Förderalismus
Was auch passiert, es liegt am Förderalismus. Der stört uns, obgleich wir die Staaten [1] genannten Länder der USA für ganz normal halten und deren Unter­schiede hinter denen deutscher Länder nicht zurück­fallen. [2] Ich meine mich auch an ein Buch über Staaten­geo­grafie zu erinnern, in dem Staaten nach ihrer Größe aufge­tragen und zwei deut­liche Berge zu erkennen waren: Einer in der Größen­ordnung von Holland und der andere von Deutsch­land. Für erstere ist eine Unter­glie­derung in teil­unabhän­gige Pro­vinzen mit Regie­rung, Parla­ment, Verwal­tung und Rechts­sprechung nicht sinnvoll, für letztere aber schon.

Immer wieder wird beklagt, daß unser Bildungssystem der Länder­hoheit unter­liegt, das Abitur in manchen Ländern leichter, aber auch weniger ange­sehen ist. [3] Was aber nützt es einem Bayern im Ausland, wenn man seinen eigen­artigen Dialekt nicht erkennt und ihn dort für einen Bremer hält? Gäbe es keine Länder­unter­schiede bliebe immer noch das Ansehen von Nationen, Städten, Schulen, Univer­sitäten, Insti­tuten. Und Gleich­heit in der Welt ist noch lange nicht erreicht. [4] Sonst wäre es nicht möglich, sich mit dubiosen oder gekauften Abschlüssen samt Ausländer­bonus an deut­schen Univer­sitäten durch­zumogeln.

In der Corona-Krise wird zwar gelegentlich betont, daß dank der förde­ralen Stuktur unseres Landes schnell vor Ort reagiert werden konnte, doch in den berühmten Meinungs­bildern unseres linearen Fern­sehens beklagt sich das deutsche Volk ständig über Unter­schiede. Und Journa­listen legen nach: Es fällt schwer, den Über­blick zu behalten. Muß ich aber auch gar nicht. Ich bin kein Möbelhaus-​Tourist und verlasse Hessen nicht. Wollte ich es genau wissen, müßte ich nur nach „Corona Hessen“ googeln, und schon würde mir alles mitgeteilt.

Ein Vorteil der Unterschiede könnte darin bestehen, die Wirksam­keit gewisser Maßnahmen oder die Schäd­lichkeit von Öffnungen zu belegen oder auch nicht. Wenn Thüringen in den letzten Tagen hinter dem Bundes­durch­schnitt zurück­fällt, so haben die Masken wohl nicht viel gebracht, in Sachsen mögli­cher­weise schon. Wenn Bremen seinen Vorteil gegen­über dem umge­benden Nieder­sachsen verspielt hat, sollte man nach Ursachen fragen. Wenn das gebeu­telte Bayern es in den letzten zwei Wochen endlich geschafft hat, sich gemessen an anderen leicht zu verbes­sern, mag das der Hart­näckig­keit von Markus Söder zu verdanken sein.

Nun geht es uns wieder etwas besser, und schon beginnen einzelne Bundes­länder mit Öffnungen ohne voran­gehende Diskus­sions­orgien. In Sachen-​Anhalt mag das wegen der nach Mecklen­burg-​Vorpom­mern zweit­niedrig­sten Infek­tions­zahlen noch verständ­lich sein, auch im ganzen corona­armen Osten, der dadurch auch einmal einen Vorteil nutzen könnte. Doch das Saar­land hat sich nun wahr­lich nicht mit Ruhm bekleckert: Zu Beginn weit­gehend verschont, doch dann wohl dank mangelnder Abschot­tung zu Frank­reich eine bestän­dige Zunahme um den Faktor zwei von 35 Pro­zent unter auf 35 Pro­zent über dem Bundes­durch­schnitt. Wenn man es so sehen mag: Die „Infek­tions­kurve flacht deut­lich ab“. Das reicht dem Dritt­plat­zierten für Öffnungen!

[1] Von den Stadtstaaten abgesehen nennen sich Bayern, Sachsen und Thüringen sogar Freistaaten.

[2] Meines Wissens hat Hessen 2018 als letztes Bundesland die Todesstrafe gestrichen.

[3] Wer fernsieht, bleibt auch von artigen Jungs nicht verschont, die sich von Abitur­prüfungen viel verspre­chen und Angst haben, als Corona-​Jahrgang abge­stempelt zu werden. Es fehlt eben ein Schul­fach, in dem man vom Schleim befreit lernt, daß schon nach kurzer Zeit keiner mehr nach der Durch­schnitts­note und dem Bundes­land fragt. Wir haben das Kurz­schul­jahr und G8 schadlos über­standen.

[4] Früher gab es zum Diplom zwei Blätter, eine Urkunde und ein Prüfungs­zeugnis. Heute wird dem Bachelor eine Mappe beige­fügt, in der auch auf englisch alle Leistun­gen aufge­führt sind, unser Ausbil­dungs­system erläu­tert wird und Prozent­sätze zu den einzelnen Noten genannt werden.

Erste Welle | Disziplinlosigkeit | Virologenschnack | Prognose | Lebenswert | Ethikraten | Herdenimmunität | Nationalstaaten | Unredlichkeit | Unterleben | Tote | Reproduktion | Rattenschwanz | Siebetage-R | Zweite Welle

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Nach der Eindämmung von Webasto war Bayern durchschnittlich, wurde Anfang April wohl durch den Eintrag aus den Alpen zum Spitzen­reiter, lag bald um den Faktor 1,7 über dem Bundes­durch­schnitt, konnte sich in den letzten Wochen aber leicht verbessern. Markus Söder ist deshalb gut beraten, hart zu bleiben und diesen leichten Trend nicht wieder zu verspielen. Das Nachbar­land Baden-​Württemberg steht unauf­fällig auf dem zweiten Platz und verharrt von Anfang an weit­gehend unver­ändert beim Andert­halb­fachen des Bundes­durch­schnittes. Interes­santer ist das Saarland auf Platz 3, das von 0,5 Anfang März auf 1,4 am 10. April gestiegen ist und seither einen knappen Vorsprung vor Hamburg hält. Diese Kata­strophe ist wohl den franzö­sischen Nachbarn zu verdanken, die man auch zur Arbeit nicht hätte rein­lassen dürfen. Die leichte Verbes­serung der letzten Wochen verleitet Tobias Hans, trotzdem mit Öffnungen vorzu­preschen. Die Hanse­stadt Hamburg lag zu Beginn der Kontakt­beschrän­kungen noch mit dem Faktor 2 ganz vorne, nachdem dank ihrer Winter­ferien das Virus aus den Alpen einge­schleppt wurde. Zwischen­zeitlich ist sie auf 1,3 gesunken und kreuzte auf diesem Weg erst Bayern, dann Baden-​Württem­berg und schließ­lich das Saarland. [1]

Angesichts des Aufsehens von Heinsberg, wo man sich im feucht­fröhli­chen Karneval ordent­lich durch­seuchte, halten viele Nordrhein-​Westfalen für die Corona-​Hochburg, doch ist die Zahl der Erkrankten schnell knapp unter den Bundes­durch­schnitt gesunken und dort geblieben. Trotzdem reicht es für Platz 5 von 16. Es mag gute Gründe für Armin Laschet geben, Öffnungen herbei­zureden und für sein Land umzu­setzen. Die leicht anzie­henden Zahlen sprechen aber eine andere Sprache. Zu Berlin auf Platz 6 gibt es wenig zu sagen. Dort hat man über­durch­schnitt­lich begonnen und verharrt nun bei 1/6 unter dem Durch­schnitt. Das mag Münchener beschämen, ist aber wohl dem günstigen Umland zu verdanken. Weniger günstig sind die Nachbarn für Rheinland-​Pfalz. Trotzdem liegt dieses Land stabil 1/4 unter der Mittel­linie auf Platz 7. Es folgt der einzig günsti­gere Nachbar Hessen mit 30 Prozent unter dem Bundes­durch­schnitt. Die Zahlen ziehen zur Zeit leicht an, mir sind aber auch keine über­triebenen Öffnungen bekannt.

Auf Platz 9 der Aufsteiger der Woche, die Hansestadt Bremen. Nach einem mit anderen Städten vergleich­baren über­durch­schnitt­lichen Start ging es runter auf 50 Prozent, um bis heute wieder auf knapp 70 Prozent zu klettern. Allge­meine städti­sche Probleme kann man dafür nicht verant­wortlich machen, auch nicht Bremer­haven, wo es bis vor drei Tagen keinen einzigen Toten gab. [2] Bliebe als Entschul­digung das Umland Nieder­sachen, das aber gerade von Bremen einge­holt auch nicht mehr herhalten kann. Dort liegt man mit 66 Prozent auf Platz 10. In der ehema­ligen DDR sieht es besser aus. Von allen fünf sog. neuen Ländern ist Branden­burg mit knapp 60 Prozent auf dem 11. Platz am schlech­testen dran, wo man sich wohl ange­sichts des Nachbarn Berlin mit Erleich­terungen zurück­halten wird, zumal man gerade Sachsen einge­holt hat, das nunmehr Platz 12 innehat.

Ich glaube, es war Jena, wo man schon recht früh Masken tragen mußte. Trotzdem geht es in Thüringen weiter bergauf, nachdem man von ganz unten kommend lange Zeit bei 50 Prozent verharrte. [3] Es kann also nicht an den bayri­schen Nachbarn liegen, wenn es nun wieder 56 Prozent wurden. Zu Ostern hatte man gerade Schleswig-​Holstein eingeholt, das knapp unter der Hälfte des Bundes­durch­schnittes ausharrt und nun den 14. Platz innehat. In Sachsen-​Anhalt schiebt sich Reiner Haseloff als Physiker-​Kollege von Angela Merkel gerade an die Öffnungs­front, zumal er mit 36 Prozent auf dem vorletzten Platz gut dastehe, aller­dings weit abge­schlagen von Mecklenburg-​Vorpommern, wo die wenigen Bewohner die verseuchten Touristen konse­quent nach Hause schickten. Dort liegt man fast fünffach unter dem Bundes­durch­schnitt.

[1] 17.06.2020: Zwischenzeitlich hatte Hamburg das Saarland wieder auf Platz 4 verwiesen, was weniger den geringen Zahlen an der franzö­sischen Grenze zu verdanken war. Vielmehr hatten die Hanse­aten einen ganzen Batzen Erkrankter nachge­liefert. Im nachfol­genden Kopf-​an-Kopf-​Rennen liegt derzeit aber das Saarland wieder leicht vorne.

[2] 03.06.2020: Bremen hat sich auf Platz 5 hochgear­eitet und dabei Hessen, Rheinland-​Pfalz, Berlin und sogar Nordrhein-​Westfalen hinter sich gelassen, nachdem zuvor schon Sachsen, Branden­burg und Nieder­sachsen dran glauben mußten. Ich habe nach Gründen des rasanten Aufstieges gesucht, doch keine gefunden. Man ruht sich darauf aus, klein, unbedeutend und unauf­fällig zu sein. Nur tragische Einzel­fälle wie Flücht­lings- und Alten­heime werden genannt. In den letzten Tagen konnte auch Bremer­haven mit einem Gottes­dienst seinen Beitrag leisten.

[3] 01.06.2020: Bodo Ramelow biedert sich bei seinem weltfremden Wahlvolk mit Öffnungen an, die aber noch nicht dazu beitragen konnten, daß Thüringen von einem prak­tisch corona­freien Land sich um fünf Plätze nach oben arbeiten konnte. Mecklenburg-​Vorpommern, Sachsen-​Anhalt und Schleswig-​Holstein wurden über­flügelt, nach einem langen Zweikampf auch Brandenburg. Zeit­gleich schaffte es Sachsen aus eigener Kraft an Thüringen vorbei.

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Vorgestern hat Nordrhein-​Westfalen es geschafft und mit 2298 Infi­zierten auf eine Million Einwohner den Bundes­durch­schnitt über­boten, liegt aber nach Bayern, Baden-​Württem­berg, Hamburg, Saar­land und Bremen weiterhin nur auf dem sechsten Platz. [1] Die nach­stehende Tabelle


Corona in den Bundesländern am 21.06.2020 (png)

zeigt alle Bundes­länder nach abstei­gender Inzi­denz. [2] Darin ist E die Zahl der Ein­wohner e in Milli­onen [3], von denen p positiv getestet wurden und t starben. Aus der Inzi­denz i=p/e ergibt sich die Zahl I=1000000i der positiv Geste­steten auf eine Million Einwohner. Analog aus der Morta­lität m=t/e die Zahl M=1000000m der Toten eben­falls pro Million. [4] Die Leta­tität l=t/p=m/i=M/I in Prozent ergibt L=100l.

Von Bayern bis nach Meck­lenburg-​Vorpom­mern fällt die Inzi­denz um den Faktor 7,4. Nicht ganz im Gleich­klang auch die Morta­lität sogar um das 16-Fache. In der Folge halbiert sich die Leta­lität. Wie kann das sein? Warum stirbt es sich in Bayern doppelt so leicht wie in Meck­lenburg-​Vorpom­mern? Ich sehe es wie folgt: Wenn keine beson­deren Umstände vorliegen, dann stirbt etwa ein Prozent aller Infi­zierten, von denen aber wegen der beschränkten Test­möglich­keiten nur einer von lnM erkannt wird. Somit ist eine Leta­lität von lnM Pro­zent zu erwarten. [5] Die letzte Spalte der Tabelle zeigt die Abwei­chung Δ der errech­neten Leta­lität L in Prozent von dieser Erwartung.

Das ist kein Spaß oder Zufall im Bereich der Bundes­länder. Die Näherung L≈lnM gilt in einem sehr weiten Bereich von Südkorea bis New York. Wenn ich auf der Basis nur zweier Zahlen M und L unter Zuhilfe­nahme weniger Infor­mati­onen und Vorur­teile die Lage in einem Land ein­schätzen möchte, suche ich nach Gründen für die Höhe von M und nach weiteren nur, wenn Δ betrags­mäßig ln2 über­steigt, also eine starke Abwei­chung von der Norma­lität vorliegt.

Fünf Bundesländer weichen von der Normal­linie um mehr als ln2 ab. Aber nicht so sehr, daß ich wie bei vielen Staaten ein schlechtes Gesund­heits­system oder Ver­schweigen von Toten annehmen muß. Vielmehr reicht zur Erklärung ein vom Durch­schnitt abwei­chender Anteil der Alten an der Gesamt­heit Erkrankter. In Schleswig-​Holstein, dem Saarland und Thüringen sterben mehr als erwartet. Manche würden schnell geringe Testraten vermuten. Ich aber nehme an, daß dort Alters­heime die Werte hoch­trieben. Umge­kehrt ist es in Berlin und Bremen, zu denen meine Vorur­teile sagen: Hier haben Hedo­nisten und Corona-​Leugner die Infek­tions­zahlen hochge­trieben, sind dann aber wegen ihres jugend­lichen Alters leider nicht gestorben.

Und nun zurück zu Nordrhein-​Westfalen: Wenn man den neuen Dreck­spatzen etwas Zeit gibt, dann werden einige auch sterben, wodurch es Richtung Normal­linie gehen könnte. Aber ausreichen wird das nicht, denn dazu sind die von Tönnies Ausge­beuteten nicht alt genug. Es muß also nach Erreichen des Bundes­durch­schnittes der positiv Getesteten noch etwas gewartet und gear­beitet werden, um auch im Bereich der Toten Norma­lität zu erreichen. Sonst wird es nichts mit der Kanzler­schaft.

[1] Anderthalb Monate sind ins Land gegangen und einige haben das Unmög­liche geschafft, aufge­holt, sich abgesetzt und andere über­flügelt. Unsere auch nach dreißig Jahren Einver­leibung der DDR immer noch subven­tio­nierten Angeber aus Berlin haben sich nach drei Monaten revan­chiert und Bremen wieder eingeholt. Die Flach­landti­roler waren wieder im Ausland und lassen Hamburg als Sieger aus dem langen Kopf-​An-​Kopf-​Rennen mit dem Saar­land hervor­gehen, das in den näch­sten Tagen von Nord­rhein-​West­falen auf den fünften Platz verwiesen wird. In Absolut­zahlen liegen die unter der Ruß­glocke aufge­wachsenen Dreck­spatzen mit über­stei­gertem Selbst­bewußt­sein seit heute wieder vorne.

[2] Je mehr Zeit ins Land geht, desto mehr Hobby-Virologen könnten meinen, es müsse Prävalenz heißen. Das gefällt mir schon wegen den Anfangs­buch­staben P nicht. Sollte ich mich 2021 noch für Corona interes­sieren, werde ich den Inzidenz-​Bemessungs-​Zeitraum vom üblichen Jahr auf eine Dekade ausdehnen. Außerdem gestatte ich mir, die Inzidenz in ppm und nicht in pcm/a (für Mediziner: pro 100.000 und Jahr) anzugeben.

[3] Runde ich I/10 auf ganze Zahlen, so ergeben sich von Berlin abgesehen die vom Robert-​Koch-​Institut auf 100.000 bezogenen Inzidenzen, weshalb die Einwohner­zahlen weitgehend mit meinen im Einklang stehen. Für Berlin gehe ich von 3,645 Mil­lionen aus. Die Wiki­pedia nennt 3,7. Das Robert-​Koch-​Institut muß sich auf 3,75 beziehen. In Wirk­lich­keit werden es in allen Bundes­ländern mehr sein. Statt der hier summier­ten 83 sind es wohl schon 83,5 Mil­lionen. Aber darauf kommt es ange­sichts der ungenauen Corona-​Zahlen gar nicht an. Insbe­sondere muß nicht darüber nachge­dacht werden, wen man alles mitzählt.

[4] Vielleicht auch (rohe) Mortalitätsdichte, -rate oder -ziffer. Es ist mir egal, denn ich bin zu alt für flächen­deckende poli­tisch korrekte Begriffs­bildung. Nicht nur im Alltag, auch in der Viro­logie, selbst der Wissen­schaft, solange die Hörer oder Leser wissen sollten, was mit Morta­lität oder spezi­fischem Gewicht gemeint ist. Massen­volumen­dichte muß nicht sein. Wichte ist Quatsch. Pfund-​Preise im Gemüse­handel über­fordern nicht meine Interpre­tations- und Rechen­fähig­keit, sind aber seit Jahr­zehnten in Deutsch­land nicht mehr erlaubt. Auch nicht für Türken.

[5] An anderer Stelle gehe ich von ln(M+e) aus, damit für kleine M keine unplau­siblen Werte unter­halb von 1 oder gar im nega­tiven Bereich erreicht werden. Selbst für Meck­lenburg-​Vorpom­mern bleibt der Unter­schied unter 0,2.

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Die Dreckspatzen der Nation haben es geschafft. Vor einem Monat von Bremen einge­holt hat sich Nordrhein-​Westfalen nach Bayern, Baden-​Württem­berg, Hamburg und dem Saarland nun wieder auf den fünften Platz hoch­gear­beitet, und liegt nun mit 3,7 Pro­zent verläß­lich über dem Bundes­durch­schnitt. [1] Die näch­sten Tage werden zeigen, ob der Fußball-​Abschaum den Rele­gations­gewinner Bremen wieder nach vorne bringen kann.

[1] Zwei Monate später stagniert Nordrhein-‌Westfalen, ist aber dennoch auf Platz 4 vorge­rückt, denn das Saar­land kam entge­gen. Das liegt jetzt auf dem sechsten Platz, weil es auch Berlin vorbei­ziehen ließ. Bald ist auch Bremen dran. Auch die Bayern nutzen die nordrhein-​westfä­lische Stag­na­tion. Nachdem sie in Kopfzahlen um andert­halb tausend zurück­gefallen waren, konnten sie wieder aufholen und lagen am 17. Sep­tember für einen Tag wieder vorne. Ob Laschet seine Kommunal­wahlen und die bayri­schen Test­pannen in einen dauerhaften Vorsprung gegen­über Söder ummünzen kann, wird sich zeigen.

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Bremen hat nicht wieder aufgeholt, während Nordrhein-​Westfalen weiterhin dafür sorgt, daß wir alle Masken tragen müssen, obgleich das Virus wohl vornehm­lich in beengten Verhält­nissen mit viel Spucke über­tragen wird, vor allem beim Saufen. Das nehme ich den Schweinen übel, sogar im Wort zum Sonntag werden sie kritisiert. Einziger Trost: Es gab sie schon zu biblischen Zeiten. Leider kann ich mein Leben nicht umfas­send ohne Maske gestalten, ohne mir ein Auto zu kaufen und die Lebens­mittel liefern zu lassen. Deshalb ist Corona schlimmer als Aids, was keinen Unschul­digen zu Kondomen nötigt, auch nicht vorsichts­halber.

Eine Gruppe habe ich vergessen, gleichwohl sie großen­teils auch zu den Säufern zählt: Die Touristen. Anders kann ich mir nicht erklären, wie das prak­tisch corona­freie Meck­lenburg-​Vorpom­mern es in sechs Tagen auf 37 Infi­zierte brachte, wofür zuvor fast zwei Monate erforder­lich waren. Deshalb kann ich für die nächste Epidemie nur empfehlen: Kein Viro­logen­gelaber, keine Rück­sicht, sofort Kontakte und Beweg­lich­keit auf ein absolut notwen­diges Maß redu­zieren, Abrie­gelung von Ausbruchs­herden, Melde­pflicht für alle, Erkrankte in Zwangs­quaran­täne isolieren, Zuwider­handlung mit hohen Bußgel­dern, ersatz­weise Haft ahnden. So wären wir weit unter meiner ersten Prognose von 30.000 geblieben und könnten seit einem Viertel­jahr wieder unbe­schwert leben.

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Ein billiger Quell des Empörungs­journalismus ist ein vermeint­licher Mangel an Gleich­behand­lung. Aktuell die unter­schied­lichen Einschrän­kungen für Besucher aus anderen Bundes­ländern. Was denn sonst außer Nichtstun und Gleich­gültig­keit? Alle Fremden, ja sogar Einhei­mische in gleicher Weise behindern? Und sich dann vorwerfen lassen, alle über einen Kamm zu scheren?

Auf weltweiter Ebene leuchtet doch jeder­mann ein, daß Öster­reich bezüglich Corona die USA und Norwegen nicht gleich behan­delt und auch umge­kehrt nicht gleich behan­delt wird. Warum sollte Schleswig-​Holstein Saar­länder nicht rein­lassen, weil Berliner aus berech­tigter Sippen­haft draußen bleiben müssen? Und warum sollten sich umgekehrt alle anderen Bundes­länder (außer Berlin selbst!) dieser Rege­lung anschließen?

Eben darf Virologen­kasper Schmidt-​Chanasit sich auch zu diesem Thema auslassen und gibt zu bedenken, was jedem denkenden Menschen in den Sinn kommen kann: Man macht keinen Unter­schied zwischen Berufs­pendlern und Vergnü­gungsrei­senden, zwischen Besuchern aus Party­szene und Reihen­haus. Was ist die Stoßrich­tung? Doch wohl nicht eine Einzel­fall­prüfung und ein inner­deutsches Visum. Wahr­schein­lich Nichtsstun.

Ich finde die unterschied­lichen Regelungen gut, denn sie machend deutlich: Man kann nicht immer auf eine gemein­same Rege­lung warten, einige müssen voran­gehen, die Problem­bereiche benennen und den Mut haben, große Gruppen zu benach­teiligen, die ihren eigenen Laden nicht in den Griff bekommen. Die auch dort überwäl­tigende Mehrheit der Vernünf­tigen und Unschul­digen wird es hinnehmen, sich vorsichts­halber aber nur klamm­heim­lich freuen.

Eben wird im Fernsehen eine Presse­konferenz aus Frank­furt über­tragen. Ich wohne zwar nur im Umland, doch auch als Stadt­bewohner würde ich die eben von Ober­bürger­meister Feld­mann verkün­deten Maßnahmen begrüßen: Sperrstunde um 22 Uhr, ganz­tägig kein Alkohol an zentralen Plätzen, maxi­mal 25 auf einen Klumpen, zuhause nur 10. „Nur mit Nettig­keit kommen wir nicht weiter.“ Ich wäre weiter gegangen: Essen und Trinken im öffent­lichen Nahver­kehr nur durch Masken hindurch. Auch alkohol­frei nicht, denn es ist dort so und so verboten und war in meiner Kind­heit undenkbar. Man hätte eine schwer­wiegende Erkran­kung vermutet, wenn einer alle fünf Minuten an einer Flasche genuckelt hätte.

In der weiteren Bericht­erstattung wie immer der „Flickenteppich“ von Leuten, die sonst Patch­work und Viel­falt hoch­halten, gefolgt von der schein­hei­ligen Frage: „Wer soll das kontrol­lieren?“ Kurz­fristig das vorhan­dene Personal mit der Anwei­sung, nicht nur um Rück­sicht zu bitten und notfalls den Finger zu heben, sondern drasti­sche Bußgelder zu verhängen, die ihre Wirkung auch dann nicht verfehlen, wenn nur Stich­proben durch­geführt werden können. Lang­fristig mit mehr Personal, daß sich locker aus den Bußgel­dern finan­ziert. Notfalls Privati­sierung der Kontrollen und Ergrei­fungs­prämien. Im Wilden Westen ging es auch nicht anders.

Und danach Michael Müller, der die Zeichen der Zeit verpaßt hat, sich wie eine belei­digte Leber­wurst aufführt und vor allem Rich­tung Söder meint, darauf hinweisen zu müssen, daß keiner das Recht habe, mit „Fingern auf Berlin zu zeigen“. Dann aber macht er es in die andere Richtung selbst und haut eine Zahl nach der anderen raus, die auch andere Groß­städte in schlechtem Licht dastehen lassen. [1] Das wird seinen dort zumeist regie­renden Genossen nicht sehr gefallen. Mir schon, denn dadurch kommt viel­leicht frischer Wind in die sonst gerne als harmo­nisch verkaufte Diskussion der Landes­fürsten.

In der Sache hat Michael Müller nur teilweise Recht, denn seine Sieben­tageinzidenz liegt mit offi­ziellen 40,5 und wirk­lichen 43,3 an der Spitze aller Groß­städte, auch wenn Köln, Bremen, Hamburg, München und Frankfurt eben­falls ordent­liche Werte aufweisen. Mit einem kleinen Landkreis von ein paar Hunder­tausend in Nord­rhein-​West­falen oder Bayern möchte er sich hoffent­lich nicht verglei­chen.


Inzidenz ausgewählter Bundesländer in Rela­tion zum Bundes­durch­schnitt (png)

Wenn man auf den vorstehenden Verlauf der Infek­tionen schaut, dann sieht man sofort eine beständige Aufholjagd der Berliner. Sie haben ihre im Vergleich zu anderen Städten corona­günstige Lage inmitten der Zone verspielt und sich vom halben Bundes­durch­schnitt auf 20 Prozent darüber hochgear­beitet. Eine Weile sah es so aus, als würde Bremen ihnen den Titel des bundes­deutschen Meisters streitig machen. Doch ließen die Berliner sich das nicht gefallen: Vorbei an Bremen, Saarland und sogar Nord­rhein-​West­falen streben sie nun einen Tribünen­platz an. Hamburg oder Baden-​Württemberg muß sich dann mit Platz vier abfinden.

[1] Herr Müller konnte nun eine Nacht darüber schlafen können, doch beruhigt hat er sich nicht. Mit einer Verknif­fen­heit, die mich an Ralf Stegner erinnert, sieht er immer noch andere mit Fingern auf Berlin zeigen, während sein wieder­holter Hinweis auf die Test­pannen der Bayern wohl eine wert­freie Fest­stellung sein soll. Selbst­verständ­lich räumt er ein, in Berlin nicht zu gut dazu­stehen, und will sich nicht mehr von Minder­heiten auf der Nase herum­tanzen lassen. Außerdem sei die große Mehrheit auch in Berlin vernünftig. Aber darum geht es nicht, sondern um die Größe der reni­tenten Minder­heit, gegen die man hätte vorgehen sollen, als ihr Umfang noch beschei­dener war. Er ist sich auch nicht zu schade, auf Bremen mit eben­falls hohen Zahlen zu zeigen und ohne Namens­nennung auf andere Städte mit höheren Zahlen zu verweisen. Gewiß ist Hamm mit doppelt so hoher Sieben­tageinzi­denz eine kreis­freie Stadt wie Berlin, aller­dings mit nur 180.000 Ein­woh­nern. Herr Müller kann sich ja dort erkun­digen, was er in Berlin noch durch­setzen könnte, um sodann drei Kreuze zu schlagen, daß seine Stadt­bezirke nicht corona­mäßig Land­kreisen gleich­gestellt sind, denn die Dreck­spatzen der Innen­stadt müssen sich hinter Hamm nicht verstecken.

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Wahrscheinlich bringen die inner­deutschen Reise­beschrän­kungen nicht sehr viel, wenn dadurch nicht Massen­hoch­zeiten dezi­miert werden. Falls aber ein Seuchen­gebiet wie Bremen, Fremde aus anderen sog. Hotspots weiterhin beher­bergen will, dann sollten die anderen sich entscheiden, ihre eigenen Bürger aus Bremen nicht ohne Quarantäne zurück­zunehmen.

Eben in einem „Corona-Spezial“ der Bremer Bürge­rmeister Andreas Boven­schulte, der bis heute samt seinem Land unter dem Radar flog. Er spricht von ergrif­fenen Maßnahmen, ohne eine einzige zu nennen, will wohl noch auf eine gesicherte Über­scheitung der 50 warten und sich morgen beraten. Er behauptet allen Ernstes, „bisher gut durch die Pandemie gekommen“ zu sein, obwohl sich Bremen von einem der hinteren Plätze auf den sechsten vorgear­beitet hat und sich gerade anschickt, Nordrhein-​Westfalen zu überholen. Doch um „bisher“ geht es nicht, sondern um „jetzt“. Und obwohl Bremen sich der förderalen Gemein­schaft verwei­gert, wünscht er sich „ein abge­stimmtes Vorgehen“. Zum Schluß vervoll­ständigt er die die Palette seiner Abwiege­lungen mit dem schönen Satz: „Es bleibt die Verant­wortung eines jeden einzelnen.“

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Der Kampf um Platz zwei nach den Bayern (43% über dem Bundes­durch­schnitt) scheint für die nächsten Wochen, wenn nicht Monate ent­schieden. Berlin (26%) hat ihn über­nommen und zieht davon. Ham­burg (24%) schwächelt wieder, weshalb sich Baden-​Württem­berg (25%) noch lange auf dem dritten Platz halten wird. Die Verfol­ger­gruppe aus Bre­men (15%) und Nordrhein-​West­falen (14%) hat sich veraus­gabt und stag­niert. Die übrigen zehn schaffen es noch nicht einmal über die Mittel­linie.

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