Erste Welle
Die Überschrift sollte irri­tieren, denn im März 2020 war noch gar nichts von mehre­ren Wellen zu sehen, und wäre es bei einer geblie­ben, hätte man sie nicht Welle, schon gar nicht erste Welle genannt. Tatsäch­lich hatte ich den nach­stehen­den Beitrag mit Corona über­schrieben, weil noch nicht abzu­sehen war, daß es sich um ein weites Feld handeln wird, zu dem ich Dutzende von Beit­rägen schreiben muß. Und nach nunmehr vier Jahren ist es Zeit für eine Über­sichts­seite mit eben dieser Über­schrift. Deshalb: Erste Welle. Die nullte war bereits verkackt.

Die Hälfte aller Vorschläge von Google-​News hat Corona in der Über­schrift, Nach­rich­tensen­dungen stehen dem kaum nach. Ich will nicht sagen, die Angst sei völlig unange­messen, bin aber davon über­zeugt, daß die Epi­demie schnell in den Griff zu bekommen ist. Doch daran zu glauben vermag ich ange­sichts des real existie­renden Men­schen nicht. [1] Einige reden dramati­sierend von einer exponen­tiellen Entwick­lung. Tatsäch­lich hat sich in den letzten zwei Wochen die Zahl der erkrank­ten Deut­schen jeweils veracht­facht. Ginge es so weiter, wären zu Ostern vier Milli­onen infi­ziert.

Doch so schlimm wird es nicht kommen. In China ist diese exponen­tielle Entwick­lung gestoppt, die Zahl der Neuinfek­tionen soll sogar abneh­men. So rigoros die drasti­schen Maß­nahmen eines undemo­krati­schen Regimes auch sein mögen, sie haben gewirkt. Der größte Teil Chinas blieb bisher ver­schont. In die Welt getra­gen wurde die Krank­heit wie Aids durch die Jet­setter. [2] Corona wird es hoffen­tlich nicht zu einem größeren Fliegen­schiß der Geschichte bringen. [3] Wahr­schein­lich wird die Krankheit weniger als 100.000 Tote fordern. Das über­bietet so mancher Krieg und so manche Grippe­welle. [4] Und wenn ich einmal unter­stelle, daß man nicht mehr­fach erkrankt und das Virus nicht vor Herstel­lung eines Impf­stoffes mutiert, dann würde die Mensch­heit schlimm­sten­falls um fünf Prozent schrumpfen.

Bedeutender als die speku­lativen Zahlen über Krankheit und Tod sind die schon jetzt sicht­baren, von Hysterie getrie­benen Folgen für das täg­liche Leben. Sie sind nicht alle negativ zu bewerten, vor allem nicht für mich und meine Mis­anthr­opie. Wer Nudeln und Kon­serven ham­stert, hat hoffent­lich einen hohen Preis gezahlt, daß nach der Epidemie die Nach­frage einbricht und ich sie billig kaufen kann. [5] Für Aktien fehlt mir leider das Geld. [6] Und schlag­artig wird nicht nur deut­lich, über welche Zwangs­mittel der vielge­schol­tene Nati­onal­staat im Notfalle verfügt. Auch die Sinnlo­sigkeit von Flug­reisen und Kreuz­fahrten setzt sich dank Corona hoffent­lich stärker in den Hirnen fest als die sog. Klima­debatte es je ver­mochte.

Außerdem wird mit Corona sichtbar, was ein ordent­liches Gesund­heits­system und zivili­sierte Umgangs­formen wert sind. Auf einmal geht es um Volks­gesundheit, nicht mehr um exoti­sche Krank­heiten. Wer nach franzö­sischer Sitte jeden küßt, ist nicht mehr nett, sondern dumm. Wer auf den Boden rotzt, ist wieder eine Dreck­sau. Und Deutsch­land ist hoffent­lich nicht schon soweit globa­lisiert, daß inter­natio­nale Sterbe­raten erreicht werden. Gestern mußte man schon einen Deut­schen in Ägypten bemühen, heute gibt es auch zwei Tote in der Heimat.

[1] Mit Annegret Kramp-​Karren­bauer hat meine prophe­tische Kunst einen Tiefpunkt erreicht. Ich dachte, sie würde mit ihrem Hang, ähnlich Donald Trump ihre Meinung zu sagen, sich von den Wort­hülsen anderer abheben und sich nicht nur in Thüringen durch­setzen. Wenige Tage später hat sie ermürbt aufgegeben.

[2] Warum wurden die Aids-Kranken nicht in die Quaran­täne gezwungen? Sie konnten nach eigenem Belieben andere anstecken. Erst so erreichte das Virus die Frauen, Kinder und Blutkon­serven. Und wie ist es den homo­sexuellen Männern gelungen, sich vom Täter zum Opfer zu stili­sieren? Wird es bald auch Corona-​Ansteck­schleifen geben?

[3] Sofern laut Alexander Gauland der National­sozia­lismus zumin­dest in geschicht­licher Sicht nicht mehr als ein Fliegen­schiß war.

[4] Das war eine Fehlein­schätzung, eine Überbe­wertung der Reaktions­fähigkeit von Regie­rungen in aller Welt. Nation um Nation hat es verpennt, sich die Probleme anderer angesehen und Maßnahmen erst ergriffen, als die Epidemie schon in Fahrt gekommen war. So wird Corona lange in Erin­nerung bleiben. Doch mit Krieg ist es nicht zu verglei­chen. Auch Grippe­wellen sind mitunter tödlicher, wenn auch nur stati­stisch. Sie sind schnell vergessen, weil sie ohne Ein­schrän­kungen des tägli­chen Lebens kommen und gehen.

[5] Ich habe schon vor der Hamsterwelle zehn Dosen Herings­filet zu 79 Cent gekauft, weil sie abgesehen von denen in Tomaten­sauce sonst 89 Cent oder noch mehr kosten. Außerdem müssen noch drei Dosen Sauer­kraut weg, die ich günstig für 99 Cent erwerben konnte. Und wenn meine 1800 Blatt Toiletten­papier verschmiert sind, muß eben wie früher mit Zeitungs­papier die Kanali­sation verstopfen.

[6] Für kleine Leute sind Aktien nichts. Zum einen ist es vermessen zu glauben, man sei besser als der von Fach­leuten durch­setzte Durch­schnitt. Zum anderen fehlt das Geld, auf dem Tief­stand zu kaufen, wenn man nicht der große Zampano ist, der oben verkauft hat und nicht mit einem dicken Paket in den Keller gerauscht ist.

420 | Vogelgrippe | AKK | Disziplinlosigkeit | Virologenschnack | Prognose | Lebenswert | Ethikraten | Herdenimmunität | Tote | Nationalstaaten | Unredlichkeit | Reproduktion | Unterleben | Förderalismus | Rattenschwanz | Siebentage‑R | Zweite Welle

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Ich bin schnell noch einmal hamstern und habe zwei Stangen Lauch statt einer gekauft, weil sie recht dick waren und jede nur 49 Cent kostete. Dazu noch vier Packungen Eier aus Boden­haltung, weil die Freil­and­hühner nicht frei­willig raus gehen und Bio­eier nur klein, teuer und ohne Geschmack sind. Sie kosteten zwar mit 13 Cent das gleiche wie immer, waren jedoch von der Größe L, denn unver­schämter­weise werden sie auch in der Größe M nicht bil­liger ver­kauft. Als es vor ein paar Wochen zwei Packun­gen für nur zwei Euro gab, hatte ich leider nur sechs erstan­den. Nudeln waren noch reich­lich da, nur an einer Stelle klaffte ein großes Loch. Welche von Prep­pern favori­sierte Sorte dort stand, habe ich mir nicht ange­sehen. Beim Toi­letten­papier war es ähnlich. Viel­leicht fehlte die Sorte mit den bunten Bildern, die man sich ansehen kann, wenn alle einsam und allein zu Hause sitzen und nichts zu essen haben.

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Die Italiener haben ihr ganzes Land abge­riegelt und ihr Flücht­lings­problem damit gelöst und ver­schärft zugleich. Dank Corona dürfen Touri­sten nicht mehr arglos ein­reisen, weder vom Kreuz­fahrt­schiff, noch aus dem Gummi­boot. [1] Auf der anderen Seite kann man Ange­lan­dete nicht einfach nach Norden weg­laufen lassen, sondern muß sie in Quaran­täne halten.

[1] Erst 2023 habe ich in einem Geschichts­kanal gehört, daß Mai­land wegen einer rigo­rosen Quaran­täne von 40 Tagen, vor deren Ablauf keiner in die Stadt einge­lassen wurde, von der großen Pest Mitte des 14. Jahr­hun­derts ver­schont blieb. Während in China Nach­barn nur die Türen ver­nageln, sollen in Mailand die Infi­zier­ten mit dem gesam­ten Haus­stand einge­mauert worden sein.

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Eben höre ich im Fernsehen von einer Veggie-​Messe in Frank­furt. Die Besucher haben keine Angst vor Corona, da sie doch gesund leben und nicht erkran­ken, zumin­dest nicht sterben, auch wenn sie sich haufen­weise künst­liche Fleisch­ersatz- und Geschmacks­stoffe rein­ziehen.

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Einmal die Woche verlasse ich meine Einsie­delei und besuche meine alte Arbeits­stätte. Es wurden gerade Stühle für eine Abend­veran­stal­tung mit 95 Gästen aufge­baut, wäh­rend eine Abschieds­feier mit knapp über 100 abge­sagt werden mußte. Auf der Toilette gab es reich­lich Seife und Papier­tücher. Als ich mit feuch­ten Händen die Tür öffnete, kamen mir Zweifel. Wären ungewa­schene trockene nicht sicherer? Denn Corona wird leich­ter von Hand zu Hand als von Arsch zu Arsch über­tragen, außer auf Karnevals­sit­zungen.

Auf dem Hinweg wollte ich zur Über­brückung der Umstei­gezeit am Auto­maten eine Brief­marke zu drei Cent kaufen, doch leider oder Gott sei Dank kam der Vorder­mann, dem es aus der Nase troff, nicht zu Potte. Auf der Rück­fahrt in der Straßen­bahn dann der Horror. Einer stieg mit Atem­maske ein, und eine alte Asiatin direkt neben mir hustete in ein Taschen­tuch. Eine junge Frau und ich mußten daraufhin grinsen. Leider bin ich ein alter weißer Mann, sonst hätte Corona mir viel­leicht in die Hände gespielt. Die aber­malige Warte­zeit nutzte ich für einen Drogerie-​Besuch. Am Eingang Unmen­gen von Sagro­tan, weiter hinten Berge von Haus­halts­tüchern, beim Baby­„zubehör“ riesige Windel­haufen, und an der Kasse ein Hinweis auf die haus­halts­übliche Abgabe­menge von maximal drei Arti­keln.

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Die Sondersendung mit Frau Merkel ist vorbei. Und wieder die Fördera­lismus-​Litanei. Was ist so schlimm daran, wenn das Saar­land und Hessen abwei­chend vonein­ander handeln? Luxem­burg und Holland machen es doch auch. Und dann noch das Gejammer über wirtschaft­liche Folgen und die Gelegen­heit, die schwarze Null infrage zu stellen. Warum muß über Ein­schrän­kungen im Fern­reise­verkehr und die Streichung von Groß­veranstal­tungen noch disku­tiert werden? Es ist doch klar wie Kloß­brühe, daß sich Krank­heiten nur langsam aus­breiten können, wenn dies von Nachbar zu Nachbar gesche­hen muß, die andere Straßen­seite oder gar der Nach­barort nur schwer erreicht wird.

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Als Kind stieg ich hinten in den Bus ein. Dort saß ein Schaffner hinter dem Tresen, ver­kaufte Fahr­scheine und gab kompe­tente Auskunft über Ziele, Fahr­wege und Tarife. Der Fahrer konnte nach dem Ein­stieg sofort weiter­fahren, um mich schnell ans Ziel zu bringen. Um­welt­freund­lich war der O‑Bus auch noch.

Zwischenzeitlich haben wir uns an fehler­hafte Anzeigen und Ansagen gewöhnt. Auch an mür­rische Bus­fahrer, die über Gas­geben hinaus kaum ausge­bildet sind, aber Fahr­scheine verkaufen und freund­lich sein sollen. Vor zwanzig Jahren ist dieses Konzept zur Kosten­ersparnis wohl aufge­gangen, in Städten mit besser bezahl­ten Fahrern, die auch im Umgang mit Menschen geschult sind, klappt das heute noch.

Die Bauernburschen an den Lenk­rädern der Vorort- und Über­land­busse dagegen sind uner­träg­lich. Heute wurden ihre Gebete erhört. Die Fahr­gäste mußten hinten ein­steigen, vorne hielten Rest­posten von Absperr­band sie fern. So konnte ich mir die Begrü­ßung ersparen, die so und so nicht immer erwi­dert wird. Vorbei sind die Zeiten, da man sich gegen die Vor­schrif­ten mit dem Fahrer unter­hielt.

Vielleicht ist das alles ein Schritt in die rich­tige Rich­tung. Daß man einen Fahr­schein benötigt, obwohl der Fahrer keinen verkauft, wird die bargeld­lose Zah­lung mit dem Mobil­telefon befördern. Das Absperr­band wird Glas­scheiben und Türen weichen, wie sie in Straßen­bahnen üblich sind. So macht es den Menschen weniger Angst, wenn vorne nur noch eine Puppe sitzt und der Computer fährt.

Freitag, der 13.

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Nun hat Corona auch meinen Wohnort erreicht. Einer soll erkrankt sein, gleichwohl stati­stisch nur mit 1/5 zu rechnen war. Und schon sind die Regale nicht gerade leer, doch recht löchrig. Beinahe hätte ich sie aufge­räumt genannt, doch Pack hinter­läßt auch gerne Unord­nung. Und das Per­sonal trägt mit noch mehr Abfall­bergen als üblich dazu bei. Auch mit Stapeln von Haus­halts­tüchern, die das Käse­regal ver­sperren. Den schrift­lichen Hinweis auf die Hygiene sehe ich als Verar­schung.

Natürlich ist die Aufregung in den asozi­alen Medien groß. Auch der Stunk zwischen vermeint­lich Zustän­digen, die von unten viel gelö­chert werden und sich von oben schlecht infor­miert fühlen. Speku­lati­onen über Iden­tität und Wohnung des an Corana Erkrank­ten schießen ins Kraut. Einiger­maßen gesichert scheint nur, daß er sich aus einem öster­reichi­schen Skigebiet, dessen Name bereits Kehl­kopf­krebs verur­sacht, mit vielen wei­teren Erkrank­ten zurück nach Deutsch­land gemogelt hat. Es trifft also einen Deka­denten und (noch) keinen Unschul­digen.

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Virologen und Ärzte werfen Poli­tikern gerne vor, sich mit eigent­lich nur zöger­lichen Maß­nahmen profi­lieren zu wollen. Im Gegen­zuge möchte ich nicht wissen, mit wie­vielen Veröffent­lich­ungen und Disser­tation sie sich selbst adeln werden. Es wird viel von Modell­rech­nungen gefa­selt. Heraus­gekom­men ist dabei kaum mehr als der übliche Verdäch­tige aus den weniger harten Wissen­schaf­ten, nämlich die Normal­vertei­lung. Sie entsteht, wenn die Realität normal­verteilt von einem mitt­leren Wert abweicht. Aber warum sollte eine zeit­liche Entwick­lung wie eine Epi­demie zunächst gemäß einer Normal­vertei­lung den Berg hinauf klettern und dann ganz symme­trisch wieder herab­fallen?

Es ist sicher­lich richtig, die Ausbrei­tung des Virus zu verlang­samen, um so die Gesamt­belastung des Gesund­heits­wesens auf einen länge­ren Zeit­raum zu strecken. [1] Dazu werden eine rote spitze und eine grüne flache Normal­vertei­lung gezeigt, gefolgt von der War­nung, daß sich die Gesamt­zahl der Erkran­kungen dadurch nicht mindere und 60 Pro­zent der Bevöl­kerung betra­gen werde. Gerne wird auch von einer exponen­tiellen Entwick­lung gefaselt, zumal sie mit dem bloßen Auge kaum vom linken Ende vieler anderer zu unter­scheiden ist. Eine Normal­verteilung ist eben­falls unwahr­scheinlich, weil nicht ver­teilt wird, sondern sich etwas ent­wickelt. Wie so oft in der Natur kann und wird sie sich dennoch nähe­rungs­weise ergeben.

Ich empfehle einen Blick nach China, wo derzeit nur noch eine Hand­voll Men­schen täglich neu infi­ziert wird. Zwar mag dort zwi­schen den Metro­polen viel viren­feind­liches Land liegen, doch wohnen allein in Wuhan über 10 Mil­li­onen Menschen, womit weniger als 100.000 Er­krank­te es nicht einmal auf 1 Pro­zent bringen. Wie kann man da in Deutsch­land mit seinem guten Gesund­heits­wesen von 60 Pro­zent reden, wenn man Maßnahme um Maßnahme trifft, um dem Virus das Leben schwer zu machen. Schon vor einem Monat haben die Chine­sen den Wende­punkt erreicht, wo die Kurve der ins­gesamt Erkrank­ten von einer Links- in eine Rechts­krümmung über­ging.

Daraus sollte man für Deutsch­land und auch andere Länder lernen. Ich bin kein Viro­loge mit computer­gestütz­ten Model­len, die wegen fehlen­der oder unge­nauer Para­meter auch keine Weis­heiten aus­spucken können, und habe mir der Einfach­heit halber zunächst die tägli­chen Zuwachs­raten λ(d) der Neu­erkran­kungen auf den d. März ange­sehen. Sie schwan­ken stark und regen auf, wenn sie einmal sehr hoch sind oder zur besten Sende­zeit gar falsche Prozent­zahlen genannt werden. Mit einem linea­ren Ausgleich auf ln λ(d) ist aber zu errech­nen, was man mit bloßem Auge vermuten kann: In den letzten zwei Wochen über­schrei­tet λ(d) den Wert 1,6⋅0,98 im geometrischen Mittel nicht, womit die Anzahl der tägli­chen Neu­erkran­kungen unterhalb von

n(d) ≈ 8 · 1,6d · 0,98d(d+1)/2 = p/√(2πσ2) · exp ( -(d-μ)2/2 )

bleiben sollte. In meinem Modell ergibt sich tatsäch­lich eine Normal­vertei­lung mit einem Höhe­punkt von 1500 Neu-​Infi­zierten (Fak­tor vor exp) am 23. März (μ=22,8), einer Streuung von etwa einer Woche (σ=7,04) und weniger als 30.000 Infi­zierte ins­ge­samt (p=26500). Sterben werden wohl keine 10 ppm. Doch kann es auch ganz anders kommen. Und ich muß mich dann fragen: Was haben die Chinesen, was wir nicht haben? Reise­unlust der Einhei­mischen und Nachbarn? Hohe Quaran­täne-​Diszi­plin? Starkes Immun­system?

[1] Sofern mein Menschen­verstand noch gesund ist, tritt durch rigo­rose Maß­nahmen keine Streckung ein, keine Verschie­bung des Maximums nach hinten. Vielmehr wird die Kurve einfach nie­driger.

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Und heute ein Bild auf der Basis meiner gestrigen Über­legungen. Die der Wiki­pedia entnom­menen Zahlen täglich neu infi­zierter oder besser positiv gete­steter und gemel­deter Deutschen oder wohl eben­falls besser Menschen in Deutsch­land sind durch blaue Punkte darge­stellt. Auf ihnen beruht meine blaue Prog­nose vom 13. März. Die nachge­tra­genen roten Punkte zeigen die weitere Entwick­lung der kommen­den Tage. [1,2,3,4,5,6,7]


Tägliche Neuinfizierte, Prognose auf blauen Werten, rote Realität (png)

Ich hätte mir das Leben leichter oder auch schwerer machen, meinen zum Fern­seher umfunk­tio­nierten Computer wieder hoch­fahren und Mathe­matica eine Normal­vertei­lung an die bereits bekannten Werte anpassen lassen könnnen. Statt­dessen habe ich einen line­aren Aus­gleich auf die Loga­rithmen der tägli­chen Zuwachs­raten gebildet, der eben­falls auf eine Normal­vertei­lung führt, wenn auch nicht mit der glei­chen Präzi­sion, die aber hier wegen der wenigen und stark schwan­kenden Werte nicht erfor­derlich ist.

Auf den einen oder anderen Tag für das Maximum und ein paar Prozente in der Höhe kommt nicht an, sondern auf die Fläche unter der blauen Kurve und die Größe des Gebirges [8] unter den realen Werten. Der wesent­liche Punkt ist, daß ich bei einer Gebirgs­fläche von weniger als 30.000 In­fi­zierten unter den 100.000 von Wuhan bleibe, weit weniger als die in den Raum gestellten 50 Mi­lli­onen.

Für Bilder im Fern­sehen und Inter­net kleben Grafik­designer gerne zwei Normal­vertei­lungen in ein Koor­dinaten­system, ersparen sich aber den entschei­denden Punkt, nämlich die Beschrif­tung der Achsen. Damit stehen sie in guter Tradi­tion der Visuali­sierer, die dickes Geld mit unge­nauen Darstel­lungen ver­dienen und sich nicht nur damit raus­reden, ihre schwung­vollen Linien seien symbo­lisch zu ver­stehen, sondern dem Kritiker ihres Geschmie­res auch noch vor­werfen, den wesent­lichen Punkt nicht begrif­fen zu haben.

[1] Das Robert-Koch-Institut hat von vorabge­meldeten laborbe­stätigten Infek­tions­fälle auf elek­tronisch übermit­telten Fälle umge­stellt und listet letztere auch rück­wirkend. Der am heu­tigen 17. März gemel­dete Zuwachs von 1723 beruht auf dieser neuen Stati­stik, die am Vor­tage um 579 hinter der alten hinter­herhinkte. Deshalb habe für nur 1729-579=1144 neue Fälle geli­stet. Sehr lustig ist auch der eine am heuti­gen Tage von den Toten Aufer­stan­dene (-1 Ver­stor­bene).

[2] So ist das in den weichen Wissen­schaften. Zahlen­aufstel­lungen werden als Stati­stik ausge­geben, auch wenn wie hier Erhe­bungs­methode und nun erneut Melde­zeit­punkt geändert werden. So ist der recht nie­drige Wert zum heu­tigen 18. März keine Bestä­tigung meiner Vorher­sage, sondern einfach einem um elf Stunden gerin­geren Tag geschuldet, auch wenn die meisten davon in der Nacht liegen.

[3] So mußte es ja kommen, fast eine Verdop­pelung vom 16. auf den 17. März. Wie kommt es zu einem solchen Sprung? Zum einen durch die Ände­rung des Melde­wesens, wodurch nicht nur gestern fehlende Fälle heute gezählt wurden. Zum anderen mögen die im Gegen­satz zu den Chinesen und Kore­anern diszi­plinlosen Deut­schen die letzte freie Woche noch einmal zur Ansteckung genutzt und Infi­zierte unge­prüft ins Land geholt haben.

[4] Meine Prognose beruht allein auf den veröffent­lichten Zahlen bis zum 13. März, nicht auf fein­geisti­gen Unter­schei­dungen zwischen gemel­deten und wirklich Infi­zierten, für die gleich­falls nicht klar ist, welche Symp­tome hätten festge­stellt werden müssen oder wieviele Milli­onen Viren sich im Körper zu befin­den haben. Eine Prognose mit gleichen Metho­den am heutigen 21. März beließe das Maximum bei über­morgen. Die Vertei­lung wäre aber einen Tag breiter und doppelt so hoch. Das ergäbe fast 60.000 Er­krankte.

[5] Noch gestern waren die Zahlen der Wiki­pedia irgendwie zusammen­kopiert. Weshalb einmal die Zahl der Neuer­krankten nicht der Diffe­renz der Gesamt­zahlen entsprach. Heute ist nun ein Tag ent­fallen, die Null-​Uhr-​Daten werden nicht mehr dem neuen, sondern dem vergan­genen Tag zuge­ordnet. Der Verlauf wird dadurch eben­mäßiger und eine Prognose am heutigen 22. März entspricht eher dem Augen­schein. Die Breite bleibt unver­ändert, das Maximum mit 2800 liegt mit dem 19. März früher und ist bereits über­schrit­ten. Insge­samt sind 50.000 zu erwarten.

[6] Ich hatte es fast befürchtet, die Realität über­bietet meine Erwar­tungen. Woran mag das liegen? Ich glaube an den zu geringen Zahlen der ersten Tage, die meiner Prognose zugrunde lagen. Zu gering, weil zu Beginn der Erfas­sungs­grad schlechter war und die unge­prüft heim ins Reich geholten Kranken fehlten. Trotzdem bin ich nicht ent­täuscht, solange die Prog­nosen der Viro­logen noch um den Fak­tor 100 unter­boten werden. Der hohe Wert am heu­tigen 23. März wird auch daran liegen, daß für gestern aus Nord­rhein-​West­falen 1000 nach­gemel­det wurden, die sie vor­gestern nicht über­mit­telten.

[7] Das Robert-Koch-Institut hoffte letzten Montag, heute für den gestrigen 25. März einen Rückgang der „expo­nen­tiellen“ Entwick­lung vermelden zu können. Dazu konnte sich der Präsi­dent Lothar Heinz Wieler jedoch nicht durch­ringen, obgleich klar ist: Wenn bei stei­gender Zahl kranker Menschen die der neu infi­zierten stag­niert, dann geht es bald auch bergab. Leider ist die Stag­nation auf den ersten Blick nicht zu erken­nen, weil am letzten Wochen­ende Mel­dungen teil­weise aus­fielen. Dadurch sind frühere Werte geringer und spätere höher, was den Eindruck einer Steige­rung erweckt.

[8] Gebirge springen durch Balken­diagramme besser ins Auge, versauen aber den Gesamt­eindruck fast jeder Grafik. Ebenso die Verbin­dung sprung­hafter Einzel­werte durch Linien. Sie sugge­rieren einen Verlauf, den es gar nicht gibt.

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Anne Will läßt über Corona disku­tieren. Neben unumgäng­lichen Experten und Betrof­fenen der Wirt­schaft sitzt der Viro­loge Alexan­der S. Kekulé, der schon bei Markus Lanz heraus­hängen ließ, daß Poli­tiker nur mit seinen Kolle­gen sprechen, obgleich er schon vor langer Zeit for­derte, was erst jetzt umge­setzt wird. Auch vor Beleh­run­gen einer Kolle­gin schreckte er nicht zurück. Zudem hat er persön­lich durch­gerechnet, daß ein einzi­ges bereits aus dem Ski­urlaub zurück­gekehr­tes Kind binnen kurzer Zeit 3000 Men­schen anstecken kann. Und eine Pan­demie ent­wickele sich explo­sions­artig wie eine Bombe, obwohl doch jeder weiß, daß eine Bombe nicht langsam explo­diert. Ich glaube, nach der Krise muß ich Viro­loge zu den Schimpf­wörtern zählen.

Atombombe

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Soeben gab es bei Rewe nur noch bunte Eier. Was ein Glück, daß ich gestern bei Netto 20 Stück zu 2,22 Euro erstan­den hatte. Leider vergaß ich das Brot, weshalb ich sie ohne zum Früh­stück essen mußte. So ging ich noch­mals los und wollte mir auch etwas Knäcke­brot für Not­zeiten zulegen. Als ich jedoch vor dem weit­gehend geplün­derten Regal stand, habe ich mich geschämt zuzu­greifen und bin zu der Erkennt­nis gelangt, daß es so und so nicht schmeckt und ich lieber Pumper­nickel kaufen sollte, was ich aber eben­falls nicht tat. Außer­dem kann ich bei meinem Gewicht einen Monat hungern, ohne vom Fleisch zu fallen. Und im Not­falle werde ich als weißer alter Mann einen selbst­losen Jugend­lichen finden, dem ich meine Lebens­mittel­karten zum Einkauf mit­geben kann.

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Friedrich Merz stellt seine Arbeits­kraft der CDU zur Ver­fügung, nur nützt das nichts, wenn sich dafür gerade keiner inter­essiert und er sogar in Quaran­täne muß. Laschet als Minister­präsident des „vorwie­gend betrof­fenen“ Bundes­landes [1] muß sich keine beson­deren Vorwürfe machen lassen, kann sich profi­lieren und nun von Macron abge­schaute Töne anschla­gen: Es ist keine Zeit für Diffe­renzie­rungen, Punkt. [2]

[1] Das nahm ich für bare Münze, war aber nur in Absolut­zahlen und nur noch wenige Tage richtig.

[2] Binnen dreier Monate ist auch sein Stern gesunken. Zu frühe Öffnungen, zu viele Dreck­spatzen, beide Augen zu. Söder kann den Staats­mann geben.

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Herr Lanz rechnet vor: „3, 9, 27, 81, 243, und dann sind wir ganz schnell bei 1000, dazu muß man kein großer Mathe­matiker sein.“ Nein, muß man nicht, es reicht ein schlich­tes Gemüt. Ich will nicht damit anfan­gen, daß nach 24 Schrit­ten 9 Mil­liarden erreicht werden, sondern auf der Basis chine­sischer Erfah­rungen nur dezent darauf hin­weisen, daß der anfäng­liche Faktor von 3 mit der Zeit sinkt. Zum Beispiel mit jedem Schritt um 1/3. Dann ergibt sich 3, 9, 18, 24, 21, und dann sind wir ganz schnell bei 0.

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Gestern sprach ich beim Einkauf trotz allem mit meinem Missi­onar der Zeugen Jehovas. Er berich­tete von einem Film­chen, in dem sich zwei hand­greif­lich um Toi­letten­papier stritten. Und dann mußte er an der Kasse eine von drei Ölfla­schen dalas­sen. Leider konnte ich mangels Olivenöl und anderer Hamster­produkte an der Selbst­zahler­kasse nicht über­prüfen, ob diese Restrik­tionen dort gleich­falls berück­sich­tigt sind. Die Kassie­rerin gab dem Mann aber einen guten Tipp: Einfach nochmal kommen.

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Im linearen Fernsehen läuft zur Zeit nichts Besseres als Rosins Restau­rants. Zumeist endet sein Einsatz erfolg­reich, weil der Sender viel Geld in Bera­tung, Mobi­liar und neues Geschirr steckt. Vergleich­bare Restau­ratons­betriebe sollten aber besser Insol­venz anmelden, damit alle Betei­ligten ein Aus­kommen haben, sei es durch normale Arbeit oder Sozial­hilfe. Corona wird in diesesm Sinne reini­gend wirken. Es hat keinen Sinn, solche Betriebe zu erhalten. Ihre Über­zahl führt nur zur Preis­drücke­rei. Die Menschen müssen sich wieder daran gewöh­nen, daß eine ordent­liche Leistung auch Geld kostet.

Gesamtwirt­schaft­lich sehe ich durch Corona mehr Gesun­dung als Probleme. Trotz stei­gender Produk­tivi­tät arbeiten wir immer noch acht Stunden. In der Folge hat sich eine Blase von Dienst­lei­stern gebildet, die den Über­schuß durch Arsch­putzen und Herstel­lung von Luxus­artikeln abschöp­fen. Wenn in einem solchen Bereich ein Euro an Ein­nahmen weg­bricht und der Gewinn um zumeist wohl nicht mehr als 50 Cent sinkt, dann ist das unter dem Strich positiv, schließ­lich hat der Kunde ja den ganzen Euro gespart. Er sollte ihn nicht zur Seite legen und auf eine Kreuz­fahrt sparen, sondern einfach weniger arbeiten.

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Herr Lanz hat eine Virologin Melanie Brink­mann aufgetan. Bei­läufig warnt sie vor 300.000  Infi­zier­ten. Na sowas: Faktor hundert unter den von ihren Kollegen verbrei­teten Horror­zahlen und nur zehn­fach über meiner Vorher­sage, die ich ange­sichts der schmalen Daten­basis zum Vorher­sage­zeit­punkt weiter­hin als einiger­maßen zutref­fend sehe, solange im sieben Kommen­tare zuvor gezeigten Bild die blaue Kurve noch gut als solche zu erkennen ist und nicht am Boden herum­kratzt.

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Damit habe ich nicht gerechnet: Eben höre ich, daß meine Rente sicher ist und dem­nächst um 3,54 Pro­zent ange­hoben wird, sofern ich die Epi­demie über­lebe. [1]

[1] Zwischen­zeitlich ist das erste Halb­jahr 2020 um und die Rente erhöht. Nicht daß ich dadurch wesent­lich reicher würde, aber besser als gar nichts.

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Bei allen Vorur­teilen gegen­über Bayern, der CSU und auch Markus Söder muß ich doch sagen, daß es seinen Ausgangs­sperren zu ver­danken ist, daß nunmehr Gesamt­deutsch­land mit Kontakt­verboten nach­zieht. Einen großen Unter­schied sehe ich nicht, mit Blick auf die Kanzler­schaft ist er aber wichtig und führte wohl auch zum Streit.

Eben redet nicht Angela Merkel, nicht Jens Spahn, sondern Armin Laschet. Auch über Heins­berg, obwohl sein Nord­rhein-​West­falen mit 0,02 Prozent Erkrank­ten (einer von 5000) mittler­weile unter dem Bundes­durch­schnitt liegt und es kaum noch Neuer­kran­kungen gibt. [1] Spitzen­reiter ist Hamburg, wo dank Ferien die Krank­heit einge­tragen und im Anschluß nicht ernst genommen wurde. Gefolgt von Baden-​Württem­berg, wo man sich geschick­terweise mit Reden zurückhält.

Er schimpft auch über vorwie­gend junge Menschen, die sich nicht an Empfeh­lun­gen halten, sich sogar Ver­boten wider­setzen. Auch wenn über vorwie­gend männ­liche Schüler und Stu­denten berich­tet wird, die alten Menschen Lebens­mittel vor die Tür tragen, wird doch ein vergif­tetes Klima bleiben. Trotzdem wird wohl kaum einer enterbt, und das Lamen­tieren über Renten­beiträge wird ver­hallen. Doch um das Klima im Wetter­sinne werden sich Jüngere selbst kümmern müssen. Wer nun mit 80 an Corona stirbt, hat lange Zeit beschei­den gelebt und nicht die Umwelt versaut.

Gleich soll sich auch Angela Merkel äußern. So höre ich es in den Nach­richten, wo auch gemeldet wird, daß die Fall­zahlen weiter­hin steigen. Das ist zwar richtig und wird richtig bleiben, solange es minde­stens einer am Tag ist, trotzdem ein drama­tisie­render Gemein­platz, denn die Neuinfek­tions­rate stag­niert, und es ist kein vernünf­tiger Grund zu sehen, weshalb sie wieder stark anziehen sollte. Gleich­falls wird behauptet, Nord­rhein-​West­falen stehe weiter­hin an erster Stelle. Auf die Daten des Robert-​Koch-​Insti​tutes kann man sich dabei nicht bezogen haben. [2,3] Und die Größe dieses Bundes​landes wird völlig außer Acht gelassen.

[1] Im Fernsehen wird Nordrhein-Westfalen mit 7300 immer noch als Spitzen­reiter gesehen. Wie diese Hopkins-​Zahlen zustande kommen, bleibt wohl schleier­haft. Viel­leicht kennen sie die Lan­des­grenzen nicht. Oder sollte sich das Robert-​Koch-​Institut dauer­haft geirrt haben? Dort sind es nur halb soviele mit einem schmalen Zuwachs von nur 3 am letzten Tag.

[2] Unsere Qualitätsjournalisten nehmen die höheren Zahlen der Johns-​Hopkins-​Univer­sität gerne an. Und eben höre ich von Maybritt Illner oder Anne Will, die Zahlen des Robert-​Koch-​Insti­tutes hinkten um Tage hinter­her. Es ist wie immer mit uns Deut­schen: Wir sind schlecht, Aus­länder freund­lich, schneller, besser und unbüro­kra­tisch. Ist die Hybris der Wendung „nahezu live und in Echt­zeit“ so schwer zu erkennen? Sind die ameri­kani­schen Agenten im deut­schen Gesund­heits­wesen besser als wir? Und selbst wenn der Vorwurf der verspä­teten oder verschlap­perten Meldung zutrifft, so ändert das am Verlauf grund­sätzlich nichts. Es kommt über­haupt nicht darauf an, ob 20- oder 30‑tau­send erkrankt sind. Letzt­lich zählen die einiger­maßen sicher erfaßten Toten. Nächste Woche werden wir ihre Entwick­lung sehen, Hopkins hin oder her.

[3] Zwischenzeitlich hat sich heraus­gestellt, daß zumindest einige Behörden wirklich bürokra­tischer vorgehen als die Ameri­kaner. Sie haben die Meldung „zum nächsten Arbeits­tag“ teil­weise ernst genommen. So fehlten gestern vor allem aus Nord­rhein-​Westfalen viele Daten vom Samstag, die heute teil­weise nachge­liefert wurden, obwohl gestern doch Sonntag war. Solche Unregel­mäßig­keiten ver­breiten Panik und lassen auch meine gra­fische Darstel­lung unordent­lich aussehen. Die roten Punkte treffen also gewiß nicht die Rea­lität, was glück­licher­weise aber den mitt­leren Verlauf nur wenig beein­flußt. Die Werte zu glätten kommt mir nicht in den Sinn.

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Von Echtzeit zu faseln ist ohnehin dummes Gewäsch angesichts einer Inkubationszeit von 14 Tagen.

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Als Echtzeit würde ich durch­gehen lassen, wenn alle positiven Testungen umgehend gemeldet und gelistet würden. Ich weiß nicht, wie die Ameri­kaner an Daten kommen, die das RKI offen­sichtlich nicht hat. Viel­leicht machen sie es wie die Schul­denuhr und zählen einfach weiter.

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Meine wenigen Sozial­kontakte sind abgesagt und ich baue meine Einsie­delei aus. Zudem war ich heute nicht an der frischen Luft. Den Rest der Woche gehe ich viel­leicht allein spa­zieren oder fahre mit dem Rad, ein­kaufen aber will und muß mich in den näch­sten Tagen nicht, denn ich habe ausrei­chend geham­stert [1]:

5 Dosen Kondensmilch (14 neu, noch 5)
3 Dosen Sauerkraut (noch 1)
3 Dosen Eintopf
2 Dosen geschälte Tomaten (noch 1)
12 Dosen Heringsfilet (noch 5)
3 Pfund Kaffee
1 Kilogramm Pumpernickel
500 Gramm Spaghetti
400 Gramm Quinoa
6 Pakete Butter (6 neu, noch 6)
48 Eier (50 neu, noch 17)
12 Rollen Klopapier (noch 8)
5 Päckchen Papiertaschentücher
4 Stück Seife
1 Stück Rasierseife (angebrochen)
1 Flasche Wein
0 Kondome (immer noch keine)

Das meiste davon habe bereits zu Beginn der Krise, davor oder gar letztes Jahr erstanden. Viel­leicht schaffe ich es, Sauer­kraut, Heringe und Sp­ghetti endlich aufzu­essen.

[1] In Klammern die Rest­bestände am Sonntag, den 19. April, dem letzten Tag der ersten Phase der Kontak­beschrän­kungen, die ich ohne Kauf von Klo­papier über­lebt habe.

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Ich kann der täglichen RTL-Sendung „Marco Schreyl“ nichts abge­winnen, weder dem Mode­rator, noch den Gästen und schon gar nicht den sog. Promi­nenten. Im Hinter­grund höre ich gerade das Gejammer der einge­ladenen und „zuge­schalteten“ betrof­fenen prekären Arbeit­nehmer und Klein­unter­nehmer. Und Herr Schreyl versteigt sich zu der Frage, ob das zuge­sagte, aber noch nicht ange­kommene Geld irgendwo ver­sickert. Wie stellen er und seine Gäste sich eigent­lich die Welt vor? Daß nach einer Woche Verlust es bereits Geld regnet? Und noch affiger die Frage an eine mir unbe­kannte Promi­nente, ob es ihr durch den Kopf ginge, mit dem Fahrrad zu fahren oder zu laufen statt ins Taxi zu steigen? Ich steige höch­stens einmal pro Quartal ins Taxi, vor allem wenn der Bus nicht kommt. Und nun geht es um Angst und Wut. Abge­schaltet!

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Nur drei Tage Kontaktein­schränkung und eine Woche Umsatz­einbuße, und schon setzt trotz Erho­lung an der Börse leichte Panik samt Zweifel an der Sinn­haftig­keit deut­scher Maßnahmen ein. Ist das türki­sche Modell nicht besser? [1] Sollten wir die Alten und Kranken einfach abschotten und den Rest schnell durch­seuchen? Das wird lange Zeit dauern oder die Kranken­häuser mit jungen Leuten über­lasten und die Alten und Kranken nur ver­schonen, wenn sie wie Hühner der Klasse 3 in Klein­gruppen gehalten werden. Bleibt die ameri­kanische Variante: Waffen kaufen, vorwie­gend Kranke ohne Versi­cherung über den Jordan gehen lassen und die Über­lebenden mit America-​First glück­lich machen. Ich kenne eine bessere Variante: Alte nach Wuhan umsiedeln, die Reichen unter ihnen enteignen und ihr Vermögen dem chine­sischen Staat über­schreiben.

Für wirklich wirksame Maßnahmen ist es jetzt so und so zu spät. Egal, ob die Chinesen zunächst den Corona-​Ausbruch ver­schweigen wollten oder nicht, wir hätten Mitte Februar das Wort Quaran­täne ernst nehmen müssen und jeden Flug­gast, jeden Erkrankten und seine direkten Kontakt­personen für 40 Tage in einem iso­lierten Bereich mit Unter­druck unter­bringen müssen, wie es auch unum­gänglich und keine freie Entschei­dung ist, wenn man mit Verdacht auf eine Tropen­krankheit nach Deutsch­land zurück­kehrt. Zusammen mit Kon­trollen zwischen den Konti­nenten, an der berühmten EU‑Außen­grenze, an den Schlag­bäumen der National­staaten, dank geschol­tenem Fördera­lismus von Bundes­land zu Bundes­land und um alle Ort­schaf­ten mit einem oder mehr Infi­zierten herum könnten wir uns jetzt wieder frei, wenn auch vor­sich­tig bewegen und uns intensiv um die spora­dischen Rest­fälle kümmern.

[1] Worin besteht das türkische Modell? Darin, daß es im Vergleich zu Deutsch­land nur 20 Pro­zent Infi­zierte gab? In frommem Wunsch­denken Xeno­philer? Mittler­weile haben sie es trotz vergleich­barer Einwohner­zahl in der Johns-​Hopkins-​Liste auf vier Plätze vor uns gebracht. Ihr nächstes Ziel ist Italien. Doch die Sterbe­rate liegt auch jetzt im Juli mit 2,5 Pro­zent weiter­hin recht niedrig. Wer's glaubt, wird selig.

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Ich weiß nicht, warum ich mir im Hinter­grund schon wieder das Gelaber bei Marco Schreyl anhöre. Da zu Corona fast alles gesagt ist, kommt nun die Zeit der Betrof­fenen, der Minder­promi­nenten, der Spargel­stecher, Web­nutten, Exen­triker, Esote­riker, Spinner und Fernseh-​Ärzte. Noch nicht aus der Sachsen­klinik, aber der RTL-​Arzt, Sport­mediziner und Natur­heil­kundler Thomas Kur­scheid, der eine Aufrecht­erhal­tung der Ein­schrän­kungen bis zur Errei­chung der Herden­immuni­tät in Aussicht stellt. Hat er sich nur einmal überlegt, wann das der Fall sein könnte? Nicht aus­stehen kann ich auch seine Vermensch­lichung der Viren, die angeb­lich gar nicht die Absicht haben, die Menschen umzu­bringen, weil sie sich ja weiterhin ver­mehren wollen. So aber funkti­oniert die Evolu­tion nicht.

Vordergründig wird zwar gesagt, daß man sich mit Verschwö­rungs­theorien zurück­halten sollte, dann aber kommen reihen­weise Betroffene zu Wort, die kaum über ihre eigene Situa­tion und die mitlei­dige Lage unter­priveli­gierter Menschen, Tiere und Blumen hinaus denken. Sogar die alte Schote, das Virus sei einem chine­sischen Labor ent­sprun­gen, kommt wieder zur Sprache. Gefehlt hätte noch der Hinweis, die Chinesen haben die Epi­demie nur deshalb ein­dämmen können, weil es im gleichen Labor natür­lich auch einen Impf­stoff gab, denn bei einem biolo­gischen Angriff auf den Rest der Welt, muß man sich ja selbst schützen können.

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Der Papst spendet gerade einen Sonder­segen. Das mag gleich den Ansprachen unseres Bundes­präsi­denten nicht nur die Katho­liken beschwich­tigen, ist eigent­lich aber so unwirksam wie Globuli. Viel­leicht sollte Harald Lesch sich auch einmal mit dieser Art der Unwissen­schaft­lichkeit beschäf­tigen. Eben fordert der Papst uns auf, die Widrig­keiten anzu­nehmen. Donald Trump macht es und wird mit Jesus siegen: Ein paar Prozent der Ameri­kaner werden weg­sterben, doch die Wirt­schaft nur wenig leiden. [1] Die Überle­benden werden das Erbe ungleich­mäßig unter sich auf­teilen, während der Rest der zivili­sierten Welt ohne Schweden sich von der Rück­sicht­nahme auf Kranke und Schwache berap­peln muß. Eben spricht der Papst auch noch zu Maria. Und nun zu einem Kreuz, das 1522 gegen die Pest durch die Straßen von Rom getragen wurde. Viel­leicht sollte er damit Rich­tung Nord­italien los­ziehen. Meine Gebete wurden erhört: Wenn sie weiterhin dabei­bleiben wollen, schalten Sie bitte um auf ARD-​Alpha.

[1] Das hatte ich zu optimi­stisch gesehen, weil ich annahm, daß in den USA der Verlauf zwar drama­tischer sein, aber nicht deutlich länger anhalten würde. Außerdem ist eine Mischung aus Igno­ranz und ungeord­neten Maß­nahmen wohl nicht die beste Methode. Dazu kommen andere Probleme der USA, die Diszi­plin nicht gerade beför­dern. So haben es die Ameri­kaner bisher auf 15 Mil­li­onen Erkrankte gebracht, pro Einwohner das Fünf­fache von Deutsch­land.

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Auf dem Weg zum Einkauf sehe ich eine aufge­rissene Präser­vativ-​Verpackung auf dem Gehweg liegen. Machen es die Fran­zosen jetzt schon auf der Bank oder im Gebüsch? Nein, es war wohl ein Bio- oder Beute­deutscher, denn ich konnte in der Nähe keine einzige Rotwein­flasche entdecken. Wenn die Corona-​Krise vorüber ist, dann sollte auf Präse­rvativ-​Ver­packungen, Wein­flaschen und harte Kerne von Toi­letten­papier fünf Euro Pfand genommen werden, die laut meines schon lange verstor­benen Kollegen am damals noch jugosla­wischen Strand Wunder bewirkt haben sollen. Wenn es zu Härte­fällen kommt, dann kann es auch Ausnahme­rege­lungen geben. Zum Beispiel die Entwer­tung statt Rück­nahme, wenn die Rollen im Kinder­garten verbastelt werden.

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Auch wer den Papst nicht in Echtzeit erleben mußte, wird die zum Symbol gere­deten unend­lichen Weiten des Vatikans gesehen haben. Darin der Papst allein, abgesehen von ein paar Geist­lichen am Rande, den nicht zu sehenden Kamera­männern und dem Personen­schützer, der ihre Über­griffe verhin­dern soll. Man könnte meinen, es handele sich dabei nur um Größen­wahn, Prunk, Kitsch, Götzen, Fetische, Gold und Marmor, doch sieht es normalen Frei­zeit­parks zur Zeit auch nicht viel anders aus.

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Es passiert mir immer wieder, nicht recht­zeitig abzu­schalten, bevor die Anmode­ration von „titel thesen tempe­ramente“ in mir Franken­steins Monster wach­ruft. Eben habe ich noch etwas weiter ausge­halten, um mein Vorur­teil zu bestä­tigen, daß die Kultur­schaf­fenden sich regel­mäßig von aktu­ellen Themen nähren. Und so ist es natür­lich: Gejammer über geschlos­sene Theater und Einnahme­ausfälle.

Vor dem ersten Beitrag dieses Geseier: „Wir hören viel von chine­sischen und ameri­kanischen Zahlen, nicht aber von euro­päischen. Hier erliegt man einem natio­nalen Reflex, flüchtet sich in Natio­nalismus, hört nur von deut­schen, italie­nischen, spani­schen Zahlen.“ So eine Scheiße! China und Amerika sind keine Konti­nente, ihre Zahlen sind auch nur die eines National­staates. Und wenn man sich die matschige Johns-​Hopkins-​Welt­karte ansieht, dann erkennt man eine Klein­gliede­rung der USA, die euro­päische National­zahlen in den Schatten stellt.

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Nach vier Monaten ist es endlich soweit. Um 12 Uhr zeigt die „Echtzeit“-​Zählung [1] der Johns-​Hopkins-Univer­sität 9.994.206 Infi­zierte und dazu auch noch 499.124 Tote. Das ist ja wie seiner­zeit bei meinem Wasser­zähler, der stehen­blieb, weil die Kraft für einen fünf­stelligen Über­trag nicht aus­reichte. Nun ist eine Stunde vorüber, und es hat sich kein einziger ange­steckt oder ist gar gestorben. Und wo ich dieses schreibe (13:14) sind es 10.004.643. Der Übertrag hat geklappt. [2]

Neun Stunden später fehlen immer noch zehn Tote zur halben Million. In dieser Zeit wurden nur 866 regi­striert, aber 63094 neu Infizierte. Wie geht das? Zum einen ist die Epidemie bereits mehrere Monate alt, und es wird ständig mehr getestet, wodurch mehr leichte Fälle auffliegen. Das gilt vor allem für die USA, die immerhin ein Viertel aller positiv Gete­steten stellen. Zum anderen speist sich ein eben­falls großer Teil aus weiten Gegenden der Welt, in denen man früh an allem mögli­chen stirbt und sich für Todes­ursachen nicht sehr interes­siert oder aus Gewohn­heit und poli­tischen Gründen unter­schlägt. So entsteht eine für die gesamte Welt halb­wegs gesunde, wenn auch magere Mischung: Aus einer halben Million Toten errechnet sich die beschei­dene Morta­lität von 64 ppm, weshalb eine Leta­lität von 4,2 Pro­zent normal sein sollte. Tatsäch­lich sind es zur Zeit nur 0,8 Pro­zent mehr. Die werden noch schwinden, wenn es so weiter­geht wie heute. Und bevor die zehnte Stunde um ist, wurden es soeben 500.108 Tote.

[1] Die Schuldenuhr zählt wenigstens beständig und vermit­telt so zumindest den Eindruck von Echtzeit.

[2] Das mag uns heute selbstver­ständlich erscheinen, war aber nicht immer so. Insbe­sondere in einem meiner Pro­gramme, das ober­halb von 9.999.999,99 DM nur noch die neun letzten Ziffern anzeigte. Das haben die super­schlauen Anwender schnell gemerkt, nur meine Anlei­tung nicht gelesen. Darin stand, daß man sich die ganz hohen Stellen merken, am besten vermeiden solle. Meine Begrün­dung einzu­sehen über­forderte schon damals Denk­fähigkeit und Verständ­nis: In 64 Kilo­byte Haupt­speicher bringt man kaum mehr als 40 Kilo­byte Programm samt Daten unter. Das sind maximal 10.000 Zah­len zu 32 Bit. Rechnet man modulo 10 hoch 9, kann man damit gerade noch zehn Mil­li­onen DM Soll und Haben pfennig­genau dar­stellen und sogar im Falle eines Über­trages in den 10‑Millionen-​Bereich ohne Hand­stände addieren.

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