22
Mit der 22 ist es eigentlich nicht anders als mit 20 und 21. Es gibt irgend­welche Zufalls­treffer aus dem täg­lichen Leben, nume­rolo­gische Bedeu­tungen und mehr oder minder konstru­ierte kombi­nato­rische oder mathe­matische Vorkomm­nisse. Am Fuß­ball­spiel sind 22 Spie­ler betei­ligt, elf auf jeder Seite. Snooker wird mit 22 Bäl­len gespielt, 15 rote, 6 far­bige und der weiße Stoß­ball. Numero­logen redu­zieren nor­maler­weise durch wieder­holte Quer­summen­bildung auf eine Ziffer von 1 bis 9. Zwei­stel­ligen Zwischen­ergeb­nissen werden gele­gent­lich Zusatz­bedeu­tungen zuge­sprochen, um Genauig­keit und Diffe­renzie­rung vorzu­täuschen. Zumeist begnügt man sich aber mit den Engels­zahlen 11, 22 und 33.

Kombinatorisch ist immer etwas zu finden. So soll es 22 Möglich­keiten geben, fünf Sechs­ecke anein­ander zu kleben. Und ich selbst fand vor vielen Jahren die 22 beim Naphthalin, das aus zwei Benzol­ringen besteht. An den zwei Posi­tio­nen 0 des nach­ste­henden Bildes befindet sich nur ein Kohlen­stoff­atom, an den Posi­tio­nen 1 bis 8 eben­falls, jedoch mit Wasser­stoff dran. Substi­tuiert man einen, so gibt es zwei Möglich­keiten. An Posi­tion 1, 4, 5, 8 heißt es Alpha-Stel­lung, an Position 2, 3, 6, 7 Beta-Stellung. Mein uralter Holle­man-Richter [2] schreibt dazu: „Die Anzahl der Disub­stitu­tions­produkte ist sehr groß. Bei zwei glei­chen Substi­tuenten sind 10 möglich, bei zwei unglei­chen 14.“ Doch bei vier glei­chen Substi­tuenten ist die Zahl gar nicht so hoch, näm­lich nur 22.

  8   1         ●          ●
 / \ / \       ○ ●        ● ●
7   0   2     ● ○ ●      ● ● ●          
|   |   |    ○ ● ○ ●    ○ ○ ○ ○       ○ ○ ○ ○
6   0   3    ● ● ○ ●    ○ ○ ○ ○      ● ○ ○ ○ ●
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  5   4      ● ● ● ●    ○ ○ ○ ○    ● ● ● ○ ● ● ●
Naphthalin und die vierte Fünfeckzahl 22=1+4+7+10=42+D3=D4+2D3 (png)

Das Bild zeigt neben dem Naphthalin die 22 als vierte Fünf­eck­zahl 1+4+7+10=22. Sie übersteigt die Drei­ecks­zahl 21 um eins, ist also die sechste Pizza­zahl. Um eine Pizza mit sechs geraden Schnitten in 22 Stücke zu teilen, kann man sich ein kleines Hepta­gramm in die Mitte malen und sechs der Kanten des sieben­zacki­gen Sternes bis zum Rand verlän­gern. Die Wiki­pedia erwähnt noch, daß 22/7 eine gute Nähe­rung für π ist, Ameri­kaner gerne mit Kali­ber 22 um sich ball­lern (0,22″=5,6mm), das hebrä­ische Alpha­bet 22 Buch­staben und deshalb der Lebens­baum 22 Wege hat, und jetzt kommt es: „Die Ketten­bruch­zerle­gung von π hoch e beginnt mit 22“. Das ist ja toll für etwa 22,5.

Es bleibt die Look-And-Say-Folge von Convay. Man beginnt mit einer (gese­henen) Folge aus k₁ Zif­fern z₁, k₂ Zif­fern z₂ bis kₙ Zif­fern zₙ ohne identi­sche Nach­barn und geht über zu der Folge k₁, z₁, k₂, z₂ bis kₙzₙ (gespro­chen: k₁ mal z₁, k₂ mal z₂ bis kₙ mal zₙ) über. Dieser Prozeß wird immer und immer wieder­holt. Da Zif­fern ober­halb von 3 und damit mehr als drei­fache Wieder­holun­gen unbe­deu­tend sind, kann man die Folgen einfach als Zahlen aus den Ziffern 1, 2 und 3 auf­fassen. [1]
1          n            333     
11         1n           33 
21         111n         2k
1211       311n         121k
111221     13211n       1112111k
312211     1113211n     3112311k
13112221   311312211n   13211213211k
In der zweiten Spalte kann n=0,2,3,… in der drit­ten k=0,3,4,… sein. Folgen 10 bis 19 ergeben sich aus 0 bis 9, die 20 und 23 bis 29 kommen in Spalte 3 vor, 21 in Spalte 1. Es bleibt 22 als die ein­zige Zahl, die in sich selbst über­geht. Alle ande­ren verlän­gern sich Schritt für Schritt im Mittel um etwa 30 Pro­zent. Dieser Convay-Kon­stante genannte Wachstums­fak­tor 1,303577… ist von 22 abge­sehen für alle Anfangs­werte gleich und die ein­zige posi­tive reelle Null­stelle eines Polynoms 71. Gra­des. Das zu wissen, ist schon erstaun­lich für eine solche will­kürlich und unsy­stema­tisch wir­kende Folge.

[1] Treten in der Anfangs­folge Zahlen über 9 (oder gar andere Zeichen) auf, so ver­schwin­den sie zwar nicht voll­ständig, spielen aber keine Rolle, da die Musik nach weni­gen Schrit­ten nur zwi­schen ihnen spielt. Ein Bei­spiel: (23,23,23,​23,​23,​23,​23,​23,​23,​23,23,23)​→​(12,23)​→​(1,12,1,23)​→​(1,1,1,12,​1,1,1,23)​→​(3,1,1,12,​3,1,1,23) und so weiter.

[2] Holleman, Richter: Lehrbuch der organischen Chemie. Walter de Gruyter, Berlin, 1961. Seite 468.

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