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Altachtundsechziger
wuerg, 02.04.2018 16:19
Wenn Höcke von versifften Altachtundsechzigern spricht, dann meint er damit nicht nur weltfremde Linke der sechziger Jahre, die in gammeliger Kleidung umherliefen und keinen produktiven Beitrag zu unserer Gesellschaft leisteten. Wenn der mir auf den Wecker gehende Konstantin auf linksgrünversiffter altachtundsechziger Gutmensch erhöht, obwohl es damals weder Grüne noch Gutmenschen gab, dann entlarvt sich der Altachtundsechziger als Worthülse. Und wenn dazu Slomka dem die konservative Revolution ausrufenden Dobrindt vorwirft, sich an den Altachtundsechzigern abzuarbeiten, dann fragt man sich schon, was ein Altachtundsechziger denn ist, ob er vornehmlich als Witzfigur taugt, die nur noch erinnert wird, weil der aktuelle linke Mainstream bedeutungsloser Neunundachtziger ohne theoretische Hinterlassenschaft geblieben ist.
Für mich ist ein Altachtundsechsziger stets das gewesen, woran ich knapp vorbeigerutscht bin. Er hat 1968 studiert, wurde also um 1945 geboren und glaubte an die Weltrevolution. Leider bin ich etwas jünger und war nur Lehrling. Ich darf mich aber ohne den Zusatz "alt" als Achtundsechziger sehen, weil wir Seit an Seit mit den Studenten den Kampf gegen das Establishment geführt haben und ich mich nicht scheue, die Umbrüche dieser Zeit nach dem Jahr 1968 zu bezeichnen. Manche mögen meinen, 67 sei richtiger, alles habe noch viel früher begonnen, Studentenbewegung oder gar -revolte sei die bessere Bezeichnung, wenn nicht mit Protestbewegung auch den Proletariern Rechnung getragen werden soll.
Wenn heute über die damaligen Zeiten gesprochen wird, dann zumeist von Leuten, die deutlich jünger sind, eher aus der Generation 89, die es eigentlich nur wegen der 180-Grad-Drehung der 68 gibt. Sie bestehen aus mindestens zwei Gruppen: Den sog. Rechten, die sich selbst als Pragmatiker sehen, und den Linken mit dem Arsch an der Wand, denen es gewaltbereit und ohne geistige Ergüsse eigentlich nur um sich selbst ging. Beide haben den Marsch durch die Institutionen hinter sich. Einige wurden wie Dobrindt konservative Revolutionäre, andere sind vom Baumhaus an der Startbahn in eine Altbauwohnung gezogen und bilden den linken Mainstraem, die meisten blieben herzlich desinteressiert. Mit der Generation Praktikum wird nichts besseres nachkommen.
Die Generation 89 ist gerechte Folge der Achtundsechziger. Nach ihrem Jahrzehnt des Protestes gegen den Vietnamkrieg, die Notstandsgesetze, das System, die Unterdrückung war der Geist der westlichen Welt ein anderer. Doch schon nach einem weiteren Jahrzehnt der Gewalt waren in den achtziger Jahren viele auf ihrem Marsch durch die Institutionen angekommen und zogen eine Generation von Hedonisten mit Tischtennisabitur, Basisnote zwei und Golf heran. Die Mehrheit völlig unpolitisch, eine linke Minderheit selbstverliebt und gewaltbereit. Wer heute von seiner linken Vergangenheit faselt, ist zumeist kein achtundsechziger Besserwisser im Rentenalter. Er muß noch zehn bis zwanzig Jahre arbeiten, und vergessen sind die Zeiten seines Widerstandes, den man heute eher Lifestyle nennen würde.
Ich bin froh, deutlich älter zu sein. Wir haben uns damals für vieles begeistert, daran geglaubt und auch einiges verändert. Nicht alles wendete sich zum Guten. Wir haben den Schah von Persien verachtet. Es brachte uns Khomeini und den heutigen Iran. Wir hatten jede Woche im Spiegel verfolgt, was Che Guevara in den bolivianischen Wäldern vollbrachte. Heute wissen wir, es war nichts. Wir glaubten an das jugoslawische Modell. Heute wissen wir, daß es keine Jugoslawen gibt. Wir schmierten Wände gegen die Notstandgesetze voll. Und heute weiß keiner mehr, in welchem bedeutungslosen Gesetz sie unterkamen.
Auch damals mußte man nicht alles mitmachen, ich jedenfalls nicht. Als Biafra unabhängig werden wollte, überwogen meine Zweifel an der Redlichkeit. Die sexuelle Revolution ging an mir vorüber und erbrachte überzogene sexuelle Früherziehung bis hin zur Pädophilie der Altgrünen, um den Zusatz "alt" wieder einmal abwertend zu verwenden. Und man mußte nicht Gewalt gutheißen, die im Namen des Klassenkampfes ausgeübt wurde, von klammheimlicher Freude ganz zu schweigen. Auch für gemeine Ladendiebe, die offen mit ihrer Systemschädigung prahlten, hatte ich kein Verständnis. Sie waren nur zu feige, Kaufhäuser anzuzünden, wie es in Frankfurt vor genau 50 Jahren am 2. April 1968 geschah.
Für mich ist ein Altachtundsechsziger stets das gewesen, woran ich knapp vorbeigerutscht bin. Er hat 1968 studiert, wurde also um 1945 geboren und glaubte an die Weltrevolution. Leider bin ich etwas jünger und war nur Lehrling. Ich darf mich aber ohne den Zusatz "alt" als Achtundsechziger sehen, weil wir Seit an Seit mit den Studenten den Kampf gegen das Establishment geführt haben und ich mich nicht scheue, die Umbrüche dieser Zeit nach dem Jahr 1968 zu bezeichnen. Manche mögen meinen, 67 sei richtiger, alles habe noch viel früher begonnen, Studentenbewegung oder gar -revolte sei die bessere Bezeichnung, wenn nicht mit Protestbewegung auch den Proletariern Rechnung getragen werden soll.
Wenn heute über die damaligen Zeiten gesprochen wird, dann zumeist von Leuten, die deutlich jünger sind, eher aus der Generation 89, die es eigentlich nur wegen der 180-Grad-Drehung der 68 gibt. Sie bestehen aus mindestens zwei Gruppen: Den sog. Rechten, die sich selbst als Pragmatiker sehen, und den Linken mit dem Arsch an der Wand, denen es gewaltbereit und ohne geistige Ergüsse eigentlich nur um sich selbst ging. Beide haben den Marsch durch die Institutionen hinter sich. Einige wurden wie Dobrindt konservative Revolutionäre, andere sind vom Baumhaus an der Startbahn in eine Altbauwohnung gezogen und bilden den linken Mainstraem, die meisten blieben herzlich desinteressiert. Mit der Generation Praktikum wird nichts besseres nachkommen.
Die Generation 89 ist gerechte Folge der Achtundsechziger. Nach ihrem Jahrzehnt des Protestes gegen den Vietnamkrieg, die Notstandsgesetze, das System, die Unterdrückung war der Geist der westlichen Welt ein anderer. Doch schon nach einem weiteren Jahrzehnt der Gewalt waren in den achtziger Jahren viele auf ihrem Marsch durch die Institutionen angekommen und zogen eine Generation von Hedonisten mit Tischtennisabitur, Basisnote zwei und Golf heran. Die Mehrheit völlig unpolitisch, eine linke Minderheit selbstverliebt und gewaltbereit. Wer heute von seiner linken Vergangenheit faselt, ist zumeist kein achtundsechziger Besserwisser im Rentenalter. Er muß noch zehn bis zwanzig Jahre arbeiten, und vergessen sind die Zeiten seines Widerstandes, den man heute eher Lifestyle nennen würde.
Ich bin froh, deutlich älter zu sein. Wir haben uns damals für vieles begeistert, daran geglaubt und auch einiges verändert. Nicht alles wendete sich zum Guten. Wir haben den Schah von Persien verachtet. Es brachte uns Khomeini und den heutigen Iran. Wir hatten jede Woche im Spiegel verfolgt, was Che Guevara in den bolivianischen Wäldern vollbrachte. Heute wissen wir, es war nichts. Wir glaubten an das jugoslawische Modell. Heute wissen wir, daß es keine Jugoslawen gibt. Wir schmierten Wände gegen die Notstandgesetze voll. Und heute weiß keiner mehr, in welchem bedeutungslosen Gesetz sie unterkamen.
Auch damals mußte man nicht alles mitmachen, ich jedenfalls nicht. Als Biafra unabhängig werden wollte, überwogen meine Zweifel an der Redlichkeit. Die sexuelle Revolution ging an mir vorüber und erbrachte überzogene sexuelle Früherziehung bis hin zur Pädophilie der Altgrünen, um den Zusatz "alt" wieder einmal abwertend zu verwenden. Und man mußte nicht Gewalt gutheißen, die im Namen des Klassenkampfes ausgeübt wurde, von klammheimlicher Freude ganz zu schweigen. Auch für gemeine Ladendiebe, die offen mit ihrer Systemschädigung prahlten, hatte ich kein Verständnis. Sie waren nur zu feige, Kaufhäuser anzuzünden, wie es in Frankfurt vor genau 50 Jahren am 2. April 1968 geschah.
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