Seicht aber unfair
Eben blieb ich kurz bei "Hart aber fair" hängen. Wieder geht es um Rassismus, wieder die üblichen Versatz­stücke und natür­lich in unausg­ewogener Besetzung. Diesen abgedro­schenen Begriff habe ich abgehakt. Doch der in seinem Schutze geäußerte Schwach­sinn ärgert mich dennoch.

Ein kürzlich durch die Medien gedrücktes Schul­diktat wurde erwähnt: Murat erhielt auf die gleiche Leistung einen Punkt weniger, für meine Gene­ration eine drittel Note schlechter. Ja und! Ist es nicht ganz normal, daß Vorurteile einfließen? Würde Kevin nicht ebenfalls schlechter abschneiden als Johannes oder gar Anne­marie? Jeder wird auch nach seiner Gruppe beurteilt, sonst hätte ich als Arbeiter­kind nicht den zweiten Bildungs­weg einschla­gen müssen. Da sollen mir bei solchen Kleinig­keiten die Tränen kommen? Diffe­renzen im Furz-Bereich werden immer bleiben. Wenn sie in die andere Richtung aus­schlagen sollen, muß die sich diskri­miniert fühlende Gruppe an ihrem Image arbeiten.

Ein Gemeinplatz wird erwähnt: Auslän­dische Gruppen heiraten in Deutsch­land vorwiegend unter­einander. Das meint für einen denkenden Menschen, daß die gruppen­über­grei­fenden Ehen weit zahl­reicher wären, wenn es nach den Wünschen der Heirats­fähigen ginge oder gemischte Freund­schaften mit wenig­stens halber Wahr­schein­lichkeit zu Ehen führten als gleich­rassische. Und zu welchem Argument entblödet sich der in der Diskus­sions­runde sitzende türki­sche Anwalt: Die Rate der ethnien­über­grei­fenden Ehen ist unter den Türken hier­zulande deutlich höher als unter den Deutschen. Ja, es heiraten immer zwei! Die größere Gruppe hat also immer den klei­neren Anteil.

... comment

 
Heute muß ich nun lesen, die gestrige Diskussion sei nicht seicht, sondern "kein konsens­süchtiges Gedämpft­plaudern" gewesen. [1] Ich halte sie in einer Zeit, da Lügen­gebäude zusammen­brechen, nicht für eine ange­messene Ausein­ander­setzung, sehe nur eine unvermeid­liche Anpas­sung an die sich abzeich­nende Entwick­lung. Das erkennt man auch an den Gästen: Einzig Tuba Sarica war offen kritisch. Wenn auch nicht verbohrt, waren drei Rassimus-​Erkenner dabei, der letzte in der Runde bemühte sich um ängstliche Ausgewogenheit. Das wird sich bald ändern.

Erst im Nachgang unter Youtube habe ich den Angst­forscher am Katzen­tisch gesehen. Er war recht lustig, konnte aber auch nur sagen, was wir alle wissen: Das Klein­hirn hat kein Abitur, es versorgt uns wie in der Steinzeit auch mit Angst­gefühlen, ist aber lernfähig. Hier durch den Umgang mit Fremden. Doch nicht alle wollen ihr Klein­hirn durch Training salon­fähig machen, da es nicht bei Plasberg, sondern im Dschungel helfen soll. Außerdem könnten auch die Zugewan­derten an ihrem Klein­hirn ohne viel Mühe arbeiten, indem sie die Zivili­sation einfach auf sich wirken lassen.

Und nachdem ich mich bereits zu langatmig geärgert habe, nach­träglich dieser Einschub: Warum wird Angst als Ursache für Fremden­feind­lichkeit ausge­macht? Weil es eine negativ bewertete Eigen­schaft ist, Furcht nicht so irrational klingt und Vorsicht nicht anerkannt wird? Sicherlich spielen Abnei­gung und Angst eine große Rolle im Denken von Rassisten. Doch um die geht es gar nicht, sondern um die Rassis­mus-​Empfin­dung von Rand­gruppen und die Rassis­mus-​Zuwei­sung an alle weißen Biodeut­schen. Obwohl die Geistes­brüder der Rassis­mus-​Erkenner schon im letzten Jahr­tausend die Rassen abge­schafft haben, Türken, Zigeuner, Juden und Araber zuvor zur weißen Groß­rasse gehörten, nennen sie gerne alles rassistisch, was Far­bigen, Frauen und Homo­sexuellen nicht in den Kram paßt, sofern es von Weißen ausgeht.

Typisch fand ich auch die zum besten gegebenen eigenen Rassimus-Erfahrungen der Disku­tanten. Dem Türken kam im Straßen­verkehr plötz­lich ein negativer Gedanke über Polen am Steuer. Der Schau- und Fußball­spielerin mißfiel das Lob ihrer perfekten deutschen Sprache. Da war selbst der Hunde­besitzer tief­gründiger. Er wurde von Arabern als Hund beschimpft. Sicher nur ein unge­schickter Ausdruck für die Angst vor Hunden unter erwach­senen Männern mit unkondi­tioniertem Kleinhirn aus einer Zeit, da es noch keine Messer gab, um sich wilder Tiere zu erwehren. Alles flach und seicht! Das erwarteten wohl auch die Milli­onen, die sich über die Sommer­pause von Plasberg verab­schiedeten.

Nachgängig groß erwähnt wird eine zum Nazi-​Vergleich stili­sierte Bemerkung von Tuba Sarica zu Erdogan und den Verhält­nissen in der Türkei, obwohl es doch nur unser unschul­diges Kleinhirn ist, das uns spontan und wertfrei solche Analogien ins Bewußtsein schießt. Besteht ein solcher Gedanke die Prüfung durch das Großhirn, kann es zwischen Offenheit und Diszi­plin wählen und uns den Gedanken äußern lassen oder auch nicht. Das Klein­hirn hilft auch beim Ver­schwei­gen oder Leugnen einer Erkenntnis, indem es Angst vor Wider­spruch, Verlust der Gesin­nungs­genossen oder Kritik der Medien signa­lisiert.

Vor fast zwei Jahren schrieb ich hier: "Jede deutsche Erklärung, jeder Vergleich mit anderen erweckt den Verdacht einer Beschö­nigung der eigenen Vergan­genheit. So habe in den letzten Monaten auch von keinem gehört, was mir ange­sichts der türki­schen Entwick­lung sofort in den Sinn kam: Minder­heiten­hetze, Ermäch­tigungen, Rückhalt im Volk." [2] Und in privaten Gesprächen habe in der Folge­zeit oft über Erdogan gelästert, er habe seit seiner Machter­greifung nicht ansatz­weise umge­setzt hat, wozu Hitler nur wenige Monate benö­tigte.

[1] Josef Nyary: Bloggerin attakiert Özil mit üblem Vergleich. In der URL lese ich "mesut-oesil-haette-adolf-hitler-die-hand-gegeben". Das macht sie lang und durch Reiz­wörter leicht auffindbar. In der Diskus­sion hörte ich nichts davon, obgleich dieser im Blog von Tuba Sarici geäußerte Gedanke nicht abgwegig ist, denn zuviele haben Hitller die Hand geschüt­telt und waren hinterher nicht dabei.
[2] Trump, Orban, Erdogan. Zahlwort, 09.11.2016. Zu jener Zeit waren die nega­tiven Erwar­tungen an diese drei noch hoch. Nur Erdogan konnte sie einiger­maßen erfüllen. Heute würde ich die drei nicht mehr in einem Atemzug nennen.

... link  


... comment
 
Zunächst dachte auch ich: Ja, der Trump mit seinen Fake-News und ja, die Rechten mit ihren Zwangs­gebühren, alles Verschwö­rungs­theorien. Doch im Gegen­satz zur flachen Erde haben sie einen wahren Kern, der sich beständig vergrö­ßert, weil die Wagen­burg der Zuwan­derungs­freunde im gemein­schafts­finan­zierten Rund­funk eine Heim­statt gefunden hat.

Und so ist Frank Plasberg in seiner gestrigen Diskus­sions­runde der einzige, der noch eine kritische Anmerkung wagt. Alle anderen haben sich einge­richtet. Sie sprechen Buch­staben­recht, auf das sich auch NS-Richter beriefen, finden und nutzen gegen Honorar recht­liche Lücken, wärmen die Parallel­justiz der Kirchen wieder auf, kommen gerührt nur ihrer Dienst­pflicht nach, bemühen sich im Rahmen des poli­tisch Möglichen und wollen den Vernünf­tigen eine Chance geben.

Gut und schön, doch wo sind die Kritiker? Nicht im artig klat­schenden Publikum. So schön, aber auch lang­weilig können die Feste nach Sonnen­untergang vor dem Lager­feuer inmitten der Wagen­burg sein.

... link  


... comment