Heute Zwerg, morgen Riese
Es mag sein, daß man als Juniorpartner einer großen Koa­lition über­zeugen kann und die nächste Wahl gewinnt. Zumin­dest letz­teres ist der SPD mehr­fach mißlungen. Vor vier Jahren wurde die Gele­genheit einer Links­koalition vergeben. In der hätte man die eigenen Vorstel­lungen sogar überer­füllen können. Nun sehen sich einige wieder in der Pflicht, den rechne­rischen Willen der Wähler umzu­setzen. Andere pfeifen auf deren Undank­barkeit und hoffen auf eine Erneu­erung in der Oppo­sition, wodurch lang­fristig weit mehr sozial­demo­kra­tische Vorstel­lungen umsetzbar sind als durch kurz­fristige Kompro­misse. Ob man sich nach Neuwahlen von 17,5 statt 20,5 Prozent hochar­beiten muß, ist nur ein gradu­eller Unter­schied.

„Heute einmal ein Zwerg sein, um künftig wieder Riesen sein zu können“ sagt der Juso-Vorsit­zende Kevin Kühnert. Er räumt nicht nur mit dem Kevi­nismus auf, son­dern auch mit den müden Genossen, die nur noch wenige Legis­latur­perioden über­stehen müssen. Sie haben sich heute durch­gesetzt und müssen nun der CDU /CSU noch ein paar Kleinig­keiten abringen. Es mag sein, daß auch die Gesamt­partei ihnen zustimmt, weil sie mehr­heit­lich das Risko und die Verant­wortung scheut. Ich wäre für Neuwahlen. Dann kann der Wähler seinen Willen erneut kundtun und ihn auch der SPD aufzwingen, indem sie klar in die Regie­rungs­verant­wortung gewählt wird. Ohne die ist sie als Partei nur ihren Mitglie­dern ver­pflichtet.

Martin Schulz tut mir leid, doch hat er seinen Zug selbst gebremst. Er war zu anmaßend und nach­giebig zugleich, mehr euro­päischer Bürokrat als großer Visionär. Aber so ist das im Leben. Nicht jeder kann nach oben kommen. Dazu genügt ein Blick auf seine Vorgänger. Im Falle von Neuwahlen stünden auch andere Spitzen­politiker zur Dispo­sition: Angela Merkel, Horst Seehofer, Frauke Petry. Nur die Grünen werden einfach weitermachen, die FDP viel­leicht auch. Für eine mehr­heits­fähige Parteien­land­schaft ist nicht nur Personal zu wechseln. Es müßte wieder auf das Volk gehört werden. Dann gehören nicht nur DKP, NPD, FDP und die Piraten der Geschichte an, sondern auch die AfD.

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