LOCI-2
Über meinen ersten Computer wollte ich schon immer etwas schreiben. Es ist der sagen­umwobene LOCI‑2 der Firma Wang, der natürlich nicht mir gehörte, weil er etwa 20.000 Mark kostete, obwohl er gut auf einen kleinen Tisch paßte. Zu dieser Zeit gab es zwar schon Groß­rechner, doch an die hatte mich noch keiner gelassen. Der volle Name war „Loga­rithmic Compu­ting Instru­ment“ und benennt seine einzig­artige Fähig­keit, den Loga­rithmus (ln) und dessen Umkehr­funk­tion (exp) zu berech­nen. Natür­lich konnte er auch addieren und subtra­hieren. Alles andere aber wurde indirekt erledigt, selbst die Multi­plikation ab durch exp(lna+lnb).

Wenn man bei diesem LOCI‑2 von einer CPU sprechen will, so war sie auf mehrere große Platinen aufge­teilt und bestand neben vielen herkömm­lichen elek­troni­schen Bautei­len aus 1200 Tran­sistoren. Der Magnet­kern-​Haupt­speicher sah aus wie ein Lüfter und umfaßte 96 Byte, das sind 768 Bit organ­isiert in 16 Zahlen zu 48 Bit. Das sind 10 BCD-​Zif­fern sowie 8 Bit für das Vorzei­chen und die Posi­tion des Dezimal­punktes. Jedes Bit war einzeln als Ring zu sehen, durch den vier Drähte gingen.

Der Bild­schirm bestand aus 10 Dezimal-​Anzeige-​Röhren und einer für das Vor­zeichen. Sobald sie nicht mehr flacker­ten, war die Arbeit bendet oder eine weitere Eingabe erforder­lich, für die es bereits eine Tastatur gab. Das absolut beste an dem Rechner war aber sein Programm­speicher, eine Klappe mit 480 Kontakten, in die man eine normale Lochkarte einlegen konnte. Auf ihr waren 80 Befehle in 6 Bit Breite möglich.

Ich erinnere mich gerne an diesen Rechner, weil ich für ihn mein erstes Programm geschrieben habe, das von wirk­lichem Nutzen war und an die Grenzen der Mög­lich­keiten ging, nämlich drei Gleich­ungen mit drei Unbe­kannten zu lösen. Das mag heute als Pipifax erschei­nen, doch bedenke man bitte, daß 12 Para­meter einzu­lesen waren, wonach nur etwa 60 Befehle zur Lösung in nur noch vier freien Spei­cher­plätzen blieben. Die Lösung bestand natür­lich in einer rekursiven Vorge­hens­weise, die 12 Para­meter viermal zyklisch zu ver­schieben, um so befehls­sparend die Deter­minanten der vier 3×3‑Ma­tri­zen zu berechnen, die dann mit drei Divi­sionen zum Ergebnis führten.

Leider habe ich dieses Programm nicht mehr. Es war sehr nütz­lich, denn es waren stets drei Gleich­ungen mit drei Unbe­kannten zu lösen, wollte man aus drei Ver­suchs­färbungen die Zutaten für eine weitere berechnen, die mög­lichst genau den vorge­gebenen Farbton trifft. Aber dafür konnte der Rechner nicht ange­schafft worden sein, denn keiner konnte wissen, daß im Labor ein Lehr­ling herum­läuft, der auf ihm drei Gleich­ungen mit drei Unbe­kannten zu lösen in der Lage war. Und an eine mitge­kaufte Programm­biblio­thek kann ich mich nicht erinnern. Wahr­schein­lich sollte der Rechner einem profa­neren Zweck dienen, nämlich die mecha­nische Rechen­maschine ablösen und die eine oder andere Rechnung verein­fachen. Zum Beispiel:

Will man mit einer mecha­nischen Rechen­maschine oder dem Bill-​Gates-​Rechner von zehn Meß­werten nicht nur den Mittel­wert, sondern auch die Streu­ung berech­nen, so gehen die meisten immer noch so vor wie wir als Lehr­linge: Die zehn Werte werden addiert und durch 10 geteilt. Das liefert den Mittel­wert, der von allen Meß­werten abge­zogen wird. Diese zehn Diffe­renzen werden qua­driert und führen wie­derum addiert auf die Streu­ung. Bei diesem Ver­fahren muß leider jeder Meßwert zweimal einge­geben werden. Wer sich aus­kannte, wußte natür­lich, daß man Meß­werte und ihre Quadrate parallel addieren kann, um aus ihnen zum Schluß Mittel­wert und Streu­ung zu berechnen. Doch wo war auf einer Rechen­maschine der dazu nötige zweite Zwischen­speicher, und wo das Programm zum Abspulen der immer gleichen Opera­tionen? Antwort: Auf dem LOCI‑2!

[1] Rick Bensene: Wang LOCI-2. The Old Calculator Museum.

Bernd Pol | Anfang und Ende

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Bernd Pol
In manchen Blogs kursierte die Frage nach dem Erstenmal, nämlich dem ersten Computer, dem ersten Betriebs­system, dem ersten Programm und dem ersten Spiel im Leben. Das nehme ich zum Anlaß, hier das erste und zugleich letzte von mir weit­gehend verstan­dene Betriebs­system CP/M zu loben. In den Vorgän­gern sah ich allen­falls eine Platt­form zum Schreiben und Ausführen von Pro­grammen, von den Nach­folgern verstand ich nur noch Bruch­stücke und Über­sichts­bilder.

Die für mein Leben heraus­ragende Bedeutung von CP/M erkenne ich auch am Besitz des wirklich gelesenen Buches [1] von Bernd Pol, der es beim ersten Band der Reihe beließ und sich anschlie­ßend der Dich­tung wid­mete. Wider sein Erwarten wurde dieses Buch mit einer Auflage von 30.000 das Stan­dard­werk in deut­scher Sprache.

Das Control Program for Micro­compu­ters (CP/M) war das erste Disk Operating System (DOS) und in den 80er Jahren in der Version 2.2 Stan­dard für Tisch­rechner mit Prozes­soren 8080 und Z80. Mit dem Schnei­der Joyce gelangte es auch unter das deut­sche Volk. Ich selbst lernte CP/M auf einem Tand­berg-​Rechner TDV 2324 mit zwei 8‑Zoll-​Dis­ketten-​Lauf­werken kennen, die bereits „double sided double density“ waren und 1 Mega­byte faßten. Diese Größen­ordnung wurde auf den 5‑1/4‑Zoll-​Dis­ketten der späteren IBM‑PC erst nach mehr­facher Ver­doppe­lung ihrer Kapa­zität wieder erreicht. Später durfte ich CP/M auf dem legen­dären Kontron PSI‑80 benutzen und hatte auch das nötige Klein­geld für einen Schneider Joyce.

Das Tandberg Operating System (TOS) und das Kontron Operat­ing System (KOS) dienten seiner­zeit zumeist nur dem Laden von CP/M. Es war Markt­führer im Bereich der Klein­rechner wie heute Micro­soft Windows und ist dennoch prak­tisch ausge­storben. Kurze Zeit hoffte ich, das Nach­folge­system MP/M für mehrere Benutzer würde sich auf dem über­legenen 16‑Bit-​Prozessor Z8000 durch­setzen. Doch leider ging die Evolu­tion den technisch stei­nigen Weg entlang des bekannten wirt­schaft­lichen Erfolges über 8086-​Prozes­soren und PC‑DOS zu dem was heute die Welt beherrscht. Darin lebt CP/M weiter, denn nicht wenig wurde von ihm abge­kupfert, wie CP/M auch nicht ohne Vor­bilder auskam.

Zurück zum Buch von Bernd Pol, besser zu meinem Exemplar. Ich habe mir die offen­sicht­lich oft aufge­schla­genen, die drecki­geren, die von meiner Tochter bekrit­zelten und die von mir korri­gierten Seiten ange­sehen:

Der Warmstart in Kapitel 3 (Wie CP/M Disketten verwaltet), wo beschrieben wird, was nach Eingabe von Control-C geschehen sollte. Meisten war es auch so, während heute gerne vergeblich auf eine Reaktion gewartet wird.

Diskettenmerkmale ermitteln in Kapitel 8 (STAT-Funktionen), wo die Glie­derung einer CP/M‐Dis­kette oder -Fest­platte in Spuren, Sektoren, Extents, Blöcken, Records und Bytes beschrie­ben ist, was mich bei den späteren DOS-​Dis­ketten nicht mehr sehr inter­essierte.

PIP-Optionen in Kapitel 9 (PIP-Funktionen), wo beschrieben wird, was man mit dem Peripheral Interchange Processor (PIP) alles machen konnte, wovon der COPY-Benutzer nur träumte.

Kurzübersicht über die BDOS-Funktionen in Kapitel 15 (Der CP/M-Kern: BDOS), wo ich oft nach­sehen mußte, wenn selbst geschrie­bene Pro­gramme eine BDOS-​Funk­tion aufrufen sollten. Denn nicht alles ging allein mit Hoch­sprachen, zumin­dest nicht schnell genug.

Diskettenbeschreiber und Verzeich­nisein­trag in Kapi­tel  15 (Der CP/M-Kern: BDOS), wo beschrie­ben ist, was in einem Ver­zeichnis-​Eintrag steht, damit auf der Diskette die richtigen Daten zur richtigen Datei gefunden werden.

[1] Bernd Pol: Vom Umgang mit CP/M. Erster und letzter Band der Reihe CP/M für die Praxis, IWT Verlag, 1982.

[2] Bernd Pol: Willkomen zu allerlei Text von Bernd Pol.

[3] Gaby Chaudry: Gaby's Homepage für CP/M und Computergeschichte.

Anfang und Ende

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539. mal
In letzter Zeit las ich bei einigen etwas über ihre elektronischen Erstenmale, ihren Erstkontakt mit Computern, Betriebssystemen, Programmen und Spielen, nicht aber Abstürzen, Verlusten und Viren. Dazu kamen mir drei Punkte in den Sinn:
  1. Es ist oftmals schwierig, ein für allemal festzulegen, ab wann ein Zahlwort substantiviert benutzt wird und dann groß geschrieben oder gar getrennt werden muß, wozu ich mich nur manchmal durchringen kann. Mein Geschmack ist: "Das Erstemal war das letztemal, zu dem es kein weiteres Mal gab." Auf keinen Fall mogele ich mich heraus, indem ich leichtfertig oder ständig getrennt und groß schreibe: "Nun habe ich es mir sieben mal siebenundsiebzig mal gefallen lassen, beim nächsten Mal ist aber Schluß."
  2. Wahrscheinlich ist die letzte Generation bereits eingeschult oder im Blog-Alter, die sich mit starken Gefühlen oder überhaupt an den ersten Umgang mit einem Computer, das erste beherrschte elektronische Spiel oder die wirklich verstandene Anwendung erinnern wird. Schon jetzt lese ich Notebook und Word als Erstkontakt. Danach können doch nur noch Erinnerungslücken kommen. So wird auf unabsehbare Zeit das Erstemal bleiben, was es immer war, und weder durch den ersten Computer, noch das erste Auto und schon gar nicht durch das zweite Leben ersetzt werden.
  3. Mit zunehmendem Alter aber weiß man auch das letztemal zu schätzen. Ich höre schon den Einwand, man könne es doch gar nicht wissen. Tatsächlich wird mein jetziges Notebook wohl nicht das letzte sein, so Tag und Stunde, die auch junge Menschen nicht wissen, noch etwas auf sich warten lassen. Trotzdem weiß ich schon jetzt, welcher Rechner, welches Betriebssystem, welches Programm der oder das letzte war, den oder das ich wirklich verstanden habe. Sie laufen alle nur noch in Reservaten. Geblieben sind von ihnen neben schwachen Erinnerungen, endlosem Code und schlechten Bildern vor allem Bücher.
einmal ist keinmal
dutzendemal
zum x-ten Male

Erste-, Letzte- und Einzigemale
einzig verstandenes Betriebssystem CP/M
erster programmierter Rechner LOCI-2
einzig beherrschte Textverarbeitung Wordstar
einzig beherrschtes Computerspiel Adventure

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Die 4 steht!
Meine Vorhersage vor drei Monaten: 4,0%
Forderung der IG Metall      6,5%
Angebot der Arbeitgeber      2,5%
Rechnung: sqrt(6,5·2,5)=4,03

Erreichtes Ergebnis: effektiv 3,7% pro Jahr

4,1% und 1,7% bei 19 Monaten Laufzeit, also: (1,041·1,017)^(12/19)=1,0367

Erfolgsrechnung für Arbeitgeber: 2,9% im Jahr

4,1% in 2007 und 1,7% in 2008 oder später: (4,1+1,7)/2=2,9

Erfolg der Gewerkschaft: die 4 steht!
Erhöhung in 2007             4,1%
Erhöhung in 2008             1,7%
400 Euro einmalig (1)        1,0%
5 mal 0,7 Prozent (2)        0,3%
                             ----
in 19 Monaten Laufzeit       7,1%
im Jahr 12/19 davon          4,5%
(1) bei 40.000 Euro brutto im Jahr
(2) 0,7·(5/12)=0,29

Die 4 steht! Vor dem Komma der sofortigen 4,1 Prozent und vor den jähr­lichen 4,5 Prozent laut Rechnung!

Einführung in die kreative Mathematik

Mit 3,98 Prozent knapp verfehlt wird die 4 bei krea­tiver Umrech­nung der fünfmal 0,7 Prozent Einmal­zahlung im näch­sten Jahr. Das geht mit 13,65 Monats­gehäl­tern wie folgt: (5·0,7)·(13,65/12)=3,98. Ich habe nicht nur mit Arbeit­gebern, Gewerk­schaften und Banken, sondern mit vielen Menschen ein Problem: Sie können oder wollen oft nicht sagen, was die 100% sind.

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Was ist P(8|9)?
Hier eine unausge­gorene Aufgabe zu line­aren Funk­tionen und ihrer Dar­stellung, wenn ich mich einmal derart schlicht und direkt aus­drücken darf:
Der Graph einer linearen Funktion geht durch
die Punkte P(8|9) und Q(1|2).
a) Bestimme den Term einer proportionalen Funktion,
   deren Graph parallel zu dem Graphen von f ist.
b) Bestimme den Term der linearen Funktion h,
   deren Graph parallel zu dem Graphen von f ist
   und durch den Punkt R(2|-3) geht.
Dem Mathematiker fällt reflex­haft die Bezug­nahme auf eine nicht bezeich­nete Funktion f auf, denkt sich aber sofort, daß wohl die lineare Funktion f durch die Punkte P und Q gemeint ist. Er setzt in Teil a der Aufgabe sofort eine propor­tio­nale Funktion g an und wundert sich somit nicht über das Erscheinen von h im Teil b. Auf der anderen Seite bemerken selbst Schul­buch­autoren gar nicht die Unbe­stimmtheit von f und wundern sich auch nicht über das Fehlen von g, obgleich doch von f und h die Rede ist. Und Lehrer stehen auf dem Schlauch, wenn Schüler sie um eine Erläu­terung bitten. Zur Schul­buch­kritik oder Streichung der Aufgabe fehlt es oft an Souve­ränität.

Wer das so liest, könnte mich für pingelig halten, sollte aber beachten, daß er mögli­cher­weise den kleinen Schwach­punkt ohne meine Erläu­terung einfach über­sehen hätte oder bei der Lösung an ganz anderen Kleinig­keiten geschei­tert wäre, zum Beispiel an dem feinen Unter­schied zwischen linear und propor­tional oder an dem breiten Graphen-​Geschwafel. Selbst­verständ­lich können nicht nur Mathe­matiker solche leichten Schwächen korri­gieren, und es wäre mir auch lieb, wenn in der Schule eine derartige Fehler­toleranz geübt würde, auf daß jeder Abitu­rient in der Lage wäre, auch sehr formale Sach­verhalte weit­gehend in geläu­figer Umgangs­sprache exakt zu beschrei­ben. Doch leider sehe ich eher das Gegen­teil: In der Schul­mathe­matik werden Begriffe und Bezeich­nungen einge­führt, die in der wirk­lichen Mathe­matik unge­bräuch­lich oder ein­fach unsin­nig sind, um mich anderer Vokabeln zu ent­halten. Auch das demon­striert die eingangs erwähnte Aufgabe.

Den flüchtigen Leser wird „die Punkte P(8|9) und Q(1|2)“ gar nicht irri­tieren. Ich aber frage mich, was an der tradi­tionellen Schreib­weise „die Punkte P=(8,9) und Q=(1,2)“ auszu­setzen ist. Etwa die Gleich­setzung der Punkte P und Q mit den Paaren (8,9) und (1,2)? Soll der senk­rechte Strich irgend­etwas andeu­ten? Daß es sich um Koor­dinaten handelt? Soll P(8|9) etwa für  Punkt P mit Abszis­se 8 und Ordi­nate 9“ stehen? Oder P einfach für Punkt? Nein, letzteres geht nicht, dann wäre Q(1,2) ja ein Qunkt! Und da man diese Unge­reimt­heiten einem Acht­kläßler zu erklären nicht in der Lage ist, bleibt wieder einmal kritik­lose Aneig­nung von Schul­konven­tionen, wo schlichtes Ver­stehen so einfach wäre.

Schulmathematik | Zinseszinsen | Damm-Schnitt | Fallunterscheidungen | Kongruenzsätze

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Mooresches Gesetz
Als ich von den Petabytes [1] las, die Tag für Tag über Amsterdam in die Welt geblasen und aus ihr gesogen werden, konnte ich mir [2] einen Schlenker zu den Bezeichnungen noch größerer Datenmengen nicht verkneifen. Und wer für eine Ü35-Party zu alt ist, wird sich noch an Kilos erinnern, die schnell zu Megas und Gigas wurden. Es sieht so aus, als würde alle zehn Jahre eine neue Vorsilbe zum Zeichen der Vertausendfachung verbraten. Es ist noch nicht lange her, da die Frage gestellt wurde, was das Hauptproblem sei, einen Ronald-Reagan-Simulator in zwei Kilobyte zu programmieren. Antwort: Was mache ich mit dem einen Kilobyte, das übrig bleibt?

Und dennoch: Ganz so schnell geht es nicht. Für den Faktor 1000 sind eher zwanzig, denn zehn Jahre erforderlich. Das ist eine Verdoppelung in zwei Jahren. In aufbauschenden Berichten ist immer wieder von 18 Monaten zu lesen. Gerne sucht man auch Teilbereiche, in denen es zeitweise nur ein Jahr ist, wie beim Datendurchsatz des Internet-Knotens AMS-IX. In diesem Zusammenhang wird auch gerne vom Mooreschen Gesetz gesprochen, das sich ursprünglich wohl auf die Zahl der Transistoren bezog, die auf einem Chip Platz finden. Die ersten Schritte gingen sehr schnell, doch schon nach kurzer Zeit waren es eben doch zwei Jahre für eine Verdoppelung.

Wer sich in der Wikipedia das Bild mit den gängigen CPU ansieht, die mit dem Logarithmus der Transistorzahl gegen das Erscheinungsjahr aufgetragen sind, sieht sie ziemlich genau auf einer Geraden liegen. In sehr guter Näherung gilt
n = 1000a/20 ≈ 2a/2
worin n die Zahl der Transistoren und a mein Alter ist. Tatsächlich: Als ich geboren wurde (a=0, n=1), konnte man die ersten Transitoren kaufen, die wenige Jahre später zu Transistorradios führten, mit denen man endlich in der Öffentlichkeit nerven konnte wie später mit den Funktelefonen und MP3-Playern. Wer etwas auf sich hielt, der hatte nicht zwei Megapixel, sondern drei Transistoren mehr als der andere. Das war so bedeutend wie die Zahl der Steine in der Armbanduhr.

Zwanzig Jahre später (a=20, n=1.000) gab es bereits erste elektronische Tischrechner. Mein Vergnügen mit dem sagenhaften LOCI-2 für etwa 5000 Mark aus 1275 einzelnen Transistoren war gerade vorüber. Und nach abermals zwanzig Jahren (a=40, n=1.000.000) brach auf den Schreibtischen der Computerfreaks das 32-Bit-Zeitalter an. Endgültig vorüber war damit meine 8080- und Z80-Zeit, in der man nur mit viel Aufwand über ein Speichervolumen von 64 Kilobyte kam. Bald sind erneut zwanzig Jahre um (a=60, n=1.000.000.000), und tatsächlich liegt die Zahl der Transistoren des Itanium-2 nur noch um den Faktor 4 unter einer Billion (Giga). Hauptspeicher wird schon lange Zeit in Gigabyte gemessen und die Festplatten haben bereits die Terabit-Marke (128 GB) überschritten.

Das Mooresche Gesetz mit Verdoppelung in zwei Jahren ist über mein ganzes Leben hinweg erfülllt worden, jedenfalls für die Zahl der Transistoren, die eine einzelne CPU eines Rechners hat, der noch auf einen Schreibtisch paßt, seien sie mit der Hand gelötet oder in integrierten Schaltungen versteckt. Zwar widerstrebt es mir, exponentielle Entwicklungen in die Zukunft fortzuschreiben, im Computerbereich werden sie aber noch eine Weile anhalten. Zu oft ist eine vermeintliche Technologiegrenze überschritten worden. Wer hatte vor zwanzig Jahren geglaubt, daß man über Telefonleitungen, die damals schon zwanzig Jahre alt waren, DSL-Verbindungen mit mehr als einem Kilobaud herstellen kann.

[1] Joachim Wille, "1 125 899 906 842 624 Bytes mal zwei", Frankfurter Rundschau vom 9. Februar 2007, Seite 1
[2] 1125899906842624

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Steuerprogression
Im Kompetenzteam [1] hatte ich zum Begriff Todessteuer eine leichte Auseinandersetzung über Gerechtigkeit und Besteuerung von Erbschaften. Da es dort um Sprache, nicht um Politik und schon gar nicht um Mathematik geht, will ich hier kurz erläutern, wie ich mir eine gerechte Besteuerung der Reichen vorstelle, warum dies zur Zeit leider nicht vernünftig ist und was ich von den Menschen diesbezüglich halte.

Die Diffamierung der Erbschaftssteuer als Todessteuer soll einreden, daß man für den Tod auch noch bestraft wird. Zwar nicht der Verstorbene selbst, sondern die Erben. Dies sei ungerecht, weil das weitergegebene Vermögen doch bereits erarbeitet und versteuert sei, selbst wenn es mehrere Generationen zurückliegt. Das kann ich nicht nachvollziehen, denn der Erbe hat ja nichts dafür getan. Warum soll er leistungslos etwas unversteuert erhalten, während ein hart arbeitender Mensch sein Einkommen zu versteuern hat. Und bezahlt dieser eine legal arbeitende Putzfrau, dann fallen erneut Steuern an. Es ist also ganz normal, daß bei Weitergabe von Geld oder Besitz auch Steuern zu zahlen sind.

Ungerechter finde ich eher, daß in schneller Generationenfolge vererbtes Vermögen öfter besteuert wird als das an die Ururenkel weitergegebene und daß langsam an die Nachfahren verschenktes oder in den Arsch gestecktes Geld gänzlich unbemerkt bleibt. Unschön ist es auch, wenn der besitzlose Erbe ebenso Steuern zu zahlen hat wie einer der schon vorher reich war. Die gleiche Ungerechtigkeit steckt auch in der Kapitalertragssteuer. Jenseits des Freibetrages wird ein Schwerreicher, dessen Kapital viel effizienter "arbeitet" und der nichts hinzuverdienen muß, nicht stärker zur Kasse gebeten als einer mit bescheidenen Gewinnen.

Es wäre durchaus gerecht, auf Erbschaftssteuer und Kapitalertragssteuer zu verzichten, wenn es eine wirksame Vermögenssteuer gäbe. Und damit meine ich keine, die oberhalb eines Freibetrages einen minimalen Prozentsatz verlangt, auch keine mit einer Progression auf unerhebliche Höhe. Ich würde einfach einen festen Satz q von etwa 2 Prozent pro Jahr und Millionen Euro als Vermögenssteuer erheben. Wer am Jahresende ein Kapital K besitzt, der muß den Betrag von (qK)K an Vermögensteuer zahlen. Wer zu Jahresbeginn K besitzt, es mit einen Zinssatz p zum Jahresende auf K(1+p) vermehrt hat, besitzt nach Besteuerung zu Beginn des Folgejahres ein Kapital K’ von
K’ = K(1+p)(1-qK(1+p)) ≈ K(1+p-qK)
Ein solche wirklich progressiv zu nennende progressive Besteuerung des Vermögens würde arme Erben und Besitzer nur eines Reihenhauses weitgehend ungeschoren lassen, die wirklich Reichen aber spürbar besteuern. Ein paar Beispiele bei einer Vermögenssteuer von 2 Prozent pro Jahr und Millionen Euro:
Kapital  Zinssatz  Steuer  Gewinn
---------------------------------
    5.000   1,50%   0,01%   1,49%
   50.000   4,50%   0,10%   4,40%
  500.000   7,50%   1,00%   6,50%
5.000.000  10,50%  10,00%   0,50%
Leicht ist zu sehen, daß selbst der unverschuldete Reihenhausbesitzer weniger zur Kasse gebeten würde als bisher, wenn er sein Vermögen nicht in Steine verbaut, sondern mit fünf oder mehr Prozent angelegt hätte. Erst ab einer Million wird die Steuerlast wirklich spürbar. Der Deckel ist bei etwa fünf Millionen. Selbst ein Superspekulant mit dauerhaft 30 Prozent Rendite schaffte es nicht mehr über 20 Millionen Euro.

Ich glaube nicht, daß dies einen vernünftigen Reichen wirklich stören würde, wenn es in der ganzen Welt so wäre, denn es kommt ihm abseits einer "Grundversorgung" ja nicht auf die Höhe seines Besitzes, sondern auf die Rangordnung an. Er wird mit Genugtuung sehen, wie andere durch Erbschaft reich gewordenen Nichtsnutze schnell ihr Vermögen verpraßt haben, weil es ja nur ein paar Millionen gewesen sein können. Jeder bescheidene Reiche wird auch einsehen, daß die vielen sinnlosen Dienstleistungen, die einfache Menschen an den Superreichen vollbringen müssen, damit ihr Geld wieder unter die Leute kommt, gesamtwirtschaftlich nur schädlich sind.

Ich höre schon diejenigen, die um die geringe Zahl der Reichen und die Unerheblichkeit einer Vermögenssteuer wissen. Gewiß kann man die große Masse nur bei den kleinen Leuten und den mittleren Einkommen holen. Es geht aber im Leben der Menschen nicht nur um Geld, sondern auch um Gerechtigkeit. Ich jedenfalls würde es begrüßen, wenn die Superreichen auch nur deshalb abgeschafft würden, um sie aus den Medien zu verdrängen, in denen sie permanent ein falsches Bild der Welt vermitteln.

Ich weiß aber auch, daß es nicht möglich ist, Vermögen gerecht zu besteuern, solange Kapital ins Ausland geschafft werden kann oder reichenfreundliche Länder die sog. Leistungsträger anlocken. Deshalb bezeichne ich meine gerechten Vorstellungen auch gerne als unpraktikabel, wirklichkeitsfremd und für unsere Volkswirtschaft tödlich. Ich akzeptiere deshalb Superreiche als Teil der realen Wirtschaftswelt, für die es zur Zeit keine vernünftige Alternative gibt. Auch die Natur hat sich ja nicht der Gerechtigkeit verschrieben und nimmt enorme Reibungsverluste hin.

Und deshalb verachte ich auch nicht den Kapitalismus oder die Superreichen, die ich im Gegensatz zu vielen meiner Mitmenschen gar nicht zur Kenntnis nehme, sondern die einfachen Massen, die ihr hart erarbeitetes Geld zusammenlegen, um es einigen wenigen in den Arsch zu stecken, den Schauspielern, den Popstars und den Fußballspielern. Als reichten ihnen nicht ein paar Spekulationsgewinner, Aufsichtratsvorsitzende, Großgrund- oder –firmenbesitzer. Sie legen sogar Woche um Woche zusammen, um ein paar unter sich zu Lottomillionären zu machen, diese Idioten.

[1] Todessteuer

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