Dreieckszahlen
Wie man die n-te Qua­dratzahl Q(n) von der Zahl der Punkte einer quadra­tischen Anord­nung von n mal n Punkten ableitet, ergibt sich die n-te Drei­ecks­zahl D(n) aus einer eben­solchen drei­eckigen.
Q(4)=16  1 2 3 4   D(4)=10   1
         2 2 3 4            2 2
         3 3 3 4           3 3 3
         4 4 4 4          4 4 4 4
Ich schreibe mit Fugen‑S¹, gleichwohl manche geneigt sind, von Dreieck­zahlen oder sogar von einer Dreieck­zahl zu sprechen, weil es ja auch nicht Qua­drats­zahl heiße. Doch beim Fugen-S gewin­nen neben Üblichkeit nicht faden­scheinige formale Gründe, sondern lautliche.

Ich schreibe auch D(n) für Dreiecks- und Q(n) für Quadratzahlen, nicht nach amerika­nischer Sitte T(n) und S(n), was sich von trigonal bzw. square ableitet, gleich­wohl ich bei allen Vorbe­halten gegen das amerika­nische Wesen im allge­meinen die in der Mathe­matik üblichen inter­nationalen Bezeich­nungen bevorzuge.² Glück­licher­weise sind die Formeln für diese Zahlen so einfach, daß man sie abseits von Erläu­terun­gen zumeist direkt hin­schreibt und so D, Q, T und S vermeidet.

Die Formel für Quadrat­zahlen Q(n)=n·n=n2 ist einfach. Die n-te Quadrat­zahl ist die zweite Potenz (Quadrat) des Argu­mentes. Für Dreiecks­zahlen³ lautet die Formel D(n)=n(n+1)/2 .Sie ist nicht ganz so einfach zu merken, gleich­wohl es dafür auch Bezeich­nungen wie n+1 über 2 gibt. Doch wenn man die nicht kennt, nütz einem das auch nichts.

Die Anschau­ung führt auf die Defini­tion D(n)=1+2+...+n. Zwar liegen die Verhält­nisse hier so einfach, daß man auch direkt aus Abbil­dungen wie
o o o o o x   D(5) mal o  
o o o o x x   D(5) mal x
o o o x x x
o o x x x x   5 Zeilen
o x x x x x   6 Spalten
die Beziehung 2·D(n)=n(n+1) und damit D(n)=n(n+1)/2 ableiten könnte, doch bezieht der Mathe­matiker sich letztlich nicht auf Bilder. Sie sind ihm nur Anre­gung und Hilfe. Dadurch werden Mathe­matiker nicht zu reinen Forma­listen. Sie sind im allge­meinen nur besser in der Lage, Anschau­ung zu formali­sieren, um ihre intui­tiven Ideen abzu­sichern. Heute reicht es nicht mehr, ein Bild zu malen und „siehe“ darunter zu schreiben. Ab der vierten Dimen­sion versagt diese Vor­gehens­weise so und so.

Aus der Definition D(n)=1+2+...+n die Formel D(n)=n(n+1)/2 abzu­leiten, ist sehr leicht, wenn man sie schon kennt. Man muß sich ledig­lich davon über­zeugen, daß D(1)=1 und D(n)-D(n-1)=n ist. Oder man sieht die arithmeische Reihe und erinnert sich an die sechste Klasse: Anzahl der Summanden n mal Mittelwert. Für letzteren reicht die halbe Summe aus erstem und letztem Glied, also (1+n)/2.

Gerne wird erzählt, daß der Lehrer von Gauß⁴ die Schüler beschäf­tigen wollte und sie deshalb die Zahlen von 1 bis 100 addie­ren, also D(100) bilden ließ. Gauß ant­wortete sofort 5050, weil er wie fast jeder Mathe­matiker vorging, der keine Formel für die arith­metische Reihe aus­wendig gelernt hat, sondern sich einfach fragt, wieviele Sum­manden (hier 100) es sind und wie groß der Mittel­wert (hier 50,5) ist. Das Produkt 100·50,5=5050 ist offen­sichtlich das Ergebnis.

Zwei der drei meiner Leser werden sich nun fragen, warum das offen­sichtlich sei. Weil die arith­metische Reihe so leicht zu durch­schauen ist, daß keine Formel memo­riert werden muß. Sie wird jedes­mal vom Kleinhirn mühelos abgeleitet oder hochgespült. Es mag selbst Bildungs­bürgern, die sich in der Schule vergeb­lich an Formeln mühten, merk­würdig vorkom­men, was Mathe­matiker alles für klar wie Kloßbrühe, folklo­ristisch, evident oder gar trivial halten. Zum Ver­ständnis sollten sie einfach daran denken, daß sie selbst auch kaum Vokabeln lernen mußten, weil ihre Eltern fran­zösisch par­lierten.

 1 Fugen-S. Kompetenzteam, 01.11.2004.
 2 Bei allem Lobpreis der sowjeti­schen mathe­matischen Literatur zu Zeiten der DDR, muß ich dennoch einge­stehen, daß sie schon wegen der von west­lichen Gepflo­gen­heiten abwei­chenden Dar­stel­lung Schwie­rig­keiten bereitet. Im Original so und so, doch auch in der Über­setzung. Nicht selten sind dann i und j ver­wechselt.
 3 The On-line Encyclopedia of Integer Sequences. A000217.
 4 Ich las einmal DER GAUSZSCHE BEWEIS in einer Über­schrift. Auf der Schreib­maschine müßte der Lehrer von Gauß DER GAUSZ­SCHE LEHRER sein. Neuer­dings gibt es auch ein großes Eszett.

Quadratzahlen

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