Spritzgurke
Gestern gegen 22 Uhr habe ich mir noch ein Stück der Prominenten­version von "Wer wird Millionär" in der Hoffnung angesehen, es könne wieder so lustig werden wie in der Fünf-Millionen-Euro-SKL-Show [1]. Tatsächlich saß Dieter Bohlen auf dem Stuhl und hangelte sich gerade von 16.000 auf 125.000 Euro hoch. Für Jauch antwortete er aus dem Bauch heraus und mit Glück dreimal richtig, zumal kein direktes Wissen hinter seinen Antworten steckte. Doch darum geht es doch auch gar nicht. Gefragt ist die Fähigkeit, drei weniger sinnvolle oder irre­führende Antworten auszuschließen. Und das beherrschte er recht gut. Sicherlich weiß Dieter Bohlen auch mehr als so manche andere prominente Nuß. Er tarnt nur alles als Bauch­gefühl, damit die wirklichen Fehlein­schätzungen nicht auffallen.

Ein bißchen enttäuscht bin ich über seine Aufgabe angesichts der 500.000-Euro-Frage. Einfaches Raten allein führt auf eine Gewinn­erwatung von
( 500.000 + 3·16.000) / 4 = 137.000 Euro
Und da er noch seinen 50-50-Joker einsetzen konnte, steigerte sich das auf
( 500.000 + 16.000 ) / 2  = 258.000 Euro
Wenn man als einfacher Mensch dort sitzt, dem 125.000 auch reichen und der nicht mit verlorenen 109.000 nach Hause kommen darf, dann mag es noch sinnvoll sein, eine derart hohe Gewinn­erwartung auszuschlagen, weil einem jeder Euro oberhalb von 100.000 nur noch 30 Cent wert ist. Aber das Geld sollte ja nicht Dieter Bohlen bekommen, sondern der Verein "Dunkelziffer", der sichere 16.000 samt 484.000 mit 50 Prozent Wahrschein­lichkeit den garantierten 125.000 möglicherweise vorgezogen hätte?

Aber Prominente sind auch nur Menschen. Sehr gerne hätte Dieter Bohlen es den anderen mit ihren 125.000 gezeigt und 500.000 oder mehr gemacht, doch seine Angst, mit 16.000 als der vermessene und letztlich auch dümmere Kandidat zu enden, ließ ihn aufgeben. Mit Sozialismus und "alle gleich" redete er sich über diese Schwäche hinweg, womit die Frage nach seiner DKP-Vergangenheit nicht ausbleiben konnte. Munter bekannte es sich dazu. Insofern ist er doch nicht so schlimm, belustigend so und so.

Entscheiden mußte er sich zwischen Sprühkürbis und Spritzgurke. Ich hätte es falsch gemacht, weil ich Spritzgurke für eine anzügliche Erfindung der Redaktion hielt. Das ändert aber nichts an den Erwartungs­werten und meinen Empfehlungen für den Wiederholungsfall.

[1 ] 0,875

... comment

 
dass sie soviel gedanken an derlei schrott verschenken.
mich haben sie dazu gebracht 20 euro zu verschenken.
an einen förderfverein für behinderte menschen.
einfach so.

... link  


... comment
 
Nicht der Millionengewinn von Oliver Pocher irritiert mich schon seit Tagen, sondern die Mai­glöck­chen­frage, anläßlich der Reinhold Beck­mann die Segel strich. Die meine ich als Beispiel für typische Wer-Wird-Millionär-Fragen kurz vorher gehört zu haben, mög­licher­weise bei Schmidt und Pocher. Das wird kein Zufall gewesen sein und ist wohl einfach der Tatsache geschuldet, daß auch die Pro­minen­ten-Sendun­gen aufge­zeichnet werden.

Nachdem ich dies verin­nerlicht habe, stellt sich mir nun die Frage, warum der immer schlaffer werdende Harald Schmidt auch letzte Woche noch Oliver Pocher als einen Voll­trottel hinstellte, gleich­wohl dieser bereits die Million errun­gen hatte, auf die Harald Schmidt so scharf war. Wahr­scheinlich spielen beide nur ihre Natur­rolle.

Was also irritiert mich? Ich weiß doch, daß für das Fernseh­publikum Sen­dungen aufge­zeichnet und Rollen gespielt werden. Es ist die Behand­lung dieser beiden und anderer Schein­welten in der wirk­lichen. Die Presse berich­tet über Schmidt und Pocher als stünden hinter allen Frotze­leien wirk­liche Animo­sitäten, über die Lei­stungen bei Günter Jauch lassen sie vor dem Sende­termin nichts verlauten. Alles wird dargestellt, als sei es wirklich erst am Vortage geschehen.

Mich irritiert nicht, ein Buch zu lesen, das vor hundert Jahren geschrie­ben, und eine Sen­dung zu sehen, die vor einer Woche aufge­zeichnet wurde. Ich muß mich nur erst daran gewöh­nen, daß eine Unmenge aufge­zeich­neter, kon­struier­ter und unwirk­licher Vorgänge in die realen gewoben werden, ohne auch nur gele­gent­lich darauf hinzu­weisen. Der Unter­schied zwischen Wirk­lichkeit und Fiktion verschwindet. Und die mir selten auffallenden Kon­tinuitäts­fehler irri­tieren dann plötzlich.

... link  


... comment