Erste Welle
Die Überschrift sollte irri­tieren, denn im März 2020 war noch gar nichts von mehre­ren Wellen zu sehen, und wäre es bei einer geblie­ben, hätte man sie nicht Welle, schon gar nicht erste Welle genannt. Tatsäch­lich hatte ich den nach­stehen­den Beitrag mit Corona über­schrieben, weil noch nicht abzu­sehen war, daß es sich um ein weites Feld handeln wird, zu dem ich Dutzende von Beit­rägen schreiben muß. Und nach nunmehr vier Jahren ist es Zeit für eine Über­sichts­seite mit eben dieser Über­schrift. Deshalb: Erste Welle. Die nullte war bereits verkackt.

Die Hälfte aller Vorschläge von Google-​News hat Corona in der Über­schrift, Nach­rich­tensen­dungen stehen dem kaum nach. Ich will nicht sagen, die Angst sei völlig unange­messen, bin aber davon über­zeugt, daß die Epi­demie schnell in den Griff zu bekommen ist. Doch daran zu glauben vermag ich ange­sichts des real existie­renden Men­schen nicht. [1] Einige reden dramati­sierend von einer exponen­tiellen Entwick­lung. Tatsäch­lich hat sich in den letzten zwei Wochen die Zahl der erkrank­ten Deut­schen jeweils veracht­facht. Ginge es so weiter, wären zu Ostern vier Milli­onen infi­ziert.

Doch so schlimm wird es nicht kommen. In China ist diese exponen­tielle Entwick­lung gestoppt, die Zahl der Neuinfek­tionen soll sogar abneh­men. So rigoros die drasti­schen Maß­nahmen eines undemo­krati­schen Regimes auch sein mögen, sie haben gewirkt. Der größte Teil Chinas blieb bisher ver­schont. In die Welt getra­gen wurde die Krank­heit wie Aids durch die Jet­setter. [2] Corona wird es hoffen­tlich nicht zu einem größeren Fliegen­schiß der Geschichte bringen. [3] Wahr­schein­lich wird die Krankheit weniger als 100.000 Tote fordern. Das über­bietet so mancher Krieg und so manche Grippe­welle. [4] Und wenn ich einmal unter­stelle, daß man nicht mehr­fach erkrankt und das Virus nicht vor Herstel­lung eines Impf­stoffes mutiert, dann würde die Mensch­heit schlimm­sten­falls um fünf Prozent schrumpfen.

Bedeutender als die speku­lativen Zahlen über Krankheit und Tod sind die schon jetzt sicht­baren, von Hysterie getrie­benen Folgen für das täg­liche Leben. Sie sind nicht alle negativ zu bewerten, vor allem nicht für mich und meine Mis­anthr­opie. Wer Nudeln und Kon­serven ham­stert, hat hoffent­lich einen hohen Preis gezahlt, daß nach der Epidemie die Nach­frage einbricht und ich sie billig kaufen kann. [5] Für Aktien fehlt mir leider das Geld. [6] Und schlag­artig wird nicht nur deut­lich, über welche Zwangs­mittel der vielge­schol­tene Nati­onal­staat im Notfalle verfügt. Auch die Sinnlo­sigkeit von Flug­reisen und Kreuz­fahrten setzt sich dank Corona hoffent­lich stärker in den Hirnen fest als die sog. Klima­debatte es je ver­mochte.

Außerdem wird mit Corona sichtbar, was ein ordent­liches Gesund­heits­system und zivili­sierte Umgangs­formen wert sind. Auf einmal geht es um Volks­gesundheit, nicht mehr um exoti­sche Krank­heiten. Wer nach franzö­sischer Sitte jeden küßt, ist nicht mehr nett, sondern dumm. Wer auf den Boden rotzt, ist wieder eine Dreck­sau. Und Deutsch­land ist hoffent­lich nicht schon soweit globa­lisiert, daß inter­natio­nale Sterbe­raten erreicht werden. Gestern mußte man schon einen Deut­schen in Ägypten bemühen, heute gibt es auch zwei Tote in der Heimat.

[1] Mit Annegret Kramp-​Karren­bauer hat meine prophe­tische Kunst einen Tiefpunkt erreicht. Ich dachte, sie würde mit ihrem Hang, ähnlich Donald Trump ihre Meinung zu sagen, sich von den Wort­hülsen anderer abheben und sich nicht nur in Thüringen durch­setzen. Wenige Tage später hat sie ermürbt aufgegeben.

[2] Warum wurden die Aids-Kranken nicht in die Quaran­täne gezwungen? Sie konnten nach eigenem Belieben andere anstecken. Erst so erreichte das Virus die Frauen, Kinder und Blutkon­serven. Und wie ist es den homo­sexuellen Männern gelungen, sich vom Täter zum Opfer zu stili­sieren? Wird es bald auch Corona-​Ansteck­schleifen geben?

[3] Sofern laut Alexander Gauland der National­sozia­lismus zumin­dest in geschicht­licher Sicht nicht mehr als ein Fliegen­schiß war.

[4] Das war eine Fehlein­schätzung, eine Überbe­wertung der Reaktions­fähigkeit von Regie­rungen in aller Welt. Nation um Nation hat es verpennt, sich die Probleme anderer angesehen und Maßnahmen erst ergriffen, als die Epidemie schon in Fahrt gekommen war. So wird Corona lange in Erin­nerung bleiben. Doch mit Krieg ist es nicht zu verglei­chen. Auch Grippe­wellen sind mitunter tödlicher, wenn auch nur stati­stisch. Sie sind schnell vergessen, weil sie ohne Ein­schrän­kungen des tägli­chen Lebens kommen und gehen.

[5] Ich habe schon vor der Hamsterwelle zehn Dosen Herings­filet zu 79 Cent gekauft, weil sie abgesehen von denen in Tomaten­sauce sonst 89 Cent oder noch mehr kosten. Außerdem müssen noch drei Dosen Sauer­kraut weg, die ich günstig für 99 Cent erwerben konnte. Und wenn meine 1800 Blatt Toiletten­papier verschmiert sind, muß eben wie früher mit Zeitungs­papier die Kanali­sation verstopfen.

[6] Für kleine Leute sind Aktien nichts. Zum einen ist es vermessen zu glauben, man sei besser als der von Fach­leuten durch­setzte Durch­schnitt. Zum anderen fehlt das Geld, auf dem Tief­stand zu kaufen, wenn man nicht der große Zampano ist, der oben verkauft hat und nicht mit einem dicken Paket in den Keller gerauscht ist.

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