Spiegelwärmer
Vor meinem geistigen Auge sehe ich immer noch die Horden von Italie­nern ihrern Sieg feiern. Vornehm­lich in hupenden Autos und mit ihrer Basi­likum-​Mozza­rella-​Toma­ten-​Flagge, die sie Trico­lore nennen und jedes Jahr am 7. Januar feiern. Ich nehme an, es war im Jahre 1982, denn an 2006 habe ich andere unan­genehme Erinne­rungen wie das sog. Public Viewing und die vielen schwarz-rot-gol­denen Fanar­tikel. Besonders Gir­landen und Auto­spiegel-​Über­zieher finde ich immer noch abartig. Wer heute noch mit sowas rumfährt, ist aber nicht mehr ein Arsch unter vielen, der einer schlichten Mode folgt, sondern weiterhin bereit, die deutsche National­flagge zu zeigen. Die meisten wohl aus über­mäßiger Begei­sterung für den Fußball ohne viel­fältige Gedanken. Daß es verglichen mit früher nur noch wenige sind, ist wohl mangeln­dem Selbst­bewußt­sein zu verdanken, das sich auch in Angst vor National­stolz äußert. Es würde mich nicht wundern, wenn Deutsch­land aus Respekt in der Vorrunde aus­scheidet.

... link (0 Kommentare)   ... comment



Megalithisches Yard
Archäologen graben nicht nur Scherben und Steine aus, sie wollen auch alte Schriften lesen und fragen sich, was unsere Vor­fahren mit welchen Methoden und aus welchem Antrieb heraus gemacht haben. Nicht immer sind sie mit den Ant­worten zufrie­den, schon gar nicht mit denen der zahl­losen Spinti­sierer, die sich auf diesem Gebiet tummeln. Als Alexan­der Thom meinte, eine urzeit­liche Maßein­heit gefunden zu haben, stieß er ver­ständ­licher­weise nicht nur auf Zustim­mung. [1] Er meinte, sie sei 2,715 eng­lische Fuß lang, denn die in sehr alten Bau­werken gefun­denen Abmes­sungen gingen angeb­lich aus diesem megali­thischen Yard [2] durch Verviel­fachung und Halbie­rung hervor.

Es mag eine solche Einheit wirklich schon mehrere Jahrtau­sende gegeben haben. Und es ist nicht unplau­sibel, daß sie Grund­lage der Nippur­elle wurde. Die Wiki­pedia nennt 8/5 dieser Elle. Das sieht unschön aus. Da aber eine Elle 30 und ein Fuß 16 Fin­ger maß, waren es ein­fach drei Fuß, im besten Sinne also ein Yard. Natür­lich kann man sich über die genaue Länge streiten:

1. 82,55707 cm ‒ von 366-Jüngern aus dem Pendel abgeleitet
2. 82,75320 cm ‒ 2,715′ nach Thom (halbes Klafter von 5,43′)
3. 82,90560 cm ‒ 2,72′ als grobe Näherung
4. 82,93600 cm ‒ 8/5 des Bestwertes der Nippurelle von 51,835 cm
5. 82,96256 cm ‒ von 366-Jüngern aus dem Erdumfang abgeleitet
6. 82,96656 cm ‒ 2,722′ dank verbesserter Statistik
7. 82,97856 cm ‒ 8/5 der 7-glatten Nippurelle von 518616 μm
8. 82,97956 cm ‒ Erdumfang zu 360⋅360⋅1000 kyrenaische Fuß

Thom hatte ursprüng­lich das megali­thische Klafter mit 5,43 engli­schen Fuß gemit­telt. Das sind 1,655064 Meter. Die Hälfte davon ist das megali­thische Yard mit 82,75320 cm (2). Vielleicht aus esote­rischen Gründen (e=2,72) wurde auf 2,72′ erhöht. Das sind 829056=2⁷⋅3⋅17⋅127 Mikro­meter (3), die gut zu hal­bieren sind und metro­logi­sche Berech­nungen erleich­tern, denn ein Finger von genau 2³⋅17⋅127=17273 Mikro­metern macht alle übrigen Maße eben­falls ganz­zahlig. Durch verbes­serte Statistik wurde auf 2,722′ erhöht, woraus sich 82,96656 cm erga­ben (6). Die metro­logi­sche Nähe­rung ist eine 7‑glatte Zahl von 518616=2³⋅3³⋅7⁴ Mikro­metern für die Nippur­elle. Sie liegt genü­gend nahe an der ‚Rea­lität‘ und ergibt mit 8/5 multi­pliziert die 82,97856 cm des metrolo­gischen megali­thi­schen Yard (7). Das mag hoch erschei­nen, weil die eine Nippur­elle aus dem Archäo­logi­schen Museum in Istanbul auf nur 51,845 cm ver­messen wurde (4).

Natürlich ruft ein derart altes Maß auch die Esote­riker auf den Plan, die gerne irgend­wie gear­tete Ablei­tungen aus der Natur oder gott­gege­benen Dingen von sich geben, auch wenn es unmög­lich scheint, daß in der Bronze­zeit derar­tige Über­legungen möglich waren oder gar durch­geführt wurden. Egal, ob damals bereits erkannt, erst später bemerkt oder ange­dichtet: Der Erdum­fang mißt ziem­lich genau 360·360·1000 kyre­naische Fuß. Wäre das für den Polum­fang von 40.008 km exakt, hätte ein kyrena­ischer Fuß eine Länge von 30,87 cm, ein megali­thisches Yard aus 336/125 kyre­naischen Fuß demnach 82,979555 cm (8). Diese 1000 kyrena­ische Fuß ent­sprechen recht genau 372 megali­thi­schen Yard, der Erdum­fang also 360⋅360⋅372 davon. Das lädt Esote­riker gera­dezu ein, 360 und 372 auf zweimal 366 zu ver­tei­len und einen Erd­umfang von 360⋅366⋅366 megali­thi­schen Yard zu postu­lieren. Bei einem Polumfang von 40.008 km erge­ben sich 82,96256 cm (5). Turbe­ville [3] rechnet mit 82,966 und rundet auf 82,9 cm, da 83 zu plump und ungenau ausge­sehen hätte oder sein Taschen­rechner immer abrundet.

Es ist wohl gesichert, daß Gudea vor mehr als 4000 Jahren von seinen Metro­logen bereits wußte, daß die Pendel­längen nicht mit den Längen­maßen im Einklang standen. Er paßte letztere einfach an. Diese Macht haben neuzeit­liche Esote­riker glück­licher­weise nicht. Sie müssen sich irgend­etwas zusam­men­dichten, einen gehei­men Zusam­men­hang suchen. Da kamen ihnen die 366 erneut gelegen. [4] Ein Pendel von einem megali­thi­schen Yard führe 366⋅366 Halb­schwin­gungen am Tage aus. Dann müßte es nach meinen Berech­nungen eine Länge (86400/366²)²⋅s=82,55707 cm (1) haben, worin ich meinen Wert von s=99,225 cm für die Länge des Sekunden­pendels einge­setzt habe, denn Turbe­ville schweigt sich über die Erdbe­schleu­nigung im heu­tigen Irak aus.

Zusammenfassend könnten alle damit zufrieden sein: Vor mehr als 4000 Jahren verbrei­tete sich ein Maß von etwa 83 Zen­timetern auf die gesamte alte Welt. Das verwun­dert nicht, denn auch damals konnte man Stäbe auf einen Milli­meter genau kopieren und hatte Jahr­hun­derte Zeit, sie auch mit weit ent­fernten Kulturen abzu­gleichen.

Spätere Abbildungen zeigen Herr­scher und Götter mit einem Stab und einem Ring, der wohl aus einem aufge­wickelten Seil besteht. [5] Manchmal sieht es aus, als sei der Stab ein Nagel. Dessen Verwen­dung zur Entfer­nungs­messung liegt auf der Hand. Doch könnte alles auch wich­tigere, selbst Göttern nütz­liche Funk­tionen gehabt haben. Zu sehen ist auch ein riesiges Gewicht an einem Seil. Es bleibt aller­dings die Frage nach den genauen Abmes­sungen und der sich daraus erge­benden Pendel­zeit.

[1] Chris Witcombe: Alexander Thom. Leider nur noch unter archive.org gefunden.

[2] Es ist nicht abwegig, die Elle für das ursprüng­liche Maß zu halten. Nur wurde sie unter­schied­lich geteilt, um daraus Fuß- und andere Maße abzu­leiten. So änderte sich auch der Yard zu drei Fuß, der im Altertum wohl ungebräuchlich war, weshalb es sich beim megali­thi­schen Yard wahr­schein­lich nicht um die antike Basis­größe handelt und eher aus einer anderen abgeleitet ist. Zum Beispiel als halbes megalitisches Klafter.

[3] J. Turbeville: The Tradi­tional System of 360 & The Megali­thic System of 366. Leider nur noch unter archive.org gefunden. Neben der genann­ten Ablei­tung auch noch die des engli­schen Fußes als dem Äqua­torial­umfang von 40.075 km wieder geteilt durch 360 und 1000, aber nur durch die 365,2422 Tage des tropi­schen Jahres. Es ergeben sich 30,478 cm. Heutzutage mißt der englische Fuß exakt 30,48 cm. Dazu eine aben­teuer­liche Verbin­dung von Monats­länge (29,53d) Diffe­renz von Sonnen- und Mondjahr (10,87d) mit dem engli­schen Fuß (MY=2,72′) gemäß 29,53/10,87=2,72.

[4] Robert Lomas: The Mystery of the Megali­thic Yard Revealed. Darin eine aben­teuer­liche Beschrei­bung, wie Steine aufge­stellt werden können, um ein eigenes megali­thisches Yard herzu­stellen.

[5] Tafel von Shamash. Wikipedia. Da neigte sich die Bronze­zeit bereits ihrem Ende zu.

Sekundenpendel | Menschenmaß | Wunschdenken

... link (0 Kommentare)   ... comment



Wunschdenken
Es ist sicherlich Wunsch­denken dabei, wenn die Sumerer einen Bogen­grad auf der Erdoberfläche mit 700 Stadien zu 600 Gudea-Fuß vermessen haben sollen. Ob Eratos­thenes dann mit 600 Stadien zu 600 kyre­naische Fuß erneut gemessen hat, sei dahin­gestellt. In beiden Fällen ergibt sich ein Erdumfang von 40.008±80 Kilo­meter. [1]

Zurecht kann bezweifelt werden, daß 7 Gudea-Fuß exakt 6 kyre­naische Fuß umfassen. [2] In der nun vergan­genen Realität wird das nicht auf vier Stellen genau der Fall gewesen sein, doch war es wohl so gedacht. Heute kann eine Abwei­chung von diesem glatten Verhält­nis 7:6 nicht mehr festge­stellt werden. Es steht aber zu vermuten, daß durch den Faktor 7/6 die unschönen 700 Stadien für einen Bogen­grad zu übli­chen 600 gemacht werden sollten.

Grundsätzlich ist Vorsicht mit einfachen rationalen Verhält­nissen geboten. Sie werden mit der Genauig­keit antiker Maße von 5 Pro­mille auch zufällig getroffen. Der engli­sche Fuß ist genau 30,48 und der franzö­sische 14400/443,296=32,484 Zen­time­ter lang. Ihr Verhält­nis bestimmt sich zu 1-1/16,2. Deshalb sind 15 pied ungefähr 16 foot. Die Abweichung beträgt nur 1 Pro­mille.

Wären der französische und englische Fuß antike Maße, die nur noch in wenigen Bauten und Statuen überlebt hätten, würde man wohl ein Verhält­nis von 15 zu 16 als beab­sichtigt annehmen, sofern zwischen Frank­reich und England ein Zusammen­hang über­liefert wäre. Und sollte es nicht so sein, dann ist 15 zu 16 eine Umrechnung, die nicht schlechter ist als andere.

Man würde auch versuchen, den franzö­sischen und den engli­schen Fuß in Beziehung zu anderen antiken Maßen zu setzen. Zum Beispiel zum römi­schen Fuß mit etwa 29,613±0,050 Zen­time­ter. Sein Verhält­nis zum englischen Fuß wäre 1-1/(35,1±2,1). Das führt auf 35 zu 36, als einziges 7-glattes Verhält­nis im Bereich der Meß­genauig­keit. Man machte keinen zusätz­lichen Fehler, dies anzu­setzen.

Aber der englische und der französische Fuß sind halbwegs moderne Maße hoher Genauig­keit und nicht in einem ratio­nalen Verhält­nis zu einem antiken Maß gedacht oder reali­siert. Sie gestatten auch keine Rück­rechnung auf antike Maße, die zum Teil aus sehr wenigen Arte­fakten ermit­telt sind. Nimmt man allerdings die vermeint­lich ratio­nalen Verhält­nisse unter ihnen ernst, so liegen insgesamt doch sehr viele Daten vor, weshalb die grob ins Metall gehauene Nippur-Elle nach [3] recht genau mit 51,835±0,02 Zen­time­ter anzu­setzen ist.

Metrologen bevorzugen 7-glatte 518616 Mikro­meter für die Länge der Nippur-Elle [4] und liegen damit näher am wahren Wert von etwa 51,85 Zen­time­ter der einen in Istanbul ausge­stellten Nippur-Elle. [5] Die aber kann von der gedachten oder wirklich einmal existenten Ur-Elle abweichen, weshalb ich den rückge­rechneten Werten eher vertrauen würde als einem einzel­nen krummen Stück Eisen.

Es gibt gute Gründe für die Annahme, daß die klein­zahligen Verhält­nisse zumin­dest inten­diert waren. Abgesehen von den wenigen Fällen, da man ein neues Maß aus der Natur abzu­leiten versuchte, hat man immer wieder alte Maße neu geteilt. Normaler­weise bestand ein Fuß aus 16 und eine Elle aus 30 Fin­ger­breiten. Hat man zum Beispiel einen Fuß auf 20 Fin­ger ausge­dehnt und später wieder in 16 geteilt, wurden alle Maße um den Faktor 5/4 größer. Besonders variabel war die Elle. Sie wurde gern als andert­halb oder zwei Fuß gesehen, aber auch in 28 statt 30 Fin­ger geteilt.

Da man schon sehr früh auch dezimal rechnete, kam auch die Zahl 10 ins Spiel. So meinte Gudea, ein Klafter sollte 100 statt 96 Fin­ger haben. Der Erdfuß entstand aus dem Wasser­fuß, indem man ihm nur noch 10 statt 12 Zoll zumaß. Ein Zoll oder Daumen­breit war der zwölfte Teil des Fußes und drängte im Laufe der Jahr­tausende den Finger in den Hinter­grund. Wenn ein Engländer ihn über­haupt noch kennt, dann als digit oder nail von einen drei­viertel Zoll. Der englische finger ist mit 7/8 Zoll dicker.

Sehr interessant ist das Verhält­nis 50/49 von verschiedenen großen Königs­ellen zu ihren Normal­ellen. Das wird auf 5^2+5^2=50≈49=7^2 zurückgeführt. Ein Qaudrat von 5 mal 5 Normal­ellen hat eine Diago­nale von 7 klei­nen Königs­ellen, die um etwa 1 Prozent größer sind. Und ein Quadrat von 5 mal 5 kleinen Königs­ellen hat eine Diago­nale von 7 großen Königs­ellen. Sie über­steigen die Normal­elle um den Fak­tor 50/49. Ich finde das etwas konstru­iert.

[1] Die Schwereformel liefert für den 30. Breiten­grad sehr genau die von [3] angege­benen 99,225 cm für das Sekunden­pendel. Umfaßt es zwei reale Gudea-Ellen, bilden 16/60 davon den realen Gudea-Fuß von 26,46 cm. Mit 360*700*600 multi­pliziert ergeben sich 40.007.520 m für den Erd­umfang.
[2] Wenn der kyrenaische Fuß 7/6 reale Gudea-Fuß mißt und sich mit dem Faktor 25/42 aus der mesopo­tami­schen Nippur­elle ableitet, muß diese (7/6)/(25/42)=49/25 reale Gudea-Fuß umfassen, also 51,8616 cm lang sein, sofern die 26,46 cm aus [1] exakt sind.
[3] Rolf C. A. Rottländer: Genauigkeit vormetrischer Längen­einheiten.
[4] 518616=2^3*3^3*7^4 kann mehrfach durch 3 und 7 geteilt werden. Diese angenehme 7-glatte Zahl ergibt sich auch aus der Rechnung in [2]. Die "wahre, gemes­sene, rückge­rechnete" Länge der mesopo­tami­schen Nippur­elle liegt laut [3] bei 518350 μm. Der Unterschied von einem halben Promille bleibt klar im Bereich der allge­meinen Schwan­kungs­breite.
[5] The measures of the Nippur cubit. Interna­tional Bureau for hexa­dezimal metro­logy. Sie glauben ernst­haft, hexade­zimale Maße, Gewichte und Zeiten durch­setzen und ganz nebenbei den Null­meridian nach Florenz verschieben zu können.

Venti | Lsd | Metrisierung | Score | Hohlmaße | Menschenmaß | Klafter

... link (0 Kommentare)   ... comment



Klafter
Ein Klafter ist den meisten fremd, einige werden an ihr Holz vor der Hütte denken. Als Längen­maß leitet es sich von der Spann­weite ausge­streckter Arme ab und mißt um 1 Meter 80. Relativ viel für einen mitt­leren Mann von 1 Meter 73. Fast immer ist ein Klafter genau 6 Fuß lang. Der Fuß ist zwar eine überall vorkom­mende und recht eindeu­tige Längen­einheit, als Maßstab an der Wand aber wurden lieber Ellen abge­bildet. Und für genau­ere als kauf­männische Zwecke gab es Stäbe in Klafter­länge. Die sind über die Jahrhun­derte gerne verbogen, beschä­digt und sogar gestohlen worden, unter­lagen also einer leichten Schwan­kung.

Als man sich 1799 von dem Wahn verab­schiedete, das Meter aus dem Erdum­fang abzu­leiten, wurde das Urmeter mit der verläß­lichsten Kopie des franzö­sischen Klafters, der im Südame­rika verwen­deten Toise du Perou vergli­chen. Später hieß es Toise de Paris, also einfach Pariser Klafter. Ein Meter besteht seither aus 443,296 Pariser Linien, die auch außerhalb Frank­reichs Standard für Präzions­messungen waren. Da ein Klafter aus 6 mal 12 mal 12, also 864 Linien besteht, hatte das französiche Klafter eine Länge von knapp 1,95 Meter, weit mehr als ein normaler Franzose umspannen kann.

Die Nähe zu zwei Metern verführte zur Toise usuelle von genau zwei Metern. Eine unselige Entschei­dung, weil der ebenso über­flüssige metrische Fuß genau 30 Zenti­meter und damit eine Toise metrique genau 1 Meter 80 mißt. Ebenso unan­genehm ist die Länge der See­meile zu etwa 1000 Klaf­ter und die damit verbun­dene Gleich­setzung von Klafter und Faden, dem tausend­sten Teil eine See­meile. Das gleiche gilt für die Verwech­selung von Kabel­längen von einer zehntel Seemeile mit 100 Klaftern, in Großbri­tannien 608 bzw. 600 Fuß.

Wäre ich mit einem neuen Maß auf der Basis des Erdum­fanges betraut worden, hätte ich als Klafter eine tausend­stel See­meile genommen. Faden und Klafter wären mit 1,852 Meter gleich lang geworden. Daraus hätte sich ein Fuß zu 30,867 Zenti­meter ergeben. Wie beim Meter wären Abwei­chungen vom Ideal festge­stellt worden. Deshalb hätte eben­falls die Verkör­perung meines Klaf­ters das genaue Maß gebildet, bis dann die Licht­geschwin­digkeit beispiels­weise mit 161857498 Klaf­ter pro Sekunde fest­gelegt worden wäre.

Viele glauben noch heute an eine flache Erde. Verbreitet ist die Vorstel­lung, man hätte bis in die Neuzeit die Erde für eine Scheibe gehalten. Das ist falsch. Man sah sie nur als Mittelpunkt der Welt, die Kugel­form war schon viele Jahr­tausende bekannt. Zur Umfangs­bestim­mung mußte man nur solange nach Norden latschen, bis der Polar­stern einen Bogen­grad höher stand. Diese Entfer­nung von 111 Kilo­metern mißt 600 Stadien zu 600 kyre­naischen Fuß zu 30,87 Zen­timeter.

Da in die Erforschung antiker Maße nicht nur Messungen, sondern auch Wünsche einfließen, könnte der kyre­naische Fuß aus dem heute gut bekannten Erdumfang rückge­rechnet sein. Möglicher­weise wurde er nur gebildet, weil der Erdum­fang von 360⋅700⋅600 realen Gudea-​Fuß nicht so schön aussah. Da aber eine chal­däische Para­sange aus 70 Stadien zu 600 Gudea-Fuß zu 26,55 Zen­timeter eine Länge von 11,113 Kilometer hatte, ist davon auszu­gehen, daß bereits weit vor den Griechen der Erdum­fang ziem­lich genau bekannt war.

Während Eratosthenes, der nicht den Winkel am Sternen­himmel gemessen, sondern sich am Sonnen­licht orien­tiert haben soll, möglicher­weise von den Sume­rern abgekup­fert hat oder der kyre­naische Fuß mit Blick auf ein schönes Ergebnis sich nur großer Beliebt­heit bei wenig Bedeu­tung im Alltag erfreute, ist der Gudea-​Fuß über diese Anfech­tungen erhaben, sofern er tatsäch­lich aus dem Sekunden­pendel abge­leitet wurde. Das ist im süd­lichen Gebiet des letzten Golf­krieges auf dem 30. Brei­ten­grad etwa 99,225 Zen­timeter oder genau zwei reale Gudea-​Ellen zu je 30 Finger lang, wovon 16 den realen Gudea-​Fuß von 26,46 Zen­timeter bilden. [1]

Möglicherweise hatte man bereits damals erkannt, daß der tausend­ste Teil eines Bogen­grades auf der Erde ziemlich genau 7⋅16=112 Sekun­den­pendel lang ist, es für keinen Zufall gehalten und sich im Bestreben bestä­tigt gesehen, das Maß­system aus gött­lichen Gegeben­heiten abzu­leiten. Und da man selbst vor 200 Jahren noch meinte, die Längen­einheit an der Erde ausrich­ten zu müssen, hätte man statt des Urmeters auch ein vernünf­tiges Urklafter bilden können. Dann wäre die See­meile nicht 1852 Meter, sondern einfach 1000 Klafter lang. Sollte wider Erwarten der Meter dereinst durch eine neue Einheit ersetzt werden, dann ist aber nicht mehr das Klafter die beste Wahl, eher der Lichtfuß von 29,9792548 Zen­ti­metern.

[1] Wenn ich es recht in Erinnerung habe, hatte Erato­sthenes den Erdumfang durch Messung auf etwa 250.000 Stadien verkürzt. Zum einen vermute ich, man habe zu seiner Ehre daraus eine Stadien­länge von 160 Metern postu­liert, gleichwohl 185 der gängige Wert gewesen sein wird. Zum anderen meine ich gelesen zu haben, daß er nach einem Studium in babylonischen Bibliotheken sich auf 60³=216.000 korri­gierte. Das ergäbe bei einem metrolo­gischen kyre­naischen Stadion von 185,22 Metern zu 600 Fuß einen Polum­fang von 40.008,52 Kilometern, nur 700 Meter zu klein. Etwas zu genau, eher nach­gängiger Anpassung als einem Zufall oder dem glücklichen Umstand geschuldet, daß zwischen Alexan­dria und Syene der Erd­radius etwa dem mitt­leren Erdradius entspricht und der Horizont fast genau 90 Grad gegen das Lot zum Erd­mittel­punkt geneigt ist. Legt man statt des metro­logi­schen Wertes der Nippu­relle den 0,5 Pro­mille kleineren vermeint­lichen Bestwert zugrunde, so sackt man um 20 Kilo­meter auf 39.987 ab.

Seemeile | Megalithisches Yard | Sekundenpendel

... link (0 Kommentare)   ... comment



Menschenmaß
Weder ist der Krieg Vater, noch der Mensch Maß aller Dinge. Für letzteren liegt es aber nahe, die Welt am dem zu messen, was er bei sich trägt, besten­falls im Kopf. Sein Gewicht, seine Kraft, seine Höchst­geschwin­digkeit sind weniger geeignet, die Welt zu messen. Doch Körper­maße trägt jeder mit sich herum. Größe und Bauch­umfang sind unprak­tisch, weil sich keiner wie ein Meßstab hinlegen oder abrollen will. Es bleiben aber minde­stens drei Bereiche: Hand, Körper, Gang. Ich habe mich ausge­messen:

A Fingerspitzenbreite: 1,8 cm
B Daumenbreite: 2,4 cm
C Handbreite ohne Daumen: 9,5 cm
D Spannweite der Hand: 22 cm
E Länge einer Sandale: 29 cm
F Fingerspitze bis Ellbogenspitze: 46 cm
G Spannweite ausgestreckter Arme: 180 cm

Die Schrittweite habe ich ausge­lassen, weil ich nicht wie die Alltags­hetzer schnelle Riesen­schritte mache und eine Schritt­länge von 2,5 Fuß auch im Altertum wohl mehr dem Militär abge­schaut war.

Aus A:B≈3:4, B:C≈1:4, B:D≈1:9, C:E≈1:3, E:G≈1:6, F:G≈1:4 ergeben sich Verhältnisse wie unter den anglo­amerika­nischen Längen­maßen:
    A    :  B   :   C  :    D   :  E   :   F   :    G
=   3    :  4   :  16  :   36   :  48  :  72   :   288
= digit  : inch : hand :  span  : foot : cubit : fathom
= Finger : Zoll : Hand : Spanne : Fuß  :  Arm  : Klafter
Trägt man eine Verdoppelung nach rechts und eine Verdrei­fachung nach oben ab, so ergibt sich ein Rechteck von Maßein­heiten, die allesamt in einem 3‑glatten Verhält­nis [1] stehen:
      /8      /4     /2        1          ×2        ×4      ×8  
×9           nail             span       cubit     yard   fathom
×3           digit            palm     shaftment   foot
 1   part                     inch       stick     hand
/3           line   pica   barleycorn
/9   point
Dieses Schema hat sich über Jahrtau­sende in vielen Teilen der Welt erhalten, doch das Grundmaß wurde ständig verändert:
Bezeichnung des Fußes              Festlegung der Länge        cm      
italischer Fuß, pous italikos      25/49 metrologische Ellen   26,46
mesopotamischer Nippurfuß          16/30 metrologische Ellen   27,65952
römischer Fuß, pes monetalis       16/28 metrologische Ellen   29,6352
englischer Fuß, (imperial) foot    12 Zoll zu 2,54 cm          30,48
amerik. Landfuß, survey foot [2]   1200/3937 Meter             30,48006
Pariser Fuß [3], pied              Meter zu 443,296 Linien     32,48394
In Anlehnung daran werden über die histo­rischen Fußlängen hinaus gerne weitere betrach­tet. Zum Beipiel von Esote­rikern mit 30,8713 cm als der 360⋅360⋅1000‑ste Teil des Polum­fanges der Erde von 40.009,3 Kilo­metern, der Lichtfuß einer Licht-​Nano­sekunde von 29,9792458 cm oder zum Spaß mit 29,1 cm der Wuerg-​Fuß aus den eingangs aufge­zeigten Meßwerten.

Die 5000 Jahre alte Nippur­elle wird mit 7‑glatten 518616 Mikro­metern ange­setzt. Das liegt im Rahmen der Toleranz gemes­sener Werte. Diese Nippur­elle bestand aus 30 Fingern, wovon 16 den mesopo­tami­schen Nippur­fuß bildeten. Davon leiten sich in mehreren Stufen fast alle antiken Systeme ab. Statt voll­ständig neuer Maße bevorzugte man eine gleich­mäßige Vergrö­ßerung oder Verklei­nerung der vorhan­denen. Eigent­lich ist es schade, daß ein derart altes System nun im Zuge der Metri­sierung verschwin­det. Aber es gibt gute Gründe für eine welt­weite Verein­heit­lichung auf der Basis von Dezimal­zahlen, auch für Ameri­kaner.

[1] Natürlich gibt es noch weitere Längen­maße im anglo­ameri­kani­schen Maß­system, insbe­sondere größere für Wege und Faden­längen, doch ent­halten sie die Fak­toren 5 (pace zu 2,5 foot) oder gar 7 (finger zu 7/8 inch) und 11 (rod zu 5,5 yard).

[2] Im Zeitalter genauer Satelliten-Navigation wurde die winzige Abweichung der Maße der Landvermessung von den normalen zu einem Problem, weshalb der survey foot mit dem Jahre 2023 abgeschafft wurde.

[3] Die Franzosen leben nicht nur auf großem Fuß, meiner Erinne­rung nach haben sie auch zu lange Kondome als EU-Norm durch­gesetzt. Erst 2002 wurde auf 16 Zen­time­ter redu­ziert.

Mehalithisches Yard | Sekundenpendel | Metrisierung | Hohlmaße

... link (0 Kommentare)   ... comment



Bärenkunde
Wer in den Kosmos, das Erdinnere oder die Welt der Atome blicken will, kommt mit Selbst­bespie­gelung nicht weit. Selbst­versuche dienen kaum noch dem medi­zini­schen Fort­schritt. Wer Selbst­bespie­gelung in der allwis­senden Müll­halde sucht, wird mit aller­lei Narziß­mus bis zur Selfie­sucht konfron­tiert. Volks­hochschul­kurse zur Selbst­bespiege­lung für Frauen sind schon lange durch Bären­bilder im Internet abgelöst. Warum also erregt jetzt eine Mösen­selbster­vorschung des AStA-Referates Bieberkunde in einer Stadt, die es gar nicht gibt, soviel Aufmerk­samkeit? [1]

Weil Spinner­*innen bis über die Grenzen der Satire ihre Wahn­vorstel­lungen im univer­sitären Umfeld weiter ausbauen wollen. Nicht etwa in arbeits­inten­siven Bereichen wie Gynä­kologie oder Uro­logie. Eher vom Schlage Event­mangement mit Schwer­punkt Kinder­geburts­tag, Para­psycho­logie, kriti­sche Weiß­seinsfor­schung, Flücht­lings­hilfe, Migrations­kunde, Gleich­stellung oder polymorphe Sexualität, wo man im Gegensatz zu anderen Pseudo­wissen­schaften wie Rasen­kunde, Homöo­pathie, Theologie und Islam­wissen­schaft kaum etwas lernen muß. Manche auf der Suche nach einer Essenz, die andere für Urin halten.

Wenn Frauen ihren Orgas­mus ausbauen wollen, indem sie zu ihren Aus­flüssen stehen, sie kontrol­lieren, einset­zen oder gar medizi­nisch erfor­schen, handelt es sich um ein verständ­liches bis ehren­wertes Anliegen. Daß Männer nicht nur von den prak­tischen Übungen ausge­schlossen sind, bedarf keiner beson­deren Begrün­dung. Aber warum ist man so scharf auf Trans*en? Dürfen auch lang­schwän­zige Frauen teil­nehmen? Muß es in der Kurs­beschrei­bung nicht "jede*" statt "jede*r" heißen? [2] Wird man als Viert­kläßler immer noch für doof gehalten, wenn man Fotze mit V schreibt? Und wann gibt es ein Ober­seminar für Männer zum Thema Hinter­fotzig­keit?

[1] AStA veran­staltet Mastur­bations-​Kurs. Bild, 26.04.2018.
[2] Möseale Ejaku­lation - Die Votzen spritzen zurück! Linke Land­schaft Biele­feld. Fire­fox 14 nicht erwünscht.

... link (0 Kommentare)   ... comment



Theorie und Praxis
Als Kind wollte ich unbedingt einen Schachtel­satz finden, der sich mit jeder Itera­tion nicht nur um ein Stück verlän­gert, sondern seine Länge verdoppelt. Beginnt man mit

Theorie muß in Praxis, Praxis in Theorie umge­setzt werden.

und ersetzt mehrfach die kursiven Wörter gemäß

Theorie --> die Theorie, Theorie in Praxis, Praxis in Theorie umzu­setzen,
Praxis --> die Praxis, Theorie in Praxis, Praxis in Theorie umzu­setzen,

so erhält man

(1) Die Theorie, Theorie in Praxis, Praxis in Theorie umzu­setzen, muß in Praxis, die Praxis, Theorie in Praxis, Praxis in Theorie umzu­setzen, in Theorie umge­setzt werden.

(2) Die Theorie, die Theorie, Theorie in Praxis, Praxis in Theorie umzu­setzen, in Praxis, die Praxis, Theorie in Praxis, Praxis in Theorie umzu­setzen, in Theorie umzu­setzen, muß in Praxis, die Praxis, die Theorie, Theorie in Praxis, Praxis in Theorie umzu­setzen, in Praxis, die Praxis, Theorie in Praxis, Praxis in Theorie umzu­setzen, in Theorie umzu­setzen, in Theorie umge­setzt werden.

(3) Die Theorie, die Theorie, die Theorie, Theorie in Praxis, Praxis in Theorie umzu­setzen, in Praxis, die Praxis, Theorie in Praxis, Praxis in Theorie umzu­setzen, in Theorie umzu­setzen, in Praxis, die Praxis, die Theorie, Theorie in Praxis, Praxis in Theorie umzu­setzen, in Praxis, die Praxis, Theorie in Praxis, Praxis in Theorie umzu­setzen, in Theorie umzu­setzen, in Theorie umzu­setzen, muß in Praxis, die Praxis, die Theorie, die Theorie, Theorie in Praxis, Praxis in Theorie umzu­setzen, in Praxis, die Praxis, Theorie in Praxis, Praxis in Theorie umzu­setzen, in Theorie umzu­setzen, in Praxis, die Praxis, die Theorie, Theorie in Praxis, Praxis in Theorie umzu­setzen, in Praxis, die Praxis, Theorie in Praxis, Praxis in Theorie umzu­setzen, in Theorie umzu­setzen, in Theorie umzu­setzen, in Theorie umge­setzt werden.

und so weiter, nachdem man den kursiven Text gerade und den ersten Buch­staben groß geschrie­ben hat. Schachtel­sätze, die sich nur am Ende um ein immer gleiches Stück verlän­gern, sind überschau­barer, doch nicht so inter­essant. Aber man kann einfache Ausgangs­sätze wie

Ein Mann traf letztes Jahr einen Mann, der sagte, ein Mann traf letztes Jahr einen Mann, der sagte, ein Mann traf letztes Jahr einen Mann, der sagte, ein Mann ...

aufmotzen, indem man jeden zweiten Mann zur Frau macht oder noch besser jedes zweite Teil­stück in einer fremden Sprache schreibt. Wenn man dann jede Doppel­periode auf ein Möbius­band schreibt, so enthält es nicht nur den unend­lichen Satz, sondern auf der Rückseite auch die Über­setzung. Das hat Clifford Stoll unter [1] demon­striert.

Ansatzweise kommen solche Schachtel­sätze nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis vor:

Darf man heute noch Neger sagen? [2]
Darf man heute noch 'Darf man heute noch Neger sagen?' sagen?
Darf man heute noch "Darf man heute noch 'Darf man heute noch Neger sagen?' sagen?" sagen?

Die Antworten lauten "nein", "nein, nein" und "nein, nein, nein".

[1] Clifford Stoll: The Never­ending Story (and Droste Effect) - Number­phile. Youtube, Number­phile, 16.09.2017.
[2] "Darf man heute noch Neger sagen?": MDR Sachsens setzt Radio­sendung über poli­tische Korrekt­heit nach Kritik ab. Meedia, 18.04.2018.

... link (0 Kommentare)   ... comment