Generation Praktikum
Mit nur etwas Glück hätte ich im heutigen Prakti­kanten-​Quiz von Spiegel-​Online [1] vier von zehn Ant­worten richtig treffen können. Hier die Auswertung:

„Sie haben 3 von 10 Punkten.

Nun, der Riesen-Experte für die Belange des Preka­riats sind Sie nicht. Wahr­schein­lich bekamen Sie schon früher von Mutti 50 Pfen­nig fürs Spülen und zum Diplom eine führende Position in Papis Firma über­tragen ‒ die ganze Diskus­sion um Ausbeu­tung hoch quali­fizier­ter Akade­miker in Billig­jobs halten Sie für völlig über­zogen. Die sollen sich einfach mal anstren­gen, statt immerzu nur zu meckern, Ihnen wurde ja auch nix geschenkt!“

[1] Stephan Orth: Schuftest du noch oder verdienst du schon? Spiegel-​Online, 29.01.2007.

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00er Jahre
Anläßlich der Frage, ob eine Ü70-Party für betagte Seni­oren ist oder sich dort keine vor 1970 gebo­renen Men­schen sehen lassen sollten, kamen mir wieder die namens­losen Jahr­zehnte in den Sinn. [1] Wie nennen wir die Jahre von 2000 bis 2009, wie die von 1910 bis 1919? Die golde­nen Zwan­ziger kennt jeder, von den Zeh­nern oder Nul­lern habe ich noch nichts gehört. Schrei­ben läßt es sich leich­ter, vor allem in unge­bührli­cher Abkür­zung. Die Google-​Tref­fer dazu:
00er Jahre     574       50er Jahre   1.190
10er Jahre   1.320       60er Jahre   1.230
20er Jahre     769       70er Jahre   1.270
30er Jahre     913       80er Jahre   1.300
40er Jahre     483       90er Jahre   1.270
Die zweite Hälfte der 1900er Jahre wird deut­lich öfter genannt. Die 40er standen wohl in Kon­kur­renz zu den Kriegs­jahren, die gol­denen Zwan­ziger ste­chen gar nicht beson­ders hervor und nach den Zehner­jahren wurde wohl auch dann gesucht, wenn alle mit Null am Ende gemeint waren. Daß die 00er gar nicht so selten vorkommen, ist wohl dem Umstand geschul­det, daß wir der­zeit (2007) in diesen Jahren leben.

Inzwischen schreiben wir das Jahr 2022, und Google hat die Treffer­anzeige abge­schafft, sonst hätte ich gerne die aktu­ellen Zahlen mit den alten vor 15 Jahren vergli­chen.

[1] Dieter Herberg: Namenlose Jahrzehnte? Sprachreport, Leibniz-Institut für Deutsche Sprache, Mannheim. Er konnte sich noch nicht so recht vorstellen, daß Nuller­jahre eines Tages (2022) nicht mehr befremd­lich klingt oder inkorrekt von den 2000er gespro­chen wird.

00 | Zwanzighundert

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Ünn-Party
Im Kompetenzteam wurde Generation 50‑Plus sofort mit Ü30 gekon­tert. Zu beiden Vor­schlägen blieb aber wie in den meisten Fällen eine Diskus­sion aus. Trotzdem wurde ich angeregt, die Google-​Treffer zu den Ü‑Partys zu zählen. Hier die High­score-​Liste:
 1. Platz:   Ü30 party  140.000
 2. Platz:   Ü26 party   11.000
 3. Platz:   Ü25 party    8.910
 4. Platz:   Ü40 party    5.210
 5. Platz:   Ü20 party    3.950
 6. Platz:   Ü29 party    2.580
 7. Platz:   Ü16 party    1.610
 8. Platz:   Ü17 party    1.360
 9. Platz:   Ü50 party    1.276
10. Platz:   Ü18 party      706
11. Platz:   Ü28 party      636
12. Platz:   Ü33 party      526
13. Platz:   Ü35 party      209
14. Platz:   Ü21 party      158
15. Platz:   Ü60 party      153
16. Platz:   Ü90 party      137
17. Platz:   Ü70 party       92
18. Platz:   Ü31 party       87
19. Platz:   Ü45 party       60
20. Platz:   Ü44 party       52
Erwartungs­gemäß domi­niert die Ü30‑Party. Sie ist zu feiern, wenn man einen Mann fürs Leben sucht und merkt, daß er keinen Wander­pokal will. Ü29 erklärt sich noch durch das Mißverständnis, man könne erst mit 30 Jahren und einem Tag oder gar 31 zu einer Ü30‑Feier ein­laden. Aber was findet bei Ü26 statt? Das gleiche wie bei der Ü25‑Feier der Quarter-​Life-​Crisis?

Die Ü14‑Party hat es mit nur 26 Tref­fern nicht in die Liste geschafft, obwohl man doch feier­lich aus der Kirche aus­treten und seine erste mündige Straftat bege­hen könnte. Gut gefallen haben mir auch die 16 Tref­fer für Ü3. Wahr­schein­lich ist das nicht die dritte Vor­sorge­unter­suchung, sondern der Wechsel ins vierte Semester. Und ebenso bedauere ich die nur 43 Tref­fer für Ü100, was aber nicht wesent­lich weniger als die 51 für die Ü‑Ei-​Party sind.

Ü14-Party

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Ü14-Party
In der FR von heute lese ich: „Sieben Tatver­däch­tige nahm die Polizei fest. Der Älteste von ihnen ist 17. Der Jüngste 14. Alle sollen türki­scher oder arabi­scher Her­kunft sein. "Alles Süd­länder", sagt Kosch­mieder, als würde das etwas erklären.“

Natürlich erklärt das vieles. Wenn der Schrei­ber­ling wirk­lich anderer Meinung wäre, hätte er sich drei der vier Kurz­sätze sparen können.

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1428
Im Islam gibt es keine Geister, die zu Neujahr mit Raketen und Knallkörpern vertrieben und mit Alkohol wieder gerufen werden müssen. Ich hätte aber schon erwartet, daß der Jahreswechsel wenigsten zur Kenntnis genommen wird. Eben, eine Stunde nach Sonnenuntergang war ich beim türkischen Gemüsehändler. Bei ihm war alles wie immer. Seine Kinder an der Kasse guckten nur ungläubig, als ich sie mit dem Jahr 1428 konfrontierte.

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Zinseszinsen
Welcher Monat ist der längste? Es ist der Oktober, er hat 31 Tage und dazu noch eine Stunde von der Zeitum­stellung. Solche Aufgaben fördern das Denken und verdeut­lichen die Lebens­weisheit, daß es neben einer korrek­ten Antwort, oftmals um Präzi­sierung der Frage­stellung geht. Auch als Haus­auf­gaben für Schüler sind sie gerecht­fertigt, solange der Lehrer selbst sie jeder­zeit durch­schaut. Das scheint mir nicht immer der Fall zu sein. Parade­beispiel sind Zinses­zins­aufgaben:

Du hast 511,29 Euro, die mit 3,6 Pro­zent verzinst werden. Wieviel befindet sich nach 18 Monaten auf deinem Konto? Jede Antwort zwischen 520,48 und 539,66 Euro sollte die volle Punkt­zahl erhalten, wenn sie ordent­lich begründet ist.

Leider hatte ich meiner Tochter zu genau erklärt, was in solchen Zinseszins­aufgaben fast immer gemeint ist, nämlich Konto­eröffnung am Jahres­beginn und Verzin­sung am Jahres­ende. So hat sie in einer Klassen­arbeit für eine 18‑monatige Laufzeit korrekt keine Zinses­zinsen berechnet und kam auf 511,29⋅1,036=529,70. Nur weil dadurch die Note noch ausrei­chend blieb und der Lehrer die halbe Punktzahl wegen guter Begrün­dung vergab, habe ich von Diskus­sionen mit ihm abge­sehen. Die hat mit Lehrern eh keinen Sinn, vor allem nicht für die mit Mathe­matik und Sport. Außerden wissen wir: Lehrer haben am Vor­mittag recht und am Nach­mittag frei.

Der mir auch in anderen Zusammen­hängen nicht gerade als gei­stiger Über­flieger aufge­fallene Mathe­matik­lehrer hatte in seiner Schlicht­heit entgegen der Aufgaben­stellung einfach ange­nommen, das Konto würde nach 18 Monaten gekün­digt, womit eine erneute Verzin­sung anfiele und man 511⋅1,036⋅1,018=539,23 ausge­zahlt bekäme. Die korrekte Inter­preta­tion meiner Tochter war für ihn nur eine „gute Begrün­dung“, die ihn zu keinerlei Einsicht ver­führte und als falsch einge­stuft wurde.

Es wurde also nicht belohnt, daß meine Tochter die Aufgaben­stellung genau inter­pre­tierte und auch wie gewünscht hätte rechnen können. Viel­mehr war ein allge­meiner Stiefel abzu­spulen, der leider dazu führt, daß viele Schüler einfach nur Formeln memo­rieren und hoffen, die richtge erwischt, korrekt einge­setzt und auch gerech­net zu haben. Aber wir lernen ja alle nicht für die Schule, sondern für das Leben. Und das sagt uns: Richtig ist, was Erfolg hat.

Und nun ist der interes­sierte Leser gespannt auf eine Erklä­rung, warum ich je nach Klein­gedruck­tem alles zwischen 520,48 und 539,66 für möglich halte. Eröffnet man das Konto am 30. Juni, so fallen am Jahres­ende für 180 der 360 Zins­tage 511⋅0,036⋅180/360=9,19 an, wenn nur ganze Euro verzinst und auf ganze Cent abge­rundet wird. Das führt zu 511,29+9,19=520,48, bei denen es auch bis zum 30. Dezem­ber des Folgej­ahres bleibt. Bei viertel­jähr­licher Verzin­sung auch der Milli­cent mit 0,9% sind es bereits 511,29⋅(1.009)⁴=539,53, bei monat­licher 511,29⋅(1,003)¹²=539,62 und bei konti­nuier­licher Verzin­sung 511,29⋅exp(0,036⋅18/12)=539,66.

Schulmathematik | Damm-Schnitt | Fallunterscheidungen | Kongruenzsätze | Was ist P(8|9)?

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1.1.2007
In wenigen Minuten endet der erste Tag des neuen juliani­schen Jah­res, jeden­falls für unsere Zeit­zone und unter der Annahme, daß ein neuer juli­ani­scher Tag um Mit­ter­nacht beginnt und nicht erst mit dem Auf­gang der Sonne. Immer noch gibt es Regi­onen und Glau­bens­berei­che, die sich am juli­ani­schen Kalen­der orien­tie­ren und sich dabei wohl noch beson­ders christ­lich vor­kom­men, gleich­wohl ich als Pro­testant es ver­stehe, wenn man nicht sofort katho­li­schen Kalen­der­refor­men nach­gibt.

Der julianische Kalender macht keine Aus­nahmen von der Regel, alle vier Jahre einen Schalt­tag einzu­fügen, ist somit im Mit­tel genau 365,25 Tage lang und sollte von ge­schicht­li­chen Be­trach­tun­gen abge­sehen heute nur noch des­halb inter­es­sant sein, weil auf seiner Basis die meß­tech­nische Jahres­länge defi­niert wurde. Ein Jahr hat 31.557.600 Se­kun­den, das sind 365,25 Tage zu 86400 Se­kun­den.

Wir schreiben das Jahr 2021 und haben ein Jahr hinter uns, des­sen mitt­lere Länge eines Sonnen­tages seit langer Zeit kürzer war als 86400 Se­kun­den. Lang­fri­stig aber steigt diese Tages­länge und liegt gegen­wär­tig um 86400,002 Se­kun­den. Die Abwei­chung des die Jahres­zei­ten bestim­men­den tro­pi­schen Jah­res von den 31.557.600 Se­kun­den ist deut­lich grö­ßer. Es ist nur 31.556.925,26 Se­kun­den lang. Das sind 365,24219 Tage oder 0,99997862 Jahre.

235 Monate zu 29,53059 Tagen umfassen 6939,689 Tage. Das sind nur zwei Stun­den mehr als die 6939,602 Tage des metoni­schen Zyk­lus aus 19 tro­pi­schen Jahren zu 365,24219 Tagen. Aus diesem Grunde liest man gele­gent­lich
235 Monate = 19a 2h
Das ist nicht ganz richtig. Vielmehr sollte es heißen:
235 synodische Monate = 18a 365d 4,5h
 19 tropische Jahre   = 18a 365d 2,5h
Das mag den meisten als Pipifax erschei­nen und dem Rest so und so klar sein. Aber viel­leicht gibt es den einen oder ande­ren Schüler, der sich wie ich vor fast einem hal­ben Jahr­hun­dert fragt: Wie lang ist denn ein Jahr, wenn da einfach nur a steht? Heut­zu­tage sollte es klar sein: 31.557.600 Se­kun­den!

19 | Schalttag | Sternzeit | Kirchenjahr

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