Fernsehpreis
Zwar haben die Beteiligten eingesehen, daß sich "kein Schwein" für den Fernseh­preis inter­essiert, sie können aber dennoch nicht davon lassen. Zum einen ist es immer schön, sich gegen­seitig zu beweih­räuchern, zum anderen besteht noch eine gewisse Restauf­merksam­keit. Auch bei mir, ging es doch darum, wer denn den Preis für die beste E-Mode­ration abräumt: Caren Miosga, Marietta Slomka oder Dunja Hayali. Erwartungsgemäß war es Marietta Slomka, schließlich hat sie Alexander Dobrindt so gut abgekanzelt.

Leider konnte ich seinen Aufsatz in der "Welt" ohne Regi­strie­rung nicht mehr lesen. Aber auf den Inhalt kommt es ja im Detail nicht an. Er hat erkannt, daß Stimmen rechts von der CSU zu holen sind und die bürger­liche Mitte die Nase voll hat von den Bevor­mun­dungen der veröf­fent­lichen Meinung. Wie es so seine Art ist, sah er diese vom Gedan­kengut der Achtund­sech­ziger durch­setzt und bezeich­nete die kommende Gegen­bewegung als Revo­lution.

Bietet man soviel Angriffsfläche, sollte man weitere Ausfälle vorbe­reitet haben und in die revolu­tionäre Offen­sive gehen. Doch im Gespräch mit Marietta Slomka ist er zahm, versucht zu erklären und kann sich den Angriffen nicht erwehren. Nach der vierten Frage, besser dem vierten Vorwurf bricht seine Stimme ein, während der fünften scheint er das Ende herbei­zusehnen und auf die Uhr zu gucken. Er weiß doch: Der Moderator kann abbre­chen, aber auch über­ziehen. Es kann sogar geschnit­ten werden. Das kennt jeder Dschungel­camper.

Ich bin wahrhaftig kein Freund von Dobrindt mit seiner blöden Maut. Und wenn Thorsten Schäfer-Gümbel bei Markus Lanz die CSU-Unterhändler Scheuer, Dobrindt und Söder als "die drei von der Tank­stelle" bezeichnet, so trifft das gut meine Vorstel­lungswelt. Aber die freche Mimik und die unver­schämten Unter­stel­lungen von Marietta Slomka hat er zumindest im Rahmen einer sich seriös gebenden Nachrich­ten­sendung nicht verdient und offen­sicht­lich auch nicht erwartet, obwohl vor ihm auch andere über­heblich ange­gangen wurden.

Aus Dobrindts "linken Meinungs-Main­stream" macht Slomka eine Diktatur. Zurecht dagegen wirft sie ihm vor, eine bürger­liche Bewegung als Revo­lution auszugeben. Er verteidigt sich mit der "digitalen Revo­lution", und sie ist so dreist zu behaupten, daß diese ja wegen ihrer radikalen Verän­derungen eine wirk­liche gewesen sei. Anschlie­ßend belehrt sie wie eine Enzyklo­pädie, daß Revo­lution Sturz bedeute, und lenkt auf Merkel. Ab hier ist Dobrindt von der Rolle. Mit soviel Arro­ganz hatte er nicht gerechnet. Strauß hätte sich das nicht bieten lassen. Und gerne erinnere ich mich an Herbert Wehner im Gespräch mit Herrn "Lüg". Er hätte sie "Schlamka" genannt.

Das Traurige an dieser ganzen Sache ist, daß man für diese und andere Unver­schämt­heiten einen Preis bekommt, nur weil er in den "Main­stream" paßt. So verwundert auch nicht, wenn als beste "Drama-Serie" eine Vernied­lichung der Umtriebe linane­sischer Clans in Berlin ausge­zeichnet wird. Zuvor hatte ich noch nichts über "4 Blocks" gehört, auch nicht über den Haupt­darsteller. Der war sehr gerührt und wohl selbst überrascht, daß man mit dem Aussehen eines Terro­risten soviel Erfolg haben kann.

Überboten wurde "4 Blocks" mit drei Preisen nur noch von "Babylon Berlin" mit vieren. Es hätten fünf werden können, falls es auch für das beste Set-Catering einen Preis gäbe. Wieder Berlin, jedoch in den Zwan­zigern mit einem "rasanten Sitten­verfall", also wie heute. Beide Serien kenne ich nicht, beide wurden auch aus öffent­lichen Mitteln finan­ziert, aber zunächst nur einem kleinen Publikum im sog. Pay-TV gezeigt. Die Serie "4 Blocks" schaffte es danach ins sog. Free-TV, und "Babylon Berlin" kommt irgendwann in das erste Programm. Das machte mir klar: Der Fernseh­preis soll die Massen­taug­lichkeit ermitteln oder erzeugen, hat also doch einen Sinn.

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