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Ober-Unter
wuerg, 30.05.2005 16:10
Gehen wir eine Treppe mit fünf Stufen hoch, so führte die erste Stufe von der Grundebene 0 zur Ebene 1, die zweite von dieser zur Ebene 2 bis zur letzten und fünften Stufe auf die Ebene 5.
Das soll nicht heißen, daß unsere Stockwerksnummern blödsinnig sind und die amerikanische Zählung überlegen ist. Man darf nur nicht reflexartig eine Ober-Unter-Symmetrie annehmen, auch wenn viele Menschen dazu neigen, Dualität und Symmetrie in die Welt zu dichten. Wahr und falsch, positiv und negativ sind keineswegs im strengen Sinne symmetrisch oder polar und im Gegensatz zu Mann und Frau noch nicht einmal gleichwertig.
Man muß bei Numerierungen aufpassen. Ist Herr Ratzinger nun der 265. Papst oder der 265. Nachfolger Petri? Ergeben eine Quarte und eine Quinte eine None? Und warum malen manche eine 16 über den Violinschlüssel, wenn zwei Oktaven höher gespielt werden soll? Warum haben wir in acht Tagen den gleichen Wochentag, den nächsten aber in 14? Liegt der zweite Oberton eine Oktave oder eine Duodezime höher? Zumeist ist eine Ansicht die angenehmere. Bei Intervallen und Tageszählungen von Sonntag zu Sonntag oder Ostern bis Pfingsten hat man sich für die ungeschicktere entschieden. Das verdanken wir den beide Endpunkte mitzählenden Römern, gleichwohl auch sie eine Meile für 1000 und nicht 1001 Schritte hielten.
Zumeist ist es besser, additiv bei 0 und multiplikativ bei 1 zu beginnen. Deshalb sollte man den Begriff Oberton meiden und die n‑fache Frequenz n‑ten Teilton, n‑te Harmonische oder n‑ten Naturton nennen. Dann ist die m‑te Harmonische über der n‑ten einfach der die mn‑te. Vollkommener Quatsch ist es, den m‑ten zum n‑ten Oberton als den (mn+m+n)‑ten zu bestimmen. Additiv ist es nicht so dramatisch, denn unabhängig von der Zählung des Parterres liegt das siebte Geschoß immer drei über dem vierten und fünf Jahre nach 1998 schreiben wir das Jahr 2003, ob es nun ein Jahr 0 gegeben hat oder nicht.
Additiv kann man auch gut unter die Null in den negativen Bereich gehen, multiplikativ nur schlecht unter die Eins. Zwar ist es naheliegend, einen Ton mit einem n‑tel der Frequenz n‑te Subharmonische oder gar (n−1)‑ten Unterton zu nennen, doch fügen sich diese beiden Bereiche mit den Harmonischen und den Obertönen algebraisch nicht zusammen. Außerdem kommt Untertönen nicht die physikalische Realität der Obertöne zu, wie auch Ober beim Doppelkopf angenehmer sind als Unter.
Man rettet die Symmetrie auch nicht dadurch, daß die n‑te Subharmonische die n‑fache Wellenlänge hat, denn der Mensch hört die Frequenz, nicht die Wellenlänge, auch wenn die Griechen Töne mit kleinerer Frequenz als die höheren sahen, weil ihre Saiten länger waren. Gerne kann man zu einem Ton eine Subharmonische anschlagen, um ihn so zu einem Oberton zu machen und zu verstärken. Von selbst erklingen sie aber nur selten. Auch kann man Notenblätter auf den Kopf stellen oder Musikstücke rückwärts spielen. Das ist eine nette Spielerei, doch vollkommene Symmetrie wird dadurch nicht erreicht, wie Wasser auch leichter aus der Flasche fließt als hinein.
Jahr 0 | Intervalle
o--- Ebene 5 Stufe 5 | +---+ Ebene 4 Stufe 4 | +---+ Ebene 3 Stufe 3 | +---+ Ebene 2 Stufe 2 | o---+ Ebene 1 Stufe 1 | --------+ Ebene 0Über diese Numerierung sollte es keinen Streit geben. Und es ist auch klar, wohin die Markierungen für Blinde kommen, nämlich an die mit o gekennzeichnete An- und Austrittsstufe auf der ersten und der obersten Ebene. Diese Vorstellung wandeln wir ab, wenn die Stufen etwa drei Meter hoch sind:
+-----------+ Ebene 5 4. Stock | | +-----------+ Ebene 4 3. Stock | | +-----------+ Ebene 3 2. Stock | | +-----------+ Ebene 2 1. Stock | | +-----------+ Ebene 1 Erdgeschoß | | -----------+-----------+ Ebene 0Die n‑te Stufe heißt nun (n−1)‑ter Stock. Vor allem in Bürohochhäusern ist die Bezeichnung Obergeschoß üblich, zumal es normalerweise auch mehrere Untergeschosse gibt. Das suggeriert eine Symmetrie beider zum Erdgeschoß (0). Doch ist diese Symmetrie dadurch gestört, daß ein Haus mit m Ober- und n Untergeschossen m+1 Stockwerke hoch, ober nur n tief ist. Die Benennung der Stockwerke birgt also eine ähnliche Problematik wie das Jahr 0. Hätte es ein solches gegeben, wäre das zweite Jahrtausend nicht erst am 31. Dezember 2000, sondern schönerweise mit dem 31. Dezember 1999 zuende gegangen. Doch das erste vorchristliche Jahrtausend läge dann immer noch von 1000 bis 1 vor Christus oder überlappte sich im Jahre 0 mit dem ersten nachchristlichen. Es war also gar nicht so blöd, kein Jahr 0 vorzusehen, denn dann gilt vor und nach der Zeitenwende: Das n‑te Jahrtausend umfaßt die Jahre 1000(n−1)+1 bis 1000n.
Das soll nicht heißen, daß unsere Stockwerksnummern blödsinnig sind und die amerikanische Zählung überlegen ist. Man darf nur nicht reflexartig eine Ober-Unter-Symmetrie annehmen, auch wenn viele Menschen dazu neigen, Dualität und Symmetrie in die Welt zu dichten. Wahr und falsch, positiv und negativ sind keineswegs im strengen Sinne symmetrisch oder polar und im Gegensatz zu Mann und Frau noch nicht einmal gleichwertig.
Man muß bei Numerierungen aufpassen. Ist Herr Ratzinger nun der 265. Papst oder der 265. Nachfolger Petri? Ergeben eine Quarte und eine Quinte eine None? Und warum malen manche eine 16 über den Violinschlüssel, wenn zwei Oktaven höher gespielt werden soll? Warum haben wir in acht Tagen den gleichen Wochentag, den nächsten aber in 14? Liegt der zweite Oberton eine Oktave oder eine Duodezime höher? Zumeist ist eine Ansicht die angenehmere. Bei Intervallen und Tageszählungen von Sonntag zu Sonntag oder Ostern bis Pfingsten hat man sich für die ungeschicktere entschieden. Das verdanken wir den beide Endpunkte mitzählenden Römern, gleichwohl auch sie eine Meile für 1000 und nicht 1001 Schritte hielten.
Zumeist ist es besser, additiv bei 0 und multiplikativ bei 1 zu beginnen. Deshalb sollte man den Begriff Oberton meiden und die n‑fache Frequenz n‑ten Teilton, n‑te Harmonische oder n‑ten Naturton nennen. Dann ist die m‑te Harmonische über der n‑ten einfach der die mn‑te. Vollkommener Quatsch ist es, den m‑ten zum n‑ten Oberton als den (mn+m+n)‑ten zu bestimmen. Additiv ist es nicht so dramatisch, denn unabhängig von der Zählung des Parterres liegt das siebte Geschoß immer drei über dem vierten und fünf Jahre nach 1998 schreiben wir das Jahr 2003, ob es nun ein Jahr 0 gegeben hat oder nicht.
Additiv kann man auch gut unter die Null in den negativen Bereich gehen, multiplikativ nur schlecht unter die Eins. Zwar ist es naheliegend, einen Ton mit einem n‑tel der Frequenz n‑te Subharmonische oder gar (n−1)‑ten Unterton zu nennen, doch fügen sich diese beiden Bereiche mit den Harmonischen und den Obertönen algebraisch nicht zusammen. Außerdem kommt Untertönen nicht die physikalische Realität der Obertöne zu, wie auch Ober beim Doppelkopf angenehmer sind als Unter.
Man rettet die Symmetrie auch nicht dadurch, daß die n‑te Subharmonische die n‑fache Wellenlänge hat, denn der Mensch hört die Frequenz, nicht die Wellenlänge, auch wenn die Griechen Töne mit kleinerer Frequenz als die höheren sahen, weil ihre Saiten länger waren. Gerne kann man zu einem Ton eine Subharmonische anschlagen, um ihn so zu einem Oberton zu machen und zu verstärken. Von selbst erklingen sie aber nur selten. Auch kann man Notenblätter auf den Kopf stellen oder Musikstücke rückwärts spielen. Das ist eine nette Spielerei, doch vollkommene Symmetrie wird dadurch nicht erreicht, wie Wasser auch leichter aus der Flasche fließt als hinein.
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