Score
wuerg, 14.04.2018 19:55
Ich finde das Buch nicht mehr oder habe es wohl zurecht weggeworfen, in dem frech behauptet wurde, Naturwissenschaftler würden alles messen wollen und meßbar machen, was nicht meßbar ist. Hinter diesem in sich widersprüchlichen Vorwurf steckte wohl die geisteswissenschaftliche Einbildung, die wesentlichen Aspekte der Welt seien nicht quantifizierbar. Dem kann ein Naturwissenschaftler zustimmen und beschränkt deshalb seine Arbeit auf den meßbaren Teil. Nicht so die diskutierenden Wissenschaftler, die aus homöopathischen Mengen tendenziös erfaßter Daten eine sog. Statistik zaubern und jeden Furz nicht nur benennen, sondern auch beziffern, und sei es nur in Form einer Rangliste.
Solche Ranglisten kommen den Menschen entgegen. Zumeist beruhen sie auf ermittelten Zahlen, deren Zustandekommen nicht sonderlich interessiert, denn es kommt beim Schwanzvergleich nur auf die Relation zum Nachbarn an. Vor allem für den Sport, die Musik und das Geld gibt es Top-xxx-Listen. Für die Top‑16 im Snooker benötigt man neben Talent viel Training. Wer darin ist, muß sich für ein Turnier nicht mehr qualifizieren. Wer in den Single-Top‑1000 ist, interessiert mich nicht die Bohne. Und nach welchen Kriterien die 25 peinlichsten TV-Momente ausgewählt wurden, möchte ich gar nicht wissen.
Eine High-Score-Liste sollte nicht nur die Plätze, sondern auch einen wie auch immer gebildeten Score ausweisen. Darüberhinaus ist es schön, wenn sie zwanzig Einträge aufweist, denn Score steht für die Zahl 20, die manche als Stiege kennen. In Zahlwörtern macht sie sich bis heute bemerkbar. Ab 20 kleben wir Einer und Zehner nicht mehr aneinander und sagen neunundzwanzig, nicht neunzwanzig oder zwanzigneun. Wenn Franzosen die babylonische 60 überwunden haben, dann fügen sie bis 100 zwei Blöcke zu 20 an, woraus sich das berühmte quatre-vingts für 80 ergibt. Und die King-James-Bibel schreibt in der Offenbarung, Kapitel 13, Vers 18 die Zahl 666 als „Six hundred threescore and six“.
Früher gab es in England Score nicht nur als Zahl 20, sondern auch als Volumen und Gewicht. Wer sich dazu im Internet kundig machen möchte, findet viele voneinander abweichende Angaben. Das liegt wohl nicht nur am ungenauen, zeitlich und örtlich unterschiedlichen Festlegungen, sondern auch an der mühsamen Arbeit, die richtigen Größen aus alten Unterlagen zusammenzutragen. Verläßlich erscheint mir allein:
1 score = 21 chaldron (UK) = 6048 gallon (UK) = 27,49475232 m³
Das soll nicht heißen, daß vor Jahrhunderten mit dieser Genauigkeit gemessen werden konnte. Vielmehr ist es wie bei vielen sehr genau festgelegten Konstanten: Ihr Wert liegt möglichst gut bei dem vorgestellten oder gebräuchlichen und ist irgendwann im Sinne der Vergleichbarkeit sehr genau festgelegt worden. Deshalb hat eine imperial gallon nicht ungefähr, sondern genau 4,54609 Liter. Das 288-fache Chaldron ist noch in meinem Reclam-Heft vermerkt. [1] Daß ein Score nicht 20, sondern 21 mal so groß ist, liegt an dem eingearbeiteten Rabatt: Wer 60 Säcke Kohle kaufte, der bekam drei umsonst.
Rabatte und Aufschläge sind in England beliebt. Bei meinem ersten Besuch war ich froh, daß wir nach den Rabattmarken der Nachkriegszeit dieses Zeitalter überwunden hatten. Doch wie Tätowierungen kamen mit Payback und Konsorten auch die Rabatte und mit ihnen die Schnäppchenjäger wieder aus ihren Löchern gekrochen. Die Undurchsichtigkeit und Vielfalt verwirrt den normalen Kunden und begünstigt den rechenfähigen Kaufmann oder Steuereintreiber. So wurden auch die Maßeinheiten immer zahlreicher, auch dank vieler Zusätze wie short, long, merchant, troy, apothecaries, tower, London, Newcastle.
[1] Wolfgang Trapp und Heinz Wallerus: Handbuch der Maße, Zahlen, Gewichte und der Zeitrechnung. Reclam, Stuttgart, 6. Auflage, 2012. Seite 127.
Venti | Lsd | Metrisierung
Solche Ranglisten kommen den Menschen entgegen. Zumeist beruhen sie auf ermittelten Zahlen, deren Zustandekommen nicht sonderlich interessiert, denn es kommt beim Schwanzvergleich nur auf die Relation zum Nachbarn an. Vor allem für den Sport, die Musik und das Geld gibt es Top-xxx-Listen. Für die Top‑16 im Snooker benötigt man neben Talent viel Training. Wer darin ist, muß sich für ein Turnier nicht mehr qualifizieren. Wer in den Single-Top‑1000 ist, interessiert mich nicht die Bohne. Und nach welchen Kriterien die 25 peinlichsten TV-Momente ausgewählt wurden, möchte ich gar nicht wissen.
Eine High-Score-Liste sollte nicht nur die Plätze, sondern auch einen wie auch immer gebildeten Score ausweisen. Darüberhinaus ist es schön, wenn sie zwanzig Einträge aufweist, denn Score steht für die Zahl 20, die manche als Stiege kennen. In Zahlwörtern macht sie sich bis heute bemerkbar. Ab 20 kleben wir Einer und Zehner nicht mehr aneinander und sagen neunundzwanzig, nicht neunzwanzig oder zwanzigneun. Wenn Franzosen die babylonische 60 überwunden haben, dann fügen sie bis 100 zwei Blöcke zu 20 an, woraus sich das berühmte quatre-vingts für 80 ergibt. Und die King-James-Bibel schreibt in der Offenbarung, Kapitel 13, Vers 18 die Zahl 666 als „Six hundred threescore and six“.
Früher gab es in England Score nicht nur als Zahl 20, sondern auch als Volumen und Gewicht. Wer sich dazu im Internet kundig machen möchte, findet viele voneinander abweichende Angaben. Das liegt wohl nicht nur am ungenauen, zeitlich und örtlich unterschiedlichen Festlegungen, sondern auch an der mühsamen Arbeit, die richtigen Größen aus alten Unterlagen zusammenzutragen. Verläßlich erscheint mir allein:
1 score = 21 chaldron (UK) = 6048 gallon (UK) = 27,49475232 m³
Das soll nicht heißen, daß vor Jahrhunderten mit dieser Genauigkeit gemessen werden konnte. Vielmehr ist es wie bei vielen sehr genau festgelegten Konstanten: Ihr Wert liegt möglichst gut bei dem vorgestellten oder gebräuchlichen und ist irgendwann im Sinne der Vergleichbarkeit sehr genau festgelegt worden. Deshalb hat eine imperial gallon nicht ungefähr, sondern genau 4,54609 Liter. Das 288-fache Chaldron ist noch in meinem Reclam-Heft vermerkt. [1] Daß ein Score nicht 20, sondern 21 mal so groß ist, liegt an dem eingearbeiteten Rabatt: Wer 60 Säcke Kohle kaufte, der bekam drei umsonst.
Rabatte und Aufschläge sind in England beliebt. Bei meinem ersten Besuch war ich froh, daß wir nach den Rabattmarken der Nachkriegszeit dieses Zeitalter überwunden hatten. Doch wie Tätowierungen kamen mit Payback und Konsorten auch die Rabatte und mit ihnen die Schnäppchenjäger wieder aus ihren Löchern gekrochen. Die Undurchsichtigkeit und Vielfalt verwirrt den normalen Kunden und begünstigt den rechenfähigen Kaufmann oder Steuereintreiber. So wurden auch die Maßeinheiten immer zahlreicher, auch dank vieler Zusätze wie short, long, merchant, troy, apothecaries, tower, London, Newcastle.
[1] Wolfgang Trapp und Heinz Wallerus: Handbuch der Maße, Zahlen, Gewichte und der Zeitrechnung. Reclam, Stuttgart, 6. Auflage, 2012. Seite 127.
Venti | Lsd | Metrisierung
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wuerg,
15.04.2018 17:12
Gestern verteidigte ich die Naturwissenschaftler gegen den unflätigen Angriff, sie wollten alles messen und notfalls meßbar machen, obgleich zahlreiche sich an Universitäten tummelnde Wissenschaften außer Vermutungen, Meinungen und Befindlichkeiten kaum etwas beizutragen haben und man schon zu den Redlichen zählen muß, wer wenigstens versucht, schlecht zu beziffernde Verhältnisse zu beleuchten, indem er Methoden verwendet, die entfernt an naturwissenschaftliche Datenerhebung erinnern. Im allgemeinen ist die Datenbasis mager, oft tendenziös. Insbesondere zu Reizthemen wie Migration.
Dazu schreibt Hamed Abdel-Samad: „Die klassische Wissenschaft arbeitet mit fixen Kategorien und Methoden, wie sie in den Naturwissenschaften ganz selbstverständlich sind. Empfindungen und Geisteshaltungen kann man aber nicht so leicht erfassen und kategorisieren. Es sind immer nur Momentaufnahmen, Schnappschüsse, nicht das eine allumfassende Bild. Vor allem dann nicht, wenn es um hochemotionale Themen geht, bei denen es eine klare Asymmetrie zwischen dem Fragenden und dem Befragten gibt. Führt man sich die gegenseitige Skepsis und Polarisierung vor Augen, die den Diskurs um Migration, Integration und Islam momentan prägen, so kann fast jede Frage als eine Provokation oder eine Unterstellung verstanden werden.“ [1]
[1] Hamed Abdel-Samad: Wie realistisch sind Studien zur Integration? (2). Achgut, 15.04.2018. Ist wohl ein Auszug aus seinem Buch, das ich mir aber nicht kaufen werde. So dringend ist meine Islamkritik nun auch wieder nicht. Und was ich hier einmal loswerden muß: Ich hasse lange URL mit Unterstrichen, vor allem die von Minijobbern aus der Überschrift zusammengeschusterten. Und unter diesen besonders die mit Schreibfehlern wie hier „_intergration_2“.
Dazu schreibt Hamed Abdel-Samad: „Die klassische Wissenschaft arbeitet mit fixen Kategorien und Methoden, wie sie in den Naturwissenschaften ganz selbstverständlich sind. Empfindungen und Geisteshaltungen kann man aber nicht so leicht erfassen und kategorisieren. Es sind immer nur Momentaufnahmen, Schnappschüsse, nicht das eine allumfassende Bild. Vor allem dann nicht, wenn es um hochemotionale Themen geht, bei denen es eine klare Asymmetrie zwischen dem Fragenden und dem Befragten gibt. Führt man sich die gegenseitige Skepsis und Polarisierung vor Augen, die den Diskurs um Migration, Integration und Islam momentan prägen, so kann fast jede Frage als eine Provokation oder eine Unterstellung verstanden werden.“ [1]
[1] Hamed Abdel-Samad: Wie realistisch sind Studien zur Integration? (2). Achgut, 15.04.2018. Ist wohl ein Auszug aus seinem Buch, das ich mir aber nicht kaufen werde. So dringend ist meine Islamkritik nun auch wieder nicht. Und was ich hier einmal loswerden muß: Ich hasse lange URL mit Unterstrichen, vor allem die von Minijobbern aus der Überschrift zusammengeschusterten. Und unter diesen besonders die mit Schreibfehlern wie hier „_intergration_2“.
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