Höher scheißen
wuerg, 15.11.2017 16:35
Ich erinnere mich gerne an den Donnerbalken meiner Patentante. Sie wohnte im ersten Stock. Das kleine Geschäft plätscherte in der Tiefe, das große benötigte nach dem Seilriß ein paar Sekunden und bedankte sich mit dem vertrauten Geräusch eines in den Brunnen geworfenen Steines. Papier in der Jauche war natürlich nicht gern gesehen, denn der Rhabarber sollte nicht eingepackt, sondern nur gedüngt werden. Benutzte man es dennoch, hielt es sich in Grenzen, denn das zerkleinerte Zeitungspapier war nicht gerade eine Rosettenfreude.
Doch die Evolution schreitet beständig voran. Wir lassen die Scheiße nicht mehr auf allen Vieren hinter uns fallen, hocken nicht mehr im Wald neben einem Baum, scheißen nicht auf ein Gitterrost und auch nicht wie ein Affe auf dem Schleifstein durch ein kleines Loch in einen Sammelbehälter, sondern sitzen gemütlich mit dem Handy und der neuesten Taz-Ausgabe auf dem Hochsitz. Danach wischen wir uns mit Papier in der geschickteren rechten Hand den Arsch ab und spülen es mit dem Abgeseilten in die Kanalisation. Wem das zu unhygienisch ist, der wäscht sich hinterher die Hände mit Wasser, das man sogar trinken kann. Gegessen wird mit Messer und Gabel.
Mit unserem Wasser kann man auch vor dem Geschäft die Brille reinigen, vor allem wenn zuvor einer darauf hockte, weil er noch nicht einmal wußte, daß man sie hochklappen kann, oder als typischer Stehpinkler zu faul war und die eigene Strahlgenauigkeit überschätzte. Abseits kostenloser öffentlicher Toiletten ist in Deutschland eine Reinigung nur aus psychologischen Gründen erforderlich, denn Bakterien mögen keine Klobrillen, eher schon die Wasserhähne oder Türgriffe. [1] Und sollte einmal das Papier zu dünn sein, so ist es doch nur die eigene Scheiße am Finger, die keine neuen Krankheiten einträgt. Wer um seine Gesundheit besorgt ist, sollte sich lieber einen Flachspüler zulegen, um das Ergebnis begutachten zu können.
Vom Training der Beinmuskeln und der darmfreundlichen Position abgesehen kann ich dem Hockklo nichts abgewinnen. Das mag meinen Erinnerungen an französische Campingplätze geschuldet sein. Nicht umsonst ist in Frankreich auch die Arschbadewanne verbreitet. Das ist alles ganz gut und schön, wenn man es zu ihr unfallfrei schafft, denn aus weniger geschäftsfreundlichen Gründen hat uns die Evolution Hosen beschert, die vollständig auszuziehen nicht übermäßig praktisch ist. So bin ich dankbar für die Bebrillung, die meine Hose vor Querschlägern schützt und einem alten Mann die Angst nimmt, sich von hinten an die Hose zu pinkeln. Und sollten auch die Beine schwach werden, bezahlt die Krankenkasse einen Hochsitz.
So geschützt gemütlich auf der sauberen Brille sitzend habe ich auf öffentlichen Toiletten eigentlich nur eine Angst, nämlich daß die heruntergelassene Hose den Boden berührt, auf dem die Stehpinkler ihre Visitenkarte hinterlassen haben. Auf französischen Campingplätzen hatte ich den Eindruck, dies sei flächendeckend der Fall. Und angenehm ist mir aus ähnlichem Grunde auch ein noch vorhandener Haken, an dem ich meine Jacke und vielleicht sogar eine Tasche aufhängen kann.
Wenn das Hockklo zu einer muslimen Kultureinrichtung stilisiert wird, dann nur im Kontrast zu uns oder in sentimentaler Erinnerung an die Heimat. [2] Es mag zwar einige Zeit dauern, bis ein Chinese nicht mehr auf die Brille steigt, doch Syrer lernen schneller. In deutschen Asylunterkünften haben sie manchmal die freie Wahl. Und die fällt eindeutig aus. [3] Meinetwegen kann jede öffentliche Einrichtung ein Plumpsklo anbieten, auch wenn in unseren Breiten Anschaffung und Betrieb teurer sind und damit zwei üblicherweise genannte Vorteile entfallen. Solange das Gebäude dazu nicht vollständig orthogonal zur Richtung gen Mekka gedreht werden muß. [4]
[1] Hengameh Yaghoobifarah: Deutsche, schafft Euch ab! Taz, 22.10.2017. Riesenlink in roter Schrift: "Lieber Bremsspuren in der Unterhose und ein erhöhtes Risiko für Geschlechtskrankheiten verteidigen als ein islamisches Klo im Kölner Bürgerhaus zulassen."
[2] Hengameh Yaghoobifarah: Kampf der Kackkulturen. Taz, 10.08.2017. "Denn von Muslim_innen lernen heißt auch, richtig aufs Klo gehen zu lernen. Es würde die deutsche Kackkultur revolutionieren."
[3] Johann Osel: Tritt ins Klo. Süddeutsche Zeitung, 07.05.2010. "So bestätigte es ein Sprecher des zuständigen Landratsamtes: In dem relativ neuen Teilgebäude der Asylunterkunft habe man eine Umfrage unter den Bewohnern gestartet: Sitz- oder Stehklo? 90 Prozent wollten nach westlichem Standard ihre Notdurft verrichten, ein Zehntel hingegen entschied sich für die Stehtoilette. Als Kompromiss wurde in dem Haus eine solche orientalische Toilette eingebaut. Eben jene, die der Syrerin zum Verhängnis wurde."
[4] Robert Baumanns: "Kultursensible Toilette" Alte Feuerwache in Köln: Brauchen Muslime ein eigenes WC? Express, 09.08.2017. "'Eine solche Toilette entspricht eher dem, was in islamisch geprägten Ländern üblich ist', sagt Konrad Müller vom Vorstand des Bürgerzentrums. 'Und wir möchten den Menschen aus diesen Ländern damit das Gefühl geben, dass sie hier zu Hause sind.' [...] Klar sei ebenso, dass diese Toilette nicht in Ost-West-, sondern in Nord-Süd-Richtung gebaut werden müsse. 'Nach Mekka kacken geht gar nicht', erklärt Konrad Müller etwas flapsig."
Es reicht
Doch die Evolution schreitet beständig voran. Wir lassen die Scheiße nicht mehr auf allen Vieren hinter uns fallen, hocken nicht mehr im Wald neben einem Baum, scheißen nicht auf ein Gitterrost und auch nicht wie ein Affe auf dem Schleifstein durch ein kleines Loch in einen Sammelbehälter, sondern sitzen gemütlich mit dem Handy und der neuesten Taz-Ausgabe auf dem Hochsitz. Danach wischen wir uns mit Papier in der geschickteren rechten Hand den Arsch ab und spülen es mit dem Abgeseilten in die Kanalisation. Wem das zu unhygienisch ist, der wäscht sich hinterher die Hände mit Wasser, das man sogar trinken kann. Gegessen wird mit Messer und Gabel.
Mit unserem Wasser kann man auch vor dem Geschäft die Brille reinigen, vor allem wenn zuvor einer darauf hockte, weil er noch nicht einmal wußte, daß man sie hochklappen kann, oder als typischer Stehpinkler zu faul war und die eigene Strahlgenauigkeit überschätzte. Abseits kostenloser öffentlicher Toiletten ist in Deutschland eine Reinigung nur aus psychologischen Gründen erforderlich, denn Bakterien mögen keine Klobrillen, eher schon die Wasserhähne oder Türgriffe. [1] Und sollte einmal das Papier zu dünn sein, so ist es doch nur die eigene Scheiße am Finger, die keine neuen Krankheiten einträgt. Wer um seine Gesundheit besorgt ist, sollte sich lieber einen Flachspüler zulegen, um das Ergebnis begutachten zu können.
Vom Training der Beinmuskeln und der darmfreundlichen Position abgesehen kann ich dem Hockklo nichts abgewinnen. Das mag meinen Erinnerungen an französische Campingplätze geschuldet sein. Nicht umsonst ist in Frankreich auch die Arschbadewanne verbreitet. Das ist alles ganz gut und schön, wenn man es zu ihr unfallfrei schafft, denn aus weniger geschäftsfreundlichen Gründen hat uns die Evolution Hosen beschert, die vollständig auszuziehen nicht übermäßig praktisch ist. So bin ich dankbar für die Bebrillung, die meine Hose vor Querschlägern schützt und einem alten Mann die Angst nimmt, sich von hinten an die Hose zu pinkeln. Und sollten auch die Beine schwach werden, bezahlt die Krankenkasse einen Hochsitz.
So geschützt gemütlich auf der sauberen Brille sitzend habe ich auf öffentlichen Toiletten eigentlich nur eine Angst, nämlich daß die heruntergelassene Hose den Boden berührt, auf dem die Stehpinkler ihre Visitenkarte hinterlassen haben. Auf französischen Campingplätzen hatte ich den Eindruck, dies sei flächendeckend der Fall. Und angenehm ist mir aus ähnlichem Grunde auch ein noch vorhandener Haken, an dem ich meine Jacke und vielleicht sogar eine Tasche aufhängen kann.
Wenn das Hockklo zu einer muslimen Kultureinrichtung stilisiert wird, dann nur im Kontrast zu uns oder in sentimentaler Erinnerung an die Heimat. [2] Es mag zwar einige Zeit dauern, bis ein Chinese nicht mehr auf die Brille steigt, doch Syrer lernen schneller. In deutschen Asylunterkünften haben sie manchmal die freie Wahl. Und die fällt eindeutig aus. [3] Meinetwegen kann jede öffentliche Einrichtung ein Plumpsklo anbieten, auch wenn in unseren Breiten Anschaffung und Betrieb teurer sind und damit zwei üblicherweise genannte Vorteile entfallen. Solange das Gebäude dazu nicht vollständig orthogonal zur Richtung gen Mekka gedreht werden muß. [4]
[1] Hengameh Yaghoobifarah: Deutsche, schafft Euch ab! Taz, 22.10.2017. Riesenlink in roter Schrift: "Lieber Bremsspuren in der Unterhose und ein erhöhtes Risiko für Geschlechtskrankheiten verteidigen als ein islamisches Klo im Kölner Bürgerhaus zulassen."
[2] Hengameh Yaghoobifarah: Kampf der Kackkulturen. Taz, 10.08.2017. "Denn von Muslim_innen lernen heißt auch, richtig aufs Klo gehen zu lernen. Es würde die deutsche Kackkultur revolutionieren."
[3] Johann Osel: Tritt ins Klo. Süddeutsche Zeitung, 07.05.2010. "So bestätigte es ein Sprecher des zuständigen Landratsamtes: In dem relativ neuen Teilgebäude der Asylunterkunft habe man eine Umfrage unter den Bewohnern gestartet: Sitz- oder Stehklo? 90 Prozent wollten nach westlichem Standard ihre Notdurft verrichten, ein Zehntel hingegen entschied sich für die Stehtoilette. Als Kompromiss wurde in dem Haus eine solche orientalische Toilette eingebaut. Eben jene, die der Syrerin zum Verhängnis wurde."
[4] Robert Baumanns: "Kultursensible Toilette" Alte Feuerwache in Köln: Brauchen Muslime ein eigenes WC? Express, 09.08.2017. "'Eine solche Toilette entspricht eher dem, was in islamisch geprägten Ländern üblich ist', sagt Konrad Müller vom Vorstand des Bürgerzentrums. 'Und wir möchten den Menschen aus diesen Ländern damit das Gefühl geben, dass sie hier zu Hause sind.' [...] Klar sei ebenso, dass diese Toilette nicht in Ost-West-, sondern in Nord-Süd-Richtung gebaut werden müsse. 'Nach Mekka kacken geht gar nicht', erklärt Konrad Müller etwas flapsig."
Es reicht
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wuerg,
24.11.2017 22:53
Ich habe meinen türkischen Kollegen gefragt: Nicht nur er hat bei sich in der Türkei unsere Sitztoilette. Nur wenige fromme Moslems blieben beim Hockklo. Wahrscheinlich handelt es sich vornehmlich um sehr alte Anlagen oder Gegenden ohne Kanalisation.
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