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Median
wuerg, 22.03.2013 23:01
Zur Zeit wundern sich einige nicht nur über die privaten Reichtümer in armen Ländern, sondern auch über die enorme Abweichung des durchschnittlichen Vermögens eines deutschen Haushaltes von 195.200 Euro im Vergleich zum sogenannten Medianwert von nur 51.400 Euro [1]. Und obwohl ebenfalls zur Zeit allenthalben erklärt wird, was diese Werte bedeuten, will ich es wiederholen: Verteilt man das gesamte Privatvermögen der Deutschen gleichmäßig auf alle, so besitzt jeder Haushalt 195.200 Euro, aber die Hälfte dieser Haushalte hat weniger als 51.400 Euro. Was bedeutet das? Was wir eigentlich alle wissen: Die Vermögen sind ungleich verteilt! Aber wäre die Gesellschaft gerecht, wenn Median und Mittelwert beieinander lägen oder gar identisch wären? Nicht unbedingt:
Haben 37 Menschen jeweils 18 Euro in der Tasche, so sind Mittelwert und Median mit 18 Euro gleich groß, weil die 666 Euro so schön gleichmäßig verteilt sind. Geben wir aber dem ärmsten nichts, dem nächsten einen Euro bis hin zum letzten, der 36 Euro erhält, so sind Mittelwert und Median ebenfalls gleich, beide wiederum 18 Euro. Geht es noch ungerechter, ohne Median und Mittelwert auseinander zu bringen? Natürlich: Die ersten 18 bekommen nichts, nächsten 18 jeweils 18 Euro und der 37. den ganzen Rest von 342 Euro.
Das legt die Frage nahe: Wieviel ungerechter müssen die Vermögen verteilt sein, wenn der Mittelwert den Median fast um den Faktor vier übersteigt? Mathematiker machen immer einen schönen Ansatz: Haben wir eine große Zahl von Meßwerten, tragen sie nach Größe sortiert von x=0 bis x=1 in gleichmäßigen Abständen als sog. Y-Werte auf und erhalten einen quadratischen Verlauf a+bx+cx^2, dann ergibt sich ein Mittelwert M=a+b/2+c/3 und ein Median m=a+b/2+c/4, also c=12(M-m) und a+b/2=4m-3M. Für eine vollständige Bestimmung der Parameter a, b und c fehlt eine dritte Information.
In unserem Extremfall, da 4m-3M stark negativ ist, können wir vom für die Geldsäcke angenehmsten Fall b=0 ausgehen. Damit ergeben sich a=4m-3M=-380.000 Euro und c=12(M-m)=1.725.600 Euro. In Millionen Euro liegt also eine parabolische Vermögensverteilung v(x)=1,7256x^2-0,38 vor. In Worten: Das reichste Prozent hockt auf mehr als 1,3 Millionen, das ärmste Prozent hat mehr als 350.000 Schulden. Die Nullstelle liegt bei sqrt(-a/c)=0,47. Das bedeutet: 47 Prozent haben gar nichts. Integriert man v(x), kommt V(x)=x(0,572x^2-0,38) mit V(0,9)/V(1)=0,4 heraus. In Worten: Die obersten 10 Prozent besitzen 60 Prozent des Vermögens.
In Wirklichkeit gelten nur halb soviele Haushalte als verschuldet. Zum Ausgleich werden die Vermögensverhältnisse an den Rändern noch extremer sein. Eine quadratische Näherung 1,7256x^2-0,38 trifft aber die Realität mit einer einfachen Formel. Vor allem meine, die mir aber zuvor bereits klar war: Trotz bescheidener Verhältnisse haben drei von sieben noch weniger. Und könnte ich mein Guthaben verzehnfachen, hätten immer noch drei von sieben mehr. Das allein macht schon deutlich, wie weit gespreizt die Vermögensverteilung ist.
[1] So reich und arm sind die Deutschen, Süddeutsche Zeitung, 21.03.2013
Haben 37 Menschen jeweils 18 Euro in der Tasche, so sind Mittelwert und Median mit 18 Euro gleich groß, weil die 666 Euro so schön gleichmäßig verteilt sind. Geben wir aber dem ärmsten nichts, dem nächsten einen Euro bis hin zum letzten, der 36 Euro erhält, so sind Mittelwert und Median ebenfalls gleich, beide wiederum 18 Euro. Geht es noch ungerechter, ohne Median und Mittelwert auseinander zu bringen? Natürlich: Die ersten 18 bekommen nichts, nächsten 18 jeweils 18 Euro und der 37. den ganzen Rest von 342 Euro.
Das legt die Frage nahe: Wieviel ungerechter müssen die Vermögen verteilt sein, wenn der Mittelwert den Median fast um den Faktor vier übersteigt? Mathematiker machen immer einen schönen Ansatz: Haben wir eine große Zahl von Meßwerten, tragen sie nach Größe sortiert von x=0 bis x=1 in gleichmäßigen Abständen als sog. Y-Werte auf und erhalten einen quadratischen Verlauf a+bx+cx^2, dann ergibt sich ein Mittelwert M=a+b/2+c/3 und ein Median m=a+b/2+c/4, also c=12(M-m) und a+b/2=4m-3M. Für eine vollständige Bestimmung der Parameter a, b und c fehlt eine dritte Information.
In unserem Extremfall, da 4m-3M stark negativ ist, können wir vom für die Geldsäcke angenehmsten Fall b=0 ausgehen. Damit ergeben sich a=4m-3M=-380.000 Euro und c=12(M-m)=1.725.600 Euro. In Millionen Euro liegt also eine parabolische Vermögensverteilung v(x)=1,7256x^2-0,38 vor. In Worten: Das reichste Prozent hockt auf mehr als 1,3 Millionen, das ärmste Prozent hat mehr als 350.000 Schulden. Die Nullstelle liegt bei sqrt(-a/c)=0,47. Das bedeutet: 47 Prozent haben gar nichts. Integriert man v(x), kommt V(x)=x(0,572x^2-0,38) mit V(0,9)/V(1)=0,4 heraus. In Worten: Die obersten 10 Prozent besitzen 60 Prozent des Vermögens.
In Wirklichkeit gelten nur halb soviele Haushalte als verschuldet. Zum Ausgleich werden die Vermögensverhältnisse an den Rändern noch extremer sein. Eine quadratische Näherung 1,7256x^2-0,38 trifft aber die Realität mit einer einfachen Formel. Vor allem meine, die mir aber zuvor bereits klar war: Trotz bescheidener Verhältnisse haben drei von sieben noch weniger. Und könnte ich mein Guthaben verzehnfachen, hätten immer noch drei von sieben mehr. Das allein macht schon deutlich, wie weit gespreizt die Vermögensverteilung ist.
[1] So reich und arm sind die Deutschen, Süddeutsche Zeitung, 21.03.2013
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