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Prognose
wuerg, 27.03.2020 21:09
Auf Basis der laut Robert-Koch-Institut nachgewiesenen Corona-Infizierten bis zum 13. März hatte ich eine Prognose gewagt. Sie ist im Bild als blaue Kurve dargestellt. Die roten Punkte stehen für die leider nicht immer zuverlässigen Zahlen der Folgezeit bis zum 26. März. Sie sind Grundlage der roten Prognose. Weitere Werte werden als schwarze Punkte nachgetragen. [1,2,3,4,5,6,7]
blaue und rote Prognose, schwarze Weiterentwicklung (png)
Aus den zum d. März vom Robert-Koch-Institut gemeldeten jemals Erkrankten p(d) ergeben sich n(d)=p(d)−p(d-1) binnen eines Tages neu Infizierte. Ihre Anzahlen steigern sich gegenüber dem Vortag um die Faktoren λ(d)=n(d)/n(d-1), auf deren Logarithmen ich bis d=13 einen linearen Ausgleich ln(λ)≈ln(b)+d·ln(c) vorgenommen habe. Damit ergibt sich für die Neuinfizierten
n(d) ≈ a · bd · cd(d+1)/2 = p/√(2πσ2) · exp ( -(d-μ)2/2σ2 )
Um nicht allzu optimistisch zu sein, habe ich leicht zugunsten des Virus gerundet und a=8, b=1,6 sowie c=0,98 angesetzt. Das entspricht einer blauen Normalverteilung mit Maximum bei μ=23, also dem 23. März. Dort wird der Spitzenwert n(μ)=1500 erreicht. Die erwartete Gesamtzahl ist p=p(∞)=26500 und die Streuung σ=7 beträgt eine Woche.
Die rote Kurve auf der Basis der Daten bis 26. März läßt eine weniger günstige Entwicklung erwarten: Es ist a=22, b=1,42 und c=0,99. Das entspricht einer Normalverteilung mit Maximum bei μ=38, also dem 7. April. Dort wird der Spitzenwert n(μ)=9500 erreicht. Die erwartete Gesamtzahl ist p=250.000 und die Streuung σ=10,5 beträgt anderthalb Wochen.
Gleich zu Beginn schrieb ich, daß es durchaus höhere Zahlen als prognostiziert werden können, ich aber selbst bei zehnfacher Überhöhung nicht unzufrieden sein werde, weil die Fernseh-Virologen durch die Bank das Tausendfache erwarten und meinen, die ergriffenen Maßnahmen würden nur den Verlauf verlangsamen. Das bedeutete über einen Zeitraum von zwei Jahren täglich 70.000 Neuinfizierte und 2000 Tote. Füllten schwer Erkrankte die Hälfte der geplanten 56.000 Intensivbetten, müßte sich jeder binnen zweier Wochen überlegen, ob er sich wieder halbwegs gesund fühlt oder sterben möchte.
Die Wahrheit aber ist: Die ergriffen Maßnahmen verschieben die Belastung nicht nach hinten, sondern mildern sie einfach ab, wahrscheinlich um einen Faktor 300 oder höher. Die Epidemie wird in Deutschland ähnlich verlaufen wie in China, Korea oder Singapur. Im Prinzip wird meine Prognose eintreten. Trotzdem suche ich nach einer Erklärung, warum die als rote Punkte dargestellten Zahlen des Robert-Koch-Institutes von der blauen Prognoselinie deutlich nach oben abweichen.
So könnte ich anführen, die der Prognose zugrundeliegenden Daten bis zum 13. März lägen in einer längst vergangenen Zeit, da man in jedem einzelnen Falle der Infektionskette nach vorne und hinten hat folgen können. Bevor diese Maßnahmen durch Kontakteinschränkungen für alle ersetzt wurden, gab es noch eine Woche Gelegenheit, sich ordentlich anzustecken. Hinzu kamen zurückkehrende Urlauber, die Corona an vielen neuen Orten aufkeimen ließen. Ist die Epidemie vorbei, werden all diese Versäumnisse und Zögerlichkeiten diskutiert.
Ich glaube, die Abweichung der Realität von meiner Prognose erklärt sich teilweise auch wie folgt: Wenn sich im Laufe der Zeit die Testungen verzehnfacht hätten, könnte jetzt ein dreimal höherer Anteil der wirklich Erkrankten auffliegen als zu Beginn. [8] Ich hätte deshalb statt der Konstanten a=8 besser eine steigende Funktion a(d) ansetzen sollen, die heute bei a(27)=a·3=24 liegen könnte. Das aber erklärt nicht alles. Vielmehr ist der Faktor c=0,98 für die abfallenden Flanke zu optimistisch. Heute erscheint mir c=0,99 realistischer, war aber in den wenigen Daten bis zu 13. März nicht zu erkennen. [9]
[1] Die Anzahl 6294 von gestrigen 28. März mag manchem im Vergleich zur letzten Woche und angesichts der Ausgehbeschränkungen hoch erscheinen, liegt aber genau auf der roten Prognoselinie.
[2] In den Zahlen des Robert-Koch-Institutes von heute, den 29. März um 0 Uhr, besser gestern 24 Uhr fehlen etwa 2000 aus Baden-Württemberg und 500 aus dem Rest der Republik, weshalb die gemeldeten 3965 eher 6500 sind. Am Dienstag sollten die Lücken wieder gefüllt sein. Dann aktualisiere ich mein Diagramm.
[3] Heute ist Dienstag, der 31. März und die Meldemängel des Wochenendes sollten ausgeglichen sein, auch wenn man den Eindruck haben kann, einige Anzahlen seien dauerhaft unter den Teppich gekehrt. Die vier neuen schwarz dargestellten Werte liegen allesamt unter dem Maximum und sinken deutlich, vor allem dann, wenn ich einige von gestern und viele von vorgestern denen vom Samstag zuschlage. Wenn kein grober Erfassungsfehler vorliegt, ist es völlig unwahrscheinlich, daß erneut mehr als 6000 Neuinfizierte an einem Tag hinzukommen.
[4] Die neuesten schwarz dargestellten Zuwächse bis zum 1. April sind etwas ungeordnet und lassen Zweifel an der Gewissenhaftigkeit ihrer Erfassung aufkommen. Es sieht aber so aus, als sei der Höhepunkt erreicht. Auf die Steigerungen der letzten Tage gebe ich nicht viel, denn im Prinzip ist dieser Verlauf Woche für Woche zu sehen. Morgen gibt es die Zahlen für Donnerstag, die noch nie unter dem Mittelwert lagen.
[5] Im Laufe der ersten April-Woche wurden immer weniger durch immer mehr infiziert. Wer jetzt noch von einer Reproduktionszahl 1,2 bis 1,5 faselt, ist völlig unfähig oder lügt, hoffentlich im Interesse einer politisch korrekten Panikmache.
[6] Am heutigen 9. April heißt es, man könne von einer Entspannung nicht wirklich ausgehen. Gestern fehlte noch das Wort „wirklich“, obgleich die Zahlen wieder gestiegen sind. Wir seien noch nicht über den Berg. Ich meine schon, auch wenn sich eine Hochebene anschließt und der Blick auf den Ozean noch durch eine weitere Bergkette versperrt werden sollte. Morgen gibt es die Zahlen für Donnerstag. Die sind im allgemeinen die höchsten.
[7] Die schwarze Linie ist keine Prognose, sondern eine den realen Werten (blaue, rote und schwarze Punkte bis zum 19. April) angepaßte Normalverteilung. Sie sieht nicht optimal aus, doch ist zu bedenken, daß diese Kurve nicht nur Ende April, sondern auch im Februar und Anfang März einigermaßen treffen muß. Außerdem ist schon seit einigen Tagen die Zeit des Rattenschwanzes gekommen, der den Verlauf unsymmetrisch macht, womit eine Normalverteilung als globale Ausgleichskurve nicht mehr gut ist.
[8] Dreimal soviele Erkrankte mit dreifacher Chance auf einen Test ergäben die neunfache Anzahl erkannter Erkrankungen. Bei zehnmal sovielen Testungen bliebe also die Erkennungsrate fast unverändert. Das ist wohl mit knapp 10 Prozent auch der Fall. Wer mit den Faktoren 2, 2 und 4 statt 3, 3 und 10 der Realität näher kommen mag, gelangt zu einem ähnlichen Ergebnis.
[9] Ich wollte meine blaue Fehlprognose nicht auf andere schieben, sonst hätte ich gleich meine Vermutung geäußert, die nun Ende April wohl Gewißheit ist: Schon bald gelang es nicht mehr, jeden Einzelfall zu verfolgen, spätestens mit der Rückkehr infizierter Urlauber aus den Seuchengebieten.
Erste Welle | Disziplinlosigkeit | Virologenschnack | Lebenswert | Ethikraten | Tote | Herdenimmunität | Unredlichkeit | Nationalstaaten | Reproduktion | Rattenschwanz | Förderalismus | Unterleben | Siebentage‑R
blaue und rote Prognose, schwarze Weiterentwicklung (png)
Aus den zum d. März vom Robert-Koch-Institut gemeldeten jemals Erkrankten p(d) ergeben sich n(d)=p(d)−p(d-1) binnen eines Tages neu Infizierte. Ihre Anzahlen steigern sich gegenüber dem Vortag um die Faktoren λ(d)=n(d)/n(d-1), auf deren Logarithmen ich bis d=13 einen linearen Ausgleich ln(λ)≈ln(b)+d·ln(c) vorgenommen habe. Damit ergibt sich für die Neuinfizierten
n(d) ≈ a · bd · cd(d+1)/2 = p/√(2πσ2) · exp ( -(d-μ)2/2σ2 )
Um nicht allzu optimistisch zu sein, habe ich leicht zugunsten des Virus gerundet und a=8, b=1,6 sowie c=0,98 angesetzt. Das entspricht einer blauen Normalverteilung mit Maximum bei μ=23, also dem 23. März. Dort wird der Spitzenwert n(μ)=1500 erreicht. Die erwartete Gesamtzahl ist p=p(∞)=26500 und die Streuung σ=7 beträgt eine Woche.
Die rote Kurve auf der Basis der Daten bis 26. März läßt eine weniger günstige Entwicklung erwarten: Es ist a=22, b=1,42 und c=0,99. Das entspricht einer Normalverteilung mit Maximum bei μ=38, also dem 7. April. Dort wird der Spitzenwert n(μ)=9500 erreicht. Die erwartete Gesamtzahl ist p=250.000 und die Streuung σ=10,5 beträgt anderthalb Wochen.
Gleich zu Beginn schrieb ich, daß es durchaus höhere Zahlen als prognostiziert werden können, ich aber selbst bei zehnfacher Überhöhung nicht unzufrieden sein werde, weil die Fernseh-Virologen durch die Bank das Tausendfache erwarten und meinen, die ergriffenen Maßnahmen würden nur den Verlauf verlangsamen. Das bedeutete über einen Zeitraum von zwei Jahren täglich 70.000 Neuinfizierte und 2000 Tote. Füllten schwer Erkrankte die Hälfte der geplanten 56.000 Intensivbetten, müßte sich jeder binnen zweier Wochen überlegen, ob er sich wieder halbwegs gesund fühlt oder sterben möchte.
Die Wahrheit aber ist: Die ergriffen Maßnahmen verschieben die Belastung nicht nach hinten, sondern mildern sie einfach ab, wahrscheinlich um einen Faktor 300 oder höher. Die Epidemie wird in Deutschland ähnlich verlaufen wie in China, Korea oder Singapur. Im Prinzip wird meine Prognose eintreten. Trotzdem suche ich nach einer Erklärung, warum die als rote Punkte dargestellten Zahlen des Robert-Koch-Institutes von der blauen Prognoselinie deutlich nach oben abweichen.
So könnte ich anführen, die der Prognose zugrundeliegenden Daten bis zum 13. März lägen in einer längst vergangenen Zeit, da man in jedem einzelnen Falle der Infektionskette nach vorne und hinten hat folgen können. Bevor diese Maßnahmen durch Kontakteinschränkungen für alle ersetzt wurden, gab es noch eine Woche Gelegenheit, sich ordentlich anzustecken. Hinzu kamen zurückkehrende Urlauber, die Corona an vielen neuen Orten aufkeimen ließen. Ist die Epidemie vorbei, werden all diese Versäumnisse und Zögerlichkeiten diskutiert.
Ich glaube, die Abweichung der Realität von meiner Prognose erklärt sich teilweise auch wie folgt: Wenn sich im Laufe der Zeit die Testungen verzehnfacht hätten, könnte jetzt ein dreimal höherer Anteil der wirklich Erkrankten auffliegen als zu Beginn. [8] Ich hätte deshalb statt der Konstanten a=8 besser eine steigende Funktion a(d) ansetzen sollen, die heute bei a(27)=a·3=24 liegen könnte. Das aber erklärt nicht alles. Vielmehr ist der Faktor c=0,98 für die abfallenden Flanke zu optimistisch. Heute erscheint mir c=0,99 realistischer, war aber in den wenigen Daten bis zu 13. März nicht zu erkennen. [9]
[1] Die Anzahl 6294 von gestrigen 28. März mag manchem im Vergleich zur letzten Woche und angesichts der Ausgehbeschränkungen hoch erscheinen, liegt aber genau auf der roten Prognoselinie.
[2] In den Zahlen des Robert-Koch-Institutes von heute, den 29. März um 0 Uhr, besser gestern 24 Uhr fehlen etwa 2000 aus Baden-Württemberg und 500 aus dem Rest der Republik, weshalb die gemeldeten 3965 eher 6500 sind. Am Dienstag sollten die Lücken wieder gefüllt sein. Dann aktualisiere ich mein Diagramm.
[3] Heute ist Dienstag, der 31. März und die Meldemängel des Wochenendes sollten ausgeglichen sein, auch wenn man den Eindruck haben kann, einige Anzahlen seien dauerhaft unter den Teppich gekehrt. Die vier neuen schwarz dargestellten Werte liegen allesamt unter dem Maximum und sinken deutlich, vor allem dann, wenn ich einige von gestern und viele von vorgestern denen vom Samstag zuschlage. Wenn kein grober Erfassungsfehler vorliegt, ist es völlig unwahrscheinlich, daß erneut mehr als 6000 Neuinfizierte an einem Tag hinzukommen.
[4] Die neuesten schwarz dargestellten Zuwächse bis zum 1. April sind etwas ungeordnet und lassen Zweifel an der Gewissenhaftigkeit ihrer Erfassung aufkommen. Es sieht aber so aus, als sei der Höhepunkt erreicht. Auf die Steigerungen der letzten Tage gebe ich nicht viel, denn im Prinzip ist dieser Verlauf Woche für Woche zu sehen. Morgen gibt es die Zahlen für Donnerstag, die noch nie unter dem Mittelwert lagen.
[5] Im Laufe der ersten April-Woche wurden immer weniger durch immer mehr infiziert. Wer jetzt noch von einer Reproduktionszahl 1,2 bis 1,5 faselt, ist völlig unfähig oder lügt, hoffentlich im Interesse einer politisch korrekten Panikmache.
[6] Am heutigen 9. April heißt es, man könne von einer Entspannung nicht wirklich ausgehen. Gestern fehlte noch das Wort „wirklich“, obgleich die Zahlen wieder gestiegen sind. Wir seien noch nicht über den Berg. Ich meine schon, auch wenn sich eine Hochebene anschließt und der Blick auf den Ozean noch durch eine weitere Bergkette versperrt werden sollte. Morgen gibt es die Zahlen für Donnerstag. Die sind im allgemeinen die höchsten.
[7] Die schwarze Linie ist keine Prognose, sondern eine den realen Werten (blaue, rote und schwarze Punkte bis zum 19. April) angepaßte Normalverteilung. Sie sieht nicht optimal aus, doch ist zu bedenken, daß diese Kurve nicht nur Ende April, sondern auch im Februar und Anfang März einigermaßen treffen muß. Außerdem ist schon seit einigen Tagen die Zeit des Rattenschwanzes gekommen, der den Verlauf unsymmetrisch macht, womit eine Normalverteilung als globale Ausgleichskurve nicht mehr gut ist.
[8] Dreimal soviele Erkrankte mit dreifacher Chance auf einen Test ergäben die neunfache Anzahl erkannter Erkrankungen. Bei zehnmal sovielen Testungen bliebe also die Erkennungsrate fast unverändert. Das ist wohl mit knapp 10 Prozent auch der Fall. Wer mit den Faktoren 2, 2 und 4 statt 3, 3 und 10 der Realität näher kommen mag, gelangt zu einem ähnlichen Ergebnis.
[9] Ich wollte meine blaue Fehlprognose nicht auf andere schieben, sonst hätte ich gleich meine Vermutung geäußert, die nun Ende April wohl Gewißheit ist: Schon bald gelang es nicht mehr, jeden Einzelfall zu verfolgen, spätestens mit der Rückkehr infizierter Urlauber aus den Seuchengebieten.
Erste Welle | Disziplinlosigkeit | Virologenschnack | Lebenswert | Ethikraten | Tote | Herdenimmunität | Unredlichkeit | Nationalstaaten | Reproduktion | Rattenschwanz | Förderalismus | Unterleben | Siebentage‑R
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