Bernd Pol
In manchen Blogs kursierte die Frage nach dem Erstenmal, nämlich dem ersten Computer, dem ersten Betriebssystem, dem ersten Programm und dem ersten Spiel im Leben. Das nehme ich zum Anlaß, hier das erste und zugleich letzte von mir weitgehend verstandene Betriebssystem CP/M zu loben. In den Vorgängern sah ich nur die Plattform zum Schreiben und Ausführen von Programmen, von den Nachfolgern verstand ich allenfalls Bruchstücke und Übersichtsbilder. Die für mein Leben herausragende Bedeutung von CP/M erkenne ich auch am Besitz des wirklich gelesenen Buches Vom Umgang mit CP/M von Bernd Pol, der es beim ersten Band der Reihe CP/M für die Praxis beließ und sich anschließend der Dichtung widmete. Wider sein Erwarten wurde dieses Buch mit einer Auflage von 30.000 das Standardwerk in deutscher Sprache.

Das Control Program for Microcomputers (CP/M) war das erste Disk Operating System (DOS) und in den 80er Jahren in der Version 2.2 Standard für Tischrechner mit Prozessoren 8080 und Z80. Mit dem Schneider Joyce gelangte es auch unter das deutsche Volk. Ich selbst lernte CP/M auf einem Tandberg-Rechner TDV 2324 mit zwei 8-Zoll-Disketten-Laufwerken kennen, die bereits double sided double density waren und 1 Megabyte faßten. Diese Größenordnung wurde auf den 5-1/4-Zoll-Disketten der späteren IBM-PC erst nach mehrfacher Verdoppelung der Kapazität wieder erreicht. Später durfte ich CP/M auf dem legendären Kontron PSI-80 benutzen und hatte auch das nötige Kleingeld für einen Schneider Joyce.

Das Tandberg Operating System (TOS) und das Kontron Operating System (KOS) dienten seinerzeit zumeist nur dem Laden von CP/M. Es war Marktführer im Bereich der Kleinrechner wie heute Microsoft Windows und ist dennoch praktisch ausgestorben. Kurze Zeit hoffte ich, das Nachfolgesystem MP/M für mehrere Benutzer würde sich auf dem überlegenen 16-Bit-Prozessor Z8000 durchsetzen. Doch leider ging die Evolution den technisch steinigen Weg entlang des bekannten wirtschaftlichen Erfolges über 8086-Prozessoren und PC-DOS zu dem was heute die Welt beherrscht. Darin lebt CP/M weiter, denn nicht wenig wurde von ihm abgekupfert, wie CP/M auch nicht ohne Vorbilder auskam.

Zurück zum Buch von Bernd Pol, besser zu meinem Exemplar. Ich habe mir die offensichtlich oft aufgeschlagenen, die dreckigeren, die von meiner Tochter bekritzelten und die von mir korrigierten Seiten angesehen:
  • Der Warmstart in Kapitel 3, Wie CP/M Disketten verwaltet, wo beschrieben wird, was nach Eingabe von Control-C geschehen sollte. Meisten war es auch so, während heute gerne vergeblich auf eine Reaktion gewartet wird.
  • Diskettenmerkmale ermitteln in Kapitel 8, STAT-Funktionen, wo die Gliederung einer CP/M-Diskette oder -Festplatte in Spuren, Sektoren, Extents, Blöcken, Records und Bytes beschrieben ist, was mich bei den späteren DOS-Disketten nicht mehr sehr interessierte.
  • PIP-Optionen in Kapitel 9, PIP-Funktionen, wo beschrieben wird, was man mit dem Peripheral Interchange Processor (PIP) alles machen konnte, wovon der COPY-Benutzer nur träumte.
  • Kurzübersicht über die BDOS-Funktionen in Kapitel 15, Der CP/M-Kern: BDOS, wo ich oft nachsehen mußte, wenn selbst geschriebene Programme eine BDOS-Funktion aufrufen sollten. Denn nicht alles ging allein mit Hochsprachen, zumindest nicht schnell genug.
  • Diskettenbeschreiber und Verzeichniseintrag in Kapitel 15, Der CP/M-Kern: BDOS, wo beschrieben ist, was in einem Verzeichnis-Eintrag steht, damit auf der Diskette die richtigen Daten zur richtigen Datei gefunden werden.
Bernd Pol
CP/M

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Mit CP/M
kam ich bei meinen EDV-Erstkontakten mit einem Schneider-Rechner wie gesagt auch in Berührung. Aber zu sagen, dass ich irgendetwas davon verständen hätte, wäre die Übertreibung des Jahrhunderts. Später habe ich mir sagen lassen, einige der mir aus MS-DOS bekannten Befehle habe es schon vorher auch bei CP/M gegeben. Wenn es ein Betriebssystem gab, von dem ich behaupten würde, ein bisschen was verstanden zu haben, dann war es DR. DOS, das im Lieferumfang meines ersten Notebooks war. Da hab ich dann auch mal die AUTOEXEC.BAT und die CONFIG.SYS umgeschrieben, eigene Makrobefehle für häufig vorkommende Verrichtungen fabriziert und den Umgang mit der DOS-Shell schätzen gelernt. Ich hätte den Rechner auch mit Windows (3.11?) haben können, aber damit fremdelte ich noch sehr lange. Den Sprung in die Fensterwelt habe ich dann erst mit M 95 vollzogen. Hach ja, die alten Zeiten...

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DR-DOS hatte ich auch mit einem Highscreen-Rechner von Vobis, den ich vor zwei Monaten dem Sperrmüll anvertraute. Es war besser als MS-DOS, dennoch aber nur eine leichte Erweiterung. Dem Sprung in die Fensterwelt konnte ich mich natürlich auch nicht entziehen. Das war noch vor Windows 3.11, doch deutlich nach der schönen Lisa des Herrn Götzeclan, nämlich auf einem Standard-Terminal mit 24 Zeilen zu 80 Zeichen mit Hilfe des unheimlich schnellen SMG unter VMS.

Beim Verständnis eines Betriebssystemes gibt es natürlich verschiedene Grade und Aspekte. Oberflächlich gehört dazu die Kenntnis der meisten Befehle. Eigentlich aber auch der Aufbau, das Filesystem, die Arbeitsweise, die Systemaufrufe, die Bibliotheken, die Treiber und vieles andere mehr. So wußte ich bei CP/M, wo man hinschreiben muß, daß der Rechner denkt, man hätte es getippt. Das interessiert mich heute nicht mehr die Bohne. Und nach CP/M habe ich auch keine Veränderungen am Betriebssystem mehr vorgenommen, auf daß mit Fremdsoftware erfolgreich zusammengearbeitet werden kann. Dazu müßte ich heute einen zweiwöchigen Kurs belegen.

Wenn Sie einen Schneider Joyce besaßen, haben Sie sicherlich auch mit dem wunderbaren Locoscript geschrieben, das Dateien in 8 verschiedenen Bereichen ablegte, die in 8 weiteren Bereichen gesichert wurden. Damit konnten gelöschte Daten wieder hergestellt werden. Dieses Locosript benötigte kein Betriebssystem, hatte mit CP/M aber das Diskettenformat gemein. Allerdings konnte CP/M standardmäßig nur den Bereich 0 lesen, weil nur diese Files im ersten Byte ihres Verzeichniseintrages eine 0 aufwiesen. So konnte man mit Locoscript Dateien zumindest für Uneingeweihte unsichtbar machen.

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Zwar habe ich zur Glorifizierung vom CP/M abgeschrieben, es sei das erste DOS (Disk Operating System), doch kann das in dieser Brutalität nicht stimmen, denn CP/M mußte selbst erst von einer Diskette eingelesen werden. Und dazu benutzten die frühen Rechner gerne ihr eigenes Betriebssystem, das Platten nicht nur lesen, sondern auch verwalten konnte und damit vor CP/M ein DOS war.

Diskette für CP/M 2.2 auf TDV 2324

Die abgebildete Diskette war Standard. Sie kostete leer 10 Mark und konnte stolze 243 Kilobyte speichern. Es gingen 128 Byte in einen Sektor, jede Spur umfaßte 26 Sektoren, also 3,25 Kilobyte. Von den 77 Spuren waren 2 reserviert. Die restlichen 75 Spuren waren also für 243,75 Kilobyte gut. Da immer nur ganze Blöcke von 1 Kilobyte gespeichert wurden, blieben 243 Kilobyte. Der TDV2324 zeichnete sich dadurch aus, daß er auch Disketten mit doppelter Schreibdichte und zwei Seiten lesen konnte. Es war sogar etwas mehr, denn jede Spur umfaßte 8 Sektoren zu 1024 Byte, also ganze 8 Kilobyte. Auf beiden Seiten zusammen waren wohl 75+77=152 Spuren nutzbar, was insgesamt 1,2 Megabyte ergab.

Das war weit mehr als die 180 Kilobyte einer normalen IBM-Diskette. Wer mit ihnen einmal zu tun hatte, weiß den Fortschritt zu schätzen, den das Betriebssystem CP/M zusammen mit der CP/M-formatierten Diskette brachte. Ein TDV2324 konnte solche IBM-Disketten lesen und schreiben und machte es somit möglich, auf kleinen und für damalige Verhältnisse preiswerten Tischrechnern Daten für die Weiterverarbeitung mit Großrechnern unter CP/M zu bearbeiten und über Disketten auszutauschen.

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Es gab natürlich auch CP/M-Disketten unterhalb von 8 Zoll. Hier die im untergegangenen 3-Zoll-Formal für den Schneider Joyce:

3-Zoll-Diskette mit CPM-PLUS für Schneider Joyce

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