LOCI-2
Über meinen ersten Computer wollte ich schon immer etwas schreiben. Es ist der sagenumwobene LOCI-2 der Firma Wang, der natürlich nicht mir gehörte, weil er etwa 20.000 Mark kostete, obwohl er gut auf einen Tisch paßte. Zu dieser Zeit gab es zwar schon Großrechner, doch an die hatte mich noch keiner gelassen. Der volle Name war "Logarithmic Computing Instrument" und benennt seine einzigartige Fähigkeit, den Logarithmus (ln) und dessen Umkehrfunktion (exp) zu berechnen. Natürlich konnte er auch addieren und subtrahieren. Alles andere aber wurde indirekt erledigt, selbst die Multiplikation a·b durch exp(ln(a)+ln(b)).

Wenn man bei diesem LOCI-2 von einer CPU sprechen will, so war sie auf mehrere große Platinen aufgeteilt und bestand neben vielen herkömmlichen elektronischen Bauteilen aus 1200 Transistoren. Der Magnetkern-Hauptspeicher sah aus wie ein Lüfter und umfaßte 96 Byte, das sind 768 Bit organisiert in 16 Zahlen zu 48 Bit. Das sind 10 BCD-Ziffern und 8 Bit für das Vorzeichen und die Position des Dezimalpunktes. Der Bildschirm bestand aus 1o Dezimal-Anzeige-Röhren und einer für das Vorzeichen. Sobald sie nicht mehr flackerten, war die Arbeit fertig oder eine weitere Eingabe erforderlich, für die es bereits eine Tastatur gab. Das absolut beste an dem Rechner war aber sein Programmspeicher, eine Klappe mit 480 Kontakten, in die man eine normale Lochkarte einlegen konnte. Auf ihr waren 80 Befehle in 6 Bit Breite möglich.

Ich erinnere mich gerne an diesen Rechner, weil ich für ihn mein erstes Programm geschrieben habe, das von wirklichem Nutzen war und an die Grenzen der Möglichkeiten ging, nämlich drei Gleichungen mit drei Unbekannten zu lösen. Das mag heute als Pipifax erscheinen, doch bedenke man bitte, daß 12 Parameter einzulesen waren, wonach nur etwa 60 Befehle zur Lösung in nur noch vier Speicherplätzen blieben. Die Lösung bestand natürlich in einer rekursiven Vorgehensweise, die 12 Parameter viermal zyklisch zu verschieben, um so befehlssparend die Determinanten der vier 3x3-Matrizen zu berechnen, die dann mit drei Divisionen zum Ergebnis führten. Leider habe ich dieses Programm nicht mehr.

Dieses Programm war sehr nützlich, denn es waren stets drei Gleichungen mit drei Unbekannten zu lösen, wollte man aus drei Versuchsfärbungen die Zutaten für eine weitere berechnen, die möglichst genau den vorgegeben Farbton trifft. Aber dafür konnte der Rechner nicht angeschafft worden sein, denn keiner konnte wissen, daß im Labor ein Lehrling herumläuft, der auf ihm drei Gleichungen mit drei Unbekannten zu lösen in der Lage war. Und an eine mitgekaufte Programmbibliothek kann ich mich nicht erinnern. Wahrscheinlich sollte der Rechner einem profaneren Zweck dienen, nämlich die mechanische Rechenmaschine ablösen und die eine oder andere Rechnung vereinfachen. Zum Beispiel:

Will man mit einer mechanischen Rechenmaschine oder dem Bill-Gates-Rechner von zehn Meßwerten nicht nur den Mittelwert, sondern auch die Streuung berechnen, so gehen die meisten immer noch so vor wie wir als Lehrlinge: Die zehn Werte werden addiert und durch 10 geteilt. Das liefert den Mittelwert, der von allen Meßwerten subtrahiert wird. Diese zehn Differenzen werden quadriert und führen wiederum addiert auf die Streuung. Bei diesem Verfahren muß leider jeder Meßwert zweimal eingegeben werden. Wer sich auskannte, wußte natürlich, daß man Meßwerte und ihre Quadrate parallel addieren konnte, um aus ihnen zum Schluß Mittelwert und Streuung zu berechnen. Doch wo ist auf einer Rechenmaschine der dazu nötige zweite Zwischenspeicher, und wo das Programm zum Abspulen der immer gleichen Operationen? Antwort: Auf dem LOCI-2!

LOCI-2

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Bernd Pol
In manchen Blogs kursierte die Frage nach dem Erstenmal, nämlich dem ersten Computer, dem ersten Betriebssystem, dem ersten Programm und dem ersten Spiel im Leben. Das nehme ich zum Anlaß, hier das erste und zugleich letzte von mir weitgehend verstandene Betriebssystem CP/M zu loben. In den Vorgängern sah ich nur die Plattform zum Schreiben und Ausführen von Programmen, von den Nachfolgern verstand ich allenfalls Bruchstücke und Übersichtsbilder. Die für mein Leben herausragende Bedeutung von CP/M erkenne ich auch am Besitz des wirklich gelesenen Buches Vom Umgang mit CP/M von Bernd Pol, der es beim ersten Band der Reihe CP/M für die Praxis beließ und sich anschließend der Dichtung widmete. Wider sein Erwarten wurde dieses Buch mit einer Auflage von 30.000 das Standardwerk in deutscher Sprache.

Das Control Program for Microcomputers (CP/M) war das erste Disk Operating System (DOS) und in den 80er Jahren in der Version 2.2 Standard für Tischrechner mit Prozessoren 8080 und Z80. Mit dem Schneider Joyce gelangte es auch unter das deutsche Volk. Ich selbst lernte CP/M auf einem Tandberg-Rechner TDV 2324 mit zwei 8-Zoll-Disketten-Laufwerken kennen, die bereits double sided double density waren und 1 Megabyte faßten. Diese Größenordnung wurde auf den 5-1/4-Zoll-Disketten der späteren IBM-PC erst nach mehrfacher Verdoppelung der Kapazität wieder erreicht. Später durfte ich CP/M auf dem legendären Kontron PSI-80 benutzen und hatte auch das nötige Kleingeld für einen Schneider Joyce.

Das Tandberg Operating System (TOS) und das Kontron Operating System (KOS) dienten seinerzeit zumeist nur dem Laden von CP/M. Es war Marktführer im Bereich der Kleinrechner wie heute Microsoft Windows und ist dennoch praktisch ausgestorben. Kurze Zeit hoffte ich, das Nachfolgesystem MP/M für mehrere Benutzer würde sich auf dem überlegenen 16-Bit-Prozessor Z8000 durchsetzen. Doch leider ging die Evolution den technisch steinigen Weg entlang des bekannten wirtschaftlichen Erfolges über 8086-Prozessoren und PC-DOS zu dem was heute die Welt beherrscht. Darin lebt CP/M weiter, denn nicht wenig wurde von ihm abgekupfert, wie CP/M auch nicht ohne Vorbilder auskam.

Zurück zum Buch von Bernd Pol, besser zu meinem Exemplar. Ich habe mir die offensichtlich oft aufgeschlagenen, die dreckigeren, die von meiner Tochter bekritzelten und die von mir korrigierten Seiten angesehen:
  • Der Warmstart in Kapitel 3, Wie CP/M Disketten verwaltet, wo beschrieben wird, was nach Eingabe von Control-C geschehen sollte. Meisten war es auch so, während heute gerne vergeblich auf eine Reaktion gewartet wird.
  • Diskettenmerkmale ermitteln in Kapitel 8, STAT-Funktionen, wo die Gliederung einer CP/M-Diskette oder -Festplatte in Spuren, Sektoren, Extents, Blöcken, Records und Bytes beschrieben ist, was mich bei den späteren DOS-Disketten nicht mehr sehr interessierte.
  • PIP-Optionen in Kapitel 9, PIP-Funktionen, wo beschrieben wird, was man mit dem Peripheral Interchange Processor (PIP) alles machen konnte, wovon der COPY-Benutzer nur träumte.
  • Kurzübersicht über die BDOS-Funktionen in Kapitel 15, Der CP/M-Kern: BDOS, wo ich oft nachsehen mußte, wenn selbst geschriebene Programme eine BDOS-Funktion aufrufen sollten. Denn nicht alles ging allein mit Hochsprachen, zumindest nicht schnell genug.
  • Diskettenbeschreiber und Verzeichniseintrag in Kapitel 15, Der CP/M-Kern: BDOS, wo beschrieben ist, was in einem Verzeichnis-Eintrag steht, damit auf der Diskette die richtigen Daten zur richtigen Datei gefunden werden.
Bernd Pol
CP/M

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539. mal
In letzter Zeit las ich bei einigen etwas über ihre elektronischen Erstenmale, ihren Erstkontakt mit Computern, Betriebssystemen, Programmen und Spielen, nicht aber Abstürzen, Verlusten und Viren. Dazu kamen mir drei Punkte in den Sinn:
  1. Es ist oftmals schwierig, ein für allemal festzulegen, ab wann ein Zahlwort substantiviert benutzt wird und dann groß geschrieben oder gar getrennt werden muß, wozu ich mich nur manchmal durchringen kann. Mein Geschmack ist: "Das Erstemal war das letztemal, zu dem es kein weiteres Mal gab." Auf keinen Fall mogele ich mich heraus, indem ich leichtfertig oder ständig getrennt und groß schreibe: "Nun habe ich es mir sieben mal siebenundsiebzig mal gefallen lassen, beim nächsten Mal ist aber Schluß."
  2. Wahrscheinlich ist die letzte Generation bereits eingeschult oder im Blog-Alter, die sich mit starken Gefühlen oder überhaupt an den ersten Umgang mit einem Computer, das erste beherrschte elektronische Spiel oder die wirklich verstandene Anwendung erinnern wird. Schon jetzt lese ich Notebook und Word als Erstkontakt. Danach können doch nur noch Erinnerungslücken kommen. So wird auf unabsehbare Zeit das Erstemal bleiben, was es immer war, und weder durch den ersten Computer, noch das erste Auto und schon gar nicht durch das zweite Leben ersetzt werden.
  3. Mit zunehmendem Alter aber weiß man auch das letztemal zu schätzen. Ich höre schon den Einwand, man könne es doch gar nicht wissen. Tatsächlich wird mein jetziges Notebook wohl nicht das letzte sein, so Tag und Stunde, die auch junge Menschen nicht wissen, noch etwas auf sich warten lassen. Trotzdem weiß ich schon jetzt, welcher Rechner, welches Betriebssystem, welches Programm der oder das letzte war, den oder das ich wirklich verstanden habe. Sie laufen alle nur noch in Reservaten. Geblieben sind von ihnen neben schwachen Erinnerungen, endlosem Code und schlechten Bildern vor allem Bücher.
einmal ist keinmal
dutzendemal
zum x-ten Male

Erste-, Letzte- und Einzigemale
einzig verstandenes Betriebssystem CP/M
erster programmierter Rechner LOCI-2
einzig beherrschte Textverarbeitung Wordstar
einzig beherrschtes Computerspiel Adventure

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Die 4 steht!
Meine Vorhersage vor drei Monaten: 4,0%
Forderung der IG Metall      6,5%
Angebot der Arbeitgeber      2,5%
Rechnung: sqrt(6,5·2,5)=4,03

Erreichtes Ergebnis: effektiv 3,7% pro Jahr

4,1% und 1,7% bei 19 Monaten Laufzeit, also: (1,041·1,017)^(12/19)=1,0367

Erfolgsrechnung für Arbeitgeber: 2,9% im Jahr

4,1% in 2007 und 1,7% in 2008 oder später: (4,1+1,7)/2=2,9

Erfolg der Gewerkschaft: die 4 steht!
Erhöhung in 2007             4,1%
Erhöhung in 2008             1,7%
400 Euro einmalig (1)        1,0%
5 mal 0,7 Prozent (2)        0,3%
                             ----
in 19 Monaten Laufzeit       7,1%
im Jahr 12/19 davon          4,5%
(1) bei 40.000 Euro brutto im Jahr
(2) 0,7·(5/12)=0,29

Die 4 steht! Vor dem Komma der sofortigen 4,1 Prozent und vor den jähr­lichen 4,5 Prozent laut Rechnung!

Einführung in die kreative Mathematik

Mit 3,98 Prozent knapp verfehlt wird die 4 bei krea­tiver Umrech­nung der fünfmal 0,7 Prozent Einmal­zahlung im näch­sten Jahr. Das geht mit 13,65 Monats­gehäl­tern wie folgt: (5·0,7)·(13,65/12)=3,98. Ich habe nicht nur mit Arbeit­gebern, Gewerk­schaften und Banken, sondern mit vielen Menschen ein Problem: Sie können oder wollen oft nicht sagen, was die 100% sind.

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Hausaufgaben, Teil 5
Hier eine unausgegorene Aufgabe zu linearen Funktionen und ihre Darstellung, wenn ich mich einmal derart schlicht und direkt ausdrücken darf:
Der Graph einer linearen Funktion geht durch
die Punkte P(8|9) und Q(1|2).
a) Bestimme den Term einer proportionalen Funktion,
   deren Graph parallel zu dem Graphen von f ist.
b) Bestimme den Term der linearen Funktion h,
   deren Graph parallel zu dem Graphen von f ist
   und durch den Punkt R(2|-3) geht.
Dem Mathematiker fällt reflexhaft die Bezugnahme auf eine nicht bezeichnete Funktion f auf, denkt sich aber sofort, daß wohl die lineare Funktion f durch die Punkte P und Q gemeint ist. Er setzt in Teil a der Aufgabe sofort eine propor­tio­nale Funktion g an und wundert sich somit nicht über das Erscheinen von h im Teil b. Auf der anderen Seite bemerken selbst Schul­buch­autoren gar nicht die Unbe­stimmtheit von f und wundern sich auch nicht über das Fehlen von g, obgleich doch von f und h die Rede ist. Und Lehrer stehen auf dem Schlauch, wenn Schüler sie um eine Erläu­terung bitten. Zur Schul­buch­kritik oder Streichung der Aufgabe fehlt es oft an Souve­ränität.

Wer das so liest, könnte mich für pingelig halten, sollte aber beachten, daß er möglicher­weise den kleinen Schwach­punkt ohne meine Erläu­terung einfach über­sehen hätte oder bei der Lösung an ganz anderen Kleinig­keiten geschei­tert wäre, zum Beispiel an dem feinen Unter­schied zwischen linear und propor­tional oder an dem breiten Graphen-Geschwafel. Selbst­verständ­lich können nicht nur Mathe­matiker solche leichten Schwächen korri­gieren, und es wäre mir auch lieb, wenn in der Schule eine derartige Fehler­toleranz geübt würde, auf daß jeder Abitu­rient in der Lage wäre, auch sehr formale Sach­verhalte weit­gehend in geläu­figer Umgangs­sprache exakt zu beschreiben. Doch leider sehe ich eher das Gegenteil: In der Schul­mathe­matik werden Begriffe und Bezeich­nungen eingeführt, die in der wirklichen Mathematik unge­bräuchlich oder einfach unsinnig sind, um mich anderer Vokabeln zu enthalten. Auch das demon­striert die eingangs erwähnte Aufgabe.

Dem flüchtigen Leser wird "die Punkte P(8|9) und Q(1|2)" gar nicht irritieren. Ich aber frage mich, was an der tradi­tionellen Schreib­weise "die Punkte P=(8,9) und Q=(1,2)" auszusetzen ist. Etwa die Gleich­setzung der Punkte P und Q mit den Paaren (8,9) und (1,2)? Soll der senk­rechte Strich irgend­etwas andeuten? Daß es sich um Koor­dinaten handelt? Soll P(8|9) etwa für "Punkt P mit Abszisse 8 und Ordinate 9" stehen? Oder gar für den Punkt mit den Koor­dinaten 8 und 9? Nein, letzteres geht nicht, dann wäre Q(1,2) ja ein Qunkt! Wahr­scheinlich soll z(x|y) eine triviale Relation über E×R×R sein, die immer dann erfüllt ist, wenn der Punkt z der Ebene E die Koor­dinaten x und y hat, obgleich dann P und Q die Punkte wären, nicht P(8|9) und Q(1|2). Und da man diese Ungereimt­heiten einem Acht­kläßler zu erklären nicht in der Lage ist, bleibt wieder einmal kritik­lose Aneignung von Schul­konven­tionen, wo schlichtes Verstehen so einfach wäre.

Liste aller Hausaufgaben

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Mooresches Gesetz
Als ich von den Petabytes [1] las, die Tag für Tag über Amsterdam in die Welt geblasen und aus ihr gesogen werden, konnte ich mir [2] einen Schlenker zu den Bezeichnungen noch größerer Datenmengen nicht verkneifen. Und wer für eine Ü35-Party zu alt ist, wird sich noch an Kilos erinnern, die schnell zu Megas und Gigas wurden. Es sieht so aus, als würde alle zehn Jahre eine neue Vorsilbe zum Zeichen der Vertausendfachung verbraten. Es ist noch nicht lange her, da die Frage gestellt wurde, was das Hauptproblem sei, einen Ronald-Reagan-Simulator in zwei Kilobyte zu programmieren. Antwort: Was mache ich mit dem einen Kilobyte, das übrig bleibt?

Und dennoch: Ganz so schnell geht es nicht. Für den Faktor 1000 sind eher zwanzig, denn zehn Jahre erforderlich. Das ist eine Verdoppelung in zwei Jahren. In aufbauschenden Berichten ist immer wieder von 18 Monaten zu lesen. Gerne sucht man auch Teilbereiche, in denen es zeitweise nur ein Jahr ist, wie beim Datendurchsatz des Internet-Knotens AMS-IX. In diesem Zusammenhang wird auch gerne vom Mooreschen Gesetz gesprochen, das sich ursprünglich wohl auf die Zahl der Transistoren bezog, die auf einem Chip Platz finden. Die ersten Schritte gingen sehr schnell, doch schon nach kurzer Zeit waren es eben doch zwei Jahre für eine Verdoppelung.

Wer sich in der Wikipedia das Bild mit den gängigen CPU ansieht, die mit dem Logarithmus der Transistorzahl gegen das Erscheinungsjahr aufgetragen sind, sieht sie ziemlich genau auf einer Geraden liegen. In sehr guter Näherung gilt
n = 1000a/20 ≈ 2a/2
worin n die Zahl der Transistoren und a mein Alter ist. Tatsächlich: Als ich geboren wurde (a=0, n=1), konnte man die ersten Transitoren kaufen, die wenige Jahre später zu Transistorradios führten, mit denen man endlich in der Öffentlichkeit nerven konnte wie später mit den Funktelefonen und MP3-Playern. Wer etwas auf sich hielt, der hatte nicht zwei Megapixel, sondern drei Transistoren mehr als der andere. Das war so bedeutend wie die Zahl der Steine in der Armbanduhr.

Zwanzig Jahre später (a=20, n=1.000) gab es bereits erste elektronische Tischrechner. Mein Vergnügen mit dem sagenhaften LOCI-2 für etwa 5000 Mark aus 1275 einzelnen Transistoren war gerade vorüber. Und nach abermals zwanzig Jahren (a=40, n=1.000.000) brach auf den Schreibtischen der Computerfreaks das 32-Bit-Zeitalter an. Endgültig vorüber war damit meine 8080- und Z80-Zeit, in der man nur mit viel Aufwand über ein Speichervolumen von 64 Kilobyte kam. Bald sind erneut zwanzig Jahre um (a=60, n=1.000.000.000), und tatsächlich liegt die Zahl der Transistoren des Itanium-2 nur noch um den Faktor 4 unter einer Billion (Giga). Hauptspeicher wird schon lange Zeit in Gigabyte gemessen und die Festplatten haben bereits die Terabit-Marke (128 GB) überschritten.

Das Mooresche Gesetz mit Verdoppelung in zwei Jahren ist über mein ganzes Leben hinweg erfülllt worden, jedenfalls für die Zahl der Transistoren, die eine einzelne CPU eines Rechners hat, der noch auf einen Schreibtisch paßt, seien sie mit der Hand gelötet oder in integrierten Schaltungen versteckt. Zwar widerstrebt es mir, exponentielle Entwicklungen in die Zukunft fortzuschreiben, im Computerbereich werden sie aber noch eine Weile anhalten. Zu oft ist eine vermeintliche Technologiegrenze überschritten worden. Wer hatte vor zwanzig Jahren geglaubt, daß man über Telefonleitungen, die damals schon zwanzig Jahre alt waren, DSL-Verbindungen mit mehr als einem Kilobaud herstellen kann.

[1] Joachim Wille, "1 125 899 906 842 624 Bytes mal zwei", Frankfurter Rundschau vom 9. Februar 2007, Seite 1
[2] 1125899906842624

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Steuerprogression
Im Kompetenzteam [1] hatte ich zum Begriff Todessteuer eine leichte Auseinandersetzung über Gerechtigkeit und Besteuerung von Erbschaften. Da es dort um Sprache, nicht um Politik und schon gar nicht um Mathematik geht, will ich hier kurz erläutern, wie ich mir eine gerechte Besteuerung der Reichen vorstelle, warum dies zur Zeit leider nicht vernünftig ist und was ich von den Menschen diesbezüglich halte.

Die Diffamierung der Erbschaftssteuer als Todessteuer soll einreden, daß man für den Tod auch noch bestraft wird. Zwar nicht der Verstorbene selbst, sondern die Erben. Dies sei ungerecht, weil das weitergegebene Vermögen doch bereits erarbeitet und versteuert sei, selbst wenn es mehrere Generationen zurückliegt. Das kann ich nicht nachvollziehen, denn der Erbe hat ja nichts dafür getan. Warum soll er leistungslos etwas unversteuert erhalten, während ein hart arbeitender Mensch sein Einkommen zu versteuern hat. Und bezahlt dieser eine legal arbeitende Putzfrau, dann fallen erneut Steuern an. Es ist also ganz normal, daß bei Weitergabe von Geld oder Besitz auch Steuern zu zahlen sind.

Ungerechter finde ich eher, daß in schneller Generationenfolge vererbtes Vermögen öfter besteuert wird als das an die Ururenkel weitergegebene und daß langsam an die Nachfahren verschenktes oder in den Arsch gestecktes Geld gänzlich unbemerkt bleibt. Unschön ist es auch, wenn der besitzlose Erbe ebenso Steuern zu zahlen hat wie einer der schon vorher reich war. Die gleiche Ungerechtigkeit steckt auch in der Kapitalertragssteuer. Jenseits des Freibetrages wird ein Schwerreicher, dessen Kapital viel effizienter "arbeitet" und der nichts hinzuverdienen muß, nicht stärker zur Kasse gebeten als einer mit bescheidenen Gewinnen.

Es wäre durchaus gerecht, auf Erbschaftssteuer und Kapitalertragssteuer zu verzichten, wenn es eine wirksame Vermögenssteuer gäbe. Und damit meine ich keine, die oberhalb eines Freibetrages einen minimalen Prozentsatz verlangt, auch keine mit einer Progression auf unerhebliche Höhe. Ich würde einfach einen festen Satz q von etwa 2 Prozent pro Jahr und Millionen Euro als Vermögenssteuer erheben. Wer am Jahresende ein Kapital K besitzt, der muß den Betrag von (qK)K an Vermögensteuer zahlen. Wer zu Jahresbeginn K besitzt, es mit einen Zinssatz p zum Jahresende auf K(1+p) vermehrt hat, besitzt nach Besteuerung zu Beginn des Folgejahres ein Kapital K’ von
K’ = K(1+p)(1-qK(1+p)) ≈ K(1+p-qK)
Ein solche wirklich progressiv zu nennende progressive Besteuerung des Vermögens würde arme Erben und Besitzer nur eines Reihenhauses weitgehend ungeschoren lassen, die wirklich Reichen aber spürbar besteuern. Ein paar Beispiele bei einer Vermögenssteuer von 2 Prozent pro Jahr und Millionen Euro:
Kapital  Zinssatz  Steuer  Gewinn
---------------------------------
    5.000   1,50%   0,01%   1,49%
   50.000   4,50%   0,10%   4,40%
  500.000   7,50%   1,00%   6,50%
5.000.000  10,50%  10,00%   0,50%
Leicht ist zu sehen, daß selbst der unverschuldete Reihenhausbesitzer weniger zur Kasse gebeten würde als bisher, wenn er sein Vermögen nicht in Steine verbaut, sondern mit fünf oder mehr Prozent angelegt hätte. Erst ab einer Million wird die Steuerlast wirklich spürbar. Der Deckel ist bei etwa fünf Millionen. Selbst ein Superspekulant mit dauerhaft 30 Prozent Rendite schaffte es nicht mehr über 20 Millionen Euro.

Ich glaube nicht, daß dies einen vernünftigen Reichen wirklich stören würde, wenn es in der ganzen Welt so wäre, denn es kommt ihm abseits einer "Grundversorgung" ja nicht auf die Höhe seines Besitzes, sondern auf die Rangordnung an. Er wird mit Genugtuung sehen, wie andere durch Erbschaft reich gewordenen Nichtsnutze schnell ihr Vermögen verpraßt haben, weil es ja nur ein paar Millionen gewesen sein können. Jeder bescheidene Reiche wird auch einsehen, daß die vielen sinnlosen Dienstleistungen, die einfache Menschen an den Superreichen vollbringen müssen, damit ihr Geld wieder unter die Leute kommt, gesamtwirtschaftlich nur schädlich sind.

Ich höre schon diejenigen, die um die geringe Zahl der Reichen und die Unerheblichkeit einer Vermögenssteuer wissen. Gewiß kann man die große Masse nur bei den kleinen Leuten und den mittleren Einkommen holen. Es geht aber im Leben der Menschen nicht nur um Geld, sondern auch um Gerechtigkeit. Ich jedenfalls würde es begrüßen, wenn die Superreichen auch nur deshalb abgeschafft würden, um sie aus den Medien zu verdrängen, in denen sie permanent ein falsches Bild der Welt vermitteln.

Ich weiß aber auch, daß es nicht möglich ist, Vermögen gerecht zu besteuern, solange Kapital ins Ausland geschafft werden kann oder reichenfreundliche Länder die sog. Leistungsträger anlocken. Deshalb bezeichne ich meine gerechten Vorstellungen auch gerne als unpraktikabel, wirklichkeitsfremd und für unsere Volkswirtschaft tödlich. Ich akzeptiere deshalb Superreiche als Teil der realen Wirtschaftswelt, für die es zur Zeit keine vernünftige Alternative gibt. Auch die Natur hat sich ja nicht der Gerechtigkeit verschrieben und nimmt enorme Reibungsverluste hin.

Und deshalb verachte ich auch nicht den Kapitalismus oder die Superreichen, die ich im Gegensatz zu vielen meiner Mitmenschen gar nicht zur Kenntnis nehme, sondern die einfachen Massen, die ihr hart erarbeitetes Geld zusammenlegen, um es einigen wenigen in den Arsch zu stecken, den Schauspielern, den Popstars und den Fußballspielern. Als reichten ihnen nicht ein paar Spekulationsgewinner, Aufsichtratsvorsitzende, Großgrund- oder –firmenbesitzer. Sie legen sogar Woche um Woche zusammen, um ein paar unter sich zu Lottomillionären zu machen, diese Idioten.

[1] Todessteuer

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