Fibonacci-Zahlen
Nach den Prim- und den Polygonal­zahlen sind die Fibo­nacci-​Zahlen von weit­reichen­dem Inter­esse. Die erste und zweite Fibo­nacci-​Zahl lauten einfach F₁=F₂=1, jede weitere entsteht durch Addi­tion der beiden vorange­henden, also Fₙ=Fₙ₋₁+Fₙ₋₂. Das ergibt die Fibo­nacci-​Folge [1]

1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144, ...

Sehr gerne wird die Entstehung dieser Folge mit Kanin­chen verdeut­licht. Werfen sie an ihrem zweiten, dritten, vierten und jedem weiteren Geburts­tag ein kleines Häs­chen [2], ver­mehren sie sich wie folgt:
Beginn des 1. Jahres:   0
                        |
Beginn des 2. Jahres:   1--------------+
                        |              |
Beginn des 3. Jahres:   1--------+     0
                        |        |     |
Beginn des 4. Jahres:   1-----+  0     1-----+ 
                        |     |  |     |     |
Beginn des 5. Jahres:   1--+  0  1--+  1--+  0
                        |  |  |  |  |  |  |  |
Beginn des 6. Jahres:   1  0  1  1  0  1  0  1
Darin bezeichnet 0 einen neuge­borenen Hasen und 1 einen nach seinem ersten Ge­burts­tag. Ordnen sie sich wie darge­stellt an, entsteht die Fibonacci-​Folge 10110101…, für die man keine Kanin­chen benötigt: Mit 0 beginnend wird schritt­weise 0 durch 1 und 1 durch 10 ersetzt.

Obwohl die Fibo­nacci-​Zahlen gerne in der Natur vorkommen, ist mir ein zutref­fen­deres Beispiel aus dem Baube­reich doch lieber: Es ist eine 20 cm hohe Mauer mit Ziegel­steinen der Größe 10 mal 20 cm zu ver­kleiden. Diese Steine können waage­recht oder senk­recht ver­baut werden. Wieviele Muster aₙ für eine Mauer von n Dezi­metern Länge sind möglich? Offensicht­lich gibt es 1, 2 und 3 Muster für Mauern der beschei­denen Länge von 10, 20 und 30 Zenti­metern.
+---+                   +---+---+   +-------+
|   |                   |   |   |   |       |
|   |                   |   |   |   +-------+
|   |                   |   |   |   |       |
+---+                   +---+---+   +-------+

+---+---+---+   +---+-------+   +-------+---+
|   |   |   |   |   |       |   |       |   |
|   |   |   |   |   +-------+   +-------+   |
|   |   |   |   |   |       |   |       |   |
+---+---+---+   +---+-------+   +-------+---+
Für größere n wähle ich eine kompaktere Darstel­lung mit | für einen senk­rechten und == für zwei waage­rechte Ziegel:
n=4:  ||||   ||==   |==|   ==||   ====

n=5:  |||||   |||==    ||==|    |==||
      
      ==|||   |====    ==|==    ====|
Damit ist Verdacht auf Fibonacci gegeben, und tatsäch­lich führt die folgende Über­legung auf aₙ=aₙ₋₁+aₙ₋₂: Mauern der Länge n mit einem senk­rechten Ziegel am Ende gibt es soviele wie Mauern der Länge n−1, und Mauern der Länge n mit zwei waage­rechten Ziegeln am Ende soviele wie von der Länge n−2. Mit senk­rechtem Ziegel am Ende sind es demnach aₙ₋₁ und mit waage­rechten aₙ₋₂, insgesamt also aₙ=aₙ₋₁+aₙ₋₂. Da zudem a₁=1=F₂ und a₂=2=F₃ ist, muß aₙ=Fₙ₊₁ sein. [3]

Weitgehend bekannt ist das sich der goldenen Zahl nähernde Verhäl­tnis zweier aufein­ander­folgenden Fibonacci-​Zahlen:
  3/2  = 1,500000    5/3  = 1,666667
  8/5  = 1,600000   13/8  = 1,625000
 21/13 = 1,615385   34/21 = 1,619048
 55/34 = 1,617647   89/55 = 1,618182
Die Darstellung in zwei Spalten soll verdeut­lichen, daß die Nähe­rungen abwech­selnd unter und über der goldenen Zahl Φ≈1,618 liegen. Mit einem kleinen Phi wird der goldene Schnitt φ≈0,618 bezeich­net. Es gilt:

Φ = (√5+1)/2 = 1/φ = φ+1 = 1,6180339887498948482...
φ = (√5−1)/2 = 1/Φ = Φ−1 = 0,6180339887498948482...

Mit diesen beiden an vielen Stellen vor­kommen­den Zahlen, lautet die Binet­sche Formel [4] für die Fibo­nacci-​Zahlen:

Fₙ = ( Φn − (−φ)n ) / √5

Im wesentlichen wächst also Fₙ in jedem Schritt um den Faktor Φ. Von der damit gege­benen Mittel­linie Φⁿ/√5 weicht Fₙ um den immer kleiner werden­den Betrag φⁿ/√5 ab. [5]

[1] The On-Line Ecyclopedia of Integer Sequences. A000203

[2] Ich weiß, Has*innen sind keine Kanin­chen, und auch die gebären­den unter ihnen werfen nicht beliebig lange genau ein Häs­chen­/elein pro Jahr. Haupt­sache es entstehen die Fibo­nacci-​Zahlen und die Fibo­nacci-​Folge. Man kann die Zibben auch schon im ersten Jahr werfen und dafür mit der Geburt eines zweiten Zibbe­leins sterben lassen. So habe ich es in meinem Beitrag zur Zahl 13 geschehen lassen.

[3] Der aufmerksame Leser wird nun einwenden können, die Über­legung sei unvoll­ständig, weil immer nur gerad­linig abschlie­ßende Mauern verlän­gert würden. Doch habe ich dies still­schwei­gend voraus­gesetzt, da ja grad­linig begonnen wird und auch nur grad­linig fortge­setzt werden kann. Ein Ziegel­versatz wie an Haus­wänden ist also nicht möglich. Aber tatsäch­lich steckt in der Ungrad­linig­keit die Heraus­forde­rung, wenn man die Mauer höher als zwei Ein­heiten anlegt.

[4] Die Binetsche Formel ergibt sich aus folgender Über­legung: Da Φ und −φ Wurzeln der Gleichung x²=x+1 sind, erfüllen nicht nur die beiden Folgen der Potenzen von Φ und −φ die Rekur­sions­glei­chung der Fibo­nacci-​Folge, sondern auch alle Linear­kombina­tionen αΦⁿ+β(−φ). Aus den Gleichungen αΦβφ=F₁=1 und αΦ²+βφ²=F₂=1 ergeben sich für die Fibo­nacci-​Folge die beiden Gewichte α=1/√5 und β=−1/√5.

[5] Mit dem Taschen­rechner berechnet sich zum Beispiel die 12. Fibo­nacci-​Zahl wie folgt: 1+√5=/2=^12=/√5 ergibt 144,001…, gerundet F₁₂=144.

Goldener Schnitt

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Die Fibonacci-​Zahlen haben natürlich viele schöne Eigen­schaften. Wegen des Bildungs­gesetzes Fₙ=Fₙ₋₁+Fₙ₋₂ verwun­dert es natür­lich nicht, daß die Fibo­nacci-​Zahlen auch in der Diffe­renzen­folge dₙ=Fₙ₊₁−Fₙ vor­kommen:
 n:  1  2  3  4  5  6   7   8   9  10  11  ...
Fn:  1  1  2  3  5  8  13  21  34  55  89  ...
dn:  0  1  1  2  3  5   8  13  21  34  55  ...
Offensichtlich ist d₁=0 und dₙ=Fₙ₋₁ für n>1. Der Über­gang zur Diffe­renzen­folge besteht also im wesent­lichen aus einer Ver­schie­bung um eine Posi­tionen in die posi­tive Richtung. Aus diesem Grunde könnte man für die durch sₙ=F₁+F₂+…+Fₙ defi­nierte Summen­folge sₙ=Fₙ₊₁ erwarten. Doch
 n:  1  2  3  4  5  6   7   8   9   10  ...
Fn:  1  1  2  3  5  8  13  21  34   55  ...
sn:  1  2  4  7 12 20  33  54  88  143  ...
verdeutlicht sₙ=Fₙ₊₂−1 mit zwei Unschön­heiten. Versöhn­licher sähe es aus, wenn man die Fibo­nacci-​Folge mit F₋ₙ=F₂₋F₁₋=Fₙ·(−1)⁻¹ in die nega­tive Rich­tung fort­setzte, die Summation ab n=−2 mit s₋₂=0 begänne und die Diffe­renzen gemäß dₙ=FₙFₙ₋₁ defi­nierte:
 n: ... -6 -5 -4 -3 -2 -1  0  1  2  3  4  5  6  ...
dn: ... 21 13 -8  5 -3  2 -1  1  0  1  1  2  3  ...
Fn: ... -8  5 -3  2 -1  1  0  1  1  2  3  5  8  ...
sn: ...     2 -1  1  0  1  1  2  3  5  8 13 21  ...
Doch beides ist aus guten Gründen nicht die Konven­tion.

Differenzenfolge | Summenfolge

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Der Fibonacci-​Folge selbst und vor allem der Binet­schen Formel

Fₙ = ( Φn − (−φ)n ) / √5

entnimmt man, daß mit größer werden­dem n sich der Quotient zweier auf­einander­fol­gender Fibo­nacci-​Zahlen immer mehr der gol­denen Zahl Φ nähert. Für große n gilt also

Fn−1 : Fn : Fn+1φ : 1 : Φ

womit Fₙ in der Nähe des geome­tri­schen Mittels von Fₙ₋₁ und Fₙ₊₁ liegt. Somit verwun­dert nicht, daß die Folgen qₙ=Fₙ² und pₙ=Fₙ₋₁·Fₙ₊₁ nur wenig vonein­ander abwei­chen:
 n:  1  2  3   4   5   6    7    8     9   ...
Fn:  1  1  2   3   5   8   13   21    34   ...
qn:  1  1  4   9  25  64  169  441  1156   ...
pn:     2  3  10  24  65  168  442  1155   ...
Offensichtlich unterscheiden sich q und p stets um 1, abwech­selnd in die eine und die andere Rich­tung. Es gilt

Fn−1 · Fn+1 = Fn2 + (−1)n

Bildet man zur Folge q der Quadrate der Fibo­nacci-​Zahlen die Summen­folge s
 n:  1  2  3   4   5    6    7   8      9    10  ...
Fn:  1  1  2   3   5    8   13   21    34    55  ...
qn:  1  1  4   9  25   64  169  441  1156  3025  ...
sn:  1  2  6  15  40  104  273  714  1870  3026  ...
kann man sehen und sodann nach­rechnen, daß sₙ=Fₙ·Fₙ₊₁ ist, was auf die schöne Bezie­hung

F12 + F22 + F32 + … + Fn2 = Fn · Fn+1

führt, die durch
+-------------------------+---------------+
|           F(6)          |     F(5)      |
|                         |               |
|                         |               |
|                         |           F(5)|
|                         |               |
|                         |               |
|F(6)                     |               |
|                         +---------+-----+
|                         |  F(4)   |     |
|                         |         |     |
|                         |F(4)     +--+--+
|                         |         |  |  |
+-------------------------+---------+--+--+
                     F(7)
veranschaulicht werden kann.

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Wegen der Einfachheit der Rekursion Fₙ=Fₙ₋₁+Fₙ₋₂, gibt es Bezie­hungen zwischen und mit Fibo­nacci-​Zahlen wie Sand am Meer. Neben den bereits erwähnten

F1 + F2 + F3 + … + Fn = Fn+2−1
Fn−1 · Fn+1 = Fn2 + (−1)n
F12 + F22 + F32 + … + Fn2 = Fn · Fn+1

hier nur noch ein paar davon:
Fn+3 + Fn = 2·Fn+2  21+5=2·13  34+8=2·21  55+13=2·34
Fn+3 - Fn = 2·Fn+1  21-5=2·8   34-8=2·13  55-13=2·21
Fn+2 + Fn-2 = 3·Fn  13+2=3·5   21+3=3·8    34+5=3·13

Fn+12 + Fn2 = F2n+1          82+52=89=F11
Fn+12 - Fn-12 = F2n          82-32=55=F10
Fn+13 + Fn3 - Fn-13 = F3n    83+53-33=610=F15

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