber es geht ja gar nicht um den Einfluß eines einzelnen oder eine exakte Bezifferung, sondern um die vermuteten oder postulierten Unterschiede zwischen verschiedenen Gebieten oder gar Bevölkerungsgruppen. Man mag das amerikanische System der Präsidentenwahl mit ihren normalerweise, aber nicht verbindlich gemäß des Ergebnis ihres Staates abstimmenden, tatsächlich existierenden Wahlmännern für ungerecht halten, doch berücksichtigt unsere Kanzlerwahl wegen der zahllosen Länderlisten, der Fünfprozenthürde und vor allem der Koalitionsverhandlungen den Wählerwillen nicht unbedingt stärker. Dazu genügt ein Blick auf die winzige FDP mit ihrem seit Bestehen der Republik übermäßigen sich auch in Posten niederschlagenden Einfluß.
Die Wahl des amerikanischen Präsidenten ist dagegen vergleichsweise simpel. Es geht praktisch nur um eine einzige Entscheidung zwischen zwei Kandidaten und in jedem Staat nur um die einfache Mehrheit. Wäre es noch simpler und entschiede die einfache Mehrheit aller, dann wäre ich bereit, meinen Einfluß wie folgt zu definieren: Die Wahrscheinlichkeit, daß ohne mich eine Pattsituation einträte, wenn die anderen gleichverteilt zufällig wählen. Bei n=2k+1 Wählern gibt es unter den 2^(2k) Möglichkeiten der anderen p=(2k über k) Pattsituationen, woraus sich der Einfluß e=p/n ergibt.
Wenn es nur wenige Staaten unterschiedlicher Größe mit gleichen oder differierenden Stimmgewichten (Wahlmänner) gibt, muß eine etwas kompliziertere Überlegung auf höherer Ebene nachgeschaltet werden, um den Einfluß der Wähler eines jeden Staates zu ermitteln. Wer der hier ausgebreiteten Ansicht von Einfluß folgt, wird die Gewichte derart verteilen wollen, auf daß den Wählern verschiedener Staaten der unterschiedliche Einfluß ausgeglichen wird. Bei wenigen Staaten ist das nur eingeschränkt möglich. Bei derart vielen Staaten wie den amerikanischen kann man aber zurecht erwarten, daß ein Gewicht gemäß der Wurzel der Wähler- oder Einwohnerzahl zu einem einigermaßen gleichmäßigem Einfluß führt.
Ich will jetzt nicht alle Staaten durchkauen, deshalb nur die mit A beginnenden. Die nachstehende Übersicht zeigt die Einwohner n in Millionen. Danach die Zahl der Sitze nach dem „Quadratwurzelgesetz“. Der Faktor 4 ist so gewählt, daß sich in der Summe die in der letzten Spalte aufgeführten 29 Sitze im Kongreß ergeben. Doch daran orientieren sich die Amerikaner nicht, sondern weisen jedem Staat zwei Sitze im Senat und auf etwa 700.000 einen Sitz im Repräsentantenhaus zu. [2] Daraus errechnen sich die Anzahlen unter der Überschrift 2+10n/7, die auf ganze Zahlen gerundet tatsächlich der Anzahl der Wahlmännern entsprechen.
[1] Das mag den weniger geneigten Leser empören. Doch sollte nicht vergessen werden, daß auch in Deutschland keine Kinder und nur ausgewählte oder gar keine Ausländer wählen dürfen. Einigen wurden auch die sog. bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt, andere werden durch Quoten oder Sonderregeln bevorzugt. Nicht nur Frauen, auch der SSW oder seinerzeit die nicht zur BRD gehörenden Berliner.
[2] Die Zahl 700.000 habe ich so gewählt, daß sich in der Summe die 29 Sitze der vier Staaten ergeben. Wer daraus für die gesamten USA 0,70976·(538-100-3)=308,75 Milionen Einwohner in den 50 Staaten ohne D.C. und anderen Sondergebieten errechnet, möge berücksichtigen, daß die Bevölkerung inzwischen gewachsen ist. Für Corona gehe ich von 329,1 Millionen aus.
[3] Selbst der Winz-Staat Wyoming am Ende des Alphabetes mit nur 0,6 Millionen Einwohnern käme in beiden Berechnungen auf drei Sitze, müßte also nicht die Sonderregel über mindestens einen Abgeordneten in Anspruch nehmen. Als Republikaner würde ich mich für das Quadratwurzelgesetz stark machen, weil Kalifornien nach den obenstehenden Berechnungen nur auf 24 statt 55 käme. Nach Angleichung der Summen vielleicht auf 30, maximal 35.
Quadratwurzelgesetz | Medaillenspiegel
Eine Antwort auf diese Frage kann nicht gegeben werden, weil der ominöse Einfluß des einzelnen auf das Wahlergebnis nicht beziffert werden kann. Fast immer hat keiner Einfluß in dem Sinne, daß seine Stimme entscheidet. Und sollte es innnerhalb von Milliarden Jahren tasächlich dazu kommen, ist er nur einer unter Millionen. Im Falle eines Patts in einem entscheidenden Bundesstaat wäre jeder Nichtwähler entscheidend, bei einer Stimme Vorsprung jeder Wähler der Mehrheit.
Aber es geht ja gar nicht um den Einfluß eines einzelnen oder eine exakte Bezifferung, sondern um die vermuteten oder postulierten Unterschiede zwischen verschiedenen Gebieten oder gar Bevölkerungsgruppen. Man mag das amerikanische System der Präsidentenwahl mit ihren normalerweise, aber nicht verbindlich gemäß des Ergebnis ihres Staates abstimmenden, tatsächlich existierenden Wahlmännern für ungerecht halten, doch berücksichtigt unsere Kanzlerwahl wegen der zahllosen Länderlisten, der Fünfprozenthürde und vor allem der Koalitionsverhandlungen den Wählerwillen nicht unbedingt stärker. Dazu genügt ein Blick auf die winzige FDP mit ihrem seit Bestehen der Republik übermäßigen sich auch in Posten niederschlagenden Einfluß.
Die Wahl des amerikanischen Präsidenten ist dagegen vergleichsweise simpel. Es geht praktisch nur um eine einzige Entscheidung zwischen zwei Kandidaten und in jedem Staat nur um die einfache Mehrheit. Wäre es noch simpler und entschiede die einfache Mehrheit aller, dann wäre ich bereit, meinen Einfluß wie folgt zu definieren: Die Wahrscheinlichkeit, daß ohne mich eine Pattsituation einträte, wenn die anderen gleichverteilt zufällig wählen. Bei n=2k+1 Wählern gibt es unter den 2^(2k) Möglichkeiten der anderen p=(2k über k) Pattsituationen, woraus sich der Einfluß e=p/n ergibt.
n k p 2^(2k) Einfluß e e*sqrt(n) --------------------------------------------- 3 1 2 4 0,5 0,8660254 5 2 6 16 0,375 0,8385255 7 3 20 64 0,3125 0,8267973 9 4 70 256 0,2734375 0,8203125 11 5 252 1024 0,2460938 0,8162006 13 6 924 4096 0,2255859 0,8133617 15 7 3432 16384 0,2009473 0,8112841 17 8 12870 65536 0,1963806 0,8096980 19 9 48620 262144 0,1854706 0,8084475 21 10 184756 1048576 0,1761970 0,8074363Offensichtlich sinkt der Einfluß mit der Anzahl der Wähler, doch nicht so sehr, wie man erwarten könnte. Es wäre ja auch blöd, jedem einfach 1/n zuzuschreiben. Die letzte Spalte konvergiert gegen 0,79788456. Das ist die Wurzel aus 2/π und ergibt sich aus der Stirlingformel.
Wenn es nur wenige Staaten unterschiedlicher Größe mit gleichen oder differierenden Stimmgewichten (Wahlmänner) gibt, muß eine etwas kompliziertere Überlegung auf höherer Ebene nachgeschaltet werden, um den Einfluß der Wähler eines jeden Staates zu ermitteln. Wer der hier ausgebreiteten Ansicht von Einfluß folgt, wird die Gewichte derart verteilen wollen, auf daß den Wählern verschiedener Staaten der unterschiedliche Einfluß ausgeglichen wird. Bei wenigen Staaten ist das nur eingeschränkt möglich. Bei derart vielen Staaten wie den amerikanischen kann man aber zurecht erwarten, daß ein Gewicht gemäß der Wurzel der Wähler- oder Einwohnerzahl zu einem einigermaßen gleichmäßigem Einfluß führt.
Ich will jetzt nicht alle Staaten durchkauen, deshalb nur die mit A beginnenden. Die nachstehende Übersicht zeigt die Einwohner n in Millionen. Danach die Zahl der Sitze nach dem „Quadratwurzelgesetz“. Der Faktor 4 ist so gewählt, daß sich in der Summe die in der letzten Spalte aufgeführten 29 Sitze im Kongreß ergeben. Doch daran orientieren sich die Amerikaner nicht, sondern weisen jedem Staat zwei Sitze im Senat und auf etwa 700.000 einen Sitz im Repräsentantenhaus zu. [2] Daraus errechnen sich die Anzahlen unter der Überschrift 2+10n/7, die auf ganze Zahlen gerundet tatsächlich der Anzahl der Wahlmännern entsprechen.
Staat n 4·sqrt(n) 2+10n/7 Sitze -------------------------------------- Alabama 4,8 8,7 8,8 9 Alaska 0,7 3,4 3,0 3 Arizona 6,4 10,1 11,1 11 Arkansas 2,9 6,8 6,2 6Sofern man das Quadratwurzelgesetz für gerecht hält, werden Staaten zwischen 0,65 und 2,15 Millionen Einwohnern leicht benachteiligt, kleinere und größere bevorzugt [3]. Da es aber auch dem unmittelbaren Gerechtigkeitsgefühl entspricht, jedem Einwohner das gleiche Gewicht zu geben, sind die aktuellen Wahlmännerzahlen gar nicht schlecht. Bei einer Reform sollte man einfach die Zweistufigkeit streichen, zumindest für die Wahl des Präsidenten.
[1] Das mag den weniger geneigten Leser empören. Doch sollte nicht vergessen werden, daß auch in Deutschland keine Kinder und nur ausgewählte oder gar keine Ausländer wählen dürfen. Einigen wurden auch die sog. bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt, andere werden durch Quoten oder Sonderregeln bevorzugt. Nicht nur Frauen, auch der SSW oder seinerzeit die nicht zur BRD gehörenden Berliner.
[2] Die Zahl 700.000 habe ich so gewählt, daß sich in der Summe die 29 Sitze der vier Staaten ergeben. Wer daraus für die gesamten USA 0,70976·(538-100-3)=308,75 Milionen Einwohner in den 50 Staaten ohne D.C. und anderen Sondergebieten errechnet, möge berücksichtigen, daß die Bevölkerung inzwischen gewachsen ist. Für Corona gehe ich von 329,1 Millionen aus.
[3] Selbst der Winz-Staat Wyoming am Ende des Alphabetes mit nur 0,6 Millionen Einwohnern käme in beiden Berechnungen auf drei Sitze, müßte also nicht die Sonderregel über mindestens einen Abgeordneten in Anspruch nehmen. Als Republikaner würde ich mich für das Quadratwurzelgesetz stark machen, weil Kalifornien nach den obenstehenden Berechnungen nur auf 24 statt 55 käme. Nach Angleichung der Summen vielleicht auf 30, maximal 35.
Quadratwurzelgesetz | Medaillenspiegel
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Der Pitch - Die Bitch
wuerg, 17.10.2020 21:17
Eben sprachen in einem „neuen Format“ unter der Überschrift „Der Pitch“ die drei am Lenker ihres Tandems sitzenden Kandidaten zum CDU-Vorsitz. Zunächst durfte Armin Latschet als erster Pitch [1] unter seinem Motto „wir machen das bereits“ darlegen, was in Nordrhein-Westfalen gut funktioniert und im Bund ebenfalls umgesetzt werden soll. Den anderen beiden habe ich nur noch mit einem Ohr zugehört. Eine Frau war nicht dabei. Das reizte mich zu sagen, drei Pitches möchten zwei Bitches ablösen, wenn die beiden Damen nicht alles andere wären.
[1] Meine Frage, ob mit dem Pitch der Parteivorsitzende, der Kandidat dazu oder nur seine Bewerbungsrede gemeint ist, blieb unbeantwortet, nachdem der Moderator Armin Latschet als ersten Pitch (Unglück) vortreten ließ, nicht als Pitscher.
[1] Meine Frage, ob mit dem Pitch der Parteivorsitzende, der Kandidat dazu oder nur seine Bewerbungsrede gemeint ist, blieb unbeantwortet, nachdem der Moderator Armin Latschet als ersten Pitch (Unglück) vortreten ließ, nicht als Pitscher.
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Berlin
wuerg, 09.10.2020 22:13
Als es Sozialdemokraten noch erlaubt war, auf Vermittlung der DKP die DDR zu besuchen, diskutierte ich mit unserem Reiseleiter und Kandidaten zum ZK über den Status von Westberlin. Er meinte, es läge in der DDR und gehöre eigentlich dazu. Wir einigten uns darauf, daß Berlin inmitten der DDR liege, obgleich schon damals mein Herz nicht an Westberlin hing. Ohne Bayer zu sein, hätte ich Berlin nicht vermißt, wenn es gerechterweise vollständig der sowjetischen Zone zugeschlagen worden und so in der DDR aufgegangen wäre. Hätte danach der große Bruder die DDR nicht ausgebeutet und wir sie völkerrechtlich anerkannt, wäre „die Absicht, eine Mauer zu errichten“ selbst Walter Ulbricht nicht in den Sinn gekommen. Über die Grenze gelaufene und legal, wenn nicht freizügig eingereiste Bürger des sicheren Herkunftlandes DDR hätten Asyl beantragen können und im Einzelfalle auch erhalten.
Es kam anders. Berlin schmarotzte Jahrzehnte auf Kosten der zehn alten Länder, saß im Bundestag wie Palästina in der UN-Vollversammlung und hatte vor dreißig Jahren einfach Glück, nach der Wiedervereinigung genannten Annektion der fünf neuen Länder zusammen mit Ost-Berlin ein sechzehntes Bundesland zu werden, das sexy und geldgeil weiterhin durchgefüttert wird. Gerne würde ich die berliner Arroganz hinnnehmen, wenn sie wie die bayrische nach Jahren des Aufpeppelns ebenfalls von Erholung und selbst erwirtschaftetem Wohlstand begleitet würde.
Schon damals, als die Geschäfte noch um 18 Uhr schlossen, die Banken vom Scheilado noch nichts ahnten und die Sonntagsruhe einzuhalten versucht wurde, träumten viele von Berlin ohne Sperrstunde, die sich seit tausend Jahren bewährt hatte und der Mehrheit aller Menschen gefiel. Zwischenzeitlich wurde die Unterwanderung dieser menschen- und arbeiterfreundlichen Regelungen legalisiert. Die Folge ist eine Heerschar unprofessionell betriebener Geschäfte, die mir in Offenbach wohnend schon Übelkeit erzeugten, noch bevor ich von dem kleinkindlichen Begriff Späti hörte. Denen ließen die Ordnungsämter gleich Corona freien Lauf.
Die tatenlosen Politiker unserer leider neuen Hauptstadt haben sich mit Corona eingerichtet, entschuldigen sich mit Größe und Bevölkerungsdichte. Dabei zeigt ein Blick auf die dank ihrer hohen Durchseuchung im Fernsehen zu bewundernden Karte, daß Westberlin hell- bis dunkelrot ist, Ostberlin dagegen nach wie vor grau. Das beeindruckt die Hedonisten in den sog. Kiezen sowenig wie das coranaarme Umland Brandenburg. Meinetwegen können sie sich bis zum Anschlag durchseuchen, auch wenn dabei andere mitgerissen werden. Es gibt so und so zuviele Menschen. Eine wirkliche Katastrophe könnte vieles im Kopf ändern und die Welt retten.
Disziplinlosigkeit | Virologenschnack | Prognose | Lebenswert | Ethikraten | Herdenimmunität | Unredlichkeit | Tote | Nationalstaaten | Corona | Rattenschwanz | Förderalismus | Unterleben | Reproduktion | Siebentage-R | Zweite Welle
Es kam anders. Berlin schmarotzte Jahrzehnte auf Kosten der zehn alten Länder, saß im Bundestag wie Palästina in der UN-Vollversammlung und hatte vor dreißig Jahren einfach Glück, nach der Wiedervereinigung genannten Annektion der fünf neuen Länder zusammen mit Ost-Berlin ein sechzehntes Bundesland zu werden, das sexy und geldgeil weiterhin durchgefüttert wird. Gerne würde ich die berliner Arroganz hinnnehmen, wenn sie wie die bayrische nach Jahren des Aufpeppelns ebenfalls von Erholung und selbst erwirtschaftetem Wohlstand begleitet würde.
Schon damals, als die Geschäfte noch um 18 Uhr schlossen, die Banken vom Scheilado noch nichts ahnten und die Sonntagsruhe einzuhalten versucht wurde, träumten viele von Berlin ohne Sperrstunde, die sich seit tausend Jahren bewährt hatte und der Mehrheit aller Menschen gefiel. Zwischenzeitlich wurde die Unterwanderung dieser menschen- und arbeiterfreundlichen Regelungen legalisiert. Die Folge ist eine Heerschar unprofessionell betriebener Geschäfte, die mir in Offenbach wohnend schon Übelkeit erzeugten, noch bevor ich von dem kleinkindlichen Begriff Späti hörte. Denen ließen die Ordnungsämter gleich Corona freien Lauf.
Die tatenlosen Politiker unserer leider neuen Hauptstadt haben sich mit Corona eingerichtet, entschuldigen sich mit Größe und Bevölkerungsdichte. Dabei zeigt ein Blick auf die dank ihrer hohen Durchseuchung im Fernsehen zu bewundernden Karte, daß Westberlin hell- bis dunkelrot ist, Ostberlin dagegen nach wie vor grau. Das beeindruckt die Hedonisten in den sog. Kiezen sowenig wie das coranaarme Umland Brandenburg. Meinetwegen können sie sich bis zum Anschlag durchseuchen, auch wenn dabei andere mitgerissen werden. Es gibt so und so zuviele Menschen. Eine wirkliche Katastrophe könnte vieles im Kopf ändern und die Welt retten.
Disziplinlosigkeit | Virologenschnack | Prognose | Lebenswert | Ethikraten | Herdenimmunität | Unredlichkeit | Tote | Nationalstaaten | Corona | Rattenschwanz | Förderalismus | Unterleben | Reproduktion | Siebentage-R | Zweite Welle
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Zweite Welle
wuerg, 25.09.2020 03:40
Für eine grobe Beurteilung des Verlaufes der Corona-Epidemie in einem Landstrich reicht es zunächst, die Zahl der positiv Getesteten und der Toten ohne Altersdifferenzierung und Testraten zu betrachten. Man kann den zeitlichen Verlauf darstellen und daraus seine Schlüsse ziehen. Hier aber habe ich die Letalität L in Prozent gegen die Mortalität M in ppm für Deutschland aufgetragen.
Letalität in Abhängigkeit der Mortalität in Deutschland (png)
Ich halte diesen Verlauf für geeignet, ihn mit anderen Ländern zu vergleichen und diese in Relation zu uns einzuschätzen. Das ist keine Überheblichkeit eines deutschen Bloggers, denn andere Länder wie Österreich und Dänemark wären dazu ebenso geeignet. Das heißt auch nicht, daß andere durchweg schlechter dastehen, denn viele unterbieten nicht nur auf dem Papier, sondern wirklich die deutschen Zahlen.
Die blaue Linie zeigt den Verlauf, wenn sich Infizierte und Tote an die von mir am 19. April bzw. 2. Mai ermittelten Normalverteilungen gehalten hätten. Die Abweichung des roten realen Verlaufes unten links ist uninteressant und ergibt sich schlicht aus dem Umstand, daß man erst nach einer Infektion an Corona sterben kann. Danach geht es weitgehend im Einklang mit den Normalverteilungen schnell bergan, erst durch den Höhepunkt der neu Infizierten am 2. April, dann der Toten 13 Tage später.
Schon um diese Zeit entwickelt sich ein Rattenschwanz einer zu langsam auslaufeden Normalverteilung, weil die Reproduktionszahl nicht mehr sinkt. Dadurch endet die Epidemie nicht einfach in der Nähe des Endpunktes der blauen Linie. Vielmehr bildet sich eine Rechtskurve, die weitgehend waagerecht auslaufen würde und dort endete, wenn nicht ein zweiter Effekt hinzuträte, die Spaltung der Gesellschaft in vorsichtige alte Menschen und sich munter infizierendes Jungvolk. Dadurch setzt sich die Rechtskurve fort und kann sogar fallen, weil sich die geringe Sterblichkeit der Jüngeren mehr und mehr durchsetzt.
Damit auch diese Linie nicht einfach endet, sondern die Rechtskrümmung sich fortsetzt und sogar fällt, sind zumindest anhaltend zahlreiche neue Infektionen erforderlich. Die haben wir uns spätestens mit dem Monat Juni geleistet, erst zaghaft, dann deutlich. Die grünen Punkte im Wochenabstand verdeutlichen, daß es erst sehr langsam über den Berg ging und danach immer schneller bergab. Das muß zunächst wenig beunruhigen, weil dazu nur die Zahl der neu Infizierten steigen muß, nicht die der Toten.
Doch leider leben die vorsichtigen Menschen nicht alle auf dem Land in Ostdeutschland getrennt von den Hedonisten in Bayern und den Großstädten. Sie werden mitgerissen. Die Letalität sinkt zwar weiterhin, doch nicht mehr so schnell, die Kurve biegt sich wieder nach links, wenn sie auch zumindest eine Weile noch fällt. Gelingt es nicht, diesen Trend zu brechen, dann sehe ich spätestens hier den Beginn der zweiten Welle in dieser Woche. Wer diesen Erläuterungen nicht folgen mag, der werfe einen Blick auf die aktuell wieder anziehenden Sterbezahlen.
Die natürliche Fortsetzung können wir in den USA erkennen, von Israel und Australien ganz zu schweigen. Es geht wieder schneller nach rechts, die Linkskurve strebt gegen eine Waagerechte und steigt möglicherweise wieder an. In diesem Falle wurden die Anzeichen zu lange ignoriert und unzulänglich gegengesteuert. Man mag das verniedlichen, weiterhin rücksichtslose Freiheiten ausleben und sich lange Zeit damit trösten, daß wohl für immer keine zehn Prozent an Corona sterben werden, doch solange sich nichts deutlich bessert müssen wir weiterhin Masken tragen und Abstand halten.
Disziplinlosigkeit | Virologenschnack | Prognose | Lebenswert | Ethikraten | Herdenimmunität | Unredlichkeit | Tote | Nationalstaaten | Erste Welle | Rattenschwanz | Förderalismus | Unterleben | Reproduktion | Siebentage‑R
Letalität in Abhängigkeit der Mortalität in Deutschland (png)
Ich halte diesen Verlauf für geeignet, ihn mit anderen Ländern zu vergleichen und diese in Relation zu uns einzuschätzen. Das ist keine Überheblichkeit eines deutschen Bloggers, denn andere Länder wie Österreich und Dänemark wären dazu ebenso geeignet. Das heißt auch nicht, daß andere durchweg schlechter dastehen, denn viele unterbieten nicht nur auf dem Papier, sondern wirklich die deutschen Zahlen.
Die blaue Linie zeigt den Verlauf, wenn sich Infizierte und Tote an die von mir am 19. April bzw. 2. Mai ermittelten Normalverteilungen gehalten hätten. Die Abweichung des roten realen Verlaufes unten links ist uninteressant und ergibt sich schlicht aus dem Umstand, daß man erst nach einer Infektion an Corona sterben kann. Danach geht es weitgehend im Einklang mit den Normalverteilungen schnell bergan, erst durch den Höhepunkt der neu Infizierten am 2. April, dann der Toten 13 Tage später.
Schon um diese Zeit entwickelt sich ein Rattenschwanz einer zu langsam auslaufeden Normalverteilung, weil die Reproduktionszahl nicht mehr sinkt. Dadurch endet die Epidemie nicht einfach in der Nähe des Endpunktes der blauen Linie. Vielmehr bildet sich eine Rechtskurve, die weitgehend waagerecht auslaufen würde und dort endete, wenn nicht ein zweiter Effekt hinzuträte, die Spaltung der Gesellschaft in vorsichtige alte Menschen und sich munter infizierendes Jungvolk. Dadurch setzt sich die Rechtskurve fort und kann sogar fallen, weil sich die geringe Sterblichkeit der Jüngeren mehr und mehr durchsetzt.
Damit auch diese Linie nicht einfach endet, sondern die Rechtskrümmung sich fortsetzt und sogar fällt, sind zumindest anhaltend zahlreiche neue Infektionen erforderlich. Die haben wir uns spätestens mit dem Monat Juni geleistet, erst zaghaft, dann deutlich. Die grünen Punkte im Wochenabstand verdeutlichen, daß es erst sehr langsam über den Berg ging und danach immer schneller bergab. Das muß zunächst wenig beunruhigen, weil dazu nur die Zahl der neu Infizierten steigen muß, nicht die der Toten.
Doch leider leben die vorsichtigen Menschen nicht alle auf dem Land in Ostdeutschland getrennt von den Hedonisten in Bayern und den Großstädten. Sie werden mitgerissen. Die Letalität sinkt zwar weiterhin, doch nicht mehr so schnell, die Kurve biegt sich wieder nach links, wenn sie auch zumindest eine Weile noch fällt. Gelingt es nicht, diesen Trend zu brechen, dann sehe ich spätestens hier den Beginn der zweiten Welle in dieser Woche. Wer diesen Erläuterungen nicht folgen mag, der werfe einen Blick auf die aktuell wieder anziehenden Sterbezahlen.
Die natürliche Fortsetzung können wir in den USA erkennen, von Israel und Australien ganz zu schweigen. Es geht wieder schneller nach rechts, die Linkskurve strebt gegen eine Waagerechte und steigt möglicherweise wieder an. In diesem Falle wurden die Anzeichen zu lange ignoriert und unzulänglich gegengesteuert. Man mag das verniedlichen, weiterhin rücksichtslose Freiheiten ausleben und sich lange Zeit damit trösten, daß wohl für immer keine zehn Prozent an Corona sterben werden, doch solange sich nichts deutlich bessert müssen wir weiterhin Masken tragen und Abstand halten.
Disziplinlosigkeit | Virologenschnack | Prognose | Lebenswert | Ethikraten | Herdenimmunität | Unredlichkeit | Tote | Nationalstaaten | Erste Welle | Rattenschwanz | Förderalismus | Unterleben | Reproduktion | Siebentage‑R
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Dynamit-Rudi
wuerg, 20.07.2020 15:01
Gerne erinnere ich mich an Rudi Arndt, der die Ruine der alten Oper zu Frankfurt sprengen wollte. Er will es zwar nicht explizit gesagt haben, wehrte sich aber nicht gegen die Ehrenbezeichnung Dynamit Rudi. Es kam anders. Das Bildungsbürgertum sammelte Geld und baute das Operhaus wieder auf. Lange beweihräucherten sie sich drinnen, nun tobt der Pöbel davor.
Noch ist die Zeit nicht reif, im Sinne der Bevölkerungsmehrheit drastisch durchzugreifen. Naive Gutmenschen möchten den Pöbel zwar auch nicht dort versammelt sehen, belügen sich aber mit der Behauptung, er würde dann in vielen Kleingruppen Frankfurt unsicher machen. Das war zu Zeiten von Rudi Arndt anders. Da wurden umgekehrt Demonstranten vom Römerberg in Seitengassen vereinzelt.
Heute stellt man ihnen Mülltonnen und Toiletten in Nord-Süd-Richtung hin. Wozu? Sollen sie doch vor die Bar scheißen, in der sie ihre Togos kaufen. Zunehmend in Plastikbechern, wenn es nun ein Glasflaschenverbot geben sollte. So ein Schwachsinn! Besser sollte das Mitführen von Alkohol in der gesamten Öffentlichkeit untersagt werden.
Kultursensible Toilette
Noch ist die Zeit nicht reif, im Sinne der Bevölkerungsmehrheit drastisch durchzugreifen. Naive Gutmenschen möchten den Pöbel zwar auch nicht dort versammelt sehen, belügen sich aber mit der Behauptung, er würde dann in vielen Kleingruppen Frankfurt unsicher machen. Das war zu Zeiten von Rudi Arndt anders. Da wurden umgekehrt Demonstranten vom Römerberg in Seitengassen vereinzelt.
Heute stellt man ihnen Mülltonnen und Toiletten in Nord-Süd-Richtung hin. Wozu? Sollen sie doch vor die Bar scheißen, in der sie ihre Togos kaufen. Zunehmend in Plastikbechern, wenn es nun ein Glasflaschenverbot geben sollte. So ein Schwachsinn! Besser sollte das Mitführen von Alkohol in der gesamten Öffentlichkeit untersagt werden.
Kultursensible Toilette
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Apriori
wuerg, 13.07.2020 20:30
Schön am Leben eines alternden Bloggers ist, anhand aktueller Ereignisse und Diskussionen immer wieder an Details aus jungen Jahren erinnert zu werden, die nicht auf der Müllhalde aus Belanglosigkeiten vergessen wurden. Dazu gehört auch eine Begründung der Apriori-Wahrscheinlichkeit abseits philosophischen Geschwafels: Wenn man von einer Wahrscheinlichkeit im engeren Sinne nicht sprechen kann, weil sie nicht durch eine Annahme oder zwingende Eigenschaft bestimmt ist und auch nicht durch ständige Wiederholung (a posteriori) immer genauer bestimmt werden kann, so darf man dennoch sagen, daß irgendein Ereignis mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (a priori) eintritt. [1]
Je nach Umstand, Geschmack, Etikette, Verblendung, Wunschdenken, aber auch gemäß ihrer Entfernung von einer realistischen Einschätzung wird eine Apriori-Wahrscheinlichkeits-Behauptung empört als dumpfes Vorurteil abgelehnt oder stillschweigend ohne jedes Wimpernzucken akzeptiert. Wenn der Wetterfrosch im Fernsehen behauptet, es regne morgen mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent, dann nehmen wir es ihm ab, ohne sofort einen Facebook-Beitrag abzulassen: Du Spast, es regnet morgen gar nicht oder zu 100 Prozent. Auch kann nicht jeder Tropfen gleich Regen genannt werden, der zudem von Dir als minderwertig diffamiert wird.
Natürlich besteht immer der Verdacht, die Wahrscheinlichkeiten seien nur so dahingesagt oder zu grob geraten. Im Beispiel könnte die Aussage durch die Bereitschaft erhärtet werden, 7 zu 3 auf Regen oder 3 zu 7 dagegen zu wetten. Ich würde es nicht machen, denn ich bin kein Lottospieler und fürchte, am nächsten Tag darüber diskutieren zu müssen, was ein Regen sei. Außerdem könnte ein anderer mehr Kenntnis erlangt haben und vermuten, daß umgekehrt 30 Prozent eher zutreffen. Wenn ich aber an einer Wette nicht vorbeikomme, dann würde ich zumindest 1 zu 1 einen hohen Betrag auf Regen setzen. Und ist der andere wirklich von seiner Gegenbehauptung überzeugt, wird er die Wette annehmen.
Gute Vorurteile sind Apriori-Einschätzungen, die vorhandene Informationen angemessen berücksichtigen. Von naiven Menschen werden sie trotzdem gerne als negative Voreingenommenheit gewertet, sofern sie nicht in den Kram passen, selbst wenn sie sich mit der Zeit bewahrheiten. Mir aber kommt es mehr auf Wahrheit und begründete Überzeugung als Gesinnung an. Deshalb mußte ich auch das ein oder andere meiner Vorurteile korrigieren oder vergessen, auch wenn das mit dem Alter nicht nur wegen zunehmenden Starrsinnes immer seltener erforderlich wird, denn Erfahrung macht auch das Vorurteil treffsicherer. Zumindest bekomme ich keine Magengeschwüre, weil ich in mir spontan hochkommende Vorurteile verschweige oder gar verdränge.
Der geneigte Leser wird schon ahnen, worauf es hinausläuft: Auf Rassen, Frauen, Juden, Zigeuner, Ausländer, Vandalen, Proleten, Säufer, Motorradfahrer, Tätowierte, Kriminelle, Angeber, Reiche, Polizisten, Politiker, Virologen. Vielleicht wäre es einfacher, diese Modegruppen zu ignorieren, mir kein Vorurteil oder gar rechtskräftiges Urteil anzumaßen. Doch leider geht das nicht in einer Zeit, da nicht nur korrekte Meinung, sondern auch Haltung gefordert ist, überall die heilige Vielfalt lauert und man durch jedes unbedachte oder lockere Wort als vorurteilsbeladen klassifiziert und beschimpft werden kann. [2]
[1] Dazu muß das Ereignis nicht unbedingt in der Zukunft liegen. Es gilt auch für vergangene oder gar zeitlose Angelegenheiten, deren Kenntnis noch unvollständig, evtl. auch nie zu erlangen ist. Ein Beispiel: Wahrscheinlich (also zu 100 Prozent, aber nicht sicher) gibt es keine ungerade vollkomene Zahl. Sollte irgendwann eine gefunden werden, wäre das ausgesprochenes Pech und zugleich übergroßes Glück.
[2] Glücklicherweise ist die Rente sicher und ich muß mein Geld nicht durch Meinungsäußerung oder gar Satire verdienen. Immer weniger vermögen Ernst von Spaß, Satire von Hetze zu unterscheiden. Einige wollen es auch nicht. Sie ereilt eine dem frommen Bibelausleger analoge Strafe: Sie können mit der Zeit normale oder gar blumenreiche Sprache nicht mehr verstehen.
Symmetrie | Hassan Dabbagh | M-Wörter | Prekarioten | 46664 | Nafri | Sawsan Chebli | Hengameh Yaghoobifarah | Kartoffeln | Höher scheißen | Es reicht | Mimosen | Halbfinale | Deutsche sollen aussterben | 420 | N-Wort mit Gazelle | K-M-Wort | K-Wörter | Unser Deniz | Rotbart | Medaillenspiegel | Die Mannschaft | Personalausweis | Kofi Annan | Seicht aber unfair | Hetzjagd | Riesenküsse | Tag der Einfalt | Xenozentrismus
Je nach Umstand, Geschmack, Etikette, Verblendung, Wunschdenken, aber auch gemäß ihrer Entfernung von einer realistischen Einschätzung wird eine Apriori-Wahrscheinlichkeits-Behauptung empört als dumpfes Vorurteil abgelehnt oder stillschweigend ohne jedes Wimpernzucken akzeptiert. Wenn der Wetterfrosch im Fernsehen behauptet, es regne morgen mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent, dann nehmen wir es ihm ab, ohne sofort einen Facebook-Beitrag abzulassen: Du Spast, es regnet morgen gar nicht oder zu 100 Prozent. Auch kann nicht jeder Tropfen gleich Regen genannt werden, der zudem von Dir als minderwertig diffamiert wird.
Natürlich besteht immer der Verdacht, die Wahrscheinlichkeiten seien nur so dahingesagt oder zu grob geraten. Im Beispiel könnte die Aussage durch die Bereitschaft erhärtet werden, 7 zu 3 auf Regen oder 3 zu 7 dagegen zu wetten. Ich würde es nicht machen, denn ich bin kein Lottospieler und fürchte, am nächsten Tag darüber diskutieren zu müssen, was ein Regen sei. Außerdem könnte ein anderer mehr Kenntnis erlangt haben und vermuten, daß umgekehrt 30 Prozent eher zutreffen. Wenn ich aber an einer Wette nicht vorbeikomme, dann würde ich zumindest 1 zu 1 einen hohen Betrag auf Regen setzen. Und ist der andere wirklich von seiner Gegenbehauptung überzeugt, wird er die Wette annehmen.
Gute Vorurteile sind Apriori-Einschätzungen, die vorhandene Informationen angemessen berücksichtigen. Von naiven Menschen werden sie trotzdem gerne als negative Voreingenommenheit gewertet, sofern sie nicht in den Kram passen, selbst wenn sie sich mit der Zeit bewahrheiten. Mir aber kommt es mehr auf Wahrheit und begründete Überzeugung als Gesinnung an. Deshalb mußte ich auch das ein oder andere meiner Vorurteile korrigieren oder vergessen, auch wenn das mit dem Alter nicht nur wegen zunehmenden Starrsinnes immer seltener erforderlich wird, denn Erfahrung macht auch das Vorurteil treffsicherer. Zumindest bekomme ich keine Magengeschwüre, weil ich in mir spontan hochkommende Vorurteile verschweige oder gar verdränge.
Der geneigte Leser wird schon ahnen, worauf es hinausläuft: Auf Rassen, Frauen, Juden, Zigeuner, Ausländer, Vandalen, Proleten, Säufer, Motorradfahrer, Tätowierte, Kriminelle, Angeber, Reiche, Polizisten, Politiker, Virologen. Vielleicht wäre es einfacher, diese Modegruppen zu ignorieren, mir kein Vorurteil oder gar rechtskräftiges Urteil anzumaßen. Doch leider geht das nicht in einer Zeit, da nicht nur korrekte Meinung, sondern auch Haltung gefordert ist, überall die heilige Vielfalt lauert und man durch jedes unbedachte oder lockere Wort als vorurteilsbeladen klassifiziert und beschimpft werden kann. [2]
[1] Dazu muß das Ereignis nicht unbedingt in der Zukunft liegen. Es gilt auch für vergangene oder gar zeitlose Angelegenheiten, deren Kenntnis noch unvollständig, evtl. auch nie zu erlangen ist. Ein Beispiel: Wahrscheinlich (also zu 100 Prozent, aber nicht sicher) gibt es keine ungerade vollkomene Zahl. Sollte irgendwann eine gefunden werden, wäre das ausgesprochenes Pech und zugleich übergroßes Glück.
[2] Glücklicherweise ist die Rente sicher und ich muß mein Geld nicht durch Meinungsäußerung oder gar Satire verdienen. Immer weniger vermögen Ernst von Spaß, Satire von Hetze zu unterscheiden. Einige wollen es auch nicht. Sie ereilt eine dem frommen Bibelausleger analoge Strafe: Sie können mit der Zeit normale oder gar blumenreiche Sprache nicht mehr verstehen.
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Siebentage-R
wuerg, 16.05.2020 01:49
Daß ich das noch erleben durfte! Wer hat es erfunden? Das Robert-Koch-Institut gewiß nicht. Auch ich kann es nicht in Anspruch nehmen. Zum einen weicht das 7-Tage-R von meinen Wochenwerten w in Details ab. Zum anderen kann man auf der Hand liegende Kennzahlen nicht erfinden oder entdecken. [1] Ich hoffe, mit dem neuen 7-Tage-R wird nicht der gleiche Schindluder getrieben wie mit den Vorgängern.
Heute habe ich gelesen, es sei günstig, Wochenmittel zu vergleichen. Schön, das führte auf meine w-Werte, die immer schon besser als die R-Faktoren waren. Jetzt zu wechseln, ist nicht ratsam. Sofort entstünde der Verdacht, man wolle mit w=0,88 statt R=0,93 die Werte schönen. Und weil man das Viertage-Dogma nicht aufgibt, werden die Mittelwerte zweier Wochen im Abstand von vier Tagen in Relation gesetzt. Dadurch fließen drei Werte sowohl in den Zähler als auch den Nenner ein. Das bewirkt eine gewisse Glättung. Besser wäre jedoch, die realen Zahlen nicht nur durch Nowcasting an die vermutete Realität anzupassen, sondern vor ihrer Verrechnung zu glätten. Was ist daran kompliziert?
Meine einfachste Erklärung für die holprigen Werte der Vergangenheit lautet, daß die Verkündiger des Robert-Koch-Instituts den falschen Ergebnissen ihrer Statistiker blind vertrauten. Wie sind solche Fehlgriffe möglich? Zum Beispiel durch Anpassung einer Exponentialfunktion an die Werte weniger Tage, um sodann aus dem Exponenten den R-Faktor abzulesen. Ich will keine abstrusen Sonderfälle konstruieren und einfach die Werte der letzten 15 Tage vom 30. April bis zum 14. Mai betrachten:
1639 945 793 679 685 947 1284 1209 1251 667 357 933 798 933 913
Ein exponentieller Ausgleich auf diese Werte liefert für die vorderen zwei Wochen (1639 bis 933) den R-Faktor 0,837 und nur einen Tag später für die hinteren zwei Wochen (945 bis 913) mit 0,972 einen weit höheren Wert. Weshalb werden solche Sprünge von einem Tag auf den anderen nicht nur täglich verkündet, sondern möglicherweise von Experten wirklich errechnet? Weil man selbst als Mathematiker blauäugig glauben kann, man hätte durch wochenweise Anpassung bekannter Funktionen die regelmäßigen Meldeverzüge ausgeglichen. [2] Das ist offensichtlich nicht der Fall. [3]
Es ist kaum zu glauben, doch die einfachen Methoden liefern bessere, gleichmäßigere und vor allem glaubwürdigere Ergebnisse. So bilde ich einfache Verhältnisse zweier aufeinanderfolgender Wochen, woraus sich der R-Faktor gemäß R=w^(4/7) ergibt:
w = (1209+...+933) / (1639+...+1284) = 6148 / 6972 = 0,882 R=0,931
w = (1251+...+913) / (945+...+1209) = 5852 / 6542 = 0,895 R=0,938
Und nach der vermuteten Robert-Koch-7-Tage-R-Methode auf Basis gemeldeter statt genowcasteter Zahlen:
R = (1209+...+933) / (679+...+667) = 6148 / 6722 = 0,915
R = (1251+...+913) / (685+...+357) = 5852 / 6400 = 0,914
Die Ergebnisse sind ähnlich. Man muß sich also nicht fragen, weshalb andere zu stark abweichenden Ergebnissen kommen. Ich vertraue meinen einfachen Berechnungen: Seit dem 1. Mai stieg der R-Faktor langsam und stetig von 0,75 bis maximal 0,95 an. In den letzten vier Tagen lag er nach meinen Kalkulationen bei 0,94±0,01. Wenn das Robert-Koch-Institut heute 0,88 nennt, so liegt das noch im Rahmen. Die nächsten Tage werden es zeigen, denn Nowcasting, Glättung und Wochenauswahl hin oder her: Wenn das Robert-Koch-Institut wirkliche 7-Tage-Mittelungs-4-Tage-Inkubationszeit-R-Faktoren bestimmt, dann muß deren siebte Potenz im Mittel der vierten meiner w-Werte entsprechen.
[1] Es ist kein Patent darauf anmeldbar, aber auch keine Urheberschaft zu benennen. Das ist das Schöne an der Mathematik, es gibt sie ohne jeden lebenden oder gestorbenen Menschen. Trotzdem gebürt Ehre dem, der wichtige Zusammenhänge gefunden oder gar bewiesen hat. Der 7-Tage-R-Faktor gehört nicht dazu.
[2] Warum wird die Wochengängigkeit schlechter als erwartet ausgeglichen? Ich nenne es einmal eine mathematische Täuschung. Die Ausgleichskurve wird nicht nur vom Trend beeinflußt, sondern auch vom Wochenverlauf. Zur Veranschaulichung schneide man aus einer Sägezahnkurve zwei Zacken aus, einmal von Spitze zu Spitze und einmal von Mitte zu Mitte. Sie stehen für zwei Wochen von gemeldeten Neuinfektionen. Sollte ich mit der Hand durch diese zwei Verläufe möglichst gut eine Gerade oder Exponentialfunktion legen, so wäre die erste fallend, die zweite steigend. Das erinnert mich an eine akustische Täuschung, in der stets gleiche Töne beständig aufzusteigen scheinen, weil ihr internes Spektrum sich schnell aufwärts bewegt.
[3] Wer es nicht glaubt, trage in einem Tabellenkalkulationsprogramm in die erste Spalte 0 bis 14 (für 30. April bis 14. März) und in die zweite und dritte Spalte die Tageszahlen der neu Infizierten (1639 bis 913) ein und lösche in der zweiten Spalte den letzten Wert 913 und in der dritten den ersten 1639. Trägt man sodann in einer Grafik die Werte der zweiten und dritten Spalte gegen die der ersten auf, so sind zwei Verläufe zu sehen, die sich größtenteils überlappen, aber gut sichtbar werden, wenn man für den zweiten weit größere Symbole verwendet. Wählt man nun für beide Zahlenreihen einen exponentiellen Ausgleich, so ist der erste wesentlich steiler als der zweite. Das liegt natürlich auch daran, daß beim Übergang von der ersten zur zweiten Spalte vorne mit 1639 viel entfällt, hinten aber nur 913 hinzukommt. Das allein aber erklärt nicht alles. Um das zu erkennen, ersetze man 1639 einfach durch zu w=0,9 erwartende 1300. Selbst 1000 läßt noch einen Resteffekt.
Disziplinlosigkeit | Virologenschnack | Prognose | Lebenswert | Ethikraten | Herdenimmunität | Unredlichkeit | Tote | Nationalstaaten | Corona | Rattenschwanz | Förderalismus | Unterleben | Reproduktion | Zweite Welle
Heute habe ich gelesen, es sei günstig, Wochenmittel zu vergleichen. Schön, das führte auf meine w-Werte, die immer schon besser als die R-Faktoren waren. Jetzt zu wechseln, ist nicht ratsam. Sofort entstünde der Verdacht, man wolle mit w=0,88 statt R=0,93 die Werte schönen. Und weil man das Viertage-Dogma nicht aufgibt, werden die Mittelwerte zweier Wochen im Abstand von vier Tagen in Relation gesetzt. Dadurch fließen drei Werte sowohl in den Zähler als auch den Nenner ein. Das bewirkt eine gewisse Glättung. Besser wäre jedoch, die realen Zahlen nicht nur durch Nowcasting an die vermutete Realität anzupassen, sondern vor ihrer Verrechnung zu glätten. Was ist daran kompliziert?
Meine einfachste Erklärung für die holprigen Werte der Vergangenheit lautet, daß die Verkündiger des Robert-Koch-Instituts den falschen Ergebnissen ihrer Statistiker blind vertrauten. Wie sind solche Fehlgriffe möglich? Zum Beispiel durch Anpassung einer Exponentialfunktion an die Werte weniger Tage, um sodann aus dem Exponenten den R-Faktor abzulesen. Ich will keine abstrusen Sonderfälle konstruieren und einfach die Werte der letzten 15 Tage vom 30. April bis zum 14. Mai betrachten:
1639 945 793 679 685 947 1284 1209 1251 667 357 933 798 933 913
Ein exponentieller Ausgleich auf diese Werte liefert für die vorderen zwei Wochen (1639 bis 933) den R-Faktor 0,837 und nur einen Tag später für die hinteren zwei Wochen (945 bis 913) mit 0,972 einen weit höheren Wert. Weshalb werden solche Sprünge von einem Tag auf den anderen nicht nur täglich verkündet, sondern möglicherweise von Experten wirklich errechnet? Weil man selbst als Mathematiker blauäugig glauben kann, man hätte durch wochenweise Anpassung bekannter Funktionen die regelmäßigen Meldeverzüge ausgeglichen. [2] Das ist offensichtlich nicht der Fall. [3]
Es ist kaum zu glauben, doch die einfachen Methoden liefern bessere, gleichmäßigere und vor allem glaubwürdigere Ergebnisse. So bilde ich einfache Verhältnisse zweier aufeinanderfolgender Wochen, woraus sich der R-Faktor gemäß R=w^(4/7) ergibt:
w = (1209+...+933) / (1639+...+1284) = 6148 / 6972 = 0,882 R=0,931
w = (1251+...+913) / (945+...+1209) = 5852 / 6542 = 0,895 R=0,938
Und nach der vermuteten Robert-Koch-7-Tage-R-Methode auf Basis gemeldeter statt genowcasteter Zahlen:
R = (1209+...+933) / (679+...+667) = 6148 / 6722 = 0,915
R = (1251+...+913) / (685+...+357) = 5852 / 6400 = 0,914
Die Ergebnisse sind ähnlich. Man muß sich also nicht fragen, weshalb andere zu stark abweichenden Ergebnissen kommen. Ich vertraue meinen einfachen Berechnungen: Seit dem 1. Mai stieg der R-Faktor langsam und stetig von 0,75 bis maximal 0,95 an. In den letzten vier Tagen lag er nach meinen Kalkulationen bei 0,94±0,01. Wenn das Robert-Koch-Institut heute 0,88 nennt, so liegt das noch im Rahmen. Die nächsten Tage werden es zeigen, denn Nowcasting, Glättung und Wochenauswahl hin oder her: Wenn das Robert-Koch-Institut wirkliche 7-Tage-Mittelungs-4-Tage-Inkubationszeit-R-Faktoren bestimmt, dann muß deren siebte Potenz im Mittel der vierten meiner w-Werte entsprechen.
[1] Es ist kein Patent darauf anmeldbar, aber auch keine Urheberschaft zu benennen. Das ist das Schöne an der Mathematik, es gibt sie ohne jeden lebenden oder gestorbenen Menschen. Trotzdem gebürt Ehre dem, der wichtige Zusammenhänge gefunden oder gar bewiesen hat. Der 7-Tage-R-Faktor gehört nicht dazu.
[2] Warum wird die Wochengängigkeit schlechter als erwartet ausgeglichen? Ich nenne es einmal eine mathematische Täuschung. Die Ausgleichskurve wird nicht nur vom Trend beeinflußt, sondern auch vom Wochenverlauf. Zur Veranschaulichung schneide man aus einer Sägezahnkurve zwei Zacken aus, einmal von Spitze zu Spitze und einmal von Mitte zu Mitte. Sie stehen für zwei Wochen von gemeldeten Neuinfektionen. Sollte ich mit der Hand durch diese zwei Verläufe möglichst gut eine Gerade oder Exponentialfunktion legen, so wäre die erste fallend, die zweite steigend. Das erinnert mich an eine akustische Täuschung, in der stets gleiche Töne beständig aufzusteigen scheinen, weil ihr internes Spektrum sich schnell aufwärts bewegt.
[3] Wer es nicht glaubt, trage in einem Tabellenkalkulationsprogramm in die erste Spalte 0 bis 14 (für 30. April bis 14. März) und in die zweite und dritte Spalte die Tageszahlen der neu Infizierten (1639 bis 913) ein und lösche in der zweiten Spalte den letzten Wert 913 und in der dritten den ersten 1639. Trägt man sodann in einer Grafik die Werte der zweiten und dritten Spalte gegen die der ersten auf, so sind zwei Verläufe zu sehen, die sich größtenteils überlappen, aber gut sichtbar werden, wenn man für den zweiten weit größere Symbole verwendet. Wählt man nun für beide Zahlenreihen einen exponentiellen Ausgleich, so ist der erste wesentlich steiler als der zweite. Das liegt natürlich auch daran, daß beim Übergang von der ersten zur zweiten Spalte vorne mit 1639 viel entfällt, hinten aber nur 913 hinzukommt. Das allein aber erklärt nicht alles. Um das zu erkennen, ersetze man 1639 einfach durch zu w=0,9 erwartende 1300. Selbst 1000 läßt noch einen Resteffekt.
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