Spurwechsel
Ich möchte in einer Gesellschaft leben, in der ich denken kann, die Plastik­flasche sei wohl übersehen worden, als man seinen Grill­platz aufräumte und verließ, und in der ich von Ortsunkun­digkeit, besonderer Eile oder Unver­mögen ausgehen kann, wenn ein Auto­fahrer zu spät oder straßen­verkehrs­widrig in meine Spur wechseln möchte. Leider ist dem nicht so.

Um in diesem Bild zu bleiben: Jeder würde der SPD Platz machen und geduldig hinter dem Signal warten, wenn sie die Spur wechseln, also vom Abstell­gleis rückwärts auf die Strecke möchte. Doch der von Daniel Günther vorge­schlagene und sofort auch von der SPD begrüßte Spur­wechsel ist leider nur ein Euphe­mismus für Vordrängeln Ausreise­pflichtiger. Das soll ihre Anzahl reduzieren, ohne auch nur einen Finger krumm zu machen. Ähnlich den präkär oder teilweise Beschäf­tigten außerhalb der Arbeits­losensta­tistik.

Was machen eigentlich die Japaner in Deutsch­land? Haben sie Asyl beantragt und die Spur gewech­selt? Sind sie massen­weise von Ausweisung bedroht, obwohl sie in Deutsch­land einer regel­mäßigen Beschäf­tigung nach­gehen? Müssen sie hier ohne Familie in Männer­wohn­heimen leben? Unter­liegen sie dem betreuten Arbeiten und erlernen einen Beruf im Rahmen einer Image-Kampagne der Wirtschaft? Oder studieren sie alle kostenlos Musik?

Nein, der Spurwechsel ist nur ein Hilferuf von CDU, SPD und Konsorten, eine letzte Hoffnung, ohne grund­legende Änderung davon­zukommen. Den gut deutsch sprechenden Lehrling heraus­zukehren, der die Fach­arbeiter­lücke schließt, ist reine Augen­wischerei. Ganz abgesehen von der Frage, wie ein Asyl­bewerber oder Ausreise­pflichtiger hier eine Lehre beginnen und amtliche Entschei­dungen privat­wirt­schaftlich unter­laufen kann. Wäre es nicht besser, im Ausland begabte junge Leute anzuwerben, die sich nicht vordrängeln?

Man mag es für ungerecht halten, wenn arbeitende, deutsch sprechende und integrierte, aber leider abgelehnte Asylbe­werber dank fester Wohn­adresse abge­schoben werden, während ihre unter­getauchten Lands­leute sich jahre­lang durch­mogeln. Die Konse­quenz wären flächen­deckende Kontrollen der Ausweis­papiere, Erhebung eines Bußgeldes mit anschlie­ßender kosten­günstigen Abschie­bung in die Botschaft oder an die deutsche Landes­grenze. Dann könnten die wenigen gedul­deten Ausländer mit festem Wohnsitz und ausrei­chendem Einkommen als bedeutungs­loses Problem geduldet werden.

[1] Beifall für Daniel Günthers Vorstoß in der Einwan­derungs­politik. Zeit Online, 14.08.2018.
[2] Tobias Heimbach: "Deutsche haben den Eindruck, dass die falschen Leute abge­schoben werden" Welt, 17.08.2018. Was die Anführungs­striche in der Über­schrift sollen, bleibt mir verborgen. Leser­meinungen und Abstim­mung machen dagegen deutlich: Deutsche haben den Eindruck, daß die richtigen Leute nicht abge­schoben werden.

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Hallalabad
Frei-, Fahrten- und Jugendschwimmen bewahrten mich vor einer Fünf im Sport und erlaubten mir ein Abzeichen an der Badehose, ohne das man als Kind im Schwimmer­becken nichts verloren hatte. Auch wer sinnlos rumpad­delte oder mehr als einmal vom Becken­rand sprang, sah sich bald im Plansch­becken oder vor der Tür. Ohne Badekappe, die Haare in der Umwälz­anlage verhindern sollte, konnte man wieder nach Hause gehen.

Außerhalb des Schwimmunterrichtes kam ich nur selten in ein Frei- oder gar Hallenbad. Wir gingen zu Fuß zum Bagger­loch, wo es keine Bade­meister, aber auch keine Imbiß­buden gab. Ab und zu soff natür­lich einer ab, denn das Wasser konnte schnell sehr tief, kalt und strudelig werden. Wenn ich die aktuellen Meldungen lese, so scheint das wieder so zu sein.

Warum meiden die Menschen die zwischenzeitlich gebauten Hallen-, Frei-, Spaß- und Erlebnis­bäder mit ihren Wasser­rutschen, lauschigen Ecken, Sauna­anlagen, Wirlpoolen und Vollbe­wirtung? Die einen sind zu teuer, andere defekt oder geschlossen und alle durch­setzt mit allerlei Volks, das einem um ein mehr­faches stärker auf die Nerven geht als seiner­zeit die Radio­hörer mit den drei Tran­sistoren.

Erst wurden die Bäder geschlossen, weil sie marode wurden und kein Geld zur Verfügung stand, jetzt sind sie nur noch unter erheb­lichem Aufwand zu betreiben: Mehr und geschultes Personal, reich gebil­derte Hinweis­tafeln, Sicher­heitsleute und Müll­männer, die dank Disziplin­losigkeit und Gewalt­bereit­schaft gut zu tun haben. Und die Wasser­reinigung muß nicht nur mit Haaren und ungewa­schenen Bade­gästen, sondern auch mit deren Straßen­kleidung fertig werden. Beim Frauen­schwimmen gelegent­lich mit mehr.

Übergriffe, Lärm, Müll, Pöbeleien, Disziplin­losigkeit, Deutschen- und Frem­denhaß halten auch Leute fern, die sich ein Spaßbad leisten können. Sie ersaufen lieber hinter der Staustufe. Das könnte man den Dauer­meldungen der letzten Tage entnehmen, die trotz ihrer Vielfalt gar nicht für eine erhöhte Risko­bereit­schaft sprechen müssen, sondern nur einen letzter Versuch der Zeitungen darstellen könnten, sich mit Bade­unfällen über Wasser zu halten.

Ein Hallalabad [1] ist praktisch nur noch erträglich und seinen Preis wert, wenn man dank einer Jahres­karte regel­mäßig seine hundert Bahnen zieht und sich dann wieder aus dem Staub macht. Für Kinder und Frauen ist es wenig geeignet. Ob man als Mann mit seiner Tochter noch durch die Wasch­räume gehen sollte, weiß ich in Erman­gelung von Enkelinnen nicht. Früher mußte man mit ihnen nur an schwulen Rücken­duschern vorbei. Heute sollte man viel­leicht aufmerk­samer und abwehr­bereiter sein.

[1] Es gibt gewisse Flachwitze, die man sich ein Lebtag merkt: Wie heißt der chine­sische Polizei­hund? Langfing­fangwau! Wo gehen Moslems schwimmen? Im Hallalabad! Ein Witz aus der Zeit, da das Fremd­wort halal noch nicht in die deutsche Sprache einge­drungen war.

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Personalausweis
Im Laufe meines langen Lebens bat mich die Polizei nur selten, einen Personal­ausweis vorzu­zeigen. Den hatte ich obrig­keitstreu auch immer dabei und nicht von der Aida während einer Kreuz­fahrt ins Mittel­meer geworfen oder unter der Matratze versteckt. In meinen jungen Jahren waren es die Kontrollen des Schweine­systems. Nur weil ich lange Haare trug und Volvo fuhr, wurde ich ange­halten. Das war hair and car profiling und wurde damals wegen mangelnder Englisch­kenntnisse auch Raster­fahndung genannt.

Später war ich einmal Zeuge eines Verkehrs­unfalles und konnte natürlich meinen Personal­ausweis vorzeigen, obgleich es eine Kranken­kassen­karte wohl auch getan hätte. Den Ausweis sehen wollen weniger Polizisten, mehr Bankange­stellte und People of Color, die Post­schalter frei­schaffend verwesen. Zwar habe ich für eine sichere Authenti­fizierung und die ausge­bliebenen Segnungen der Digitali­sierung meinen Finger­abdruck speichern lassen, doch wegen Nutz­losigkeit das Paßwort vergessen.

Sollte ich einmal versehent­lich schwarz fahren, dann zeige ich meinen Ausweis vor und reiche für 7 Euro meine Fahr­karte nach. Besitze ich keine, bedankt sich der Kontrolleur ohne jede Über­prüfung für die über­reichten 60 Euro. Wenn man aber nicht bereit ist, irgend­etwas nachzu­weisen oder zu zahlen und sich dem Hausrecht wider­setzt, dann kann man schon einmal mit Gewalt auf den Bahn­steig verbracht werden. Früher ist man gerne wegge­laufen und hat sich späte­stens vor der Haustür freundlich von den Kontrol­leuren verab­schiedet.

Leider bin ich ein alter weißer Mann und werde keine Berühmt­heit erlangen, weil ich von Gutmen­schen wider­rechtlich gefilmt werde, während mich dunkel­häutige Kontrol­leure aus der Bahn zerren. Umgekehrt sieht das anders aus. Kontrol­leure sind gut beraten, reni­tente POCs einfach gewähren zu lassen. Von ihnen gibt es wie von Pennern so und so kein Geld, und im Gegen­satz zu letz­teren droht ihnen auch keine Geld­strafe oder gar Gefängnis.

Polizisten sind so und so vorsichtig bei der Kontrolle von POCs, verlieren sie am besten aus den Augen und damit auch aus dem Sinn. Das löst ihr Problem mit den Vorge­setzten, wenn sie wieder einmal die Kriminali­tätsrate viel­fältiger Gruppen durch über­fällige Kontrollen oder gar Anzeige von Beamten­beleidi­gungen in die Höhe treiben und dadurch das politisch vorge­gebene Maß zu überschreiten drohen, das durch Schwer­krimi­nelle bereits gut ausge­schöpft ist. "Sie sind nur dann auf der sicheren Seite, wenn sie wegschauen und nichts tun." [1] Nicht nur Diskri­mierung sieht anders aus, auch Gleich­behandlung.

[1] Polizisten stehen unter Rassis­mus-Ver­dacht. Freie Welt, 10.08.2018.

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Frauenärztinnen
Wir wissen, daß Frauen die besseren Auto­fahrerinnen sind. Möglicher­weise sind auch Frauen­ärztinnen die besseren Frauen­ärzte, denn ist der Arzt eine Frau, überleben mehr Kranke, vor allem Frauen. [1] Möglicher­weise war es nur eine Übung von Studenten der Wirtschafts­wissen­schaften, die ihre Statistik­künste unter Berück­sichtigung persön­licher Vorlieben ihrer Profes­sorin [2] auf medizi­nischem Gebiet probieren durften. Ich will nicht bezweifeln, daß den Männern mehr wegsterben und Frauen eher einem Herz­infarkt erliegen. Möglicherweise haben die männlichen Ärzte tatsächlich Probleme mit kranken Frauen, die häufiger "untypische Symptome" zeigen. Sind Männer für diese Symptome blind? Tragen sie zu der insgesamt hohen Frauen­sterb­lichkeit bei?

Die Ärtzezeitung [3] vermeidet Abartig­keiten in der Über­schrift und nennt etwas mehr Zahlen über die Aussichten der als Notfall mit der Diagnose Herz­infarkt einge­lieferten Patienten, die Klinik nur tot zu verlassen:
          Sterberate   Modell aus
          in Prozent   4 Faktoren
Arzt:     Mann  Frau   Mann  Frau
Männer:   12,6  11,8    rs    qr 
Frauen:   13,3  12,0    pr   pqrs
Der Wert p=1,036 steht für eine um 3 bis 4 Pro­zent höhere Sterb­lichkeit der Frauen im Vergleich zu Männern, q=0,919 be­deuten fast 9 Pro­zent höhere Über­lebens­chancen in der Obhut von Frauen, und s=0,982 lassen einen Gleich­geschlecht­lichkeits­bonus von 2 Pro­zent erkennen. Eine Frau hat bei einer Ärztin also mehr als 10 Pro­zent bessere Aussichten als bei einem männ­lichen Arzt.

Immerhin gibt das Ärzteblatt zu bedenken, daß Männer sich möglicher­weise mit den schweren Fällen rumschlagen müssen und ihnen deshalb mehr wegsterben. Es bleibt dann aber bei einem kleinen Gleich­geschlecht­lichkeits­bonus, der geradezu menschlich ist und nochmals verdeutlicht, daß es doch einen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt. Aber warum sterben Frauen ganz allgemein leichter an einem Herz­infarkt? Weil sie im Mittel älter werden und mit Herz­infarkt wohl auch sind? Weil Männer in jungen Jahren von Säufer­leber oder Arbeits­unfall dahin­gerafft wurden? Weil Frauen leichte Infarkte als etwas anderes ausgelegt werden? Aber das sind Fragen, die sich allein mit Statistik für Wirtschafts­wissen­schaftler nicht beant­worten lassen.

[1] Ist der Arzt eine Frau, überleben mehr Frauen einen Herz­infarkt. Neue Zürcher Zeitung, 07.08.2018.
[2] Schön für Laura Huang, daß sie als Asiatin in Harvard lehren darf und sich auch für #equality anderer stark macht. Gerne kann sie auch den bei der Rettung der Fußball­jungen verstor­benen (Landsmann?) Saman Gunan als strah­lenden Helden feiern. Leider sind die statistischen Zahlen zu mager für eine Bachelo­rarbeit: Von einem Dutzend Tauchern ist einer gestorben und einer war ein Thai. Besteht ein Zusammen­hang?
[3] Frauen überleben Herzinfarkt häufiger, wenn sie von einer Ärztin behandelt werden. Ärzte­blatt, 07.08.2018. Sie ordnen dem Artikel die Kate­gorien Herz­infarkt und Gender­medzin zu!

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Partei, Kirche, Gewerkschaft
Den größten Teil meines Lebens war ich Mitglied der SPD, der evange­lischen Kirche und der größten Gewerk­schaft der freien west­lichen Welt. Aus der SPD bin ich nach 50 Jah­ren ausge­treten, und wollte heute meine Glaubens­gemein­schaft folgen lassen. Sie war jahr­zehnte­lang der teuerste der drei Vereine, hat mein Geld genommen und sich dem Islam ange­biedert.

Als ich vor vierzig Jahren in einem kirch­lichen Freizeit­heim zwei muslime Studenten des Weinbaus sah, glaubte ich tatsäch­lich, wir seien Anhänger des gleichen Gottes und Moslems stünden mir näher als Athe­isten. Ich kannte den Koran nicht, die unselige Entwick­lung war kaum zu erkennen und Khomeini befand sich noch im Exil. Heute habe ich einen realisti­scheren Blick und erwarte ihn durch Güte, Weisheit und Kenntnis geläutert auch vom Rats­vorsit­zenden meiner Kirche.

Doch was eine gequirle [1] muß ich heute lesen: Bedford-Strohm hält die Trauer­rede für die von einem marok­kanischen Lastwagen­fahrer ermordete Sophia L. und schwurbelt zwei Sätze heraus: "Vielleicht wäre sie noch am Leben, wenn sie aus dem Mißtrauen gelebt hätte. Aber wäre das das bessere Leben gewesen?" [2] Ja und ja! Auch für den Marok­kaner. Egal, ob sie aus Naivität einstieg oder ein gemein­sames Schlepper­geschäft durch­ziehen wollte.

Wer seinen Schafen empfiehlt, sich derart zum Fraße vorzu­werfen, der mag noch auf dem Boden des Christen­tums stehen, zu dem auch Menschen gehören, die sich freudig in die Verfol­gung begeben. Aber nur am äußer­sten Rande. Der normale Christ benötigt keine Geist­lichen, die vor dem Islam einknicken und ihr Kreuz verstecken.

Beinahe wäre ich heute ausge­treten, obwohl ich als Rentner mit zwei Kinder­freibe­trägen derzeit keine Kirchen­steuer zahle. Wegen Martin Luther und dem ewigen Leben aber bleibe ich. Viel­leicht kommt etwas Besseres nach. Ein vernünf­tiger Mensch wie der Vorgänger Nikolaus Schneider.

[1] "Wäre es das bessere Leben gewesen?" Cicero, 03.08.2018.
[2] Dushan Wegner: Bedford-Strohm und das Leben der Anderen. Achgut, 03.08.2018.

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Seemeile
Fast jedermann weiß, daß eine Seemeile einer Winkel­minute entsprechen soll, nicht nur auf hoher See, auch auf dem Land. Sie wurde immer wieder neu definiert, zumal sie sich nur schlecht in Maßsysteme einfügt. Es ist auch nicht klar, wie lang denn eine Winkel­minute wirklich ist. Heute sehen wir die Erdge­stalt als ein Rotations­ellipsoid mit einem Äqua­tor­radius von 6378,137 Ki­lo­metern. Der Abstand der Pole vom Erd­mittel­punkt ist mit 6356,752 Ki­lo­metern etwa um ein Drei­hundert­stel kleiner. Ob man mit einer Seemeile eine Winkel­minute vorankommt, hängt nicht nur von ihrer Länge ab, auch von der Entfer­nung des Punktes, von dem aus der Winkel gemessen wird. Das mag für viele selbst­verständ­lich der Mittel­punkt der Erde sein, für Geogra­phen aber ent­scheiden die Breiten­grade, die angeben, um welchen Winkel die Senk­rechte, also das Lot auf den Hori­zont gegen die Äquator­ebene geneigt ist.
1842,90460 m - geographische Breitenminute am Äquator
1849,10429 m - geozentrische Winkelminute an den Polen
1851,5842  m - frz. Seemeile - 5700 Pariser Fuß
1851,85185 m - 40.000 km geteilt durch 21.600
1852       m - neue internationale nautische Meile
1852,01    m - alte internationale nautische Meile
1852,21593 m - Meridianlänge geteilt durch 54.000
1853,184   m - engl. Seemeile - 6080 imperial foot
1853,24867 m - amer. Seemeile - 6080,2 survey foot 
1853,24901 m - Winkelminute auf volumengleicher Kugel
1855,32485 m - geozentrische Winkelminute am Äquator
1855,46    m - alte Winkelmininute am Äquator - Landmeile
1861,56633 m - geographische Breitenminute an den Polen
Konfusionen sind vorpro­grammiert, wenn man andere Meilen benutzt oder durch Teilung der Seemeile in die Nähe anderer Maße kommt. Zum Beispiel im Bereich der Kabel­länge von etwa einer zehntel See­meile:
182,88     m - imperial cable length - 600 imperial foot
185,2      m - internationale Kabellänge - 1/10 Seemeile
185,22     m - Stadion zu 600 kyrenaische Fuß
185,3184   m - GB cable length - 608 imperial foot
194,9036   m - Encablure - 600 Pariser Fuß
200        m - metrische Kabellänge
219,456444 m - US cable length - 720 survey foot
Sehr unangenehm ist auch die Ähnlich­keit des Klafters mit einer tausend­stel Seemeile:
1,624176   m - Brasse - franz. Faden - 5 Pariser Fuß
1,8288     m - Fathom - engl. Klafter - 6 imperial foot
1,829      m - Fathom nach EG-Richtlinie gerundet
1,852      m - Faden als 1/1000 int. nautische Meile 
1,88312    m - preußischer Faden - preußisches Klafter
1,949036   m - Toise - franz. Klafter zu 6 Pariser Fuß
Die bemerkenswerte Überein­stimmung von Kalbel­länge und Stadion führt auf 216.000 Sta­dien für den Erd­umfang. Laut Wiki­pedia soll Erato­sthenes ihn mit 250.000 ge­mes­sen, um später auf 252.000 oder gar 216.000 kor­ri­giert haben. Letzteres wohl wegen verschiedener Stadienlängen. Er mag auch in den babylonischen Biblio­theken genauere als seine Werte gefunden haben: 600 reale Gudea-Fuß zu metro­logischen 26,46 Zen­ti­metern bilden eine chal­däische Stadie zu 158,76 Me­tern, 70 davon die chal­däische Para­sange zu 11,1132 Ki­lo­metern, von denen 3600 mit 40.008 Ki­lo­metern den Pol­umfang sehr genau treffen. [1,2,3]

Warum sollte der Erdumfang nicht schon 4000 Jahre bekannt sein? Dazu benötigt man nur einen genauen Winkel­messer, mit dem man die Höhe des Polar­sternes an zwei Orten mißt, und fleißige Arbeiter zur Messung der Entfer­nung in Nord-Süd-Rich­tung. Erato­sthenes hat den Sonnen­stand vermessen, was wegen Größe und Bahn­schwan­kung der Sonne unge­nauer ist. Außerdem hätte jeder Flach­erdler gesagt, seine Messungen zeigten nur, daß die Sonne 6400 Kilometer über dem Erdboden schwebt. [4] Für Fixsterne zieht dieses Argument nicht, weil die Stern­bilder an jedem Ort die gleichen Propor­tionen zeigen, also sehr weit weg sein müssen.

Im Laufe der Jahrhunderte geriet dieses Wissen weit­gehend in Verges­senheit, weshalb noch heute viele annehmen, die Menschen hätten bis Koper­nikus die Erde als Scheibe geglaubt. Wohl nicht nur die Römer machten ihr Reich größer, indem sie den Erdumfang redu­zierten. Und Kolumbus meinte, in Indien gelandet zu sein, weil er von einer deut­lich zu kurzen Meile ausging. Hätte es während seiner Reise­zeit eine genau vorher­gesagte Mond­finsternis gegeben, wäre es ihm aufgefallen, da er dann die Differenz zwischen seiner Orts- und der Weltzeit gekannt hätte.

[1] Siegfried Schoppe: Heinrich der Seefahrer, Kolumbus und Magellan. Seite 140. Bei Google-Books zu lesen, URL ist mir aber zu lang.

[2] Natürlich liegt der Verdacht nahe, der reale Gudea-Fuß sei an den Erdumfang angepaßt worden, und zwar in der Neuzeit. Doch das wird den aktiken Maßen und insbe­sondere dem im Louvre zu besichti­genden Gudea-Fuß nicht gerecht. Und selbst wenn alles erfunden wäre: Der Erdumfang betrüge dann immer noch 151.200.000 er­fun­dene Füße, die wiederum 4/15 des Sekunden­pendels zu Babylon entspre­chen. Damit bilden 40.320.000 Se­kun­den­pendel den Erdum­fang. Auf den ersten Blick keine beson­dere Zahl, aber als 63 mal 64000 doch mit sehr kleinen Faktoren, also ein glück­licher Umstand.

[3] Möglicherweise ist der Faktor 7 in den 252.000 Sta­dien dafür verant­wortlich, daß der kyre­naische Fuß mit 30,87 Zen­ti­metern als 7/6 des realen Gudea-Fußes fest­gelegt wurde. Ein kyre­naisches Stadion mißt damit 185,22 Meter und ist so lang wie das Stadion zu Athen. Der Erdumfang beträgt dann 216000=60³ dieser Stadien.

[4] Eric Dubay: 200 Beweise dass die Erde keine rotierende Kugel ist (German). Youtube, 14.12.2017. Wem diese zwei Stunden zuviel sind, der wird auch kürzere Filmchen finden. Keine Angst! Zwar sind solche abstrusen mit Nasa-Ver­schwö­rungen verbun­denen Vorstel­lungen eher im rechten Spektrum zu finden, doch färbt deren Betrachtung nicht braun ab.

Klafter | Sekundenpendel

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518616
Antike Längenmaße bezieht man gerne auf eine metrolo­gische Elle von 518616 Mikro­metern. Diese Zahl ist 7‑glatt und über­steigt den Bestwert der meso­potami­schen Urelle von 518350 Mikro­metern nur um ein halbes Promille. Das ist weit weniger als die Genauig­keit, mit der man alte Längen­maße ermitteln kann und die in dieser Präzision wohl nie exi­stierten.

Eine Zahl heißt p‑glatt, wenn sie sich als Produkt aus Potenzen von Prim­zahlen bis p darstellen läßt. [1] Nur die Zweier­potenzen …, 1/4, 1/2, 1, 2, 4, … sind 2‑glatt. Sie hinterlassen große Lücken und sind als Näherung natürlich ungeeignet. Dagegen kann jede positive Zahl beliebig genau durch eine 3‑glatte genähert werden. Wenig syste­matisch, dafür aber musika­lisch gelangt man zu einer 3‑glatten Näherung der Urelle in Metern von e=0,51835 dank:
(1)  5 Quinten ≈  3 Oktaven:  28/35  = 1 + 0,0535
(2) 12 Quinten ≈  7 Oktaven: 219/312 = 1 - 0,0135
(3) 53 Quinten ≈ 31 Oktaven: 284/353 = 1 - 0,0021
Als Startnäherung kann e₀=1/2=0,5 gewählt werden. Es ist e₀=e⋅(1−0,0354). Diese Abwei­chung korri­giert man gut durch die Kombi­nation von (1) und (2). Damit wird eine bessere Nähe­rung

e1 = e0⋅(28/35)⋅(219/312) = 226/317 = 0,51966 = e⋅(1+0,0025)

erreicht. Die Abweichung von vielleicht noch als zu groß empfundenen 2,5 Promille kann größten­teils durch (3) beseitigt werden:

e2 = e1⋅(284/353) = 2110/370 = 0,51858 = e⋅(1+0,0004)

Damit ist eine hinrei­chend genaue Näherung durch eine 3‑glatte Zahl gefunden. [1]

Das ist aber nicht, was der Metro­loge sich wünscht. Da bei der Ablei­tung antiker Maße oftmals nicht nur durch 5, 10 und 12, sondern auch durch 7 zu teilen ist, sind 7‑glatte Zahlen sinnvoller. Dafür soll es sich aber um eine Dezimal­zahl mit möglichst wenig Stellen handeln, die mehr­fach durch 7 und auch 3 zu teilen ist, ohne auf Periodi­zitäten zu führen. Also Zahlen der beiden Formen:

n = z / 10d = 2a⋅3b⋅7cx / 10d
n = z / 10d = 5a⋅3b⋅7cx / 10d

Die Exponenten dürfen nicht negativ sein, b und c sollten mindestens 2, besser noch größer sein. Der Faktor x ist ein nicht durch 2, 5 und 7 teilbarer mitzu­schlep­pender ganz­zahliger Rest, der am besten ein­fach 1 ist.

Für den im Rahmen der Genauig­keit kleinsten Exponen­ten d=3 ist nur z=518=2·7·37 möglich. Zwar mit Glück ein Faktor 7, doch leider nicht durch 3 teilbar. Außerdem ist ein nutz­loser Faktor 37 mitzu­schleppen.

Für d=4 darf z von 5183,5 höch­stens um 5,2 abwei­chen, um auf ein Promille genau zu sein. Verlangt man Teilbar­keit durch 7, so kann z/7 nur 740 oder 741 sein. Im ersten Falle erhält man nichts neues gegen­über d=3. Und 741=3·247 ist nicht besser, zumal ein Faktor 247 mitge­schleppt werden muß.

Für d=5 darf z von 51835 nur um 52 abwei­chen. Verlangt man zwei­fache Teilbar­keit durch 7, so kann z/49 nur 1057 oder 1058 sein, bei leichter Grenz­über­schrei­tung auch 1059. In allen drei Fällen ergeben sich zu große mitzu­schleppende Faktoren 151, 529 bzw. 353.

Deshalb nun d=6 mit z im Bereich von 517832 bis 518868. Bei drei­facher Teilbar­keit durch 7 ergeben sich für z/343 die Werte 1510, 1511 und 1512. Der erste ist durch 10 teilbar, also schon bei d=5 berück­sichtigt, der zweite enthält leider keinen Faktor 2, 3, 5 oder 7. Doch z/343=1512=2·2·2·3·3·3·7 erweist sich als perfekt. Deshalb lautet die metrologische Näherung des Nippurelle in Mikrometern

z = 343·1512 = 518616 = 2⋅2⋅2⋅3⋅3⋅3⋅7⋅7⋅7⋅7

Sie ist nur ein halbes Promille größer als der sog. Bestwert von 518350 Mikrometern und liegt damit deutlich im Rahmen der Meßge­nauig­keit. Wegen der vielen Teilbar­keiten ergeben sich für die meisten antiken Maße in Metern endliche Dezimal­zahlen: Drei 7er‑Potenzen verbrät der ägyp­tische Königsfuß von 200/343 Nippur­ellen, metro­logisch exakt 0,3024 m. Der reale Gudea­fuß benötigt mit 0,2646 m eben­falls nur 4 Nach­komma­stellen. Beim römi­schen Fuß bleibt es mit 0,296352 m bei sechs Stellen.

[1] Das ist natürlich nicht nur wegen der hohen Potenzen metrologisch wertlos, sondern auch deshalb, weil 0,51835 die Länge in Metern ist. In Millimetern oder gar den üblichen Mikrometern 518350 kommen natürlich ganz andere Exponenten heraus, weil unsere Basis 10 eben nicht 3 glatt ist. Am schönsten ist 2⁶⋅3⁴=5184 für zehntel Milimeter. Das ist zwar ausreichend genau, doch wegen fehlender Faktoren 5 und 7 metrologisch uninteressant. Aber der Schlenker über die Oktavteilung mußte sein.

Megalithisches Yard | Sekundenpendel

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