Jahr 0
Gelegentlich hat man sogar im tägli­chen Leben das Problem, Ab­schnit­te sinn­voll zu benen­nen. Auf den ersten Blick mag es selbst­ver­ständ­lich erschei­nen, einen Bereich von einer gan­zen Zahl n bis zur näch­sten n+1 mit n zu bezeich­nen, denkt sich also Zahlen wie x=12,345 aus n=12 und xn=0,345 zusam­menge­setzt. Ein Blick auf die nega­tiven Zahlen trübt aber diesen eben­mäßi­gen Eindruck, denn x=−12,345 läge dann im Inter­vall n=−13. Man mag deshalb unsere Dar­stel­lung nega­tiver Zahlen für falsch halten und eine andere bevor­zugen, wie sie vor der Ein­füh­rung des Taschen­rech­ners ab der dritten Klasse beim Rech­nen mit Loga­rith­men üblich war. Man ent­nahm die Werte einer Tafel und kam für den Loga­rith­mus von 0,0123 auf 0,09−2, nicht −1,91.

Auf der anderen Seite muß man in der üblichen Darstel­lung bei Multi­plika­tion mit −1 nur das Vor­zei­chen austau­schen und beim Zehn­fachen keine Hand­stände machen. Von der Symme­trie um den Null­punkt herum ganz zu schwei­gen. Das darf aber nicht dazu ver­lei­ten, ein­fach die Vor­komma­stel­len als Inter­vall­num­mern zu ver­wen­den, denn dann haben wir um die 0 herum ein grö­ßeres Inter­vall oder zwei, +0 und −0 mit der Frage, in wel­ches denn die 0 selbst fällt. Und des­halb waren unsere Vorfahren gar nicht so dumm, zum Erhalt der Symme­trie auf das nullte Inter­vall zu ver­zich­ten, kein Jahr 0 zu haben und die Jahre 1901 bis 2000 als 20. Jahr­hun­dert, nicht als nove­cento zu bezeich­nen.

Für einen modernen im Zweier­komple­ment rech­nenden Computer ist es selbst­ver­ständ­lich, die Null weder auszu­lassen noch zu ver­dop­peln. Es schadete aber Pro­gram­mie­rern nicht, wenn For­tran ihnen früher einen Beginn mit der 1 auf­zwang. Wo ist das Problem mit dritt­halb, schließ­lich gibt es mit andert­halb ja auch keines? Auch drei­vier­tel Vier sollte man ver­ste­hen. Und warum halten manche sich für geist­reich, darauf hinzu­weisen, daß der letzte Tag des 20. Jahr­hun­derts der 31. De­zem­ber 2000 gewe­sen sei? Das ändert doch nichts an den Pro­blemen ein Jahr zuvor, die nicht Jahr­tau­send­wech­sel, sondern Jahr‐2000‐Umstel­lung hießen. Schließlich weiß doch jeder, daß er sich mit dem 17. Ge­burts­tag im 18. Lebens­jahr befindet. So wie man ins erste Lebens­jahr gebo­ren wird und der erste Geburts­tag noch auf sich warten läßt, gleich­wohl es doch schon einen wirk­lichen gege­ben hat.

Es ist weit­gehend eine Schön­heits­frage, ob man bei 0 oder 1 beginnt. Und so erin­nere ich mich immer noch daran, daß ein Pro­fes­sor aus­gerech­net mich unver­mit­telt frug, ob es zur Nume­rie­rung der n+1 Ecken eines n‑di­men­sio­na­len Sim­ple­xes besser sei, bei 0 oder bei 1 zu begin­nen. Meine Ant­wort habe ich ver­ges­sen. Aber eines war mir damals bereits klar: Es kommt auf den Kon­text an, auf Einfach­heit, Eben­mäßig­keit und prak­ti­schen Nutzen.

−0 | 00 | noon | Logarithmen

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