Erdenstunde
Die Tage werden wieder länger, doch der mittlere Erdentag ändert sich kaum. Zur Zeit liegt er eine halbe Milli­sekunde über den 24 Stunden bei 86400,0005 Sekunden, die mittlere Erdenstunde hat somit 3600,00002 Sekunden. Wenn wir bei unseren Uhr­zeiten bleiben, dann muß alle paar Jahre eine Schalt­sekunde einge­fügt werden, denn Jahre wie 2023, da die Tage kürzer waren und manche schon negative Schalt­sekunden kommen sahen, wird es immer seltener geben. [1]

Etwas anderes als der Erdentag ist der Tag der Erde am 22. April, einer von vielen, vor allem nonbi­nären sog. Gedenk­tagen im Jahr. [2] Auch ganze Monate und ein­zelne Stunden wurden dem jährlich wieder­keh­renden Gedenken darge­bracht. [3] Der Stolz­monat Juni, jetzt auch der Vega­nuary und neben dem Tag der Erde am 22. April heute die Stunde der Erde, in der wie seit 2009 nicht mehr während, sondern nach der Tagesschau von 20:30 bis 21:30 alle Lichter ausgehen sollen, um nicht nur ein Zeichen, sondern eine starkes Symbol zu setzen. Nicht nur für das Klima auch für die Demo­kratie. [4]

Wäre es nicht ein noch stärkeres Zeichen, wenn die ganze Welt gleich­zeitig die Lichter löschte, etwa von 11:30 bis 12:30 UTC? Das wäre für alle Zonen UTC±n mit |n|<12 auch der gleiche Tag. Leider keine gute Idee, denn was nützt es, am hellich­ten Tag die Beleuch­tung auszu­schalten? Aber eine andere Frage blieb mir beim Studium der all­wissen­den Müll­halde unbeant­wortet: Nach welchen Kriterien wird der Tag im Monat März bestimmt, auf den die Stunde der Erde fällt. In der Wiki­pedia muß ich die Erklä­rung in den seiten­langen Auslas­sungen darüber, wer so alles seine Lichter löschte, über­lesen haben. So mußte ich mir die 18 bishe­rien Tage ansehen:
Jahr des 21. Jhd.  07-08 09 10 11-12 13 14 15-16 17 18 19-20 21 22 23-24
Tag im Monat März  31 29 28 27 26 31 23 29 28 19 25 24 30 28 27 26 25 23
Fast immer ist es der letzte Samstag im Monat März. Fett sind die drei Aus­nahmen mit dem zweit­letzten Samstag.

Zunächst dachte ich, der 30. März würde stets vom 23. abgelöst, weil in der kom­men­den Nacht die Zeit umge­stellt wird. [5] Doch dann sah ich den 30.03.2019 und den 19.03.2016. Letz­teres meinte ich klären zu können: Eine Woche später, am 26.03.2016 war das Eröff­nungs­spiel Deutsch­land gegen England der Europa­meister­schaft und benötigte Flut­licht. Doch was sprach gegen den 23.03.2019? Oder ist es umge­kehrt: War es gar nicht die Zeit­umstel­lung, sondern ein wich­tiges Ereignis, was 2013 und auch dieses Jahr den 30. März ausschied? Ja, Oster­samstag, da ist Tanz- und Ver­dunke­lungs­verbot. Und damit fand ich das letzte Puzzle­stück: Auch 2016 lag es nicht am Fußball, sondern am Oster­samstag, den 26. März.

Damit habe ich nun ein Mysterium geklärt: Die Stunde der Erde ist normaler­weise von 20:30 bis 21:30 in der aktu­ellen Zeit­zone, wird aber um eine Woche vorge­zogen, wenn es ein Oster­samstag wäre. Das hätte doch auch irgendwo ganz oben stehen können. Wahr­scheinlich war ich nur zu blöd, es zu sehen oder zu finden. Dennoch war es eine schöne Übung. Und nun noch schnell hoch­geladen, bevor die Lichter ausgehen.

[1] Wenn der Mensch in den Weltraum will, sich nicht mehr so sehr für den Sonnen­höchst­stand inter­essiert und vor allem keine Schalt­sekunden mehr möchte, könnte er sich zum Beispiel auf TAI einigen und am besten die irdi­schen Zeit­zonen vergessen. Dann wäre Mittag in Hamburg eben nicht mehr um 12:20 MEZ oder 13:20 MESZ sondern zunächst gegen 11:20 TAI. Nur ganz, ganz langsam würde sich die Mittags­zeit in den ‚Nachmittag‘ (besser: Richtung 15:00 TAI) ver­schieben. Erst in 1000 Jahren müßte der Hamburger oder Deutsche die Tages­schau wieder von 19:00 TAI auf 20:00 verlegen. Eine juri­stische Ver­biegung der Zeit durch Zeit­zonen und Sommer­zeit sollte es aus Soli­darität mit Menschen und Maschinen außerhalb der Erde nicht mehr geben.

[2] In meiner lutherischen Kindheit gab es nur Geburts-, Todes-, Hochzeits-, Wochen-, Arbeits- und wenige Feier­tage. Die Katho­liken hatten nicht nur von letz­teren mehr, sondern auch noch Namens­tage. Weitere bundes­deut­sche Gedenk­tage gingen unter. Später machte sich die Unsitte breit, allem mögli­chen minde­stens einen Tag im Jahr zu spen­dieren. So haben wir inter­nati­onal heute den Welt­wetter­tag, gestern war es der Welt­wasser­tag.

[3] Natürlich gibt es auch besondere Jahre wie das Lutherjahr, Gedenk­stunden im Bundestag oder Gedenk­minuten zu trau­rigen Anlässen. Hier aber geht es nur um jähr­lich wieder­kehrende Termine.

[4] WWF: Earth Hour 2024 ‒ Deine Stunde für die Erde! „Diese eine Stunde ist ein starkes Symbol, das überall auf der Welt ver­standen wird. Dieses Jahr unter dem Motto: ‚Earth Hour ‒ Deine Stunde für die Erde!‘ ‒ Wir schalten gemein­sam das Licht aus und setzen ein Zeichen für eine klima­gerechte Gesell­schaft, einen ambitio­nierten Klima­schutz und eine starke Demo­kratie.“

[5] Das hätte ich den Strategen zugetraut: Rücksicht auf alte Menschen, die bereits nach dem Abend­essen ihre veraltete Uhr umstel­len und dann zu früh die Lichter löschen, vor allem wieder anmachen, wenn Dunkel­heit verlangt ist.

noon | Sommerzeit | Kiew-Zeit

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Es ist vollbracht! Ich habe hier nichts bemerkt. Wenn aber Firmen und Städte ein wokes Image und ein gutes Gewissen haben wollen, indem sie eine Stunde lang Reklame und Beleuch­tung abschalten, dann soll mir das recht sein. Besser wäre, sie ließen den Mist beständig aus. Das sparte neben Strom auch Elekto­instal­lationen.

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Leider habe ich wieder einmal mit meinen Admini­strator­rechten einen Kommentar eines anderen über­schrieben. Gesichert hatte ich auch nicht, aber zumindest einen Teil in Kopie noch irgendwo stehen: (wuerg, 25.03.2024)

Umwelt kaputt, tun es weiterhin und reden jetzt den "Schwellenländern" ins Gewissen. Doch diese wollen erst mal Geld verdienen, sich entwickeln, bevor sie sich um die Umwelt und das Klima kümmern. Zudem sind es oft keine stabilen Demokratien.

Wie naiv ist in dieser Situation ein weltweiter Aufruf an Einzelne, "Erdenstunden" zu sammeln, mit Plastik-Sammelaktionen und Lichtabschalten, wenn klar ist, daß die globale Industrie immer mehr Energie braucht? Dazu gibt es keine Alternative! Lichtausschalten liefert auch keine saubere Energie. Wir müssen lernen, bei geringerem Energieverbrauch zu "wachsen"!

Zum Glück haben wir einen riesigen Energielieferanten am Himmel hängen! Hinzu kommt der Wind, das Wasser. Wo sind die "Start-ups" mit guten Ideen, die uns Hoffnung machen, bevor wir an 24 Stunden am Tag das Licht ausschalten!

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Ich mag es auch nicht, wenn Menschen auf Kommando das gleiche tun. So sang ich gerne die Inter­nati­onale, bin aber auf einer DKP-​Veran­staltung dazu nicht aufge­standen. Und wenn ich zu einer aktu­ellen Demon­stration der Demo­kraten ginge, würde ich niemals gemeinsam mit vielen meine Handy-​Lampe ein­schalten. Auch hätte ich weder Butter, noch Kanonen gerufen.

So finde ich es auch albern mein beschei­denes Licht auszu­schalten. Auch draußen war es wie immer. Es wäre auch fahr­lässig, die Straße nicht zu beleuchten. Aber es ging im Kern ja nur um ange­strahlte Gebäude und große Reklame­flächen. Daß durch eine Stunde keine Energie gespart wird, ist natür­lich auch den Initia­toren klar. Es geht um das „starke Symbol“.

Gelesen habe ich heute nichts darüber, auch kam es zu keinem Zusammen­bruch von Strom­netzen, wie sie im ersten Jahr noch befürch­tet wurden, weil die keine großen plötz­lichen Schwan­kungen ver­tragen. Tatsäch­lich soll es Probleme gegeben haben, wenn früher die Ferseh­zuschauer durch massen­weises Ein­schalten von Elektro­geräten abge­stimmt haben, weshalb man auf Toiletten­spülung und Wasser­verbrauch umstellte. Beides ginge heute aus morali­schen Gründen nicht mehr.

Sie sehen den riesigen Energie­liefe­ranten am Himmel als Glück. Viele wären dankbar, wenn er ein Prozent weniger lieferte. Oder auch nicht, weil ihnen dadurch die Klima­keule aus der Hand geschlagen würde. Gute Ideen gibt es: Eine war die LED-​Beleuch­tung, die mehr gute statt schlechter Wellen­längen abstrahlt. So könnte man auch riesige Solar­anlagen zwischen Erde und Sonne plazieren, die deren Einstrah­lung mindern und saubere Energie zur Verfü­gung stellen.

Anschließend warten wir noch ein paar Jahrhun­derte, bis unser Energie­bedarf so groß geworden ist, daß die Erde sich dank CO₂-​Reduktion und anderer Maß­nahmen zwar nicht mehr wegen erhöhter Absorp­tion lang­welliger Rück­strah­lung erwärmt, sondern einfach durch den Energie­verbrauch selbst, der ja letzt­lich auch in Wärme endet. Aber bis dahin wird der globale Süden seinen Next-Einstein hervor­gebracht haben, der uns allen den Arsch rettet.

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Da ist wohl einiges durcheinander geraten, wobei mein Kommentar den Bach hinunter geflossen ist. Leider machte ich keine Kopie davon... also wie auch immer, im schlimmsten Fall lebe ich mit dem Schwund auch ganz gut. 😉

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