Planetengeschlecht
wuerg, 06.12.2017 22:54
Der Mensch verspürt das unstillbare Verlangen, alles in zwei Gruppen zu teilen, in Wahrheit und Lüge, in gut und böse, in männlich und weiblich. Wenn diese Willkür als Yin und Yang aus Asien daherkommt oder in den eigenen Kram paßt, heißt sie nicht dualistisch, sondern beschönigend polar und ist in einem schlichten Weltbild willkommen. In der Opferrolle zwischen den Geschlechtern aber wird in letzter Zeit der normale Mensch als bipolar diffamiert. Durch die im Kern pleonastische Wortbildung soll wohl eine Reduktion der vermeintlichen Vielfalt auf zwei Pole angedeutet werden. [1] Und es wird den selbsterwählten Gegnern vorgeworfen, ihr Denken auf diese zwei Pole zu beschränken, ein streng dualistisches Weltbild zu haben, das andere Möglichkeiten leugnet.
Natürlich ist dualistisches Denken zumeist nicht angemessen. Eine Zweiteilung kann aber das Denken vereinfachen. [2] Auf der anderen Seite ziehen manche ihr ganzes Selbstbild aus dem Glauben, daß diese Zweiteilung falsch, unvollständig, überlappend, unsymmetrisch, ungerecht, gemein oder weiß sei. [3] Dabei ist es ganz normal, Ordnung, Überblick und begriffliche Klarheit in einen großen, kaum überschaubaren, vielleicht sogar unendlichen Bereich zu bringen, indem zunächst große Teile ausgesondert werden. Die mögen sich als überlappend und unvollständig erweisen, erleichtern aber die Betrachtung des möglicherweise sehr interessanten Restes. [4]
Bei der Aufteilung der Planeten in männliche und weibliche gibt es ein Problem: Nur zwei der zugeordneten Götter, nämlich Luna und Venus sind weiblich. Außerdem sind ihre Nummern 7 und 5 ungerade, also nach der allgemeinen Auffassung männlich. Eine Zweiteilung scheidet wegen der Siebenzahl so und so aus. Doch das hielt Astrologen, Anthroposophen und andere Spinner nicht von einer Aufteilung ab, gerne in Form von Hexagrammen. Die bestehen aus einem männlichen Dreieck, dessen Spitze symbolträchtig in den Himmel ragt, und einem nach unten weisenden weiblichen mit ebensolcher eindeutiger Symbolik, die vor dem Zeitalter der Intimrasur keinem erklärt werden mußte.
Von diesem Zeug allgemein durchgesetzt hat sich lediglich die Zuordnung von Venus und Mars auf die Geschlechter weiblich und männlich, die deshalb auch mit den Symbolen für diese beiden Planeten bezeichnet werden. Mit der vermeintlichen Auflösung der Geschlechter entstand natürlich das Bedürfnis, den neuen Klein- und Phantasiegruppen Symbole zuzuordnen. Für sie und die Zwei-, Drei- und Mehrfachbeziehungen untereinander gibt es eine schier endlose, die Alchemisten fast in den Schatten stellende Fülle von Symbolen, die es großenteils sogar in den Unicode geschafft haben. [7]
Einigermaßen vernünftig erscheint mir das Bemühen, aus den bekannten Planetensymbolen eines auszuwählen, unter dem alle zusammenfinden können, die sich zumindest nicht dauerhaft eindeutig dem Mars oder der Venus zuordnen wollen. Zunächst kommt die Erde zwischen Venus und Mars in Betracht. Für sie gibt es zwei Zeichen. Da das astrologische Zeichen wie das der Venus auf dem Kopf aussieht, kommt mehr das astronomische infrage, ein Kreis mit einem Kreuz in Form eines Pluszeichens darin. [8] Doch auch Merkur ist ein guter Kandidat. Sein Zeichen ☿ ergänzt das der Venus um eine Schüssel auf dem Kopf, die Flügel darstellen soll. Das Metall des Merkur ist das Quecksilber, das so fluide ist wie manche gerne ihr Geschlecht sehen.
Zwar können vier Typen durch Ankreuzen oder Freilassung von zwei Feldern für männlich und weiblich unterschieden werden, wodurch die vier Codes der internationalen Norm abdeckbar sind, doch ist es wohl nicht zumutbar, erlaubt oder inhaltlich angemessen, beides anzukreuzen. [9] Deshalb hat ein deutsches Gericht eine weitere Option gefordert. Wieder einmal wurde bis zu einer solchen Entscheidung gewartet, statt im Vorfeld überlegen zu handeln, nämlich das Geschlecht aus dem Geburtenregister zu streichen. Für Statistiken muß man es so und so erfragen, und in der geschlechtssensitiven Forschung gibt man sich schon lange nicht mehr mit zweien zufrieden. So wird alles weitere Blüten treiben, und es werden sich mehr oder minder die gleichen Sektierer gegen jetzt für progressiv gehaltene Bezeichnungen wie MC für „male changed to female“ wenden.
[1] Natürlich gibt es auch Quadrupole und die Suche nach den magnetischen Monopolen. Ohne Zusatz aber meint polar immer zwei Pole.
[2] Am liebsten ohne Rest und ohne Überlappung. Der Höhepunkt besteht darin, wenn die beiden Klassen auch noch bijektiv unter Erhaltung grundlegender Beziehungen aufeinander abgebildet werden können.
[3] Die Aufteilung der ganzen Zahlen in positive und negative ist auch nicht gerecht. Die Multiplikation führt aus den positiven nicht heraus, aus den negativen aber schon.
[4] Es ist nicht nur legitim, sondern naheliegend, unter allen Gruppen nur die endlichen zu betrachten und unter diesen nur die einfachen, in denen man mehrere sog. Familien mit besonderen Eigenschaften findet. Es ist kein Problem, wenn diese Familien sich überlappen. Und sehr, sehr interessant sind die 26 sporadischen Gruppen, die keiner dieser Familien angehören.
[5] Pilecki, Michael: Der Kosmos in den Zahlen. One World Verlag, Berlin.
[6] Peter, Wolfgang: Sieben Planeten. Anthrowiki.
[7] Das muß nicht beunruhigen, denn im Unicode gibt es auch Gesichter und Menschen aller Art in mehreren Hautfarben (neutral ist gelb wie die Simpsons), Grinsemonde, Hamburger und Scheißhaufen.
[8] Die Symbole ♁ und ⊕ bezeichnen die Erde. In der Astronomie wird gerne letzteres verwendet.
[9] ISO 5218 kennt männlich (1), weiblich (2), unbekannt (0) und unzutreffend (9). Die alten IBM-Menü-Akrobaten würden sagen: Nine wie nein, ich weiß nix oder will mich nicht festlegen. Wieder sind die Amerikaner anders, möglicherweise voraus: M, F, U, H, A, MP, FP, MC und FC.
2 | Zahlgeschlecht | Planetenwoche
Natürlich ist dualistisches Denken zumeist nicht angemessen. Eine Zweiteilung kann aber das Denken vereinfachen. [2] Auf der anderen Seite ziehen manche ihr ganzes Selbstbild aus dem Glauben, daß diese Zweiteilung falsch, unvollständig, überlappend, unsymmetrisch, ungerecht, gemein oder weiß sei. [3] Dabei ist es ganz normal, Ordnung, Überblick und begriffliche Klarheit in einen großen, kaum überschaubaren, vielleicht sogar unendlichen Bereich zu bringen, indem zunächst große Teile ausgesondert werden. Die mögen sich als überlappend und unvollständig erweisen, erleichtern aber die Betrachtung des möglicherweise sehr interessanten Restes. [4]
Bei der Aufteilung der Planeten in männliche und weibliche gibt es ein Problem: Nur zwei der zugeordneten Götter, nämlich Luna und Venus sind weiblich. Außerdem sind ihre Nummern 7 und 5 ungerade, also nach der allgemeinen Auffassung männlich. Eine Zweiteilung scheidet wegen der Siebenzahl so und so aus. Doch das hielt Astrologen, Anthroposophen und andere Spinner nicht von einer Aufteilung ab, gerne in Form von Hexagrammen. Die bestehen aus einem männlichen Dreieck, dessen Spitze symbolträchtig in den Himmel ragt, und einem nach unten weisenden weiblichen mit ebensolcher eindeutiger Symbolik, die vor dem Zeitalter der Intimrasur keinem erklärt werden mußte.
1-So Ma-rot /\ /\ 6-Ve____/__\____4-Sa So-ora____/__\____Mo-vio \ / \ / \ / \ / \/ \/ \/ \/ /\ /\ /\ /\ /__\____/__\ /__\____/__\ 9-Ma \ / 3-Ju Me-gelb \ / Ju-blau \/ \/ 2-Mo Sa-grünIm linken Hexagramm wurde der Saturn weiblich gemacht. [5] Merkur fehlt und wird gerne mit der Nummer 5 in die Mitte gestellt. Und es wurde neu numeriert, weil 1, 3, 9 männlich und 2, 4, 6 weiblich sind. Merkur wäre damit männlich und kein Hermaphrodit ☿. Die 7 und die 8 fehlen, und Mars hat die 9 des aufrechten Mannes im Kontrast zur kopfstehenden 6 der Venus. Die Anthroposophen unternehmen wie im rechten Diagramm keine besonderen Anstrengungen und sehen abweichende Zuordnungen nicht als Makel, sondern als Vielfalt. [6] Für sie sind die Spektralfarben wichtiger als Zahlen und Geschlecht. Deshalb fehlt die Venus, der aber indigo zugeordnet wird. Was ein Armutszeugnis!
Von diesem Zeug allgemein durchgesetzt hat sich lediglich die Zuordnung von Venus und Mars auf die Geschlechter weiblich und männlich, die deshalb auch mit den Symbolen für diese beiden Planeten bezeichnet werden. Mit der vermeintlichen Auflösung der Geschlechter entstand natürlich das Bedürfnis, den neuen Klein- und Phantasiegruppen Symbole zuzuordnen. Für sie und die Zwei-, Drei- und Mehrfachbeziehungen untereinander gibt es eine schier endlose, die Alchemisten fast in den Schatten stellende Fülle von Symbolen, die es großenteils sogar in den Unicode geschafft haben. [7]
Einigermaßen vernünftig erscheint mir das Bemühen, aus den bekannten Planetensymbolen eines auszuwählen, unter dem alle zusammenfinden können, die sich zumindest nicht dauerhaft eindeutig dem Mars oder der Venus zuordnen wollen. Zunächst kommt die Erde zwischen Venus und Mars in Betracht. Für sie gibt es zwei Zeichen. Da das astrologische Zeichen wie das der Venus auf dem Kopf aussieht, kommt mehr das astronomische infrage, ein Kreis mit einem Kreuz in Form eines Pluszeichens darin. [8] Doch auch Merkur ist ein guter Kandidat. Sein Zeichen ☿ ergänzt das der Venus um eine Schüssel auf dem Kopf, die Flügel darstellen soll. Das Metall des Merkur ist das Quecksilber, das so fluide ist wie manche gerne ihr Geschlecht sehen.
Zwar können vier Typen durch Ankreuzen oder Freilassung von zwei Feldern für männlich und weiblich unterschieden werden, wodurch die vier Codes der internationalen Norm abdeckbar sind, doch ist es wohl nicht zumutbar, erlaubt oder inhaltlich angemessen, beides anzukreuzen. [9] Deshalb hat ein deutsches Gericht eine weitere Option gefordert. Wieder einmal wurde bis zu einer solchen Entscheidung gewartet, statt im Vorfeld überlegen zu handeln, nämlich das Geschlecht aus dem Geburtenregister zu streichen. Für Statistiken muß man es so und so erfragen, und in der geschlechtssensitiven Forschung gibt man sich schon lange nicht mehr mit zweien zufrieden. So wird alles weitere Blüten treiben, und es werden sich mehr oder minder die gleichen Sektierer gegen jetzt für progressiv gehaltene Bezeichnungen wie MC für „male changed to female“ wenden.
[1] Natürlich gibt es auch Quadrupole und die Suche nach den magnetischen Monopolen. Ohne Zusatz aber meint polar immer zwei Pole.
[2] Am liebsten ohne Rest und ohne Überlappung. Der Höhepunkt besteht darin, wenn die beiden Klassen auch noch bijektiv unter Erhaltung grundlegender Beziehungen aufeinander abgebildet werden können.
[3] Die Aufteilung der ganzen Zahlen in positive und negative ist auch nicht gerecht. Die Multiplikation führt aus den positiven nicht heraus, aus den negativen aber schon.
[4] Es ist nicht nur legitim, sondern naheliegend, unter allen Gruppen nur die endlichen zu betrachten und unter diesen nur die einfachen, in denen man mehrere sog. Familien mit besonderen Eigenschaften findet. Es ist kein Problem, wenn diese Familien sich überlappen. Und sehr, sehr interessant sind die 26 sporadischen Gruppen, die keiner dieser Familien angehören.
[5] Pilecki, Michael: Der Kosmos in den Zahlen. One World Verlag, Berlin.
[6] Peter, Wolfgang: Sieben Planeten. Anthrowiki.
[7] Das muß nicht beunruhigen, denn im Unicode gibt es auch Gesichter und Menschen aller Art in mehreren Hautfarben (neutral ist gelb wie die Simpsons), Grinsemonde, Hamburger und Scheißhaufen.
[8] Die Symbole ♁ und ⊕ bezeichnen die Erde. In der Astronomie wird gerne letzteres verwendet.
[9] ISO 5218 kennt männlich (1), weiblich (2), unbekannt (0) und unzutreffend (9). Die alten IBM-Menü-Akrobaten würden sagen: Nine wie nein, ich weiß nix oder will mich nicht festlegen. Wieder sind die Amerikaner anders, möglicherweise voraus: M, F, U, H, A, MP, FP, MC und FC.
2 | Zahlgeschlecht | Planetenwoche
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