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Förderalismus
wuerg, 03.05.2020 17:55
Was auch passiert, es liegt am Förderalismus. Der stört uns, obgleich wir die Staaten [1] genannten Länder der USA für ganz normal halten und deren Unterschiede hinter denen deutscher Länder nicht zurückfallen. [2] Ich meine mich auch an ein Buch über Staatengeografie zu erinnern, in dem Staaten nach ihrer Größe aufgetragen und zwei deutliche Berge zu erkennen waren: Einer in der Größenordnung von Holland und der andere von Deutschland. Für erstere ist eine Untergliederung in teilunabhängige Provinzen mit Regierung, Parlament, Verwaltung und Rechtssprechung nicht sinnvoll, für letztere aber schon.
Immer wieder wird beklagt, daß unser Bildungssystem der Länderhoheit unterliegt, das Abitur in manchen Ländern leichter, aber auch weniger angesehen ist. [3] Was aber nützt es einem Bayern im Ausland, wenn man seinen eigenartigen Dialekt nicht erkennt und ihn dort für einen Bremer hält? Gäbe es keine Länderunterschiede bliebe immer noch das Ansehen von Nationen, Städten, Schulen, Universitäten, Instituten. Und Gleichheit in der Welt ist noch lange nicht erreicht. [4] Sonst wäre es nicht möglich, sich mit dubiosen oder gekauften Abschlüssen samt Ausländerbonus an deutschen Universitäten durchzumogeln.
In der Corona-Krise wird zwar gelegentlich betont, daß dank der förderalen Stuktur unseres Landes schnell vor Ort reagiert werden konnte, doch in den berühmten Meinungsbildern unseres linearen Fernsehens beklagt sich das deutsche Volk ständig über Unterschiede. Und Journalisten legen nach: Es fällt schwer, den Überblick zu behalten. Muß ich aber auch gar nicht. Ich bin kein Möbelhaus-Tourist und verlasse Hessen nicht. Wollte ich es genau wissen, müßte ich nur nach „Corona Hessen“ googeln, und schon würde mir alles mitgeteilt.
Ein Vorteil der Unterschiede könnte darin bestehen, die Wirksamkeit gewisser Maßnahmen oder die Schädlichkeit von Öffnungen zu belegen oder auch nicht. Wenn Thüringen in den letzten Tagen hinter dem Bundesdurchschnitt zurückfällt, so haben die Masken wohl nicht viel gebracht, in Sachsen möglicherweise schon. Wenn Bremen seinen Vorteil gegenüber dem umgebenden Niedersachsen verspielt hat, sollte man nach Ursachen fragen. Wenn das gebeutelte Bayern es in den letzten zwei Wochen endlich geschafft hat, sich gemessen an anderen leicht zu verbessern, mag das der Hartnäckigkeit von Markus Söder zu verdanken sein.
Nun geht es uns wieder etwas besser, und schon beginnen einzelne Bundesländer mit Öffnungen ohne vorangehende Diskussionsorgien. In Sachen-Anhalt mag das wegen der nach Mecklenburg-Vorpommern zweitniedrigsten Infektionszahlen noch verständlich sein, auch im ganzen coronaarmen Osten, der dadurch auch einmal einen Vorteil nutzen könnte. Doch das Saarland hat sich nun wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert: Zu Beginn weitgehend verschont, doch dann wohl dank mangelnder Abschottung zu Frankreich eine beständige Zunahme um den Faktor zwei von 35 Prozent unter auf 35 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Wenn man es so sehen mag: Die „Infektionskurve flacht deutlich ab“. Das reicht dem Drittplatzierten für Öffnungen!
[1] Von den Stadtstaaten abgesehen nennen sich Bayern, Sachsen und Thüringen sogar Freistaaten.
[2] Meines Wissens hat Hessen 2018 als letztes Bundesland die Todesstrafe gestrichen.
[3] Wer fernsieht, bleibt auch von artigen Jungs nicht verschont, die sich von Abiturprüfungen viel versprechen und Angst haben, als Corona-Jahrgang abgestempelt zu werden. Es fehlt eben ein Schulfach, in dem man vom Schleim befreit lernt, daß schon nach kurzer Zeit keiner mehr nach der Durchschnittsnote und dem Bundesland fragt. Wir haben das Kurzschuljahr und G8 schadlos überstanden.
[4] Früher gab es zum Diplom zwei Blätter, eine Urkunde und ein Prüfungszeugnis. Heute wird dem Bachelor eine Mappe beigefügt, in der auch auf englisch alle Leistungen aufgeführt sind, unser Ausbildungssystem erläutert wird und Prozentsätze zu den einzelnen Noten genannt werden.
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Immer wieder wird beklagt, daß unser Bildungssystem der Länderhoheit unterliegt, das Abitur in manchen Ländern leichter, aber auch weniger angesehen ist. [3] Was aber nützt es einem Bayern im Ausland, wenn man seinen eigenartigen Dialekt nicht erkennt und ihn dort für einen Bremer hält? Gäbe es keine Länderunterschiede bliebe immer noch das Ansehen von Nationen, Städten, Schulen, Universitäten, Instituten. Und Gleichheit in der Welt ist noch lange nicht erreicht. [4] Sonst wäre es nicht möglich, sich mit dubiosen oder gekauften Abschlüssen samt Ausländerbonus an deutschen Universitäten durchzumogeln.
In der Corona-Krise wird zwar gelegentlich betont, daß dank der förderalen Stuktur unseres Landes schnell vor Ort reagiert werden konnte, doch in den berühmten Meinungsbildern unseres linearen Fernsehens beklagt sich das deutsche Volk ständig über Unterschiede. Und Journalisten legen nach: Es fällt schwer, den Überblick zu behalten. Muß ich aber auch gar nicht. Ich bin kein Möbelhaus-Tourist und verlasse Hessen nicht. Wollte ich es genau wissen, müßte ich nur nach „Corona Hessen“ googeln, und schon würde mir alles mitgeteilt.
Ein Vorteil der Unterschiede könnte darin bestehen, die Wirksamkeit gewisser Maßnahmen oder die Schädlichkeit von Öffnungen zu belegen oder auch nicht. Wenn Thüringen in den letzten Tagen hinter dem Bundesdurchschnitt zurückfällt, so haben die Masken wohl nicht viel gebracht, in Sachsen möglicherweise schon. Wenn Bremen seinen Vorteil gegenüber dem umgebenden Niedersachsen verspielt hat, sollte man nach Ursachen fragen. Wenn das gebeutelte Bayern es in den letzten zwei Wochen endlich geschafft hat, sich gemessen an anderen leicht zu verbessern, mag das der Hartnäckigkeit von Markus Söder zu verdanken sein.
Nun geht es uns wieder etwas besser, und schon beginnen einzelne Bundesländer mit Öffnungen ohne vorangehende Diskussionsorgien. In Sachen-Anhalt mag das wegen der nach Mecklenburg-Vorpommern zweitniedrigsten Infektionszahlen noch verständlich sein, auch im ganzen coronaarmen Osten, der dadurch auch einmal einen Vorteil nutzen könnte. Doch das Saarland hat sich nun wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert: Zu Beginn weitgehend verschont, doch dann wohl dank mangelnder Abschottung zu Frankreich eine beständige Zunahme um den Faktor zwei von 35 Prozent unter auf 35 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Wenn man es so sehen mag: Die „Infektionskurve flacht deutlich ab“. Das reicht dem Drittplatzierten für Öffnungen!
[1] Von den Stadtstaaten abgesehen nennen sich Bayern, Sachsen und Thüringen sogar Freistaaten.
[2] Meines Wissens hat Hessen 2018 als letztes Bundesland die Todesstrafe gestrichen.
[3] Wer fernsieht, bleibt auch von artigen Jungs nicht verschont, die sich von Abiturprüfungen viel versprechen und Angst haben, als Corona-Jahrgang abgestempelt zu werden. Es fehlt eben ein Schulfach, in dem man vom Schleim befreit lernt, daß schon nach kurzer Zeit keiner mehr nach der Durchschnittsnote und dem Bundesland fragt. Wir haben das Kurzschuljahr und G8 schadlos überstanden.
[4] Früher gab es zum Diplom zwei Blätter, eine Urkunde und ein Prüfungszeugnis. Heute wird dem Bachelor eine Mappe beigefügt, in der auch auf englisch alle Leistungen aufgeführt sind, unser Ausbildungssystem erläutert wird und Prozentsätze zu den einzelnen Noten genannt werden.
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