Regenbogen
Man kann es unseren frühen Vorfahren nicht verdenken, wenn sie am Himmel eigen­artige Gestalten und in den Wandel­sternen Götter sahen oder auch umgekehrt. Für die vielen Geschich­ten um Götter, Halb­götter, Titanen, Helden und Frauen interes­siere ich mich nicht. Für die Reihen­folge der Planeten auch nur wegen ihres Fort­bestandes bis in die heutige Zeit. Ihre Bedeu­tung in der Astro­logie liegt auf der Hand. Zwar hat man mit den sieben Wandel­sternen und den zwölf Stern­bildern das gleiche Zuord­nungs­problem wie mit hepta­tonischen Ton­leitern auf die zwölf Halbtöne der Oktave, doch mit einem ausrei­chenden Maß an Willkür gelingt das. Ebenso die Abbildung auf die vier Elemente oder die sechs Ecken eines Hexa­grammes mit dem auf­rechten männ­lichen und dem abwärts zeigenden weib­lichen Dreieck.
1 - Saturn  - Saturn  - Chronos   - Pb - Blei        - ♄
2 - Jupiter - Jupiter - Zeus      - Sn - Zinn        - ♃
3 - Mars    - Mars    - Ares      - Fe - Eisen       - ♂
4 - Sonne   - Apollo  - Helios    - Au - Gold        - ☉
5 - Venus   - Venus   - Aphrodite - Cu - Kupfer      - ♀
6 - Merkur  - Merkur  - Hermes    - Hg - Quecksilber - ☿
7 - Mond    - Luna    - Selene    - Ag - Silber      - ☽
Beziehungen zu Edelsteinen, Getreiden, Charak­teren, Organen, Bäumen, Chakren, aber auch Geschlech­tern und Farben wurden erst spät, will­kürlich und unein­heitlich erfunden. Mir ist keine schlüssige Abbildung zwischen den sieben Gestirnen und den Spektral­farben bekannt, bemerkens­wert aber ist deren Sieben­zahl, obgleich ich mit den meisten Menschen nur sechs Farben sehe, nämlich rot, orange, gelb, grün, blau und violett. Es gehört zu den minder über­zeugenden Leistungen des Isaak Newton, eine siebte Farbe indigo zwischen blau und violett einge­schoben zu haben. [1] Wahr­scheinlich wollte er unbedingt die Sieben­zahl erreichen. Da für ihn die Sonne und der Mond keine den Planeten gleich­gestellten Wandel­sterne mehr waren, orien­tierte er sich wohl mehr an den sieben Inter­vallen einer Oktave. Viel­leicht erkannte er bereits, daß indigo und orange wenig eigen­ständige Bedeu­tung zukommt und legte sie auf die Halbtöne e-f und h-b. So wurde d-e-f-g-a-b-c-d zu rot-orange-gelb-grün-blau-indigo-violett. [2]

Auch ohne Physik kannte man die Abfolge aus der Wahr­nehmung und dem Regen­bogen, obgleich man noch nichts von den drei verschie­denen Zapfen im Auge wußte, schon gar nicht von der Blau­empfind­lichkeit der roten, wodurch die Purpur­gerade nicht nur die Enden des Spek­trums mischt, sondern den Farb­kreis zu schließen scheint. Da es bei der Farb­wahr­nehmung nicht nur um Physik und Druck­technik geht, ist es durchaus ange­messen, im täg­lichen Leben die zwei Komple­mentär­paare rot-grün und blau-gelb als Grund­farben zu sehen. Kein Künstler kann mit seinem konstru­ierten Farbkreis dagegen anstinken. Das sind alles Halb­heiten zwischen gesunder Empfin­dung und korrekter Farb­metrik. [3]

In den Fahnen der Friedens­bewegung finden sich oft sieben Spektral­farben, zumeist im kriti­schen Bereich von grün bis violett recht ungenau, wenn nicht falsch und zumeist recht blaß. [4] Das fand ich immer schon häßlich und naiv zugleich. Dagegen ist die Fahne der Homo­sexuellen mit nur sechs Spektral­farben die reinste Augen­weide. Die Farben sind gesät­tigt und setzen sich klar vonein­ander ab. Außerdem ist die Reihen­folge der am Himmel sicht­baren Farben des Regen­bogens beachtet.

[1] Einer meiner verschol­lenen Duden-Bände ließ sich lange über die vielen Grüntöne der Indianern aus. Sie hatten dafür viele Namen, doch keine anderen Augen und wohl auch keine anderen Regen­bogen­farben als wir.
[2] Für Deutsche ist b ein h.
[3] Will man mit den wenigen Woll­farb­stoffen einen Bade­mantel in der Farbe des synthe­tischen Bikinis färben, kommt man mit dem Tusch­kasten eines Künst­lers kaum ans Ziel. Mit Farb­metrik, Spektro­skopie und dem Lösen von drei Glei­chungen mit drei Unbe­kannten aber geht es recht flott.
[4] Ich hoffe, es ist noch poli­tisch korrekt, in rosa ein weiß verhülltes rot zu sehen. Und in braun ein schwarz verhülltes?

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Inzwischen gehört eine Regenbogen­fahne zur Alltags­ausstat­tung eines jeden Menschen. Nur in welcher Form? Mit Schrecken mußte ich lesen, daß die acht­strei­fige mit rosa vor rot und hellblau statt türkis das Original sind. Eine solche riesigen Ausmaßes prangte gestern als Fotografie im Kopf einer von der FAZ über­nom­menen dpa-Mel­dung [1] mit der Bild­unter­schrift: „Am Freitag wurde beim CSD ein Trans­parent am Berliner Fernseh­turm befe­stigt. Der Staat­sschutz ermit­telt nun wegen Volks­verhet­zung und schweren Land­frie­dens­bruch.“

Das fand ich doch etwas über­trieben, wegen einer Regen­bogen­fahne den Staats­schutz [2] zu bemühen. Deshalb habe den Artikel gelesen. Es soll auf dem Trans­parent „Homo = Volkstod“ und III gestan­den haben. So einfach ist es also, ein Volk zu ver­het­zen. [3]

[1] Staatsschutz ermittelt wegen Volks­verhet­zung. FAZ, 23.07.2022.
[2] Eine nette, an vergan­genen Zeiten erin­nernde Kurz­bezeich­nung, hinter der sich nur eine Abtei­lung der Polizei mit dem gefäl­ligen Kürzel ST verbirgt.
[3] Welche der Unter­gruppen für poli­tisch moti­vierte Krimina­lität, Spio­nage oder Löwen­suche nimmt sich dieses Falles denn an? Oder ist es einer für den Volks­gerichts­hof?

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Ich weiß nicht, was Frau Faeser sich von der Anbie­derung an inter­sekti­onale Faschings­figuren ver­spricht, sich sogar im Verein mit volks­verhet­zenden Parolen wie 1312 (mathe­mati­cians are bastards) ablichten läßt. [1] Aber in diesem Falle ist es wohl egal und nicht 88.

[1] Deutsche Innenministerin Faeser (SPD) gemeinsam mit Polizei-Hassern auf Parade. Exxpress, 17.07.2023.

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