... newer stories
Maybrit Illner
wuerg, 06.04.2018 15:54
Als ich mich hier vor fast genau zwölf Jahren erstmal zu einer Diskussion mit Sandra Maischberger ausließ, ging es bereits um gewalttätige Moslems. Gestern bei Maybrit Illner standen sie immer noch im Vordergrund, obgleich es doch um Gewalt an Schulen gehen sollte. Nur Naivlinge wie die der Huffington Post wundern sich darüber. [1] Ärgerlich finden sie auch, daß ihr Lager nicht mehr die Mehrheit der Geprächsteilnehmer stellte, es sich geradezu umgekehrt hatte. So ist das nun einmal mit dem Mainstream-Journalismus. Er ist nicht von Natur aus links, sondern hängt seine Fahne in den Wind.
Ich habe leider nur das letzte Drittel gesehen. Das reichte mir schon: Ein zum Paulus gewandelter Schläger mit dem berühmten Einser-Abitur durfte von seiner kriminellen Vergangenheit und seinem nunmehr anständigen Leben berichten. Dabei ist dieser Menschenschlag zumindest ohne Abitur gar nicht selten. Wer heute noch mit dem Krummsäbel um den Hals Menschen terrorisiert, schiebt morgen bereits einen Kinderwagen durch die Gegend. Ob sie den angerichteten Schaden jemals wieder gutmachen können oder wollen, bezweifele ich für die meisten. Ich bevorzuge Musterschüler, die immer schon gelernt und nie geprügelt haben.
Danach ging es um den hohen Migrantenanteil an Schulen mancher Wohngebiete. Der Idee, Kinder mit Schulbussen in die besseren Gegenden zu schaffen oder schlimmer noch in die andere Richtung, konnte keiner etwas abgewinnen, auch Franziska Giffey nicht. Ihrer gouvernantenhaften Einlassung aber entnahm ich, daß sie auf keinen Fall Bürgerskinder in Migrantenschulen sehen möchte. Sie fürchtete wohl, die Teddybären-Werfer und Ihresgleichen zu verlieren. Ihre Empfehlung war wieder einmal: Fördern und fördern!
Laut Huffington Post soll sie zuvor ein "Machtwort" gesprochen haben. Dem [1] beigefügten Filmausschnitt kann ich aber nur entnehmen, daß sie wieder einmal Differenzierung in der Debatte forderte, um sogleich die Generalverdachtskeule zu schwingen. Und das in einem Duktus, der mir Übelkeit bereitet. Immerhin ist Differenzierung schon ein Zugeständnis, eine Abkehr von den Goldstücken und der flächendeckenden Bereicherung. Jetzt heißt es nur noch, daß diese Menschen eben hier seien und wir uns um sie zu kümmern haben. Das wird mit Rücksicht auf die rechtschaffende Mehrheit auch geschehen.
[1] Lennart Pfahler: "Maybritt Illner": Alle prügeln auf Muslime ein - dann spricht Giffey Machtwort. Huffington Post, 06.04.2018.
Fernsehen | Islam | Sandra Maischberger | Hassan Dabbagh | Moslemversteher
Ich habe leider nur das letzte Drittel gesehen. Das reichte mir schon: Ein zum Paulus gewandelter Schläger mit dem berühmten Einser-Abitur durfte von seiner kriminellen Vergangenheit und seinem nunmehr anständigen Leben berichten. Dabei ist dieser Menschenschlag zumindest ohne Abitur gar nicht selten. Wer heute noch mit dem Krummsäbel um den Hals Menschen terrorisiert, schiebt morgen bereits einen Kinderwagen durch die Gegend. Ob sie den angerichteten Schaden jemals wieder gutmachen können oder wollen, bezweifele ich für die meisten. Ich bevorzuge Musterschüler, die immer schon gelernt und nie geprügelt haben.
Danach ging es um den hohen Migrantenanteil an Schulen mancher Wohngebiete. Der Idee, Kinder mit Schulbussen in die besseren Gegenden zu schaffen oder schlimmer noch in die andere Richtung, konnte keiner etwas abgewinnen, auch Franziska Giffey nicht. Ihrer gouvernantenhaften Einlassung aber entnahm ich, daß sie auf keinen Fall Bürgerskinder in Migrantenschulen sehen möchte. Sie fürchtete wohl, die Teddybären-Werfer und Ihresgleichen zu verlieren. Ihre Empfehlung war wieder einmal: Fördern und fördern!
Laut Huffington Post soll sie zuvor ein "Machtwort" gesprochen haben. Dem [1] beigefügten Filmausschnitt kann ich aber nur entnehmen, daß sie wieder einmal Differenzierung in der Debatte forderte, um sogleich die Generalverdachtskeule zu schwingen. Und das in einem Duktus, der mir Übelkeit bereitet. Immerhin ist Differenzierung schon ein Zugeständnis, eine Abkehr von den Goldstücken und der flächendeckenden Bereicherung. Jetzt heißt es nur noch, daß diese Menschen eben hier seien und wir uns um sie zu kümmern haben. Das wird mit Rücksicht auf die rechtschaffende Mehrheit auch geschehen.
[1] Lennart Pfahler: "Maybritt Illner": Alle prügeln auf Muslime ein - dann spricht Giffey Machtwort. Huffington Post, 06.04.2018.
Fernsehen | Islam | Sandra Maischberger | Hassan Dabbagh | Moslemversteher
... link (0 Kommentare) ... comment
Jocelyn Bell Burnell
wuerg, 05.04.2018 00:23
Nach Chien-Shiung Wu, Rosalind Franklin und Lise Meitner auf den Plätzen 7, 1 und 5 der in [1] genannten Frauen, deren Ruhm Männer ernteten, nun Jocelyn Bell Burnell auf Platz 10 als die letzte, die keinen Nobelpreis erhielt. Während die ersten drei nur mittelbar beteiligt waren, hat Jocelyn Bell tatsächlich eine Entdeckung gemacht, weil sie mit Radioteleskopen aufgefangene Signale nicht als Störung abtat, sondern zusammen mit ihrem Doktorvater Antony Hewish untersuchte und heute als Entdeckerin des ersten Pulsares gilt.
Obwohl sie in der zugehörigen Veröffentlichung an zweiter Stelle genannt ist, erhielt neben Antony Hewish nicht sie den Nobelpreis, sondern der Institutsleiter Martin Ryle, der zuvor Grundlagen der Radioteleskopie schuf. Jocelyn Bell war in den Augen des Nobelkomitees nur eine mit Datenauswertung beschäftigte Doktorandin. "'Die Daten kamen auf Tabellenblättern heraus', erklärt sie. 'Damals gab es nur sehr, sehr wenige Computer, stattdessen ließ man die Ergebnisse einfach durch uns Absolventen auswerten.' ... Viele Forscher hätten diese Signale als technische Störung abgetan. Aber Bell und Hewish waren erstklassige Wissenschaftler, die es genau wissen wollten." [2]
Vom Nobelpreis abgesehen haben Männer nicht den größten Ruhm eingesteckt. In einem Lehrbuch für Studenten steht Jocelyn Bell unter der Überschrift "Wie wurden Neutronensterne entdeckt?" ganz vorne: "Die ersten Beobachtungshinweise auf Neutronensterne stammen aus dem Jahr 1967, als eine 24-jährige Doktorandin namens Jocelyn Bell eine seltsame Radioquelle entdeckte. Bell hatte ihren Betreuer, Anthony Hewish, beim Bau eines Radioteleskopes unterstützt, ... Nachdem sie andere Möglichkeiten ausgeschlossen hatte, kam sie zu dem Schluss, dass irgendwo aus der Nähe des Sternbilds Schwan (Cygnus) gepulste Radiostahlung empfangen wurde. Die Intervalle betrugen genau 1,337301 Sekunden." [3]
Auch die Bibel der Astrophysik widmet sich nicht nur der Entdeckung, sondern in einer Fußnote auch der Kontroverse: "In 1974 Hewish was awarded a share of the Nobel Prize, along with Martin Ryle, for their work in radio astronomy. Fred Hoyle and others have argued that Jocelyn Bell should have shared the prize as well; Hewish had designed the radio array and observational technique, but Bell was the first to notice the pulsar signal. This controversial omission has inspired references to the award as the 'No-Bell' prize." [4]
Es war wohl nicht Frauenfreundlichkeit allein, die Hoyle die Nobelpreisvergabe kritisieren ließ. Er mochte vor allem Ryle nicht, der den Urknall bevorzugte, während Hoyle dem statischen Universum anhing. Vielleicht hat es ihn um den eigenen Nobelpreis gebracht. "Daß Hoyle übergangen wurde, ist eine der größten Ungerechtigkeiten in der Geschichte des Nobelpreises. Das Komitee brüskierte Hoyle vor allem, weil er sich über die Jahre mit seiner unverblümten Art zahlreiche Feinde gemacht hatte. Zum Beispiel hatte er sich lautstark beschwert, als der Nobelpreis für Physik 1974 für die Entdeckung der Pulsare vergeben wurde. Er räumte ein, daß die Entdeckung dieser pulsierenden Sterne ein wichtiger Durchbruch war, empörte sich jedoch, weil der Preis nicht mit der jungen Astronomin Jocelyn Bell geteilt wurde, der die entscheidenden Beobachtungen gelungen waren." [5]
Auch wenn der Nobelpreis an vielen Männern wie Hoyle vorbeiging und Verbrecher einen für den Frieden erhielten, ist die Frauenquote weiterhin sehr gering, was natürlich auch der Tatsache geschuldet ist, daß Frauen es in derartige Höhen auch heute nur selten schaffen. Deshalb ist der Nobelpreis kein guter Maßstab für die Gleichberechtigung. Werden Frauen nicht nominiert oder gehen trotzdem leer aus, zeigt dies allenfalls, daß die Männer im Vergabekomitee Frauen den Ruhm vorenthalten, ohne ihn selbst einheimsen zu können. Die Kollegen der übergangenen Frauen haben ihn zwar im gutmeinenden Wortsinne geerntet, aber nicht gestohlen, wie die Überschrift von [1] suggeriert.
[1] Jessica Samakow: Diese 11 Frauen haben Bahnbrechendes geschafft - den Ruhm ernteten Männer. Huffington Post, 31.03.2018.
[2] Heather Couper und Nigel Henbest: Die Geschichte der Astronomie. Frederking & Thaler Verlag München, 2007. Seite 251.
[3] Jeffrey Bennett, Megan Donahue, Nicholas Schneider, Mark Voit: Astronomie - Die kosmische Perspektive. Pearson Studium, 5. Auflage 2010. Seite 835.
[4] Bradley W. Carroll und Dale A. Ostlie: An Introduction to Modern Astrophysics. Addison Wesley San Francisco, 2. Auflage 2007. Seite 587.
[5] Simon Singh: Big Bang - Der Ursprung des Kosmos und die Erfindung der modernen Naturwissenschaft. Büchergilde Gutenberg, 2005, Seite 409
Chien-Shiung Wu | Rosalind Franklin | Lise Meitner
Obwohl sie in der zugehörigen Veröffentlichung an zweiter Stelle genannt ist, erhielt neben Antony Hewish nicht sie den Nobelpreis, sondern der Institutsleiter Martin Ryle, der zuvor Grundlagen der Radioteleskopie schuf. Jocelyn Bell war in den Augen des Nobelkomitees nur eine mit Datenauswertung beschäftigte Doktorandin. "'Die Daten kamen auf Tabellenblättern heraus', erklärt sie. 'Damals gab es nur sehr, sehr wenige Computer, stattdessen ließ man die Ergebnisse einfach durch uns Absolventen auswerten.' ... Viele Forscher hätten diese Signale als technische Störung abgetan. Aber Bell und Hewish waren erstklassige Wissenschaftler, die es genau wissen wollten." [2]
Vom Nobelpreis abgesehen haben Männer nicht den größten Ruhm eingesteckt. In einem Lehrbuch für Studenten steht Jocelyn Bell unter der Überschrift "Wie wurden Neutronensterne entdeckt?" ganz vorne: "Die ersten Beobachtungshinweise auf Neutronensterne stammen aus dem Jahr 1967, als eine 24-jährige Doktorandin namens Jocelyn Bell eine seltsame Radioquelle entdeckte. Bell hatte ihren Betreuer, Anthony Hewish, beim Bau eines Radioteleskopes unterstützt, ... Nachdem sie andere Möglichkeiten ausgeschlossen hatte, kam sie zu dem Schluss, dass irgendwo aus der Nähe des Sternbilds Schwan (Cygnus) gepulste Radiostahlung empfangen wurde. Die Intervalle betrugen genau 1,337301 Sekunden." [3]
Auch die Bibel der Astrophysik widmet sich nicht nur der Entdeckung, sondern in einer Fußnote auch der Kontroverse: "In 1974 Hewish was awarded a share of the Nobel Prize, along with Martin Ryle, for their work in radio astronomy. Fred Hoyle and others have argued that Jocelyn Bell should have shared the prize as well; Hewish had designed the radio array and observational technique, but Bell was the first to notice the pulsar signal. This controversial omission has inspired references to the award as the 'No-Bell' prize." [4]
Es war wohl nicht Frauenfreundlichkeit allein, die Hoyle die Nobelpreisvergabe kritisieren ließ. Er mochte vor allem Ryle nicht, der den Urknall bevorzugte, während Hoyle dem statischen Universum anhing. Vielleicht hat es ihn um den eigenen Nobelpreis gebracht. "Daß Hoyle übergangen wurde, ist eine der größten Ungerechtigkeiten in der Geschichte des Nobelpreises. Das Komitee brüskierte Hoyle vor allem, weil er sich über die Jahre mit seiner unverblümten Art zahlreiche Feinde gemacht hatte. Zum Beispiel hatte er sich lautstark beschwert, als der Nobelpreis für Physik 1974 für die Entdeckung der Pulsare vergeben wurde. Er räumte ein, daß die Entdeckung dieser pulsierenden Sterne ein wichtiger Durchbruch war, empörte sich jedoch, weil der Preis nicht mit der jungen Astronomin Jocelyn Bell geteilt wurde, der die entscheidenden Beobachtungen gelungen waren." [5]
Auch wenn der Nobelpreis an vielen Männern wie Hoyle vorbeiging und Verbrecher einen für den Frieden erhielten, ist die Frauenquote weiterhin sehr gering, was natürlich auch der Tatsache geschuldet ist, daß Frauen es in derartige Höhen auch heute nur selten schaffen. Deshalb ist der Nobelpreis kein guter Maßstab für die Gleichberechtigung. Werden Frauen nicht nominiert oder gehen trotzdem leer aus, zeigt dies allenfalls, daß die Männer im Vergabekomitee Frauen den Ruhm vorenthalten, ohne ihn selbst einheimsen zu können. Die Kollegen der übergangenen Frauen haben ihn zwar im gutmeinenden Wortsinne geerntet, aber nicht gestohlen, wie die Überschrift von [1] suggeriert.
[1] Jessica Samakow: Diese 11 Frauen haben Bahnbrechendes geschafft - den Ruhm ernteten Männer. Huffington Post, 31.03.2018.
[2] Heather Couper und Nigel Henbest: Die Geschichte der Astronomie. Frederking & Thaler Verlag München, 2007. Seite 251.
[3] Jeffrey Bennett, Megan Donahue, Nicholas Schneider, Mark Voit: Astronomie - Die kosmische Perspektive. Pearson Studium, 5. Auflage 2010. Seite 835.
[4] Bradley W. Carroll und Dale A. Ostlie: An Introduction to Modern Astrophysics. Addison Wesley San Francisco, 2. Auflage 2007. Seite 587.
[5] Simon Singh: Big Bang - Der Ursprung des Kosmos und die Erfindung der modernen Naturwissenschaft. Büchergilde Gutenberg, 2005, Seite 409
Chien-Shiung Wu | Rosalind Franklin | Lise Meitner
... link (0 Kommentare) ... comment
Lise Meitner
wuerg, 03.04.2018 19:37
Viele Menschen wurden und werden als Frau oder homosexuell, wegen ihres Aussehens oder Herkunft benachteiligt. Hinzu kommen widrige Umstände, die jedem widerfahren können. Auch sie können als Diskriminierung ausgeben werden, wenn man nicht gerade cis-heterosexueller weißer Mann ist. Wer anhand von Einzelschicksalen eine Lanze für Frauen brechen will, kann schlecht zu uninteressanten, unbedeutenden oder gar unbekannten Beispielen greifen. Da müssen auch Wissenschaftlerinnen her, an denen wie an so manchem Mann der Nobelpreis vorbeiging, weil sie in Ermangelung weiterer Frauen von Männern eingeheimst wurden, die weibliche Leistungen vorsätzlich verschwiegen.
Bereits zweimal zitierte ich einen Artikel [1] dieser Kategorie. Zum einen zu Chien-Shiung Wu auf Platz 7, die leider nur experimentell nachwies, was andere zuvor zumindest für möglich hielten. Zum anderen Rosalind Franklin auf Platz 1, die durch eine Röntgenaufnahme zur Verbesserung einer mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Theorie beitrug. In beiden Fällen hätte es sich gehört, den Anteil dieser Frauen für jederman hörbar zu würdigen. Das versäumt zu haben, kann den durch die Nobelpreise berühmten Männern vorgeworfen werden. Man kann aber auch den Allmächtigen anklagen, Rosalind Franklin bereits im Alter von 37 Jahren abberufen zu haben.
Mit Lise Meitner auf Platz 5 ist es ganz anders. Sie hat über zwei Weltkriege hinweg mit Otto Hahn gearbeitet. Er verhalf im Sommer 1938 der Protestantin jüdischer Eltern zur Flucht nach Schweden. Ein halbes Jahr später entdeckte er zusammen mit Fritz Straßmann die Kernspaltung. Zunächst informierte er nur Lise Meitner, ein nicht ungefährliches Unterfangen. [2] Sie lieferte sofort eine Erklärung. [3] Den Nobelpreis für Chemie des Jahres 1944 erhielt nur Otto Hahn. Nicht nur Lise Meitner und ihr Neffe und Mitarbeiter Otto Frisch gingen leer aus, auch Fritz Straßmann und erneut ein fünftes Rad am Wagen: Die Chemikerin Ida Noddack, die bereits 1934 die falsche Entdeckung von Transuranen bezweifelte und gegen den Zeitgeist eine Kernspaltung für möglich hielt.
Was den Nobelpreis betrifft hatte Lise Meitner trotz vieler Nominierungen Pech gehabt, führte aber ein langes und zufriedenes Leben in Freundschaft mit Otto Hahn. In der Wikipedia kann man nachlesen, daß sie nie mit der Entscheidung des Nobelpreiskomitees haderte. Ohne ihre Flucht hätte sie nach dem Krieg zusammen mit Otto Hahn den Nobelpreis entgegennehmen oder im Konzentrationslager enden können. Die Mär von der jüdischen Pazifistin, die durch einen Nazi um ihren Ruhm gebracht wurde, ist eine verbreitete und auch in [1] wieder einmal abgeschriebene feministische Lüge. Die Überschrift "Lise Meitner entdeckte die Kernspaltung" setzt noch einen drauf. Das ist grottenfalsch. Sie hatte aber einen vorbereitenden Anteil an der Entdeckung und erklärte die Kernspaltung, mit der ihr Name auf ewig verbunden bleiben wird.
[1] Jessica Samakow: Diese 11 Frauen haben Bahnbrechendes geschafft - den Ruhm ernteten Männer. Huffington Post, 31.03.2018.
[2] Otto Hahn und Fritz Straßmann: Über den Nachweis und das Verhalten der bei der Bestrahlung des Urans mittels Neutronen entstehenden Erdalkalimetalle. Naturwissenschaften 27:11, 1939. Zitiert nach [3], S. 346 schrieb Hahn an Meitner: "Ich habe mit Strassmann verabredet, dass wir vorerst nur Dir dies sagen wollen. Vielleicht kannst Du irgendeine phantastische Erklärung vorschlagen."
[3] Jörn Bleck-Neuhaus: Elementare Teilchen. Springer Spektrum, 2. Auflage 2013. Seite 346: "Meitner (mit O. Frisch) gelang es innerhalb von zwei Wochen, aus dem kurz vorher entdeckten Tröpfchen-Modell die noch heute gültige Deutung zu entwickeln."
Chien-Shiung Wu | Rosalind Franklin
Bereits zweimal zitierte ich einen Artikel [1] dieser Kategorie. Zum einen zu Chien-Shiung Wu auf Platz 7, die leider nur experimentell nachwies, was andere zuvor zumindest für möglich hielten. Zum anderen Rosalind Franklin auf Platz 1, die durch eine Röntgenaufnahme zur Verbesserung einer mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Theorie beitrug. In beiden Fällen hätte es sich gehört, den Anteil dieser Frauen für jederman hörbar zu würdigen. Das versäumt zu haben, kann den durch die Nobelpreise berühmten Männern vorgeworfen werden. Man kann aber auch den Allmächtigen anklagen, Rosalind Franklin bereits im Alter von 37 Jahren abberufen zu haben.
Mit Lise Meitner auf Platz 5 ist es ganz anders. Sie hat über zwei Weltkriege hinweg mit Otto Hahn gearbeitet. Er verhalf im Sommer 1938 der Protestantin jüdischer Eltern zur Flucht nach Schweden. Ein halbes Jahr später entdeckte er zusammen mit Fritz Straßmann die Kernspaltung. Zunächst informierte er nur Lise Meitner, ein nicht ungefährliches Unterfangen. [2] Sie lieferte sofort eine Erklärung. [3] Den Nobelpreis für Chemie des Jahres 1944 erhielt nur Otto Hahn. Nicht nur Lise Meitner und ihr Neffe und Mitarbeiter Otto Frisch gingen leer aus, auch Fritz Straßmann und erneut ein fünftes Rad am Wagen: Die Chemikerin Ida Noddack, die bereits 1934 die falsche Entdeckung von Transuranen bezweifelte und gegen den Zeitgeist eine Kernspaltung für möglich hielt.
Was den Nobelpreis betrifft hatte Lise Meitner trotz vieler Nominierungen Pech gehabt, führte aber ein langes und zufriedenes Leben in Freundschaft mit Otto Hahn. In der Wikipedia kann man nachlesen, daß sie nie mit der Entscheidung des Nobelpreiskomitees haderte. Ohne ihre Flucht hätte sie nach dem Krieg zusammen mit Otto Hahn den Nobelpreis entgegennehmen oder im Konzentrationslager enden können. Die Mär von der jüdischen Pazifistin, die durch einen Nazi um ihren Ruhm gebracht wurde, ist eine verbreitete und auch in [1] wieder einmal abgeschriebene feministische Lüge. Die Überschrift "Lise Meitner entdeckte die Kernspaltung" setzt noch einen drauf. Das ist grottenfalsch. Sie hatte aber einen vorbereitenden Anteil an der Entdeckung und erklärte die Kernspaltung, mit der ihr Name auf ewig verbunden bleiben wird.
[1] Jessica Samakow: Diese 11 Frauen haben Bahnbrechendes geschafft - den Ruhm ernteten Männer. Huffington Post, 31.03.2018.
[2] Otto Hahn und Fritz Straßmann: Über den Nachweis und das Verhalten der bei der Bestrahlung des Urans mittels Neutronen entstehenden Erdalkalimetalle. Naturwissenschaften 27:11, 1939. Zitiert nach [3], S. 346 schrieb Hahn an Meitner: "Ich habe mit Strassmann verabredet, dass wir vorerst nur Dir dies sagen wollen. Vielleicht kannst Du irgendeine phantastische Erklärung vorschlagen."
[3] Jörn Bleck-Neuhaus: Elementare Teilchen. Springer Spektrum, 2. Auflage 2013. Seite 346: "Meitner (mit O. Frisch) gelang es innerhalb von zwei Wochen, aus dem kurz vorher entdeckten Tröpfchen-Modell die noch heute gültige Deutung zu entwickeln."
Chien-Shiung Wu | Rosalind Franklin
... link (1 Kommentar) ... comment
Altachtundsechziger
wuerg, 02.04.2018 16:19
Wenn Höcke von versifften Altachtundsechzigern spricht, dann meint er damit nicht nur weltfremde Linke der sechziger Jahre, die in gammeliger Kleidung umherliefen und keinen produktiven Beitrag zu unserer Gesellschaft leisteten. Wenn der mir auf den Wecker gehende Konstantin auf linksgrünversiffter altachtundsechziger Gutmensch erhöht, obwohl es damals weder Grüne noch Gutmenschen gab, dann entlarvt sich der Altachtundsechziger als Worthülse. Und wenn dazu Slomka dem die konservative Revolution ausrufenden Dobrindt vorwirft, sich an den Altachtundsechzigern abzuarbeiten, dann fragt man sich schon, was ein Altachtundsechziger denn ist, ob er vornehmlich als Witzfigur taugt, die nur noch erinnert wird, weil der aktuelle linke Mainstream bedeutungsloser Neunundachtziger ohne theoretische Hinterlassenschaft geblieben ist.
Für mich ist ein Altachtundsechsziger stets das gewesen, woran ich knapp vorbeigerutscht bin. Er hat 1968 studiert, wurde also um 1945 geboren und glaubte an die Weltrevolution. Leider bin ich etwas jünger und war nur Lehrling. Ich darf mich aber ohne den Zusatz "alt" als Achtundsechziger sehen, weil wir Seit an Seit mit den Studenten den Kampf gegen das Establishment geführt haben und ich mich nicht scheue, die Umbrüche dieser Zeit nach dem Jahr 1968 zu bezeichnen. Manche mögen meinen, 67 sei richtiger, alles habe noch viel früher begonnen, Studentenbewegung oder gar -revolte sei die bessere Bezeichnung, wenn nicht mit Protestbewegung auch den Proletariern Rechnung getragen werden soll.
Wenn heute über die damaligen Zeiten gesprochen wird, dann zumeist von Leuten, die deutlich jünger sind, eher aus der Generation 89, die es eigentlich nur wegen der 180-Grad-Drehung der 68 gibt. Sie bestehen aus mindestens zwei Gruppen: Den sog. Rechten, die sich selbst als Pragmatiker sehen, und den Linken mit dem Arsch an der Wand, denen es gewaltbereit und ohne geistige Ergüsse eigentlich nur um sich selbst ging. Beide haben den Marsch durch die Institutionen hinter sich. Einige wurden wie Dobrindt konservative Revolutionäre, andere sind vom Baumhaus an der Startbahn in eine Altbauwohnung gezogen und bilden den linken Mainstraem, die meisten blieben herzlich desinteressiert. Mit der Generation Praktikum wird nichts besseres nachkommen.
Die Generation 89 ist gerechte Folge der Achtundsechziger. Nach ihrem Jahrzehnt des Protestes gegen den Vietnamkrieg, die Notstandsgesetze, das System, die Unterdrückung war der Geist der westlichen Welt ein anderer. Doch schon nach einem weiteren Jahrzehnt der Gewalt waren in den achtziger Jahren viele auf ihrem Marsch durch die Institutionen angekommen und zogen eine Generation von Hedonisten mit Tischtennisabitur, Basisnote zwei und Golf heran. Die Mehrheit völlig unpolitisch, eine linke Minderheit selbstverliebt und gewaltbereit. Wer heute von seiner linken Vergangenheit faselt, ist zumeist kein achtundsechziger Besserwisser im Rentenalter. Er muß noch zehn bis zwanzig Jahre arbeiten, und vergessen sind die Zeiten seines Widerstandes, den man heute eher Lifestyle nennen würde.
Ich bin froh, deutlich älter zu sein. Wir haben uns damals für vieles begeistert, daran geglaubt und auch einiges verändert. Nicht alles wendete sich zum Guten. Wir haben den Schah von Persien verachtet. Es brachte uns Khomeini und den heutigen Iran. Wir hatten jede Woche im Spiegel verfolgt, was Che Guevara in den bolivianischen Wäldern vollbrachte. Heute wissen wir, es war nichts. Wir glaubten an das jugoslawische Modell. Heute wissen wir, daß es keine Jugoslawen gibt. Wir schmierten Wände gegen die Notstandgesetze voll. Und heute weiß keiner mehr, in welchem bedeutungslosen Gesetz sie unterkamen.
Auch damals mußte man nicht alles mitmachen, ich jedenfalls nicht. Als Biafra unabhängig werden wollte, überwogen meine Zweifel an der Redlichkeit. Die sexuelle Revolution ging an mir vorüber und erbrachte überzogene sexuelle Früherziehung bis hin zur Pädophilie der Altgrünen, um den Zusatz "alt" wieder einmal abwertend zu verwenden. Und man mußte nicht Gewalt gutheißen, die im Namen des Klassenkampfes ausgeübt wurde, von klammheimlicher Freude ganz zu schweigen. Auch für gemeine Ladendiebe, die offen mit ihrer Systemschädigung prahlten, hatte ich kein Verständnis. Sie waren nur zu feige, Kaufhäuser anzuzünden, wie es in Frankfurt vor genau 50 Jahren am 2. April 1968 geschah.
Für mich ist ein Altachtundsechsziger stets das gewesen, woran ich knapp vorbeigerutscht bin. Er hat 1968 studiert, wurde also um 1945 geboren und glaubte an die Weltrevolution. Leider bin ich etwas jünger und war nur Lehrling. Ich darf mich aber ohne den Zusatz "alt" als Achtundsechziger sehen, weil wir Seit an Seit mit den Studenten den Kampf gegen das Establishment geführt haben und ich mich nicht scheue, die Umbrüche dieser Zeit nach dem Jahr 1968 zu bezeichnen. Manche mögen meinen, 67 sei richtiger, alles habe noch viel früher begonnen, Studentenbewegung oder gar -revolte sei die bessere Bezeichnung, wenn nicht mit Protestbewegung auch den Proletariern Rechnung getragen werden soll.
Wenn heute über die damaligen Zeiten gesprochen wird, dann zumeist von Leuten, die deutlich jünger sind, eher aus der Generation 89, die es eigentlich nur wegen der 180-Grad-Drehung der 68 gibt. Sie bestehen aus mindestens zwei Gruppen: Den sog. Rechten, die sich selbst als Pragmatiker sehen, und den Linken mit dem Arsch an der Wand, denen es gewaltbereit und ohne geistige Ergüsse eigentlich nur um sich selbst ging. Beide haben den Marsch durch die Institutionen hinter sich. Einige wurden wie Dobrindt konservative Revolutionäre, andere sind vom Baumhaus an der Startbahn in eine Altbauwohnung gezogen und bilden den linken Mainstraem, die meisten blieben herzlich desinteressiert. Mit der Generation Praktikum wird nichts besseres nachkommen.
Die Generation 89 ist gerechte Folge der Achtundsechziger. Nach ihrem Jahrzehnt des Protestes gegen den Vietnamkrieg, die Notstandsgesetze, das System, die Unterdrückung war der Geist der westlichen Welt ein anderer. Doch schon nach einem weiteren Jahrzehnt der Gewalt waren in den achtziger Jahren viele auf ihrem Marsch durch die Institutionen angekommen und zogen eine Generation von Hedonisten mit Tischtennisabitur, Basisnote zwei und Golf heran. Die Mehrheit völlig unpolitisch, eine linke Minderheit selbstverliebt und gewaltbereit. Wer heute von seiner linken Vergangenheit faselt, ist zumeist kein achtundsechziger Besserwisser im Rentenalter. Er muß noch zehn bis zwanzig Jahre arbeiten, und vergessen sind die Zeiten seines Widerstandes, den man heute eher Lifestyle nennen würde.
Ich bin froh, deutlich älter zu sein. Wir haben uns damals für vieles begeistert, daran geglaubt und auch einiges verändert. Nicht alles wendete sich zum Guten. Wir haben den Schah von Persien verachtet. Es brachte uns Khomeini und den heutigen Iran. Wir hatten jede Woche im Spiegel verfolgt, was Che Guevara in den bolivianischen Wäldern vollbrachte. Heute wissen wir, es war nichts. Wir glaubten an das jugoslawische Modell. Heute wissen wir, daß es keine Jugoslawen gibt. Wir schmierten Wände gegen die Notstandgesetze voll. Und heute weiß keiner mehr, in welchem bedeutungslosen Gesetz sie unterkamen.
Auch damals mußte man nicht alles mitmachen, ich jedenfalls nicht. Als Biafra unabhängig werden wollte, überwogen meine Zweifel an der Redlichkeit. Die sexuelle Revolution ging an mir vorüber und erbrachte überzogene sexuelle Früherziehung bis hin zur Pädophilie der Altgrünen, um den Zusatz "alt" wieder einmal abwertend zu verwenden. Und man mußte nicht Gewalt gutheißen, die im Namen des Klassenkampfes ausgeübt wurde, von klammheimlicher Freude ganz zu schweigen. Auch für gemeine Ladendiebe, die offen mit ihrer Systemschädigung prahlten, hatte ich kein Verständnis. Sie waren nur zu feige, Kaufhäuser anzuzünden, wie es in Frankfurt vor genau 50 Jahren am 2. April 1968 geschah.
... link (1 Kommentar) ... comment
Rosalind Franklin
wuerg, 01.04.2018 19:48
Vorgestern sah ich einen Artilel über elf Frauen, denen der Ruhm von Männern gestohlen wurde. [1] Nach der Physikerin Chien-Shiung Wu will ich mich nun der Nummer eins der Liste zuwenden, der Biochemikerin Rosalind Franklin. Meine Beweggründe sind ambivalent. Auf der einen Seite halte ich es für erforderlich, die wissenschaftlichen Leistungen von Frauen hervorzuheben. Auf der anderen möchte ich für mich klären, inwiefern sie wirklich wegen ihres Geschlechtes Opfer von Männern oder einfach nur des Zeitgeistes wurden. Um das ganze Ausmaß und den durch Diskriminierung der halben Bevölkerung entgangenen Fortschritt zu ermessen, müßte man vor allem etwas über Frauen wissen, die heute keiner mehr kennt.
Rosalind Franklin hatte viele Röntgenaufnahmen gemacht, möglicherweise auch die als Nr. 51 bekannt gewordene der DNA, die ohne ihr Wissen durch Maurice Wilkins [2] in die Hände von James Watson und Francis Crick geriet, woraufhin die beiden ihre Theorie der DNA entscheidend verbessern konnten und alle drei Männer 1970 den Nobelpreis erhielten. Rosalind Franklin ging unnominiert leer aus und wurde in der Nobelpreisrede nicht einmal erwähnt. Zwar war sie im Alter von nur 37 Jahren bereits verstorben, doch konnten damals auch Tote den Nobelpreis erhalten.
Ähnlich wie im Falle von Chien-Shiung Wu haben die männlichen Theoretiker die Ehre eingeheimst. Dabei mag es eine Rolle gespielt haben, daß dies auf Kosten einer Frau geschah. Insbesondere im Falle des Jungspundes Watson, der vielleicht wirklich Angst vor erfolgreichen Frauen hatte. Aber ihm ist es auch zu verdanken, im Laufe seines langen, noch andauernden Lebens mit der Wahrheit herausgerückt zu sein. Heute sind die Nobelpreise vergessen. [3] Nach Rosalind Franklin aber sind viele Einrichtungen benannt, darunter eine Universität.
Als fünftes Rad an Wagen richtig vergessen ist Raymond Gosling, ein Doktorand von Rosalind Franklin, der als eigentlicher Urheber der sagenumwobenen Aufnahme Nr. 51 gilt. Frau hin oder her, auch damals schon ernteten die Professor*innen den Ruhm der Doktorand*innen. Schaut man sich zu den fünf Namen die Google-Treffer an, so gewinnt natürlich James Watson, weil er das Buch "Die Doppelhelix" schrieb und als streitbarer Mensch das Internetzeitalter ereichte. In Gegenzuge ist der deutsche Wikipedia-Eintrag zu Rosalind Franklin so lang wie die zu den vier Männern zusammen.
[1] Jessica Samakow: Diese 11 Frauen haben Bahnbrechendes geschafft - den Ruhm ernteten Männer. Huffington Post, 31.03.2018.
[2] Weniger die Angst vor Diebstahl, mehr die Torschlußpanik und die Reputation vieler Veröffentlichungen verleitet Wissenschaftler dazu, jeden Gedanken, jedes Meßergebnis zu publizieren, zumindest an zahlreiche Kollegen zu versenden, wobei die Restangst bleibt, andere könnten darauf aufbauen, schneller oder besser sein und den Ruhm einheimsen. Wie eine Weitergabe von Ergebnissen zu bewerten ist, hängt auch vom Ergebnis ab. So gilt Wilkins als Verräter, weil die Nutznießer ihre Quelle lange Zeit verschwiegen. Als Stephen Hawking starb, sah ich in einem Film, wie er Fred Hoyle scharf kritisieren konnte, weil Roger Penrose ihm vorab Einblick in dessen Vortragsmanuskript gewährte. War das ebenfalls Verrat?
[3] Der Nobelpreis von Watson mag noch erinnert werden, weil seine Medaille als einzige zu Lebzeiten für mehrere Millionen versteigert wurde.
Chien-Shiung Wu
Rosalind Franklin hatte viele Röntgenaufnahmen gemacht, möglicherweise auch die als Nr. 51 bekannt gewordene der DNA, die ohne ihr Wissen durch Maurice Wilkins [2] in die Hände von James Watson und Francis Crick geriet, woraufhin die beiden ihre Theorie der DNA entscheidend verbessern konnten und alle drei Männer 1970 den Nobelpreis erhielten. Rosalind Franklin ging unnominiert leer aus und wurde in der Nobelpreisrede nicht einmal erwähnt. Zwar war sie im Alter von nur 37 Jahren bereits verstorben, doch konnten damals auch Tote den Nobelpreis erhalten.
Ähnlich wie im Falle von Chien-Shiung Wu haben die männlichen Theoretiker die Ehre eingeheimst. Dabei mag es eine Rolle gespielt haben, daß dies auf Kosten einer Frau geschah. Insbesondere im Falle des Jungspundes Watson, der vielleicht wirklich Angst vor erfolgreichen Frauen hatte. Aber ihm ist es auch zu verdanken, im Laufe seines langen, noch andauernden Lebens mit der Wahrheit herausgerückt zu sein. Heute sind die Nobelpreise vergessen. [3] Nach Rosalind Franklin aber sind viele Einrichtungen benannt, darunter eine Universität.
Als fünftes Rad an Wagen richtig vergessen ist Raymond Gosling, ein Doktorand von Rosalind Franklin, der als eigentlicher Urheber der sagenumwobenen Aufnahme Nr. 51 gilt. Frau hin oder her, auch damals schon ernteten die Professor*innen den Ruhm der Doktorand*innen. Schaut man sich zu den fünf Namen die Google-Treffer an, so gewinnt natürlich James Watson, weil er das Buch "Die Doppelhelix" schrieb und als streitbarer Mensch das Internetzeitalter ereichte. In Gegenzuge ist der deutsche Wikipedia-Eintrag zu Rosalind Franklin so lang wie die zu den vier Männern zusammen.
[1] Jessica Samakow: Diese 11 Frauen haben Bahnbrechendes geschafft - den Ruhm ernteten Männer. Huffington Post, 31.03.2018.
[2] Weniger die Angst vor Diebstahl, mehr die Torschlußpanik und die Reputation vieler Veröffentlichungen verleitet Wissenschaftler dazu, jeden Gedanken, jedes Meßergebnis zu publizieren, zumindest an zahlreiche Kollegen zu versenden, wobei die Restangst bleibt, andere könnten darauf aufbauen, schneller oder besser sein und den Ruhm einheimsen. Wie eine Weitergabe von Ergebnissen zu bewerten ist, hängt auch vom Ergebnis ab. So gilt Wilkins als Verräter, weil die Nutznießer ihre Quelle lange Zeit verschwiegen. Als Stephen Hawking starb, sah ich in einem Film, wie er Fred Hoyle scharf kritisieren konnte, weil Roger Penrose ihm vorab Einblick in dessen Vortragsmanuskript gewährte. War das ebenfalls Verrat?
[3] Der Nobelpreis von Watson mag noch erinnert werden, weil seine Medaille als einzige zu Lebzeiten für mehrere Millionen versteigert wurde.
Chien-Shiung Wu
... link (0 Kommentare) ... comment
Chien-Shiung Wu
wuerg, 31.03.2018 23:41
Wer sich über die Physikerin Chien-Shiung Wu informieren will, kann ein Lexikon zur Hand nehmen oder in der Wikipedia lesen. Hier erwähne ich sie, weil sie in einem aktuellen Artikel als siebte von elf Frauen gelistet ist, deren Ruhm Männer ernteten. [1] Es soll nicht geleugnet werden, daß Frauen bis in die Gegenwart benachteiligt werden. Und ganz sicher sind viele vergessen, weil ihre Entdeckungen von Männern publiziert, wiederentdeckt, patentiert oder gestohlen wurden. Doch das haben sie nicht nur mit Frauen, auch mit anderen Männern gemacht. In der Wissenschaft sind es weniger die Feministen, sondern die Wissenschaftler selbst, vielleicht besonders die weiblichen unter ihnen, die zur Würdigung vergangener und aktueller Leistungen beitragen. [2]
Im Falle von Chien-Shiung Wu besteht das Unrecht nur in der Verleihung des Nobelpreises im Jahre 1957 an Tsung-Dao Lee und Chen Ning Yang, die eine Paritätsverletzung für möglich hielten, die im Jahre 1956 von Chien-Shiung Wu nachgewiesen wurde. Mehr als heute ging damals ein Nobelpreis an die Theoretiker, aber nur wenn ihre Theorie bestätigt wurde. So erhielt Stephen Hawkings keinen. Albert Einstein auch nicht für die Relativitätstheorie. Das mag man der allgemeinen Ungerechtigkeit des Nobelkomitees zurechnen, insbesondere gegenüber Frauen.
Es ist aber keineswegs so, daß Chien-Shiung Wu vergessen ist. Ich habe ein Buch über Elementarteilchen aus dem Regal gezogen. [3] Auf Seite 543 ist zu lesen: "Yang und Lee konnten aber belegen, daß bei diesen Erfahrungen bzw. Prüfungen auf Spiegelsymmetrie die Prozesse der Schwachen Wechselwirkung (v.a. die β-Radioaktivität) noch nie genauer betrachtet worden waren. Sie konnten auch realisierbare Experimente vorschlagen, um diese Lücke zu schließen. Allein für diese qualifizierte Anzweifelung einer vermeintlichen Selbstverständlichkeit oder eines Denkverbots erhielten die beiden schon 1957 den Nobelpreis - gleich nachdem die Experimente von C.S. Wu ihnen Recht gegeben hatten."
Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob Wu nur eines der von Lee und Yang vorgeschlagenen Experimente durchgeführt hat. In jedem Falle ist ihr Name in etwas geblieben, was weit mehr erinnert wird als ein Nobelpreis, nämlich dem Wu-Experiment. Und so folgen der kurzen Erwähnung der Beteiligten zwei volle Seiten unter der Überschrift "Das Wu-Experiment: β--Strahlen werden bevorzugt entgegen der Spinrichtung ausgesandt".
Auch im geschichtlichen Abschnitt zur Paritätsverletzung habe ich nichts von deren Entdeckung bereits im Jahre 1928 gefunden. Die Wikipedia behauptet, dies sei damals als Meßfehler abgetan worden. Es wäre doch eine schöne Aufgabe der Gerechtigkeitsforschung, diese Behauptung genau zu beleuchten, wenn es nicht bereits geschehen ist. Wahrscheinlich wurde hier ein Mann um die Würdigung seiner Leistungen gebracht, wie viele vor ihm, die etwas entdeckten, für das die Zeit noch nicht reif war oder was schlicht in Vergessenheit geriet. Die meisten kennen wir sicherlich nicht.
[1] Jessica Samakow: Diese 11 Frauen haben Bahnbrechendes geschafft - den Ruhm ernteten Männer. Huffington Post, 31.03.2018.
[2] Katrin Wendland und Annette Werner (Hrg.): Facettenreiche Mathematik. Vieweg+Teubner, 2011.
[3] Jörn Bleck-Neuhaus: Elementare Teilchen. Springer Spektrum, 2. Auflage 2013.
Im Falle von Chien-Shiung Wu besteht das Unrecht nur in der Verleihung des Nobelpreises im Jahre 1957 an Tsung-Dao Lee und Chen Ning Yang, die eine Paritätsverletzung für möglich hielten, die im Jahre 1956 von Chien-Shiung Wu nachgewiesen wurde. Mehr als heute ging damals ein Nobelpreis an die Theoretiker, aber nur wenn ihre Theorie bestätigt wurde. So erhielt Stephen Hawkings keinen. Albert Einstein auch nicht für die Relativitätstheorie. Das mag man der allgemeinen Ungerechtigkeit des Nobelkomitees zurechnen, insbesondere gegenüber Frauen.
Es ist aber keineswegs so, daß Chien-Shiung Wu vergessen ist. Ich habe ein Buch über Elementarteilchen aus dem Regal gezogen. [3] Auf Seite 543 ist zu lesen: "Yang und Lee konnten aber belegen, daß bei diesen Erfahrungen bzw. Prüfungen auf Spiegelsymmetrie die Prozesse der Schwachen Wechselwirkung (v.a. die β-Radioaktivität) noch nie genauer betrachtet worden waren. Sie konnten auch realisierbare Experimente vorschlagen, um diese Lücke zu schließen. Allein für diese qualifizierte Anzweifelung einer vermeintlichen Selbstverständlichkeit oder eines Denkverbots erhielten die beiden schon 1957 den Nobelpreis - gleich nachdem die Experimente von C.S. Wu ihnen Recht gegeben hatten."
Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob Wu nur eines der von Lee und Yang vorgeschlagenen Experimente durchgeführt hat. In jedem Falle ist ihr Name in etwas geblieben, was weit mehr erinnert wird als ein Nobelpreis, nämlich dem Wu-Experiment. Und so folgen der kurzen Erwähnung der Beteiligten zwei volle Seiten unter der Überschrift "Das Wu-Experiment: β--Strahlen werden bevorzugt entgegen der Spinrichtung ausgesandt".
Auch im geschichtlichen Abschnitt zur Paritätsverletzung habe ich nichts von deren Entdeckung bereits im Jahre 1928 gefunden. Die Wikipedia behauptet, dies sei damals als Meßfehler abgetan worden. Es wäre doch eine schöne Aufgabe der Gerechtigkeitsforschung, diese Behauptung genau zu beleuchten, wenn es nicht bereits geschehen ist. Wahrscheinlich wurde hier ein Mann um die Würdigung seiner Leistungen gebracht, wie viele vor ihm, die etwas entdeckten, für das die Zeit noch nicht reif war oder was schlicht in Vergessenheit geriet. Die meisten kennen wir sicherlich nicht.
[1] Jessica Samakow: Diese 11 Frauen haben Bahnbrechendes geschafft - den Ruhm ernteten Männer. Huffington Post, 31.03.2018.
[2] Katrin Wendland und Annette Werner (Hrg.): Facettenreiche Mathematik. Vieweg+Teubner, 2011.
[3] Jörn Bleck-Neuhaus: Elementare Teilchen. Springer Spektrum, 2. Auflage 2013.
... link (0 Kommentare) ... comment
Türkische Feinkost
wuerg, 27.03.2018 00:25
Nach einem Streit an der Kasse gehe ich nicht mehr in den einzigen gammeligen Supermarkt. Sofern ich nicht in die Stadt fahre, bleibt mir nur der türkische Gemüsehändler. Mit seiner räumlichen Vergrößerung, einem Besitzerwechsel und der Außenwerbung "Feinkost" wurden Obst und Gemüse nicht frischer, auf die Feinkost warte ich noch. Ich hätte gerne ein umfangreicheres Angebot gesehen, auch einen höheren Umsatz, der verderblicher Ware entgegenkommt.
Da man mit immer dem gleichen Betreiber oder Besitzer mehr Worte wechselt als mit einer Kassiererin im Supermarkt, hätte ich gerne ein paar Hinweise aus deutscher Sicht gegeben. Um Empfindlichkeiten wissend habe ich zunächst nur gefragt, ob dies oder das denn umsonst sei, weil sich kein Preisschild an der Ware befinde. Später habe ich dann auch darauf aufmerksam gemacht, daß Deutsche nach Preisschild kaufen und Ware ohne Auszeichnung meiden. Es hat sich etwas gebessert, obwohl ich nicht mehr nachgehakt habe.
Als Zwetschgen ihre Zeit hatten, verkaufte er sie zu 1,99 das Pfund. Wieder vorsichtig fragte ich durch die Blume, wieviel denn ein türkisches Pfund wiege. Natürlich 500 Gramm war die Antwort. Irgendwann habe ich mich zu dem Hinweis durchgerungen, daß Pfund in Deutschland keine zulässige Einheit mehr sei und dies bei einem Besuch der Gewerbeaufsicht sofort bemerkt würde. Nach einer Weile wurde das Pfund zu 500 Gramm. Irgendwann konnte ich der Tochter erklären, daß loses Obst in Kilogramm auszuzeichnen sei.
Nicht daß der Eindruck entsteht, ich würde arme türkische Gemüsehändler durch deutsche Nörgelei nerven. Er freut sich zumindest äußerlich, wenn ich bei ihm einkaufe und hat mir auch schon "warte alter Mann" hinterhergerufen, um mir noch einen Bonbon auf den Weg mitzugeben. Deutsche Wurstverkäuferinnen neigen mehr zu "junger Mann". Aber in der Türkei genießt der Alte ein höheres Ansehen.
Heute steht in der gähnenden Leere des immer noch nicht erweiterten Angebotes ein Ständer mit Strümpfen. Wieder vorsichtig fragte ich, ob es Feinkoststrümpfe seien. Nach leichtem Hin und Her von Mißverständnissen wurde er laut und wies darauf hin, daß andere Lebensmittelgeschäfte ja auch alles mögliche verkaufen. Ich mußte ihn beruhigen. Mangelde Humorerkennung auf deutsch allein kann es nicht gewesen sein. Ich glaube an eine tiefsitzende Empfindlichkeit, die sich auch der Türken bemächtigt hat.
Nachdem ich mich heute beherrscht und aus Rücksicht auf Fremde eine Kontroverse vermieden habe, fühle ich mich derart unwohl, daß ich den ganzen Mist hier aufschreiben muß und mir überlege, ob ich die Besuche "beim Türken" einschränken und auch seine Waren in der Stadt kaufen sollte. Vielleicht verinnerlicht er eines Tages, daß der Kunde König ist, man als Verkäufer nie laut wird, Waren vorschriftsmäßig auszeichnet, verdorbenes Obst aus dem Regal nimmt und Feinkost drinnen führt, wenn es draußen draufsteht.
Da man mit immer dem gleichen Betreiber oder Besitzer mehr Worte wechselt als mit einer Kassiererin im Supermarkt, hätte ich gerne ein paar Hinweise aus deutscher Sicht gegeben. Um Empfindlichkeiten wissend habe ich zunächst nur gefragt, ob dies oder das denn umsonst sei, weil sich kein Preisschild an der Ware befinde. Später habe ich dann auch darauf aufmerksam gemacht, daß Deutsche nach Preisschild kaufen und Ware ohne Auszeichnung meiden. Es hat sich etwas gebessert, obwohl ich nicht mehr nachgehakt habe.
Als Zwetschgen ihre Zeit hatten, verkaufte er sie zu 1,99 das Pfund. Wieder vorsichtig fragte ich durch die Blume, wieviel denn ein türkisches Pfund wiege. Natürlich 500 Gramm war die Antwort. Irgendwann habe ich mich zu dem Hinweis durchgerungen, daß Pfund in Deutschland keine zulässige Einheit mehr sei und dies bei einem Besuch der Gewerbeaufsicht sofort bemerkt würde. Nach einer Weile wurde das Pfund zu 500 Gramm. Irgendwann konnte ich der Tochter erklären, daß loses Obst in Kilogramm auszuzeichnen sei.
Nicht daß der Eindruck entsteht, ich würde arme türkische Gemüsehändler durch deutsche Nörgelei nerven. Er freut sich zumindest äußerlich, wenn ich bei ihm einkaufe und hat mir auch schon "warte alter Mann" hinterhergerufen, um mir noch einen Bonbon auf den Weg mitzugeben. Deutsche Wurstverkäuferinnen neigen mehr zu "junger Mann". Aber in der Türkei genießt der Alte ein höheres Ansehen.
Heute steht in der gähnenden Leere des immer noch nicht erweiterten Angebotes ein Ständer mit Strümpfen. Wieder vorsichtig fragte ich, ob es Feinkoststrümpfe seien. Nach leichtem Hin und Her von Mißverständnissen wurde er laut und wies darauf hin, daß andere Lebensmittelgeschäfte ja auch alles mögliche verkaufen. Ich mußte ihn beruhigen. Mangelde Humorerkennung auf deutsch allein kann es nicht gewesen sein. Ich glaube an eine tiefsitzende Empfindlichkeit, die sich auch der Türken bemächtigt hat.
Nachdem ich mich heute beherrscht und aus Rücksicht auf Fremde eine Kontroverse vermieden habe, fühle ich mich derart unwohl, daß ich den ganzen Mist hier aufschreiben muß und mir überlege, ob ich die Besuche "beim Türken" einschränken und auch seine Waren in der Stadt kaufen sollte. Vielleicht verinnerlicht er eines Tages, daß der Kunde König ist, man als Verkäufer nie laut wird, Waren vorschriftsmäßig auszeichnet, verdorbenes Obst aus dem Regal nimmt und Feinkost drinnen führt, wenn es draußen draufsteht.
... link (0 Kommentare) ... comment
... older stories