Flug über den Tönniesberg

Wochenfallzahlen Ende Juni 2020 und 2021 (png)

Vor einem Jahr erreiche die Zahl der Neuin­fizier­ten in der Woche um den 21. Juni herum mit 4315 ein loka­les Maxi­mum. Nur ein Zehn­tel der ersten Welle, doch eine stramme Lei­stung für nur einen Betrieb, den Viren­befall für ganz Deutsch­land zu verdop­peln. Zwi­schen­zeit­lich haben wir uns an deut­lich höhere Fall­zahlen gewöhnt und jammern auch nicht mehr wegen ein paar hun­dert Toten. Doch dank der Impfun­gen setzen wir nun zur Lan­dung an, fliegen aber im Jahres­abstand noch knapp über den Tön­nies­berg hinweg. Eine Weile dachte ich schon, wir lan­deten vor dem Gipfel, weil der R-Faktor deut­lich unter 0,7 sank. Doch nun steigt er wieder, die Diszi­plin­losig­keit schrei­tet schnel­ler voran als die Impfung.

Auch wenn wir in den Augen­blicks­zahlen schlech­ter daste­hen als vor einem Jahr, so werden wir doch binnen einer Woche [1] unter das Vor­jahres­niveau sinken und dort auch bleiben, denn vor einem Jahr ging es an­schlie­ßend munter bergauf. Auch wenn der Tön­nies­berg die Trend­wende ver­deckte, war deut­lich zu erken­nen, daß der aus­lau­fende Ast nicht nur flacher ist, son­dern auch höher endet als der anstei­gende. Und selbst wenn beide Enden auf glei­chem Niveau wären, hätte man sehen müs­sen, daß der Abstieg vorbei und damit zu rech­nen ist, daß es wieder berg­auf geht. Das wurde ignoriert, ja ver­drängt, und zwar über einen sehr lan­gen Zeitraum. Die Quit­tung gab es gratis dazu.

[1] Es sind nur 16 Tage vergangen, und schon Ende Juni war abzusehen, daß nicht zur Landung angesetzt, sondern kräftig durch­gestartet wird. So kann der Vor­jahres­wert in diesem Monat Juli wohl nicht mehr erreicht werden, bei anhal­tender Reak­tions­losig­keit der Obrig­keit auch nicht im August. Viel­leicht im September, wenn uns die Zahlen des Vor­jahres mit Macht ent­gegen­kommen.

Rattenschwanz | Siebentage-R

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Deutschland - Portugal
Deutschland gegen Portugal, und die Ruhe in den Blogs ist noch größer als sonst, vor allem wenn der Chronist und der Ziwo schon wieder vor der Glotze mit Havertz und Gündogan gegen­einander mit­kicken.

Ich sehe die Deutschen gerne verlieren, weil dann immer so schöne Kommen­tare zu hören sind: Wir konnten unsere mentale Stärke nicht auf den Platz bringen. Ver­lieren die anderen, wird ähnlicher Schwach­sinn nicht gesendet, außer­dem verstehe ich ihn nicht.

Auf der anderen Seite wäre es schön, wenn der Hetz­blogger Scheiß­fuß­maaz vom Neuen Deutsch­land sich über einen Sieg der deut­schen Mann­schaft grün und blau ärgerte.

Ein anderer Höhepunkt des Tages: Ich konnte in Teilen das Spiel der Fran­zosen gegen Ungarn sehen. Wirklich faszi­nierend, die 65.000 Zuschauer im Stadion. Wäre Ungarn nicht eine Heim­statt für den Chro­nisten?

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1. Schwanzvergleich

Inzidenzen der Bundesländer gemessen am Durchschnitt (png)

Corona geht zumindest in Deutschland seinem (ihrem) Ende entgegen. Und so ist die Zeit gekommen, da die Leistungen der Bundes­länder verglichen werden können, sich mangels Masse die Plazie­rungen nicht mehr ändern werden, nachdem sich heute Berlin auf den vierten Platz verab­schiedet hat und Bayern wieder auf die Tribüne lassen mußte. [1]
1. SN +56,5%  5. HE +3,2%   9. BB  -3,2%  13. RP -15,5%
2. TH +34,0%  6. NW +1,3%  10. HH  -6,7%  14. NI -27,1%
3. BY +10,2%  7. BW +0,5%  11. SL  -7,1%  15. MV -38,8%
4. BE +10,2%  8. ST +0,3%  12. HB -10,6%  16. SH -50,9%
Deutlich zu sehen ist die zweite Welle, nach einer ersten Konsoli­dierung der Verhält­nis­zahlen. Die unter­schied­lichen Ent­wick­lungen sind keine Folge auftre­tender Muta­tionen oder ein­zelner Aus­brüche auf Spargel­feldern, sondern ganz klar Ergebnis von Fehl­verhalten und Arg­losig­keit auf der einen sowie Dis­ziplin und Ein­schrän­kungen auf der anderen Seite. Zunächst kata­pul­tierten die Party­gänger die großen Städte nach oben, die jedoch dank des direkten Zugrif­fes auf ihre Bevöl­kerung sich wieder kon­soli­dieren konnten. Auf dem Lande, wo die Bauern­burschen unbeein­druckt durch die Gegend kut­schie­ren, ging alles lang­samer. Nicht Tschenchen, sondern Reni­tenz und Igno­ranz ließen aus dem Südosten der Zone eine Welle Rich­tung Norden schwappen. Begin­nend in Sachsen, folgten Thü­ringen und Sachsen-​Anhalt, aber auch Branden­burg und letztlich Meck­lenburg-​Vorpom­mern, was dadurch die rote Laterne an Schleswig- Holstein abgeben mußte.

[1] 03.05.2023: Es hat sich alles hingezogen und vieles noch verschoben. Doch seit einem Jahr verfolge ich das nicht mehr. Es ist langweilig geworden.

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fontes, origine, nihilo
Nun scheinen sich ja im Chronisten und Che zwei gefunden zu haben. Ersterer sonnt sich im Renommee des letzteren, der wahrscheinlich vergeblich auf einen sog. Diskurs hofft. Der „blaue Mond“ taugt nur noch zum vollumfänglich geschulten russischer Derailer. Ich bin schon eine Weile draußen, weil es nicht mehr um Zahlen, sondern nur noch um Corona ad fontes, ab origine und ex nihilo geht. Aber ich rechne es meiner Penetranz zu, daß der Chronist sich nicht mehr zu Kaskaden von Nullen hinreißen läßt.

Als ich &dbquo;Marx ad fontes“ las, blitzen in mir ein Gedanke (Steilvorlage) und eine Erinnerung (theoretische Festköperphysik ab origine) auf. So wie ad fontes etwas für das Geschichtsstudium ist, kommt man mit dem reinen, auch schon etwas vom Ursprung abweichenden Hamiltonoperator eines Festkörpers auch nicht über die Einleitung hinaus. Man muß schon angemessene Näherungen finden, nicht nur in der Praxis.

Ich hätte mir diese dummen Bemerkungen verkniffen, wenn ich heute nicht ein Büchlein gekauft und bei meinem ersten Indoor-Latte seit Monaten zu lesen begonnen hätte. [1] Um die Null zu erklären, breitet der Autor seine Belesenheit aus und kann auch an ex nihilo nicht vorbei. Das ist durchaus interessant, doch für einen Ingenieur sowenig relevant wie Marx für Corona. Trotz meiner Abschätzigkeit: Ab und zu finde auch ich Gefallen am großen Bogen und sentimentalen Erinnerungen.

[1] Umberto Bottazzini: Wie die NULL aus dem NICHTS entstand - und weitere Sternstunden der Mathematik. dtv, München, 2021.

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Derail- und -tailing
Wer nicht nur abstruse Gedanken verbreitet, sondern auch mit Zweiflern eine Diskus­sion beginnt, lernt natür­lich schnell ein paar Schlag­wörter, mit denen man meint, andere ent­larven zu können. Und da für jede Abart mensch­lichen Ver­haltes heut­zutage mehr oder minder verstan­dene und deshalb als griffig empfun­dene englisch­sprachige Begriffe zur Verfü­gung stehen, hat der Chro­nist sich Derai­ling [1] und nun auch Detai­ling [2] ange­eignet, obgleich er es selbst ist, der durch eine unend­liche Fülle von oftmals zusam­menhang­losen bis abstru­sen Details, wenn nicht schon im Schotter gelandet, so doch auf ein Abstell­gleis geraten ist, von dem andere ihm gerne helfen würden. Aber es ist ja kein totes Gleis, wenn es gelingt den Prell­bock zu besei­tigen, den Unver­ständige und Betrüger auf seinem Weg ins Glück errich­tet haben.

Das hier schreibe ich nicht, weil mich viele seiner sog. Argu­mente ankotzen, sondern weil der Chronist sich erneut erdrei­stete, Kommen­tare zu ent­fernen, auch wenn seine eigenen darunter sein mögen. Das kann ich nicht durch­gehen lassen, zumal ich andere bereits kriti­sierte, die mich nur in geringen Umfang löschten. Und ich meine nicht das Ver­schwinden nach Jahren oder bei Blog­schlie­ßung. Deshalb werde ich zunächst damit beginnen, in den nach­fol­genden Kommen­taren wieder­zugeben, was ich in mühe­voller und zeit­rauben­der Arbeit bei ihm nieder­schrieb. [3] Wenn ich Zeit und die Quellen finde, ergänze ich das um kursiv geschrie­bene Einlas­sungen anderer. Ein der­artig exem­plari­scher Blödsinn darf nicht unter­gehen, jeden­falls nicht vor dem Ende von blogger.de.

[1] Chronistenpflicht: checkerchecken. „Blödelndes derailing mag ich nicht. Die feigste Art zu Handeln.“
[2] Entweder habe ich mich verlesen oder Detai­ling wurde zu Derai­ling nach­editiert. Egal, denn Derai­ling ist ja der ekel­hafte Mode­begriff. Und wenn es ein Tipp­fehler war, dann nur einer von tau­senden, die in einer lieder­lichen Sprache zumeist unter­gehen. Da mir die Verwech­selung gefällt, belasse ich sie in der Über­schrift.
[3] Nur wenige meiner in den nachfol­genden Kommen­taren wieder­holten Einlas­sungen wurden wirklich gelöscht. Doch kann das ja noch kommen.

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Masse mal Beschleunigung
In der Einführungsvorlesung für Physiker wird trotz Einstein und Mpemba immer noch mit den Newtonschen Gesetzen begonnen. Jetzt kommt heraus, daß Isaac Newton nicht nur einen an der Klatsche hatte und Gold­münzen zu billig verkaufte, sondern auch vorein­genommen war und mög­licher­weise den Kolo­nia­lismus begün­stigte. [1] Er solle nicht mehr Genie oder Gründungs­vater genannt werden, Bezeich­nungen die uns Deutschen so und so fremd sind.

Natürlich geht es auch um Maßein­heiten, die impe­rialen sind schon von Namen her falsch, die metrischen scheiden wegen Napoleon aus, die meisten übrigen wegen der Römer. Und die Kraft in Newton hat sich so uns so nicht im Alttag durch­gesetzt. Am besten befreit man sich von einigen oder allen Dimen­sionen. Solange Ales­sandro Volta unbedenk­lich ist, kann Newton durch 1,23 MeV zum Quadrat, später dimen­sionslos [2] durch 8,26 mal 10 hoch -45 ersetzt werden.

[1] Gina Thomas: Newton unter Verdacht. FAZ, 20.05.2021.
[2] Politisch korrekte Ausdrucks­weise bezieht sich nicht nur auf Frauen und Nicht­weiße, sie macht sich ganz allge­mein breit. So solle man nicht von dimen­sionslos, sondern von der Dimen­sion Zahl sprechen. Und das spezi­fische Gewicht heißt Massen­volumen­dichte. Ich glaube, der moderne Mensch fürchtet nichts so sehr, wie durch ungenaue oder mißfal­lende Sprache falsch ver­standen zu werden.

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Muttertag
Vor dreizehn Monaten dachte ich, am Muttertag könne alles vorüber sein. Eine Abnahme des R-Faktors nach dem Höhe­punkt um den 1. April im gleichen Maße wie im März hätte eine Normal­vertei­lung sehr gut getroffen, und es wäre mit der glei­chen Geschwin­digkeit bergab wie bergauf gegan­gen. Dann wären die Neu­infek­tionen am Muttertag denen Ende Februar gleich­gekommen: Höch­stens fünf pro Tag. Und viel­leicht zehn nach­kleckernde Tote.

Doch wir haben uns wegen nachlassender Bemühungen einen Ratten­schwanz im auslau­fenden Ast der Normal­vertei­lung gelei­stet. Vom bla­mab­len Rest will ich gar nicht reden. Heute haben wir erneut Mutter­tag. Die Zahlen dafür gibt es morgen. Weil Mutter­tag ein Sonntag ist, nur etwa 7000 Neuin­fizierte (mehr als auf dem Höhe­punkt der ersten Welle) und 70 Tote. In der Woche um Mutter­tag herum rechne ich mit 90.000 Infi­zierten und 1.400 To­ten, mehr als der gesamte März 2020 ein­fuhr.

Barbara Schöneberger | Guido Cantz | Tote um Muttertag 2020 | Disziplinlosigkeit | Prognose | Herdenimmunität | Unredlichkeit | Tote | Corona | Rattenschwanz | Zweite Welle

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