Reihe
Bisher habe ich alle Zahlenfolgen wie die der Primzahlen 2,3,5,7,11,13,... nicht Sequenz oder Serie genannt, nur einmal Progression und niemals Reihe. Mit Wörtern wie series, sequence, progression ist auch der englische Sprachgebrauch schwankend. Das führt gelegentlich zu Verwirrungen, doch dient die Vielfalt der Bezeichnungen eigentlich der Verdeutlichung für den Menschen, denn die mathematischen Inhalte ändern sich durch die Bezeichnungen nicht.

Hardy und Wrigth überschreiben mehrere Kapitel ihres Zahlentheorie-Buches mit "The Series of Primes", darunter auch ein Abschnitt "The sequence of primes". Sie unterscheiden also zwischen einer aufzählenden Abfolge (sequence) und der Gesamtheit (series), gleichwohl damit nicht einfach die Menge der Primzahlen (set of primes) gemeint ist. Die Übersetzungen sind nun nicht einfach Sequenz (sequence) und Serie (series) oder gar Reihe. Die Wörter Sequenz und Serie erinnern mich zu sehr an eine endlich Abfolge, wie eine Ton-Sequenz oder eine Gewinn-Serie.

Das Wort Reihe ist ganz gefährlich. Von einer Reihe sollte man im Zusammenhang mit Folgen nur sprechen, wenn man die einzelnen Folgeglieder nicht einfach mit Kommas getrennt aufzählt, sondern anders verbindet. Es gibt eine Unzahl von solchen Reihenbildunden, jede hat einen eigenen Namen und nicht in allen kommt das Wort Reihe vor. Die naheliegenste Verknüpfung ist die Addition wie in
1 + 1/2 + 1/3 + 1/4 + 1/5 + 1/6 + ...
Ein solcher Ausdruck heißt einfach Reihe ohne irgendwelche Namenszusätze. Zu jeder Zahlenfolge A kann man eine Summenfolge S und auch eine Reihe R bilden, zu der möglicherweise ein Wert W gehört:
A: a(1),a(2),a(3),a(4),...  1, 1/2, 1/4, 1/8, 1/16, ...
S: s(1),s(2),s(3),s(4),...  1, 3/2, 7/4, 15/8, 31/16, ...
R: a(1)+a(2)+a(3)+a(4)+...  1 + 1/2 + 1/4 + 1/8 + 1/16 + ...
W: w                        2
Man nennt R die Reihe zur Folge A und W den Wert der Reihe R. Umgekehrt heißen R und auch A Reihendarstellung des Wertes W. Dieser Wert W ist der Grenzwert, dem die Summenfolge S zustrebt, wenn man sozusagen die unendlich vielen Additionen ausführt. Das ist natürlich nicht immer der Fall, und es bedürfte einer ordentlichen Definition des Grenzwertes einer Folge. Ich belasse es einmal bei der Sprechweise "sich dem Grenzwert nähern". Beschränkt man sich auf endlich viele Additionen, so erhält man natürlich immer einen Wert s(n)=a(1)+a(2)+a(3)+...+a(n). Dann spricht man auch von einer endlichen Reihe.

Reihen erfreuen sich aus mindestens zwei Gründen einer großen Beliebtheit und füllen wie Integrale viele Seiten von Formelsammlungen. Zum einen hat man oftmals die Glieder einer unendliche Folge zu addieren. Zum anderen gestattet die Reihendarstellung R bzw. A eines Wertes W dessen näherungsweise Berechnung. Im vorangehenden Beispiel ist es zwar interessant die 2 als den Wert der Reihe zu erkennen, die umgekehrte Betrachtung, nämlich die Zerlegung der Zahl 2 in diese Reihe, ist aber von wenig Nutzen, zumal keiner zur Näherung der Zahl 2 diese Reihe benötigt. Für andere Zahlen wie die Eulersche Zahl e=2,718... aber ist eine Zerlegung wie
e = 1/0! + 1/1! + 1/2! + 1/3! + 1/4! + 1/5! + 1/6! + ...
  = 1 + 1 + 1/2 + 1/6 + 1/24 + 1/120 + 1/720 + ...
von mehr Interesse und könnte der näherungsweisen Berechnung der Zahl e dienen. Für die Zahl Pi gibt es ebenfalls eine Unzahl von solchen Reihendarstellungen, und viele Menschenleben sind allein in das Bemühen geflossen, immer schneller der Zahl Pi zustrebende Reihenentwicklungen zu finden, um möglichst schnell möglichst viele Stellen der Zahl Pi berechnen zu können.

Summenfolge | Serienmörder

... comment