Neun
Will man der Neun eine Bedeu­tung zumes­sen, so erge­ben sich sofort zwei in die glei­che Rich­tung wei­sen­de Mög­lich­kei­ten. Die Erhö­hung der schon voll­kom­me­nen Acht und als Ver­drei­fachung der schon heili­gen Drei. Des­halb steht sie für die höch­ste Voll­kom­men­heit, als unge­rade und damit männ­liche Zahl für den auf­rech­ten Mann. Auf den Kopf gedreht ergibt 9 die eher mit Hexe­rei in Verbin­dung stehen­de 6, wes­halb nicht lange gera­ten werden muß, wem in 69 welche Rolle zuge­dacht wird. Gleich­berech­tig­ter wäre das Zei­chen ♋ des Kreb­ses.

Sprach­lich soll neun etwas mit neu zu tun haben, da man früher ohne Daumen gezählt habe und bei neun neu begin­nen mußte. Nur frage ich mich, wes­halb wir dann mit Dezi­mal- und nicht mit Oktal­zah­len rech­nen. Ich ver­mute, daß man die Acht­finger­methode nur dort ange­wen­det hat, wo fort­wärend hal­biert und verdop­pelt wurde, bei den Maßen und Gewich­ten. [1] Sicher­lich neu­zeit­lich ist die Inter­preta­tion der Neun als „nein, ich will hier nichts machen und schnell wieder weg“ wegen der laut­li­chen Über­einstim­mung mit dem engli­schen nine. So hiel­ten es manche Pro­gram­mie­rer bei der Gestal­tung von Bild­schirm-​Menus der Sieb­zi­ger Jahre. Heute wird ihnen sowas von Desig­nern vorge­geben.

Recht willkürlich ist die Bedeu­tung der Neun als größte ein­stel­lige Zahl des Dezimal­systems, weshalb jede Zahl bei der Divi­sion durch 9 den glei­chen Rest läßt wie ihre Quer­summe. Und so führt die Vor­gehens­weise der Nume­rolo­gen, aus Zah­len und aus in Zah­len umge­setz­ten Buch­sta­ben durch fort­wäh­rende Addi­tion der Zif­fern alles auf eine Zahl von 1 bis 9 zu redu­zie­ren, immer auf den Rest der Divi­sion durch 9, sofern man statt der 0 eine 9 nimmt. Allem und jedem Zah­len oder Zif­fern zuzu­ord­nen und dann diese digi­tal root [2] zu bil­den, ist also primi­ti­ves Abzäh­len in Neuner-​Blöcken, ver­schlei­ert durch mehr­stufi­ges Brim­bo­rium. Nähme man statt 9 die 10, ent­schiede einfach die End­ziffer und keiner würde in Ehr­furcht erstar­ren. Mein Geburts­datum kommt auf eine beschei­dene 6, doch erst im zwei­ten Schritt nach der 33!

Da Zahl und Quer­summe durch 9 geteilt den glei­chen Rest lassen, kann nicht nur die Teil­bar­keit durch 9 leicht geprüft wer­den. Es ist auch Grund­lage der Neuner­probe: Man wieder­holt Addi­tion und Multi­plika­tion einfach mit den ite­rier­ten Quer­summen und kann die 9 sogar durch 0 ersetzen (strei­chen). Stimmt die so verein­fachte Rech­nung nicht, ist irgend­etwas nicht in Ord­nung. [3]

● ● ●    1 • •    • 1 •    8 1 6    8 1 6
● ● ●    • 5 X    • 5 •    • 5 •    3 5 7
● ● ●    • X 9    • 9 •    • 9 •    4 9 2
Neun als Quadratzahl und das kleinste magische Quadrat (png)

Neun ist als Quadrat­zahl natür­lich eine figu­rierte Zahl. Und aus den Zah­len 1 bis 9 kann man das kleinste aller magi­schen Qua­drate bilden. Moderne Esote­riker weisen es dem höch­sten aller Pla­neten, dem die römi­sche Woche anfüh­renden Saturn zu. Neben den Zah­len 3 und 9 stehen für ihn auch die Gesamt­summe 45 und die magi­sche Zahl 15 der Zei­len-, Spal­ten- und Dia­gonal­sum­men. Bis auf Dre­hung und Spie­ge­lung gibt es nur ein sol­ches magi­sches Qua­drat: Steht in der Mitte die Zahl n, so müssen die Rand­felder sich zu 45−n addie­ren, weil von der Gesamt­summe 45 nur n fehlt. Ande­rer­seits addiert sich jedes der vier gegen­über­lie­gen­den Rand­paare zu 15−n. Zusam­men bilden sie den Rand mit 4(15−n)=​45−n, was n=5 er­zwingt. Stünde die 1 in einer Ecke, blieben für 2, 3 und 4 nur die mit einem X markier­ten Felder. Das sind zuwe­nige. Also steht 1 an einer Kanten­mitte, im Bild oBdA oben. Unten muß dann die 9 stehen, wes­halb in der ober­sten Zeile nur noch 6 und 8 mög­lich sind. Der Rest ist erzwun­gen und lie­fert das bis auf Dre­hung und Spie­ge­lung ein­zige magi­sche Quadrat der Grö­ße 3×3.

Daß 9 als Potenz der Drei so knapp an der Zweier­po­tenz 8 liegt, führte zu der Frage, ob es noch andere Zusam­men­tref­fen von Zweier- und Dreier­poten­zen im Abstand von eins gibt. Das war auch von theo­reti­schem Inter­esse für die pytha­gore­ische Tei­lung der Oktave. Eine enhar­moni­sche Verwech­selung von 9/8 ist viel zu grob, schö­ner wäre (n+1)/n für ein größe­res n. Das Gefühl winkt sofort ab, und tat­säch­lich konnte Levi ben Gershon schon im 14. Jahr­hun­dert bewei­sen, daß 9 und 8 die beiden ein­zigen sind. Catalan vermu­tete 1844, dies gelte für alle Poten­zen, doch erst im Jahre 2002 konnte Preda Mihailescu beweisen: Von allen Poten­zen natür­licher Zahlen sind 8 und 9 die ein­zigen im Ab­stand 1.

3,1415926535897932384626433832795028841971693993751058209749445923078164
  0628620899862803482534211706798214808651328230664709384460955058223172
  5359408128481117450284102701938521105559644622948954930381964428810975
  6659334461284756482337867831652712019091456485669234603486104543266482
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  7892590360011330530548820466521384146951941511609433057270365759591953
  0921861173819326117931051185480744623799627495673518857527248912279381
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Feynman-Punkt an der 762. Nachkommastelle

Die Kreiszahl π sei rational, sogar ein in der 761. Stelle mit 5 enden­der Dezi­mal­bruch, weil die Berech­nung in der Folge nur noch Neu­nen lie­fere. Das woll­ten Richard Feynman und Douglas R. Hof­stadter angeb­lich den Leuten weis­machen, indem sie ab der 762. Stelle „nine nine nine nine nine nine and so on“ zu sagen planten. Doch beide schafften es nie, π derart weit aus­wen­dig zu lernen. So blieb es dabei, daß die 762. Stelle, ab der sechs­mal hinter­ein­ander eine 9 erscheint, Feynman-​Punkt heißt. Natür­lich ist es sehr unwahr­schein­lich, daß so früh eine Folge von sechs Neunen auf­tritt. Doch gibt es eine Reihe von Beson­der­heiten, nach denen man in den Nach­komma­stellen suchen kann. Und dann ist die Wahr­schein­lich­keit für irgend­einen auf­fälli­gen Furz gar nicht mehr so gering. Es bleibt aber bemer­kens­wert. [4]

Was gibt es sonst noch? Neun ist Quadrat einer Drei­ecks­zahl und damit Summe 1+8=9 von ersten Kubik­zah­len. [5] Und wie jede Zahl Summe von 4 Qua­drat­zahlen ist, so auch von 9 nicht­nega­tiven Kubik­zahlen. [6] Es gab einmal neun Pla­neten. [7] Eine Katze hat neun Leben, der Bahai-​Stern neun Zacken. Wegen „Revolu­tion No. 9“ bei den Beatles nach Neu­nen zu suchen, ist wenig ergie­big, hält manche aber nicht ab. Ein Ennea­gramm ist für Esote­riker nicht einfach ein Neun­eck oder ein neun­zacki­ger Stern, sondern verwur­stelt die Periode 142857 von 1/7 mit dem drei­ecki­gen Rest 3, 6, 9. Psycho­logi­sche Preise enden gerne mit minde­stens einer Neun, beson­ders pene­trant an Tank­stellen mit ihren Milli­euro. Ein Stan­dard-​Sudoku erfor­dert neun­mal jede Ziffer von 1 bis 9 in einem 9×9‑Qua­drat gemäß den hof­fent­lich bekann­ten Regeln. Neun-​Live gibt es leider nicht mehr.

[1] Vier Finger (digit, etwa 2 cm) bilden eine Hand­breite ohne Dau­men (palm) und zwei solcher Hände eine Spanne (shaft­ment). Und wenn man mit den Fingern etwas abmes­sen wollte, dann war der Daumen einfach im Wege.

[2] Ein schönes deutsches Wort dafür fällt mir nicht ein. Zahlen-, Ziffern- oder digi­tale Wurzel scheiden für mein Ohr aus. Manche sprechen von einer ein­stel­ligen Quer­summe, ich bevor­zuge ite­rierte Quer­summe.

[3] Die Neuner­probe ist in etwas mehr als zehn Prozent der fehler­haften Rech­nungen falsch posi­tiv. Ein 15 Jahre später dank Corona und PCR‑Test jedem bekannter Begriff. Auch falsch negativ ist möglich, wenn man sich bei der Probe selbst ver­rech­net hat. Wer sicherer sein will, macht zusätz­lich die Elfer­probe.

[4] The On-Line Encyclopedia of Integer Sequences. Neunerfolgen A048940 in den Dezimalstellen vom π.

[5] 1+8+27=36, 1+8+27+64=100, allgemein 13+23+…+n3=Dn2.

[6] Nur 23=8+8+1+1+1+1+1+1+1 und 239=125+27+27+27+8+8+8+8+1 erfordern volle neun Summanden. Wer nun 16 für vierte Potenzen vermutet, liegt falsch. Es sind 19.

[7] Mein Vater Erklärt Mir Jeden Sonntag Unsere Neun Planeten.

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und neun ist keins
und zehn ist eins.
Das ist das Hexen-Einmaleins.

Interessante Seite, muss ich schon sagen. Respekt!

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Als ich diesen Spruch bei irgendwelchen Esoterikern las, dachte ich sofort an die Welt von 1 bis 9 der Numero­logen, bei denen wirklich 9=0 und 10=1 ist, modulo 9 eben. Aber dabei bleibt es auch, denn von 4·5=2 habe ich noch nichts gehört. Auch nichts davon, daß das Hexen­einmal­eins nicht neun­teiler­frei ist.

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Der Spruch
stammt ja aus Goethes Faust (1. Teil) und ist der Schluss vom Hexeneinmaleins ("Du mußt verstehn - aus eins mach zehn, die zwei laß gehn, die drei mach gleich, so bist Du reich...").

Wenn mans richtig dechiffriert kommt ein magisches Quadrat raus - und zwar nicht das, was im Anhang der DTV-Ausgabe abgedruckt ist. Hab es aber nicht mehr im Detail parat.

Mir, der ich in Mathe und Zahlenakrobatik nie so recht firm war, schwirrt bei dem ganzen "die dreizahl durch die vierzahl auf die einzahl reduzieren" ohnehin ganz schön der Schädel. Und so kommt mir dann bisweilen der Spruch von Mephisto in den Sinn:

Es war der Brauch zu allen Zeiten
durch drei und eins
und eins und drei
Irrtum statt Wahrheit zu verbreiten.

Könnte ein Seitenhieb auf das Dreieinigkeitsdogma sein. Oder auf Zoroaster, der gesagt hat:
Die Dreizahl glänzet im Universum -
und die Monade ist ihr Prinzip.

Gleichzeitig spüre ich, dass in dem alten Zahlenwissen, von dem mich manchmal eine leise Ahnung umweht, doch tiefere Wahrheiten und Schönheiten stecken. Die heilige Geometrie, der Zusammenhang von Fibonacci-Zahlen und dem goldenen Schnitt, die Phi-Relation, die Zyklen des Maya-Kalenders, die 19,5 und 33-Grad-Zusammenhänge. Ein weites Feld...

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Es ist schon lange her, da ich im Schauspiel­haus zu Frankfurt der Tragödie erster Teil mit Bran­dauer als Mephisto gesehen habe. Und meine Schul­zeit liegt noch viel weiter zurück. Viel­leicht aber sollte ich Goethe mit Blick auf die Zahlen einmal studieren, gleich­wohl dabei nicht mehr heraus­kommen wird als aus seiner Farben­lehre. Bach dagegen wäre ergie­biger.

Wenn ich auch etwas über die Zahlen zugeordneten Bedeu­tungen geschrie­ben habe, so glaube ich doch nichts davon. Viel­mehr finde ich manche Zahlen inter­essant, die ebenso beliebig scheinen, es dennoch nicht sind. Das Parade­beispiel ist die Zwölf­teilung der Oktave. Und natür­lich auch das Wachstum einiger Pflanzen nach Fibo­nacci.

Quinte

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Im Faust steht ab Vers 2550 „Und Neun ist Eins, Und Zehn ist keins“ (9=1, 10=0), also leider nicht die esote­rische Umdich­tung (9=0,10=1). Und das mit dem magi­schen Quadrat leutet mir auch nicht ein. Dann wäre es doch am einfach­sten, die 5 stehen zu lassen. Wahr­schein­lich soll ein sinn­leerer Hexen­spruch in Kinder­vers-​Manier nur deut­lich machen, daß es sich um Schwach­sinn handelt.

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Magisches Quadrat
Ganz so schwachsinnig isses nicht. Mal gucken, ob ich die Auflösung noch irgendwo auf der Festplatte habe. Ansonsten sehe ich das Thema Numerologie ziemlich undogmatisch und entspannt. Mit der kabbalistischen Gleichsetzung von Buchstaben und Zahlenwerten kann ich beispielsweise ziemlich wenig anfangen, auch wenn ich schon hundertmal gehört habe, dass die 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets den 22 großen Arkana des Tarot entsprechen und den Pfaden des Sephiroth-Baums.
Wie auch immer, ich bin schon gespannt, was Ihnen zur 13 einfällt;-)

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Da die 5 in der Mitte unumgäng­lich ist, würde ich sie nicht weg­schieben. Die nach Goethe konstru­ierten magi­schen Quadrate haben deshalb auch Mängel. Die Diago­nalen stimmen nicht. An anderen Deu­tungen haben sich auch schon Heer­scharen versucht.

Welche Buchstaben im Alphabet welchen Wert haben, ob man Vokale weglassen darf oder nur Buch­staben zählt, die römi­schen Zahl­zeichen entspre­chen, finde ich weniger inter­essant als die Tatsache, daß man heute von der engli­schen Sprache und sogar vom ASCII-​Code ausgeht, als sei die heilige ameri­kanische Nation von Anfang an auser­wählt.

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