Intensivbett
Ich habe jetzt das Intensivbett in meine Liste der Euphe­mismen aufge­nommen, weil es sprach­lich davon ablenkt, daß Schwer­kranke darin liegen. Auch wenn man sich um sie intensiv kümmert, so werden die übrigen Kranken­betten doch auch nicht nach dem Grad der Pflege Normal-, Einfach- oder Spar­betten genannt.

Abseits von ihrer Bezeich­nung soll es in Deutsch­land 28.000 davon geben. Von den derzeit weniger als 8000 Co­rona-​Infi­zierten können allent­halben 1000 auf ein solches Bett ange­wiesen sein, weit weniger als derzeit auch wegen Personal­mangels frei sein sollen. Allzu viele geplante Opera­tionen müssen nicht wegen Corona verschoben werden. Normaler­weise wären beim heutigen guten Wetter die Motor­ratten wieder aus der Garage gekommen und lägen schon zu Dutzenden in den Betten. Der redu­zierte Auto­verkehr sollte eben­falls entlasten.

Doch weshalb wird jetzt im Gesund­heits­wesen mehr als sonst gejammert? Wohl nicht wegen der wenigen Schwer­kranken, eher schon wegen der Patienten ohne starke Symptome und noch mehr durch Heer­scharen, die sich ohne Not testen lassen wollen. Dazu noch die Gelegen­heit, nun besser gehört zu werden. Das machen auch andere, die mit 7 Pro­zent Mehrwert­steuer, längeren Öffnungs­zeiten und bedin­gungs­losem Grund­einkommen hau­sieren gehen.

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Glücklicherweise komme ich am späten Abend nur selten bei Herrn Lanz vorbei, sonst müßte ich mich wie gestern jeden Tag aufregen. Dort disku­tierten über Corona nicht wieder die Herren Kubicki und Lauter­bach, sondern reich­lich „Experten“. Was Frank Thelen beitragen sollte, blieb mir wie immer schleier­haft. Da hätte man auch Boris Becker einladen können, wenn er nicht gerade in England vor Gericht stünde. Auch Gabriele Krone-​Schmalz konnte nur darauf hin­weisen, daß Russen härter im Nehmen sind. Richard David Precht dagegen bekam noch einiger­maßen die Kurve: Nachdem er es für am besten hielt, wenn jeder situa­tions­ange­messen handelt, sah er doch die Notwen­dig­keit allgemeiner Maß­nahmen, weil viele Menschen dazu nicht in der Lage und einige nicht bereit sind. [1]

Den Vogel schießt aber der Präsi­dent Klaus Reinhard der Bundes­ärzte­kammer ab, der die Wirk­sam­keit von Masken anzwei­felt. Er mag recht haben. [2] Doch was sollen wir ersatz­weise tun? Uns ein­schließen und uns keinem nähern? Die Ausla­stung der Inten­sivsta­tionen scheint ihm das ausschlag­gebende Krite­rium zu sein. Da dort noch Betten frei sind, kann es ja nicht so schlimm sein, zumal es vor Ostern zehnmal mehr Tote gab und die Zahl der Infi­zierten wegen der damals extremen Dunkel­ziffer viel höher gelegen haben muß als heute.

In meinen Augen sieht es wie folgt aus: Im Frühjahr drohte eine Über­lastung der Inten­sivsta­tionen. Nun hat sich die Zahl der Betten erhöht, zumin­dest ist das Geld dafür einge­strichen, doch Schwer­kranke kommen nur kleckernd nach. Statt Triage nun geringe Ausla­stung, nicht des Perso­nals, sondern des Wirt­schafts­unter­nehmes Kranken­haus. Da liegt es nahe, die derzei­tige Lage zu ver­harm­losen. Zumindest Kranken­haus­verwal­tungen und Standes­vertre­tungen sind ver­ständ­licher­weise daran inter­essiert, immer kurz unter der Kapa­zitäts­grenze zu arbeiten. Sie müssen nicht nur an Gesund­heit, sondern auch an Erkran­kungen inter­essiert sein. [3]

[1] In diesem Zusammenhang wird wie in allen Angelegen­heiten gerne auf Schweden verwiesen, die ohne Zwang nun von einer zweiten Welle verschont werden und tage­lang keine neuen Zahlen melden. Nur muß die bei uns die Epi­demie noch lange toben, bis unsere Morta­lität von derzeit 12 auf die stolzen 59 pcm der Schweden steigt.

[2] Wahrscheinlich steckt man sich in ordent­lichen Lebens­mittel­geschäften und auf Wochen­märkten nicht signi­fikant stärker an als auf der Straße, doch bewirkt die Masken­pflicht, sich auch in anderen Berei­chen mit einer Maske zu schützen, zum Beispiel in Spätis oder türki­schen Gemüse­läden. Außerdem ver­leitet eine Maske dazu, lieber zuhause zu bleiben, und behin­dert Knut­schen, Sabbern und Saufen.

[3] Noch schlimmer ist es bei den Theologen: Sie beschäf­tigen sich mit Seel­sorge und raten den Menschen, im Glauben Trost oder gar Erfül­lung zu finden, leben aber davon, daß dies weit­gehend nicht gelingt, Krieg, Vertrei­bung, Verfol­gung, Unter­drückung und Kata­strophen sie immer vor neue Aufgaben stellen, die ihnen aber noch Zeit für Märchen, Armut, Klima­wandel, Kontem­plation und Moral­theologie lassen.

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Vor zwei Wochen mit 35 Toten am Tag waren noch alle Disku­tanten bei Herrn Lanz halb­wegs guten Mutes. Fast hatte ich den Ein­druck, man fühle sich in sicherem Fahr­wasser wohl, steuer­bord noch weit weg von den grünen Tonnen, an denen leere Betten keinen Profit erwirt­schaften, backbord die roten der Über­lastung. Letz­teren haben wir uns genä­hert, und schon fällt auf, daß immer noch kein Personal vor­han­den ist, obwohl wir mit 120 Toten immer noch weit entfernt sind von den 230 in der Woche nach Ostern. Offen­sicht­lich dachte man im Sommer ähn­lich wie in den letzten Jahr­zehnten: Es wird schon nichts pas­sieren, das Geld ist einge­strichen, teil­weise für Betten ausge­geben, von denen manche sogar aufge­baut wurden. Weiter­bildung des Perso­nals ist teuer und nicht erfor­der­lich.

Eben wird bei Herrn Plasberg von 12.000 freien Intensiv­betten gespro­chen, für die es aber kein Per­sonal gäbe. Wie hat man das denn zu Ostern gemacht? Lebten damals die Kranken­schwestern noch? Oder hat man auch auf nicht voll ausge­bildetes Per­sonal zurückge­griffen? Möchte man jetzt neues Geld? Statt an Lösungen zu arbeiten, wird wieder über Triage gefaselt. Noch nicht über die Ratio­nierung von Beatmungs­geräten, aber die Zurück­stellung plan­barer Ein­griffe. Was ist daran bedeut­sam? Hat nicht jeder schon einmal das bessere Medi­kament nicht bekommen, weil der Arzt sein Kontin­gent bereits über­zogen hatte oder die Kranken­kasse es nicht bezahlt?

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Im linearen Fernsehen wird allen­halben gejam­mert, daß die Kranken­häuser bald am Anschlag seien. Wenn man doch schon immer wußte, daß Personal knapp ist und leere Betten nichts nützen, dann hätte man die Umtriebe ein­dämmen müssen. Wären die Mitar­beiter des Ordnungs­amtes nicht nur im Bus durch Park­anlagen gefahren, sondern hätten saf­tige Buß­gelder kas­siert, dann wäre den Reni­tenten bald das Geld ausge­gangen, um nach Leipzig zu fahren.

Nun ist es zu spät. Selbst wenn ich optimi­stischer­weise davon ausgehe, daß am Wochen­ende der Höhe­punkt über­schritten ist, dann wird es in einer Woche 20 Pro­zent mehr Totkranke und in zwei Wochen 50 Pro­zent mehr Tote geben. Immer noch nicht mehr als zu Ostern. Wie kann deshalb eine Über­lastung einge­treten sein? Weil nichts vorbe­reitet wurde? Weil die Tod­kranken nun jünger sind und länger im Bett liegen?

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