Quadratzahlen
Abgesehen von den Prim­zahlen erscheinen mir die Quadrat­zah­len [1] als die wich­tigsten. Denn wenn man eine andere Zahlenreihe hat, deren Vertreter ich einmal Ander­zahlen nennen möchte, dann fragt man sich allen­falls, welche von diesen Ander­zahlen auch Quadrat­zahlen sind, und nicht umge­kehrt, welche Quadrat­zahl eine Ander­zahl ist. Der Unter­schied liegt also nicht im Ergebnis, sondern in der Denk­weise. Doch damit genug der Vorrede und Ent­schul­digung, daß eine schlichte Zahlen­folge wie die der Quadrat­zahlen über­haupt erwähnt wird. Sie ist sogar so simpel und allge­mein bekannt, daß ich von ihr sprechen kann, bevor ich sie über­haupt defi­niert habe. Formal ist die n‑te Qua­drat­zahl einfach Q(n)=n·n. Anschau­lich ist das die Zahl der Punkte in quadra­tischer Anord­nung mit n Punkten in jeder Zeile und jeder Spalte oder die Fläche eines Qua­drates mit Kanten­länge n.

Die Differenz zweier aufeinander­folgender Quadrat­zahlen ist Q(n)−Q(n−1)=2n−1. Daraus folgt direkt, daß die Summe der ersten n unge­raden Zahlen Q(n), also die n‑te Quadrat­zahl ist. Veran­schau­licht sieht zum Beispiel 1+3+5+7=16 wie folgt aus:
1 3 5 7
3 3 5 7
5 5 5 7
7 7 7 7
Zu den Primzahlen scheint auf den ersten Blick keine Beziehung zu bestehen, es gibt natür­lich auch keine prime Quadratzahl, weil von n=1 abgesehen jede Quadrat­zahl Q(n) minde­stens 3 Teiler hat, nämlich 1, n und sich selbst. Trotzdem sind die Bezie­hungen uner­schöpf­lich und machen einen bedeu­tenden Teil der Zahlen­theorie aus. Divi­diert man die Quadrat­zahlen durch eine ungerade Prim­zahl p>2, so treten genau (p+1)/2 der p möglichen Reste auf. Im Fall p=7 sieht das wie folgt aus:
Q(n)   1   4   9  16  25  36  49  64  81 100 121 ...
Rest   1   4   2   2   4   1   0   1   4   2   2 ...
Die Abfolge 1, 4, 2, 2, 4, 1, 0 wiederholt sich wieder und wieder. Nicht so einfach ist es mit zusam­menge­setzten Zahlen. Der Mensch inter­essiert sich besonders für die Reste bei der Divi­sion durch q=10, also für die Einer­stelle der Quadrat­zahlen. Vier von zehn treten nicht auf. Es gibt deshalb keine auf 2, 3, 7 oder 8 endenden Quadrat­zahlen. Besonders schön ist es für q=8:
Q(n)   1   4   9  16  25  36  49  64  81 100 121 ...
Rest   1   4   1   0   1   4   1   0   1   4   1 ...
Die Quadrate der ungeraden Zahlen lassen bei Division durch 8 alle den Rest 1. Und weil selbst­verständ­lich eine Quadratzahl genau dann unge­rade ist, wenn sie Quadrat einer unge­raden Zahl ist, heißt dies schöner ausge­drückt: Ungerade Quadrat­zahlen sind von der Form 8m+1. Eine Veran­schau­lichung für 49=8·6+1:
3 3 3 2 2 1 1
3 3 3 2 2 1 1
4 4 4 2 2 1 1
4 4 4   8 8 8
5 5 6 6 8 8 8
5 5 6 6 7 7 7
5 5 6 6 7 7 7
Das Loch in der Mitte steht für den Rest 1. Die Zahlen 1 bis 8 kommen jeweils m=6 mal vor. Doch Vorsicht mit anschaulichen Beweisen. [2] Dieser hier geht nur für n=3,7,11,15…, für die übrigen unge­raden Zahlen muß man ihn etwas abwan­deln oder allge­meiner gestalten:
4 4 3 3 2 2 2 2 2   B B B B A A A A A   3 3 3 3 2 2 2 2 1
4 4 3 3 2 2 2 2 2   B B B B A A A A A   4 3 3 3 2 2 2 1 1
4 4 3 3 1 1 1 1 1   B B B B A A A A A   4 4 3 3 2 2 1 1 1
4 4 3 3 1 1 1 1 1   B B B B A A A A A   4 4 4 3 2 1 1 1 1
4 4 3 3   7 7 8 8   B B B B   D D D D   4 4 4 4   8 8 8 8
5 5 5 5 5 7 7 8 8   C C C C C D D D D   5 5 5 5 6 7 8 8 8
5 5 5 5 5 7 7 8 8   C C C C C D D D D   5 5 5 6 6 7 7 8 8
6 6 6 6 6 7 7 8 8   C C C C C D D D D   5 5 6 6 6 7 7 7 8
6 6 6 6 6 7 7 8 8   C C C C C D D D D   5 6 6 6 6 7 7 7 7
Für n=5,9,13,17,… kann man die um den Mittel­punkt angeord­neten vier Recht­ecke (12, 34, 56 und 78) längs statt quer teilen. Das ist im linken Quadrat für n=9 darge­stellt. Zusammen­fassen kann man beide Fälle wie im mittleren Quadrat. Hier sind nur die vier Rechtecke A bis D gekenn­zeichnet. Dieses Bild gilt zwar für alle ungeraden n, doch ‚beweist‘ es nur, daß jede ungerade Quadrat­zahl von der Form 4k+1 ist. Erst das Zusatz­wissen darüber, daß die Kanten aller vier gleich­großen Rechtecke sich stets um 1 unter­scheiden und sie deshalb einen geraden Flächen­inhalt k=2m haben, führt zum Ergebnis 8m+1.

Das rechte Teilbild veranschau­licht, wie man die vier Rechtecke A bis D in jeweils zwei gleiche Dreiecke 1 bis 8 teilen kann. Darin ist zu ‚sehen‘, was man leicht nach­rechnen kann: Q(2n+1)=8·D(n)+1, worin D(n)=m die n‑te Drei­ecks­zahl ist.

[1] The On-Line Encyclopedia of Integer Sequences. A000290.

[2] Bilder, Animationen, Modelle, Maschinen und andere Hilfsmittel können aber den richtigen Weg weisen und einen Sachverhalt interessant machen.

Dreieckszahlen

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Primzahlen
Es gibt deutlich einfachere Zahlen als die primen, doch sind sie von funda­mentaler Bedeutung und gewiß würdig vor den Quadraten betrach­tet zu werden, gleich­wohl dies in keiner Weise auch nur annä­hernd erschöp­fend möglich ist, zumal es über sie viele Bücher gibt und sich ein ganzer Zweig der Mathe­matik, nämlich die Zahlen­theorie, großen­teils und gerne mit Prim­zahlen beschäf­tigt.

Eine natürliche Zahl n=1,2,3,… heißt prim, wenn die Anzahl ihrer Teiler d(n)=2 ist. [1] Dabei heißt eine natür­liche Zahl a Teiler von n, wenn es eine natür­liche Zahl b mit ab=n gibt. Die beiden Teiler einer Primzahl n sind natür­lich 1 und n selbst. Damit ist auch klar, daß 1 keine Primzahl ist, weil sie nur einen einzigen Teiler hat, also d(1)=1 ist. Alle Nicht‐Prim­zahlen außer 1 heißen zusammen­gesetzt. Für sie ist d(n)>2, womit sie einen echten Teiler a haben. Das ist einer mit 1<a<n.

Die Definition sondert aus der Menge ℕ der natür­lichen Zahlen die Teil­menge ℙ der Prim­zahlen aus. Die Primzahl­folge [2] ergibt sich in kano­nischer Weise durch die Anord­nung der Prim­zahlen nach ihrer Größe. Dies führt zu einer mit Posi­tion 1 begin­nenden Numerie­rung der Prim­zahlen. Die erste ist p₁=2, die zweite p₂=3, die dritte p₃=5 usw. Ein kurzes Anfangs­stück der gerne bis zum Qualmen der CPU berech­neten Prim­zahlen lautet:

2 3 5 7 11 13 17 19 23 29 31 37 41 43 47 53 59 61 67 71 73 …

Das alles mag einem einfach und selbst­verständ­lich erscheinen, doch selbst mit den Prim­zahlen verbun­dene simple Fragen können schon sehr schwer zu beant­worten sein. Das wohl berühm­teste Beispiel ist die Goldbach‐Vermutung, daß sich jede gerade Zahl größer als 4 als Summe zweier (ungerader) Prim­zahlen schreiben läßt:
 6 = 3 + 3   14 = 3 + 11   22 = 3 + 19   30 = 7 + 23   38 = 7 + 31
 8 = 3 + 5   16 = 3 + 13   24 = 5 + 19   32 = 3 + 29   40 = 3 + 37
10 = 3 + 7   18 = 5 + 13   26 = 3 + 23   34 = 3 + 31   42 = 5 + 37
12 = 5 + 7   20 = 3 + 17   28 = 5 + 23   36 = 5 + 31   usw.
Bis heute ist diese Behauptung unbewiesen und auch nicht widerlegt, obwohl sie sehr plau­sibel erscheint, weil man zumeist wie hier bis zur Zahl 42 mit recht kleinen Summanden hinkommt. Deshalb möge der geneigte Leser die 98 versuchen, um zu erahnen, daß es bei sehr großen Zahlen doch recht unan­genehm werden könnte.

[1] Das ist im Bereich der natürlichen Zahlen äqui­valent zu einer in weiteren Bereichen gültigen Defini­tion: p ist prim, wenn sie weder 0 noch eine Einheit ist und für alle durch p teil­baren Pro­dukte ab bereits einer der Faktoren durch p geteilt wird, wenn man p also nicht auf mehrere Faktoren ver­teilen kann. Da 1 eine Einheit in den natür­lichen Zahlen ist, scheidet sie als Primzahl aus. Man kann also nicht d(n)=2 durch d(n)≤2 ersetzen.

[2] The On-Line Encyclopedia of Integer Sequences. Primzahlen A000040, nicht zusammen­gesetzt A008578.

Sieb des Eratosthenes

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265
Die Medien und die Welt scheinen mehr­heit­lich den neuen Papst für den 265. zu halten. Das entspricht nicht der in den letzten Tagen so verbrei­teten Ausle­gung der Prophe­zeiung des Mala­chias, die den jetzigen Papst als den 266. ausweist, der zugleich der letzte in der 111 Posi­tionen auf­weisen­den Liste des Mala­chias sei. Oder gibt es da gar keine Diffe­renz, weil der 266. Papst der 265. Nachfolger Petri ist?

Ich kann nicht beurteilen, was Mala­chias wirk­lich meinte. Es ist nur so, daß sich die Gemeinde des Mala­chias wohl darauf fest­gelegt hat, daß seine Liste mit dem 166. Papst beginnt und 111 Posi­tionen lang ist. [1] Nun entsteht das Problem, ob man rich­tiger­weise 10 oder gar 11 Päpste mehr als derzeit von der katho­lischen Kirche aner­kannt zuge­ordnet hat, also nicht der 276. Papst der letzte ist, sondern schon der 266. oder gar der 265.

Mit den Zahlen nehmen es die meisten so und so nicht so genau. Die Welt schreibt: „Nur zwei Päpste wurden in den letzten 2000 Jahren 'groß' genannt: Leo I. (440–461) und Gregor I. (590–604). Der dritte wird Johannes Paul II. sein (1978–2005), der 266. Nach­folger Petri.“ Dann wäre Bene­dikt XVI schon der 268. Papst. Oder ist das nur schlecht abge­schrie­ben, gezählt, addiert und gedacht?

Abseits dieser Numerie­rungen kann man aber sagen, daß die horoskop­artigen Verbin­dungen der Lebens­daten auf die von Mala­chias vorgege­benen Mottos so kurz vor dem Ende der Papst­reihe keine glaub­würdige Umnume­rierung mehr ver­tragen. Die Fes­tlegung ist getroffen, nicht von Mala­chias, sondern von seinen Inter­preten. Und deshalb wird es einen wie auch immer nume­rierten Papst nach Bene­dikt XVI geben. Die meisten Blogger werden es erleben.

Einzig die Tatsache, daß der neue Papst ein Deutscher ist (Bild: WIR SIND PAPST!) hat mich etwas ins Wanken gebracht und mich kurz glauben lassen, es könne doch der letzte werden. Und so bin ich wirk­lich froh, daß er bereits gestern und nicht erst am heu­tigen 20. April gewählt wurde.

[1] Die von mir gesichtete Liste unter CALENdeRsign scheint es nicht mehr zu geben.

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Adam Spencer
Ich habe mir ein Buch von Adam Spencer [1] gekauft, in dem laut Klappen­text das mathe­mati­sche Super­hirn allerlei Verrück­tes, Wissens­wertes, Kniff­liges, Skur­riles und Unter­halt­sames über Zahlen von 1 bis 100 präsen­tiert. Was ich bisher ge­schrie­ben habe, findet sich teil­weise in diesem Buch wieder, vieles war mir neu. Vor allem Bezie­hun­gen aus den mir unbe­kannten Berei­chen wie Pop­musik, Fernseh­serien und natür­lich Sex. Zum Bei­spiel der Umstand, daß sich eine mir völlig unbe­kannte Pop­gruppe namens 10cc nach der wie auch immer gemit­telten Ausstoß­menge eines Mannes benannt habe. Ich werde erst einmal bei Mathe­matik, Musik, Astro­nomie, Kalender, Sprache und Spin­tisie­rerei bleiben und nur gelegent­lich ein paar Reiz­wörter unter­bringen, wie es hier gesche­hen ist.

[1] Spencer, Adam: Das Buch der Zahlen. dtv Verlagsgesellschaft, 2001.

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Null-Null
Noch heute beginnt man Nume­rierun­gen und vor allem Zäh­lungen nor­maler­weise bei 1, auch wenn die 0 oft­mals sinn­voller wäre. Der erste Tag im Monat hat die Num­mer 1, der erste Monat Januar im Jahr eben­falls. Warum sollte dann das erste Jahr seit der Zeiten­wende die Num­mer 0 haben? Weil anders als in Büchern, die mit der Seite 1 begin­nen, die Zählung mög­licher­weise in die rück­wär­tige Rich­tung fortgesetzt werden soll und man nur zwei Mög­lich­keiten sieht: Die 0 auszu­lassen oder einer Seite zuzu­schlagen.

Oft erweist es sich als günstig, mit der 1 begon­nen zu haben. So kann man dem ersten Kapi­tel immer noch ein Vor­wort unter der Num­mer 0 voran­stel­len. Es ist zwar logisch, DIN‑A‑n als ein Recht­eck zu defi­nieren, dessen Seiten im Ver­hält­nis √2 ste­hen und dessen Fläche durch n‑fache Halbie­rung eines Qua­drat­me­ters ent­steht. Nur hätte man für zwei Qua­drat­meter nicht DIN‑A‑00 sagen sollen. Den gleichen Schwach­sinn findet man auf Filmen, wo vor dem Bild 1 das Bild 0 und davor 00 kommt. Die Toi­lette dagegen ist mit 00 syste­ma­tisch be­zeich­net, nicht als Vor­gän­ger des Rau­mes 0, sondern des Rau­mes 01 im Erdge­schoß (0). Korrekt sind auch die 00er‑Jahre, meinet­wegen auch Nuller­jahre, nicht aber die Nuller oder gar Null­ziger.

Die Wikipedia nennt noch Null‐Null‐Sieben, die kurze Rochade und die Doppel­null beim Rou­lette, um die Ein­nah­men des Kasi­nos zu stei­gern. Uner­wähnt bleibt aber, daß im Fußball zur Ent­täu­schung der Zu­schau­er oftmals null‑null gespielt wird. Fast ver­gessen ist die Vor­wahl 00, um ins Aus­land zu tele­fonie­ren.

0 | Jahr 0 | 00er Jahre

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Minus 0
Es gibt zahlreiche Methoden, Zahlen zu speichern. Die grund­legende Art ist die Abbil­dung der ganzen Zahlen (unsig­ned inte­gers) von 0 bis 2−1 als Binär­zahlen in n auf­ein­ander­fol­gen­den Bits. Heute ist es üblich, höher­wer­tige Stellen auch an höher­wer­tigen Bits und unter höhe­ren Adres­sen zu spei­chern, für n eine Zweier­potenz zu wählen und sich an die Wort­grenzen zu hal­ten. Das war nicht immer der Fall, weil man die höher­wer­tigen Adres­sen rechts denkt, die höher­wer­tigen Stellen einer Zahl jedoch links schreibt.

Will man auch negative ganze Zahlen (signed inte­gers) dar­stel­len, so ent­schei­det man sich heut­zutage, die unsig­ned inte­gers u mit füh­ren­der 1 als s=u−2 nega­tiv zu inter­pre­tie­ren. Diese Dar­stel­lung heißt 2er‑Kom­ple­ment, weil das nor­male Addi­tions­ver­fah­ren zu s und −s immer 2, also 0 mit Über­trag ergibt.

Diese Darstellung ist keinesweg mit den Compu­tern erfun­den wor­den. Mecha­nische Rechen­maschi­nen hat­ten die glei­chen Grund­lagen. Nur verwen­dete man die Dezi­mal­dar­stel­lung und damit statt des 2er‑ das 10er‑Kom­ple­ment. Beide leiden unter man­geln­der Symme­trie. So gibt es unter­halb der 0 eine Zahl mehr als ober­halb. Diesen Mangel beseitig man nicht durch Strei­chung der klein­sten Zahl, denn die auf Compu­tern übliche bit­weise Nega­tion stimmt nicht mit der arith­meti­schen über­ein. Leider ist not(s)=−s−1. Auch kann bei nega­tiven Zahlen die häufig vorkom­mende Divi­sion durch eine Zweier­potenz nicht durch eine viel schnel­lere Bit­ver­schie­bung ersetzt werden.

Für binär darge­stellte Zahlen werden die geschil­derten Nach­teile ver­mieden, indem man zum Wechsel des Vor­zei­chens einfach alle Bits umkehrt und die unsig­ned inte­gers u mit füh­ren­der 1 als nega­tive Zah­len s=u−2+1 inter­pre­tiert. Diese Methode heißt 1er‑Kom­ple­ment, weil die Addition von s und −s auf eine Kette aus lauter Ein­sen führt. Für Dezimal­zahlen ist es das 9er‑Kom­ple­ment. Die so gewon­nene Symme­trie ergibt ele­ganter­weise not(s)=−s, und auch nega­tive Zahlen können durch einfach Bit­verschie­bung durch eine Zweier­potenz geteilt werden.

Doch leider liefert das normale Additions­verfah­ren nicht immer das rich­tige Ergeb­nis. Das Carry‑Bit ist zusätz­lich zu addieren, wodurch diese Zahl­darstel­lung nur auf Compu­tern Sinn macht, die diesen Zusatz (end-​arround carry) in der Hard­ware reali­siert haben. Außer­dem liefert eine Addi­tion zur 0 lauter 1‑Bits, die soge­nannte nega­tive Null, während die posi­tive Null aus lauter 0‑Bits besteht. [1]

Man könnte eine der beiden ver­bieten, also durch die andere erset­zen. Schöner aber ist es, beide Nullen zu benut­zen. Das gestat­tet elegante Pro­gramme, birgt aber auch Gefahren. So werden −0 und +0 im nor­malen Bit­ver­gleich als ver­schie­den getestet. Damit der unbedarfte Programmierer möglichst nie auf die  0 trifft, führt die Hard­ware Addi­tionen als Subtrak­tionen (sub­trac­tive adder) aus.

Auch hier ist eine Un­symme­trie nicht weg­zudis­kutie­ren, die zu der Ein­sicht ver­hel­fen sollte, daß es nicht immer mög­lich ist, etwas symme­trisch, eben­mäßig oder einfach darzu­stellen, was ungleich, hol­prig oder schwie­rig ist. Eine zunächst vor­handene Unsym­me­trie (2er‑Kom­ple­ment) weit­gehend zu besei­tigen und auf ein möglichst unbe­merkt blei­ben­des Detail (+0 und −0) zu ver­schie­ben, ist eigent­lich Augen­wische­rei. Ich halte das dua­listi­sche Bestre­ben, alles auf zwei kom­plemen­täre Teile zurück­zufüh­ren, für naiv und gefähr­lich. Man kann nicht 0 und 1, und und oder, posi­tiv und nega­tiv, links und rechts, wahr und falsch auf allen Ebenen vertau­schen und erhält wieder das glei­che.

[1] Minus Zero. Fourmilab Switzerland. Beschrei­bung der Univac-​1100-​Serie, 36‑Bit-​Rechner der Sieb­ziger mit einer Wort­breite abseits heute übli­cher Zweier­poten­zen. In einem Wort konn­ten Zahlen von ±0 bis ±2³⁵−1 gespei­chert werden, insbe­sondere zwei Nullen −0 und +0.

28 | Jahr 0 | 00 | noon

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Jahr 0
Gelegentlich hat man sogar im tägli­chen Leben das Problem, Ab­schnit­te sinn­voll zu benen­nen. Auf den ersten Blick mag es selbst­ver­ständ­lich erschei­nen, einen Bereich von einer gan­zen Zahl n bis zur näch­sten n+1 mit n zu bezeich­nen, denkt sich also Zahlen wie x=12,345 aus n=12 und xn=0,345 zusam­menge­setzt. Ein Blick auf die nega­tiven Zahlen trübt aber diesen eben­mäßi­gen Eindruck, denn x=−12,345 läge dann im Inter­vall n=−13. Man mag deshalb unsere Dar­stel­lung nega­tiver Zahlen für falsch halten und eine andere bevor­zugen, wie sie vor der Ein­füh­rung des Taschen­rech­ners ab der dritten Klasse beim Rech­nen mit Loga­rith­men üblich war. Man ent­nahm die Werte einer Tafel und kam für den Loga­rith­mus von 0,0123 auf 0,09−2, nicht −1,91.

Auf der anderen Seite muß man in der üblichen Darstel­lung bei Multi­plika­tion mit −1 nur das Vor­zei­chen austau­schen und beim Zehn­fachen keine Hand­stände machen. Von der Symme­trie um den Null­punkt herum ganz zu schwei­gen. Das darf aber nicht dazu ver­lei­ten, ein­fach die Vor­komma­stel­len als Inter­vall­num­mern zu ver­wen­den, denn dann haben wir um die 0 herum ein grö­ßeres Inter­vall oder zwei, +0 und −0 mit der Frage, in wel­ches denn die 0 selbst fällt. Und des­halb waren unsere Vorfahren gar nicht so dumm, zum Erhalt der Symme­trie auf das nullte Inter­vall zu ver­zich­ten, kein Jahr 0 zu haben und die Jahre 1901 bis 2000 als 20. Jahr­hun­dert, nicht als nove­cento zu bezeich­nen.

Für einen modernen im Zweier­komple­ment rech­nenden Computer ist es selbst­ver­ständ­lich, die Null weder auszu­lassen noch zu ver­dop­peln. Es schadete aber Pro­gram­mie­rern nicht, wenn For­tran ihnen früher einen Beginn mit der 1 auf­zwang. Wo ist das Problem mit dritt­halb, schließ­lich gibt es mit andert­halb ja auch keines? Auch drei­vier­tel Vier sollte man ver­ste­hen. Und warum halten manche sich für geist­reich, darauf hinzu­weisen, daß der letzte Tag des 20. Jahr­hun­derts der 31. De­zem­ber 2000 gewe­sen sei? Das ändert doch nichts an den Pro­blemen ein Jahr zuvor, die nicht Jahr­tau­send­wech­sel, sondern Jahr‐2000‐Umstel­lung hießen. Schließlich weiß doch jeder, daß er sich mit dem 17. Ge­burts­tag im 18. Lebens­jahr befindet. So wie man ins erste Lebens­jahr gebo­ren wird und der erste Geburts­tag noch auf sich warten läßt, gleich­wohl es doch schon einen wirk­lichen gege­ben hat.

Es ist weit­gehend eine Schön­heits­frage, ob man bei 0 oder 1 beginnt. Und so erin­nere ich mich immer noch daran, daß ein Pro­fes­sor aus­gerech­net mich unver­mit­telt frug, ob es zur Nume­rie­rung der n+1 Ecken eines n‑di­men­sio­na­len Sim­ple­xes besser sei, bei 0 oder bei 1 zu begin­nen. Meine Ant­wort habe ich ver­ges­sen. Aber eines war mir damals bereits klar: Es kommt auf den Kon­text an, auf Einfach­heit, Eben­mäßig­keit und prak­ti­schen Nutzen.

−0 | 00 | noon | Logarithmen

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