Heidewitzka, Herr Kapitän
Im Jahre 1950 setzte Konrad Adenauer die dritte unter den National­sozialisten ungesungene Strophe des Liedes der Deutschen als National­hymne durch, um bei Staats­empfängen im Ausland keine Karnevals­lieder mehr hören zu müssen. Aber das deutsche Volk ist nicht im Handstreich zu nehmen. Zur Fußball­welt­meister­schaft 1954 sang es die erste Strophe und 1958 mußte ich alle drei Strophen zehnmal abschreiben, weil ich sie nicht auswendig gelernt hatte. Mit der Wieder­vereini­gung wurde die dritte Strophe als National­hymne bekräftigt, obgleich die der DDR die schönere ist.

Es gab und gibt mehr oder minder gute Gründe, die National­hyme zu verändern. Vom dreistro­phigen Lied der Deutschen, sangen die National­sozialisten nur noch die erste, gefolgt vom Horst-Wessel-Lied. Nach dem Krieg folgte wieder eine hymnen­lose Zeit, in der Konrad Adenauer in den USA mit "Heide­witzka, Herr Kapitän" begrüßt wurde. In der BRD erklärte Heuss die dritte Strophe des Liedes der Deut­schen zur National­hymne. In der DDR wurde eine neue gedichtet und kompo­niert. Dort gefiel das Wort "einig" bald nicht mehr, weshalb "Aufer­standen aus Ruinen" danach unge­sungen blieb. Mit der Wieder­vereini­gung wurde versäumt, aus beiden Hymnen eine zu bilden, obgleich Versmaß und Melodie dem kaum im Wege standen.

Begehr­lich­keiten liegen auf der Hand. Zur Zeit wieder ans Licht der Öffent­lichkeit gezerrt werden die frauen­feind­lichen Wendungen "Vater­land" und "brüderlich". Sie sollen durch "Heimatland" und "couragiert" ersetzt werden. [1] Ich traue unserem Bundes­präsi­denten zu, sich dazu breit­schlagen zu lassen. Dann haben wir eine verän­derte Hymne, die sich in zwanzig Jahren viel­leicht durchge­setzt hat. Schließ­lich haben wir uns ja auch an "erlöse uns von dem Bösen" und "von dort wird er kommen" gewöhnt. In der Zwischen­zeit mag jeder Heimat singen, wo vom Nachbarn Vater tönt, wie der Prote­stant von der christ­lichen Kirche spricht, wo sie für die Katho­liken immer noch katho­lisch ist.

Doch wird es keine zwanzig Jahre mehr dauern, bis aus rassi­sti­schen Gründen eine weitere Ände­rung erfolgen muß. Die Vertreter der heimatlos gewor­denen Migranten werden auch das Heimat­land bean­standen. Auch das Herz trägt nicht Kulturen Rech­nung, in denen die Seele im Bauch oder ganz woan­ders zu finden ist. Eigent­lich kann so und so jeder neben seinem Geschlecht auch den Ort seiner Seele bestimmen. Und noch bevor eine engli­sche Version die deut­sche ablöst, werden die E aus "Glanze" und "Glückes" zu "bluehe" verschoben. Zum allge­meinen Verständ­nis wird auch Unter­pfand durch Garantie ersetzt.

Spaß beiseite, ich habe mich gefragt, was an Vater und Bruder schlecht ist und welcher Bedeu­tungs­wandel eintritt, wenn man sie durch Mutter und Schwester oder gar Eltern oder Geschwister ersetzt. Bekannt sind die Mutter­sprache und das Vater­land. Mutter als Präfix verweist auf Herkunft und Ursprung, etwa Deutsch­land als Mutter­land des Sauer­krauts. Vater dagegen meint mehr die Zuge­hörig­keit. Wenn man einmal Begriffe wegläßt, in denen es wirklich um Mütter und Väter geht (Mutter­milch, Vater­schafts­test), dann überwiegt die Zahl der Bildungen mit Mutter: Mutter­erde, -boden, -land, -mal, -kirche, -partei, -sprache, -seelenallein. Auf der anderen Seite nur: Vater­haus, -land, -stadt, -unser. Beide gibt es nicht nur bei -land: Die Amerikaner haben ihre Mutter aller Bomben in Afghani­stan einge­setzt, die Russen den doppelt so starken Vater aller Bomben wohl noch nicht. Nichts im Verg­leich zu Little Boy und Fat Man. [2]

Will man einen Text gändern, so bietet sich Heimat­land statt Vater­land an, sofern man das Wort Heimat über die Lippen bringt. Mit brüder­lich ist es etwas problema­tischer, da geschwi­ster­lich zu schwe­ster­lich klingt und es nicht ins Versmaß paßt. Und wer will sich in eine Zeit zurück­denken, da auch Mädchen Brüder waren? Ein Fremd­wort wie coura­giert mag den Migranten aus franzö­sischen Kolonien keine Probleme bereiten. Wie aber sieht es mit den Fußball­fans bei Länder­spielen aus? Oder sollten die Deut­schen nur der Musik lauschen und wie die spani­schen Spieler lautlos auf dem Platz stehen? Zu "Heini­witzka, Frau Kapi­tän" [3] können wir auch nicht zurück. Die Auflö­sung der National­staaten aber wird alle diese Probleme aus der Welt schaffen. Außer "Gott mit dir, du Land der Bayern" wird dann mit Rück­sicht auf fana­tische Muslime nur noch getrom­melt.

[1] Cornelia Geissler: Deutsche Hymne bald ohne "Vater­land"? Frank­furter Rund­schau, 04.03.2018. Sie erwähnt auch, daß die erste Strophe Deutsch­land zu groß sieht und die zweite recht feminin wirkt. Doch das trügt seit "Avenidas" an der Wand.
[2] Stanislaw Lem: Imaginäre Größe. Suhrkamp, Frankfurt 1981. Seite 106: "Tabelle LXXIX - Repro­duktion des Stich­wortes MAMA aus dem Wörter­buch der Null­sprache, vorher­gesagt für das Jahr 2190 ... - MAMA Subst. weibl. Geschl. 1. Miniatom­bombe, illeg. Prod. ... 2. Frau, die ein Kind geboren hat (unge­bräuch­lich)."
[3] Frank Behling: Aida befördert Frau zum Kapitän. Kieler Nach­richten, 04.03.2018.

Opfer

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Politspektrum
Ich teile gerne in Klassen oder ordne entlang einer Geraden an, weil es das Denken verein­facht und es auch nicht schadet, solange man die Gesamt­kom­plexität nicht aus den Augen verliert. Eine schöne Anor­dnung ist die von links nach rechts im poli­tischen Spektrum, obgleich auch andere Dimen­sionen ihre Berech­tigung haben. Da an beiden Enden tota­litäre Vorstel­lungen um sich greifen, ist eine zweite Dimen­sion von egalitär zu elitär beliebt. Dann ergibt sich ein dem Farb­raum ähnli­ches Bild. Die Spinner auf der Purpur­geraden zwischen den Extremen rot und blau.

Wie sieht das eindimen­sionale Polit­spektrum in Deutsch­land aus? Laut Wiki­pedia sehen sich die Deut­schen im Verhäl­tnis 34:52:11 als links, mittig bzw. rechts. Ordne ich den Linken ein reelles Inter­vall mit Mittel­wert -100, den Rechten eines mit Mittel­wert +100 zu und fülle den Bereich dazwi­schen mit der Mitte aus, so ergibt sich: Die Linken liegen bei -100±45, die Rechten bei +100±15 und die Mitte bei 15±70. Der normale Mensch sieht sich bei -15±65. Kurz gesagt: Die Hälfte rechnet sich der Mitte zu, und links sehen sich dreimal soviele wie rechts.

Die Wikipedia behauptet, 76, 39, 25 und 23 Prozent der Wähler von Grünen, SPD, CDU bzw. FDP hielten sich für links. Ein An­teil p an Linken bei -100 und 1-p anderen, also Nichtl­inken bei ((-100+45)+(100+15))/2=30 liefert eine Einord­nung der Parteien bei 30(1-p)-100p=30-130p, also -69 für die Grünen, -21 für die SPD, aber auch leicht linke -2,5 für die CDU und mit­tige +0,1 für die FDP. Ist das reali­stisch? Ja! Gewichte ich nämlich die Einstu­fungen mit dem Ergebnis der letzten Bundes­tagswahl, so kommt für diese vier Parteien ein Mittelwert von -17 heraus. Das liegt nur knapp links neben der mittleren Selbst­einschät­zung.

Ist es wirklich so? Kokettieren die Menschen nur mit linkem Gehabe? Ist der Anteil der Rechten nicht viel größer? Man mag es für meine Defini­tion von links und rechts nehmen, wenn ich beide Gruppen mit je einem Viertel der Gesell­schaft ansetze. Damit sind die Linken bei -100±33 und die Rechten bei +100±33. Die Mitte von -67 bis +67 liegt tatsäch­lich in der Mitte. Trägt man dann die Wahler­gebnisse von -133 bis 133 in der Reihen­folge Linke, Grüne, SPD, CDU, FDP, CSU, AfD auf, so zeigt sich ein realisti­scheres Bild.
                Grüne       SPD CDU FDP
         -100     |           |*  |0/                     100
|<---------L--------->|<---------------M-------------->|<--R-->|
   |<------L------>|<--------------M-------------->|<------R------>|
   |Linke|Grüne|     SPD     |       CDU       | FDP  |CSU|  AfD   |
In der Mitte gefühlte und realistische Verteilung auf links, Mitte und rechts
Darüber die gefühlte Einordnung der Wähler, darunter die Wahlergebnisse
links (-100), rechts (100), Mitte (0), mittlere Selbsteinschätzung (*)

Natürlich sind meine Ausgangszahlen mager. Ihr Haupt­nachteil ist, daß in der Wiki­pedia nur ange­geben ist, wieviele sich links einordnen, weil sie typischer­weise nach der rechten Seite wohl gar nicht gefragt wurden. Es verwun­dert auch nicht, daß die Wähler sich mode­rater ein­schät­zen als ihre Parteien wirklich sind. Deutlich zeigt sich das bei der FDP, die sich liberal gibt, aber rechts­konser­vativ ist. Vor allem belegt die Rechnung, was jeder­mann so und so weiß: Die Selbst­einschät­zung ist deutlich links­lastig im Vergleich mit einer arith­metisch ausge­wogenen Ver­tei­lung.

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Medaillenspiegel
Putin wurde bescheiden. Er sei mit einer Medaille zufrieden, wenn es die goldene im Eishockey ist. Sie sei ihm gegönnt, auch wenn Deutsch­land dadurch hinter Norwegen nur den zweiten Platz im Medaillen­spie­gel 2018 erreichte. Sollte sich ein russischer Eishockey­spieler noch als gedopt erweisen, würden wir an Norwegen vorbei­ziehen, also das Jahr 2002 wieder ausgleichen, in dem Norwegen wegen Dopings anderer nachträg­lich aufrückte. Im ewigen winter­lichen Medaillen­spiegel aber bleibt Deutsch­land vor den Russen und den Norwegern in Führung, wenn­gleich die Deu­tschen nur fünfmal die Nationen­wertung anführten, weniger oft als die Russen und die Norweger. Die deutsche Leistung scheint konstanter. Eine gerechte Bewer­tung fällt schwer, denn Deutsch­land trat lange Zeit mit zwei Mann­schaften an, deren Medaillen später addiert wurden.

Man kann durchaus der Meinung sein, der olympische Schwanz­vergleich sei ungerecht, weil er weder die Größe der Länder berück­sichtige noch deren winter­sportliche Möglich­keiten. Das erinnert mich an Polen, die unbedingt mehr Stimmen im Rat der EU haben wollten. Sie erhielten wie das größere Spa­nien 27, während Frank­reich und Großbri­tannien, vor allem aber Deutsch­land nur 29 haben. Mir graut schon vor den Türken, die sich nicht so bescheiden wie Deutsch­land geben werden. Der grund­legende Wider­spruch besteht ameri­kanisch ausge­drückt zwischen "one country, one vote" und "one man, one vote". Wollte man bei den olym­pischen Spielen von der ersten zur zweiten Zähl­weise übergehen, müßte man konse­quenter­weise auch die Mann­schafts­größen nach den Einwohner­zahlen bemessen.

Solche Überlegungen ändern nichts an der Tatsache, daß südlich des 30. Breiten­grades nur Austra­lien und Neusee­land es je zu einer Medaille brachten. Das ist sicherlich dem Klima geschuldet, das die weiße Rasse im weißen Schnee bevorzugt. Doch sieht es bei den Sommer­spielen kaum besser aus. China auf Platz 3 ragt etwas nach Süden, gefolgt von Kuba auf Platz 16. Danach kommt bis Kenia auf dem 31. Platz nichts. Wohl aus diesem Grunde schlägt Ralf Hutter [1] vor, den einzelnen Sportler und nicht seine Nation in den Vorder­grund zu stellen. Das ist ein schöner Gedanke, doch steht der Medaillen­gewinner bereits im Rampen­licht, zumindest dem seiner Nation. Das macht klar, wie sehr die persön­lichen Leistun­gen als natio­nale gesehen werden, selbst in Deutsch­land. Und solange Nationen viele Milli­onen in den Spitzen­sport stecken, dürfen sie sich auch mit anderen verglei­chen.

Die Stoßrichtung des Herrn Hutter ist klar, wird nur noch als Gerech­tigkeit getarnt. Es geht nicht um den einzelnen Sportler, nicht um gerechte Punkte­systeme, auch nicht um die Abschaf­fung des Medaillen­spiegels, den es früher nicht gegeben haben soll. Es geht noch nicht einmal darum, die Minder­leistung weiter Land­striche zu kaschieren. Vielmehr soll die Nation bedeu­tungslos gemacht werden. Ralph Hutter traut sich nur bis zum Wort "Nationa­lismus". Und es wundert mich, noch nicht das Wort "Rassismus" im Zusammen­hang mit der Nationen­wertung oder den olym­pischen Spielen als solchen gehört zu haben. In zwei Jahren gibt es dazu Gelegen­heit.

[1] Ralf Hutter: Weg mit dem Medaillenspiegel! Deutsch­landfunk, 22.02.2018.

Opfer | Quadratwurzelgesetz

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Stickstoffdioxide
Unsere Luft ist stark belastet, mit Pollen und Staub, weniger mit Stäuben, mehr mit Stick­oxiden und Kohlen­dioxid, weniger mit Stick­stoff­dioxiden. Natürlich darf ein Pkw mit Diesel­motor der Norm Euro 4 über drei mal zehn hoch achtzehn Stick­stoff­dioxide pro gefah­renem Meter ausstoßen. Aber eigent­lich sind es nur viele Mole­küle des einen Stoffes Stick­stoff­dioxid, wie es Butter und Butter­stücke, aber keine Bütter gibt. Viel­leicht sollte man unseren Überschrift­akro­baten einmal sagen, daß Stick­oxide statt drama­tischer Stick­stoff­dioxide kürzer, richtiger und volksnäher sind. Im eigent­lichen Text ist es dann oft richtig. [1]

Ich weiß: Eigentlich heißt es nicht Stick­oxide, sondern Stick­stoff­oxide, auch Kohlen­stoff­dioxid und nicht Kohlen­dioxid, Kohlen­dioxyd oder gar Kohle­dioxid. Schließ­lich ist Wasser nicht Wasser­dioxid, sondern Wasser­stoff­dioxid. Ich weiß auch, daß man immer irgendwie einen Plural bilden kann: Mißt man Stick­stoff­dioxid von zwei Autos, so hat man zwei Stick­stoff­dioxide gemessen. Und mir ist bekannt, daß es neben NO2 auch N2O2, also im weite­sten Sinne zwei Stick­stoff­dioxide gibt. Doch das ist bei Abgasen nicht gemeint. Entweder inter­essiert man sich nur für NO2 oder für alle NxOy, also allein für Stick­stoff­dioxid oder für alle Stick­oxide ein­schließ­lich Lachgas.

Lachgas müssen auch viele AfD-ler und deren Sym­pathi­santen inha­liert haben, wenn sie meinen, Stick­oxide seien nicht gefähr­lich, weil Stick­stoff in Luft reich­lich vorkäme. Gleiches gelte für Kohlen­dioxid, denn es ist natür­licher Bestand­teil der Atmo­sphäre. Doch nicht alle behaup­ten so plump wie der Verschwö­rungstheo­retiker Gerhard Wisnewski, daß Auto­abgase harmlos seien. Sie glauben nur, in Wohn­räumen könne die Stick­oxid­konzen­tration höher sein als draußen. Und richtig liegen sie mit dem Hinweis, daß die zuläs­sigen Werte an manchen Arbeits­plätzen deutlich darüber liegen. Aber wir wissen schon lange: Wer nicht lüftet, sorgt in seinem Wohn­zimmer für reich­lich radio­aktives Radon aus seinen vier Wänden. Und wer Asbest­platten schneidet, muß mehr krebs­erre­gende Fasern einatmen als in Klassen­zimmern erlaubt.

Neues Meßgerät erfaßt Stickstoffdioxide im Abgas eines vorausfahrenden Fahrzeugs. Universität Heidelberg, Pressemitteilung 216/2015, 22.12.2015.

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Titanic 3
Die letzten Ausgaben der Titanic haben sich als nicht so lustig erwiesen. Das neueste Heft 3/2018 hat sich aber schon auf den ersten Seiten gelohnt. Auf dem Titel­bild Seehofer mit einem Affen und "Heimat-Versuche AN AFFEN!". Lustig wird das erst mit der Fort­setzung auf Seite 3: "... und die schreck­lichen Folgen! HIRNTOD VERWACH­SUNGEN HAAR­AUSFALL!" mit Bildern von Bayern beim Schuh­plattler und Finger­hakeln, in Leder­hosen und mit Zwergen-Filz­hüten. Und unten links einer, der aussieht wie Don Alphonso. Da ich nie seinen Twitter-Account besucht habe, wußte ich nicht, daß es sich um sein Profil­foto handelt.

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Halal hat Vorfahrt
Das bedeutet zum Beispiel, Muslime vor Christen zur Tafel einzu­lassen, um sich die glaubens­konformen Lebens­mittel zu sichern. [1] Das hatte ich wieder vergessen, weil es keinen Sinn hat, sich über jede Ungleich­behand­lung aufzu­regen, zumal sie auch vernünf­tige Gründe haben kann. Schließ­lich leben wir in einer Gesell­schaft, in der Kinder, Schüler, Studenten, Beamte, Luft­hansa-Mitar­beiter, Mitglieder der National Rifle Asso­ciation allent­halben weniger zahlen. Behin­derten und Frauen werden Plätze reser­viert. Umfang­reiche Baumaß­nahmen für Roll­stuhl­fahrer, Markie­rungen für Blinde sind selbst­verständ­lich geworden. Auch geistig Behin­derte können umsonst mit dem Bus fahren. Warum sollten wir dann Menschen, die eine strenge Diät halten müssen oder unter einer krank­haften Ernäh­rungs­angst leiden, nicht die verträg­lichen Nahrungs­mittel bevor­zugt anbieten?

Früher nahmen wir Rücksicht auf Raucher und haben uns im Restau­rant einnebeln lassen. Irgend­wann hatten sie ihre Rück­sichts­losig­keit über­trieben und müssen nun draußen paffen. Dafür gehen wir vorzugs­weise in Restau­rants, die nicht nur vege­tarische, sondern auch vegane Gerichte führen. Ich habe nichts dagegen, einem Veganer mein Gemüse zu geben, wenn ich dafür sein Fleisch erhalte. Doch damit geben sie sich nicht zufrieden. Es darf nicht der Hauch eines tieri­schen Produk­tes verar­beitet sein oder dem Gericht anhaften. Und wenn halal nur meinte, kein Schweine­fleisch zu essen, dann wäre alles kein Problem. Aber unsere islami­schen Gäste verlangen mehr. Sie wollen sicher sein, daß ihre guten Speisen nicht neben bösen lagen, daß mög­lichst kein Ungläu­biger sie ange­tatscht hat. Das alles gibt es in teuren Hotels mit geson­derter Küche. In der Tafel nehmen sie auch Rinder, die haram ums Leben kamen. Und sicher­lich auch alles andere, was gut, frisch und teuer ist.

Nun ist das Umgekehrte passiert. Die Essener Tafel nimmt für eine Weile nur noch Deutsche Neukunden auf. [2] Das schlug weit höhere Wellen, obgleich es auch dafür gute Gründe gibt, denn nur noch jeder vierte Kunde war ein Deut­scher. Darunter viele allein­erzie­hende Frauen und alte Menschen, die im Vertei­lungs­kampf uner­fahren von den Horden zumeist junger Männer abge­schreckt wurden. [3] Da nicht jeder aufge­nommen werden kann und es sich um eine soziale Einrich­tung handelt, ist es geboten, die Bedürf­tigkeit von Neukunden zu berück­sichtigen und dafür Sorge zu tragen, daß sie nicht durch Stärkere verdrängt werden. Da eine Einzel­fall­prüfung über Mindest­bedin­gungen hinaus nicht gewünscht, möglich oder erlaubt ist, hat man sich in Essen für eine Quotie­rung entschie­den. Bis die Quote erreicht ist, werden nur noch Deutsche aufge­nommen. Das wird nicht lange dauern, denn gerade Migranten kommen schnell nicht mehr und werden deshalb gestri­chen.

Ich hätte beide Fälle hier in meinem Blog nicht erwähnt, wären da nicht die Reak­tionen der übli­chen Verdäch­tigen meiner Partei. Voran Sawsan Chebli, die bei Twitter offen­sicht­lich keine Probleme mit der Wahrheit und ableh­nenden Kommen­taren hat: "Mir läuft es eiskalt den Rücken runter. Essen nur für Deutsche. Migranten ausge­schlos­sen." [4] Wesent­lich geschick­ter ist Sahra Wagen­knecht. [5] Sie aner­kennt den Verdrän­gungswett­bewerb unter den Armen, denen nicht ausrei­chend gehol­fen wird, obgleich sie die Lasten der Zuwan­derung tragen müssen. Das wird sich auszah­len, hat die Linke viel­leicht gerade zur stärk­sten Partei in Berlin gemacht. Und es ist nicht nur takti­sches Gerede, sondern konse­quente Vertre­tung der Arbeiter­klasse, die nicht in Vertei­lungs­kämpfe geführt werden darf, während die Verant­wortli­chen nur ihren Teddy­bären gegeben haben.

[1] Halal hat Vorfahrt! Zukunftskinder, 2017.
[2] Essener Tafel beschließt Aufnahmestopp für Nichtdeutsche. Welt, 22.02.2018.
[3] Gerd Buurmann: Die Esserner Tafel ist ein Ort des Bürgerkriegs. Achgut, 26.02.2018.
[4] Sawsan Chebli: Mir läuft es eiskalt ... Twitter, "@SawsanChebli", 22.02.2018.
[5] "Über alle Maßen scheinheilig": Sahra Wagenknecht äußert sich zu Essener Tafel-Streit". Focus, 25.02.2018.

Islam | Chebli

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Experimentierfreude
Die starke Zuwanderung seit dem Jahre 2015 hat in Deutsch­land nicht unbedingt einen Rechts­ruck verur­sacht, doch erblühte am rechten Rand eine Gegen­bewegung, die es mit der AfD in den Bundestag schaffte. Das war nur möglich, weil die CDU die mora­lisch gerecht­fertigte Entschei­dung von Angela Merkel nicht korri­gierte und in zumut­bare Bahnen lenkte. Die SPD wurde an den linken Rand gedrückt, brachte es nicht übers Herz, die CDU in dieser Frage rechts zu über­holen und zahlt nun die Zeche. Die Folge ist eine gespal­tene Repu­blik. Links fühlen sich viele wohl und werden täglich belo­bigt, rechts spricht man weniger. Falls doch, ist es Popu­lismus.

Die Verhärtung der Fronten verleitet, sich einem der beiden Lager unter­zuordnen, alle Ansichten der eigenen Seite zu vertei­digen und die der anderen zu verwerfen. Die Klappe zu halten, ist eine Alter­native, den apodik­tischen Meinungen beider Lager zu wider­stehen die andere. Ich versuche es mit gesundem Menschen­verstand, der zahl­reiche auf beiden Seiten sogar in Partei­programme einge­flossene Glaubens­stand­punkte nicht akzep­tieren kann. Und damit meine ich nicht die Ränder beider Lager oder die gewalt­bereiten Anhänger, sondern einfache grund­legende Auffas­sungen.

Rechts ist mir die Klima­leugnung aufge­fallen. Im Partei­programm der AfD ist dazu eine bunte Mischung aus zutref­fenden Allgemein­plätzen und falschen Behaup­tungen zu lesen. [1] Natür­lich merken auch die Anhänger, daß es so platt nicht sein kann. Deshalb wird die Erder­wärmung als solche nicht mehr geleugnet, auch nicht ein Anteil des Menschen daran. Bald muß zuge­geben werden, daß wir doch die Haupt­verur­sacher sind, weil natür­liche Verände­rungen sehr lange dauern. Deshalb ziehen sich voraus­schauende Klima­leugner schon heute darauf zurück, daß eine Erwär­mung nicht nur Nach­teile bringt. Demnächst werden sie fordern, die Vorteile einer Warmzeit zu nutzen, ohne die es Menschen gar nicht gäbe. Ein Expe­riment mit zu erwar­tendem posi­tiven Ausgang.

Links ist natürlich die Reaktion auf unkon­trollierte Zuwan­derung das Problem. Viele Deutsche und vor allem die SPD sterben lieber aus als zuzu­geben, daß drastisch gegen­zusteuern ist. Späte­stens mit den näch­sten Wahlen werden die Felle davon­schwimmen. Keiner wird mehr an Berei­cherung oder gar pures Gold glauben. Besten­falls wird man die hohen Flücht­lings­zahlen als eine Aufgabe oder Verpflich­tung sehen. Und weil es so schwer ist, sich von eigenen Fehl­einschät­zungen und Lebens­lügen zu verab­schieden, bieten einige schon heute zu deren Rettung an, alles als ein Expe­riment mit zu erwar­tendem posi­tiven Ausgang zu zu sehen.

Dieses Experiment sei die Heraus­bildung einer multi­ethni­schen und nicht­mono­kulturel­len [2] Gesell­schaft in Deutsch­land und morgen der ganzen Welt. Soche Experi­mente können gelingen, zum Beipiel beim CERN, wo nicht nur Wissen­schaftler der ganzen Welt mit allen Hautfarben, vielen Reli­gionen und eigenen Sitten und Gebräuchen forschen und arbeiten. Ihr fried­liches Leben verdanken sie nicht nur ihrem Streben nach Erkenntnis, ihrer Suche nach Wahr­heit und ihrer Ableh­nung von Verblen­dung, sondern auch ihrer Zivili­sation. Wo die herrscht, ist Kultur nicht irgend­eine archaische Welt­anschauung einer rück­ständigen Gesell­schaft oder Religion. Eine offene Gesell­schaft zivili­sierter Menschen ist kein Experi­ment mit kata­stro­phalem Ausgang.

[1] Harald Lesch: Das AfD-Programm wissenschaftlich geprüft. Youtube, "Terra X Lesch & Co", 29.06.2016.
[2] Johannes Thiesen: Tagesthemen: Experi­ment zur Abschaf­fung Deutsch­lands. Youtube, "Philo­sophie Workout - Johannes Thiesen", 21.02.2018. Wahrschein­lich treffen hier die Tages­themen nicht auf unge­trübte Philo­sopie, doch erst durch dieses Film­chen habe ich bemerkt, daß nicht von "multi­kulturell" gespro­chen wird, weil dieser Begriff verbrannt ist.

Islam

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Wer zum Schwert greift
Da sprach Jhesus zu jm / Stecke dein Schwert an seinen ort / Denn wer das Schwert nimpt / der sol durchs Schwert vmpkomen. [Mt26:52]

Bis auf Anpassungen der Rechtschreibung ist laut Google diese Wendung die häufig­ste, weil sie trotz vieler Umdich­tungen noch immer so in der deutsch­sprachigen Luther­bibel steht. Als Rede­wendung mit "greifen" gewinnt: Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen. Doch sicher ist das nicht. Man kann auch vorher vom Auto über­fahren werden. Egal, was im griechi­schen Urtext steht.

Es ist bekannt, daß Hunde am liebsten ihre Besitzer beißen, Bomben­bastler gelegent­lich in die Luft fliegen, vorzugs­weise Schläger eins in die Fresse bekommen und Waffen auch am Schieß­stand, während der Reini­gung oder beim Spielen zu tödlichen Unfällen führen. Leider sind die Menschen nicht so zivili­siert, daß man auf Schlösser, Mauern, Fire­walls und Waffen verzichten kann. Wir sind aber gut beraten, die Vertei­digung den Termiten gleich einigen Spezia­listen zu über­lassen.

Die Schweizer haben ihr Gewehr im Schrank und die Deutschen lieben Schützen­vereine, weshalb sich immer wieder die Gelegen­heit ergibt, an eine Waffe zu gelangen. Doch nirgendwo in der zivili­sierten Welt ist es so leicht wie in den Verei­nigten Staaten, wo fast jeder­mann eine Waffe kaufen kann und vor allem in der Öffent­lichkeit mitführen darf. Entspre­chend viele Tote gibt es nicht nur durch Unfälle, sondern auch durch Straf­taten bis hin zu den Schieße­reien an Schulen.

Daß Donald Trump menschliche Defizite hat und sich ein paar menschelnde Fragen aufschrei­ben muß, will ich nicht kriti­sieren und möchte daraus auch nicht folgern, er sei dement. Doch der Vorschlag, Lehrer zu bewaffnen, über­steigt auch meine Erwar­tungen. Darauf wäre ich nie gekommen. Es ist schon typisch ameri­kanisch. Sollte es dazu kommen, liegt bald der erste von einem weißen Lehrer erschos­sene schwarze Schüler am Boden. Nicht weit ist auch der erste Amoklauf mit der Waffe aus der Hand­tasche einer Lehrerin.

Ich persönlich habe nie eine Schuß­waffe in der Hand gehabt und besitze auch keine Base­ball­schläger, andere Waffen oder Kampf­sport­kennt­nisse. Bis auf kleine Range­leien geriet ich nie in eine körper­liche oder gar bewaff­nete Ausein­ander­setzung. Außerdem ist mir unnö­tiges Gepäck zuwider. Ich trage weder Schulter­halfter noch Hand­tasche oder Ruck­sack. Und darin sollten Waffen nur sein, wenn sie zur Berufs­ausübung vorge­sehen oder in seltenen Fällen zur Sicher­heit nötig sind.

Messerstescher | Berlin, Jerusalem | Trump, Orban, Erdogan

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Rote Bärte
In der Regel hatten die Germanen rote Bärte. Trotzdem habe ich lange Zeit nur wenige gesehen. Vielmehr schienen alle Männer Terro­risten oder Hipster mit schwarzen Haaren und schwarzem Bart sein zu wollen. Ich kann nicht glauben, daß allein die kultu­relle Berei­cherung mein Klein­hirn zu diesem Eindruck verlei­tete. Vor allem die Werbung hat dazu beige­tragen. Weniger die mageren drei Prozent deut­scher Männer, die sich die Haare färben. Und ganz sicher wurde mein Eindruck durch die gestie­gene Anzahl der Bärte beein­flußt. Die müssen nicht gefärbt sein. Es reicht, wenn nur die Schwarz­haarigen sich einen wachsen lassen, wie nur die Langpim­meligen sich bei "Naked Attrac­tion" bewerben.

Warum schreibe ich das? Weil ich nicht als Prophet gelte, wenn ich eine Mode mitmache, sondern sie vorher­sage: Männer werden sich auch im Gesicht wieder rasieren. Und wenn sie es nicht tun, dann darf der Bart auch wieder rotsti­chig sein. Meine Erwar­tung grün­dete sich zunächst auf die wach­sende Zahl der Rotbarte in der Werbung. Selbst rote Haare waren wieder dabei. Und diese Woche habe ich mir die Gesichter realer junger Männer ange­sehen: Kaum einer trägt noch einen Vollbart, und der ist oftmals nicht mehr schwarz. Bald gibt es wieder gut rasierte Blonde, auch wenn unser Deniz sie für blöd hält. Viel­leicht auch rot behaarte Säcke bei "Naked Attraction".

Eaten und Drinken | K-Wort, M-Wort | Unser Deniz

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