Du schwules Schaf!
Im Biologie-Unterricht wurde gerne verbreitet, Tiere fielen in Gegensatz zum bösen Menschen nicht über Artge­nossen her. Im Bedarfs­falle redu­zierte sich diese Behaup­tung auf Mord, zu dessen Heim­tücke es den Tieren an Geistes­kraft fehlt, was neben schlechter Kindheit und Migra­tions­hinter­grund auch gerne Menschen straf­mildernd beschei­nigt wird. [1] Über Homos­exua­lität im Tier­reich wurden solche Lügen nicht verbreitet, weil kein Voka­bular zur Verfü­gung stand, das ohne Ent­setzen der Eltern von den Lehrern hätte ver­wendet werden können.

Heute lese ich in der Frankfurter Rundschau, was Wissen­schaftler sicher schon lange wissen: Auch Tiere können schwul sein. [2] Das inter­essiert die Öffent­lichkeit natürlich nur wegen der unver­meidli­chen Reak­tionen gleicher­maßen veran­lagter Menschen, die in diesem Zusammen­hang gerne tief in die Dis­kriminie­rungs- und Normali­täts­kiste greifen. [3] Voran Martina Navrati­lova, gleich­wohl ich mir vor­stellen kann, daß es im Tierreich im Gegensatz zum Menschen vorwie­gend um die männ­liche Variante geht.

Wer kennt nicht Hunde, die einem ans Bein gehen, und Kanin­chen, die sich über Meer­schwein­chen her­machen? Warum sollte dann ein Schafs­bock sich nicht von hinten an einen Geschlechts­genossen anschleichen? Ver­wunder­licher ist, daß der Vorder­mann stehen bleibt, was ich aber Schafen eher als anderen Tieren zutraue. Nicht umsonst spricht man vom Schäfer­stünd­chen und stellt sich Gemeinde­glieder nicht als Schweine oder Rinder, sondern als friedliche Schafe vor, die alles über sich ergehen lassen.

Aber Forscher werden nicht so blöd sein, mangelndes Unter­schei­dungs­vermö­gen bei der Partner­wahl schon für homo­sexuelle Veran­lagung zu halten. Deshalb gehe ich davon aus, daß es reich­lich Schafs­böcke gibt, die sich vorwie­gend oder aus­schließ­lich ans eigene Geschlecht ranmachen, und auch eine nicht minder große Anzahl, die ruhig stehen bleibt, wenn einer von hinten aufspringt. Und dafür würde ich der Natur einen vernünf­tigen Grund zutrauen, den an Erkennt­nis und nicht nur an reflex­hafter Abwehr inter­essierte Homo­sexuelle sicher gerne kennen würden.

Für ausge­schlossen halte ich einen geneti­schen Rest aus einer Zeit, da unsere Vorfahren nur ein Geschlecht kannten oder sich auch durch Knospung ver­mehrten. Es würde mir aber ein­leuchten, wenn die Natur die Aus­bildung der Prägung auf die eine oder andere Gruppe von Partnern nicht sehr restrik­tiv vor­schreibt, um im evolu­tio­nären Prozeß flexibel zu bleiben, also eine die Vermeh­rung dämpfende Fehler­rate in Kauf nimmt. Möglicher­weise spielen die solcher­maßen von Nach­kommen ver­schonten Exem­plare eine wert­volle Rolle in der Gesell­schaft. Das könnte auch bei den Menschen der Fall sein, wenn die gleich­geschlecht­lichen Doppel­ver­diener Geld und Arbeits­kraft vornehm­lich auf Bereiche verwen­deten, denen sich die um die Vermeh­rung bemühten Hetero­sexuellen nicht widmen können oder wollen.

[1] 20.09.2024: Dieser Satz hat mich bei der Über­arbei­tung hoch erfreut, denn die Haltungs­menschen haben mich inso­weit duselig geredet, daß ich stets denke, die Probleme mit der Über­frem­dung hätten erst vor neun Jahren im Sep­tember 2015 begonnen als Angela Merkel alle zu uns einlud, um sich mit Teddy­bären bewerfen zu lassen. Zurück gab es Messer. Offen­sicht­lich wurde schon über 20 Jahre lang nichts unter­nommen. Doch wie Abnehmen kein Problem ist, wenn man sich dafür die Zeit der Zunahme nimmt, so könnten wir mit mäßigem Druck bis 2050 zur Norma­lität zurück sein.

[2] FR. Link veraltet. Leider keine Anhaltspunkte notiert, um ihn anderswo zu finden.

[3] Showdown mit schwulen Schafböcken. Spiegel-​Online, 27.01.2007.

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Generation Praktikum
Mit nur etwas Glück hätte ich im heutigen Prakti­kanten-​Quiz von Spiegel-​Online [1] vier von zehn Ant­worten richtig treffen können. Hier die Auswertung:

„Sie haben 3 von 10 Punkten.

Nun, der Riesen-Experte für die Belange des Preka­riats sind Sie nicht. Wahr­schein­lich bekamen Sie schon früher von Mutti 50 Pfen­nig fürs Spülen und zum Diplom eine führende Position in Papis Firma über­tragen ‒ die ganze Diskus­sion um Ausbeu­tung hoch quali­fizier­ter Akade­miker in Billig­jobs halten Sie für völlig über­zogen. Die sollen sich einfach mal anstren­gen, statt immerzu nur zu meckern, Ihnen wurde ja auch nix geschenkt!“

[1] Stephan Orth: Schuftest du noch oder verdienst du schon? Spiegel-​Online, 29.01.2007.

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00er Jahre
Anläßlich der Frage, ob eine Ü70-Party für betagte Seni­oren ist oder sich dort keine vor 1970 gebo­renen Men­schen sehen lassen sollten, kamen mir wieder die namens­losen Jahr­zehnte in den Sinn. [1] Wie nennen wir die Jahre von 2000 bis 2009, wie die von 1910 bis 1919? Die golde­nen Zwan­ziger kennt jeder, von den Zeh­nern oder Nul­lern habe ich noch nichts gehört. Schrei­ben läßt es sich leich­ter, vor allem in unge­bührli­cher Abkür­zung. Die Google-​Tref­fer dazu:
00er Jahre     574       50er Jahre   1.190
10er Jahre   1.320       60er Jahre   1.230
20er Jahre     769       70er Jahre   1.270
30er Jahre     913       80er Jahre   1.300
40er Jahre     483       90er Jahre   1.270
Die zweite Hälfte der 1900er Jahre wird deut­lich öfter genannt. Die 40er standen wohl in Kon­kur­renz zu den Kriegs­jahren, die gol­denen Zwan­ziger ste­chen gar nicht beson­ders hervor und nach den Zehner­jahren wurde wohl auch dann gesucht, wenn alle mit Null am Ende gemeint waren. Daß die 00er gar nicht so selten vorkommen, ist wohl dem Umstand geschul­det, daß wir der­zeit (2007) in diesen Jahren leben.

Inzwischen schreiben wir das Jahr 2022, und Google hat die Treffer­anzeige abge­schafft, sonst hätte ich gerne die aktu­ellen Zahlen mit den alten vor 15 Jahren vergli­chen.

[1] Dieter Herberg: Namenlose Jahrzehnte? Sprachreport, Leibniz-Institut für Deutsche Sprache, Mannheim. Er konnte sich noch nicht so recht vorstellen, daß Nuller­jahre eines Tages (2022) nicht mehr befremd­lich klingt oder inkorrekt von den 2000er gespro­chen wird.

00 | Zwanzighundert

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Ünn-Party
Im Kompetenzteam wurde Generation 50‑Plus sofort mit Ü30 gekon­tert. Zu beiden Vor­schlägen blieb aber wie in den meisten Fällen eine Diskus­sion aus. Trotzdem wurde ich angeregt, die Google-​Treffer zu den Ü‑Partys zu zählen. Hier die High­score-​Liste:
 1. Platz:   Ü30 party  140.000
 2. Platz:   Ü26 party   11.000
 3. Platz:   Ü25 party    8.910
 4. Platz:   Ü40 party    5.210
 5. Platz:   Ü20 party    3.950
 6. Platz:   Ü29 party    2.580
 7. Platz:   Ü16 party    1.610
 8. Platz:   Ü17 party    1.360
 9. Platz:   Ü50 party    1.276
10. Platz:   Ü18 party      706
11. Platz:   Ü28 party      636
12. Platz:   Ü33 party      526
13. Platz:   Ü35 party      209
14. Platz:   Ü21 party      158
15. Platz:   Ü60 party      153
16. Platz:   Ü90 party      137
17. Platz:   Ü70 party       92
18. Platz:   Ü31 party       87
19. Platz:   Ü45 party       60
20. Platz:   Ü44 party       52
Erwartungs­gemäß domi­niert die Ü30‑Party. Sie ist zu feiern, wenn man einen Mann fürs Leben sucht und merkt, daß er keinen Wander­pokal will. Ü29 erklärt sich noch durch das Mißverständnis, man könne erst mit 30 Jahren und einem Tag oder gar 31 zu einer Ü30‑Feier ein­laden. Aber was findet bei Ü26 statt? Das gleiche wie bei der Ü25‑Feier der Quarter-​Life-​Crisis?

Die Ü14‑Party hat es mit nur 26 Tref­fern nicht in die Liste geschafft, obwohl man doch feier­lich aus der Kirche aus­treten und seine erste mündige Straftat bege­hen könnte. Gut gefallen haben mir auch die 16 Tref­fer für Ü3. Wahr­schein­lich ist das nicht die dritte Vor­sorge­unter­suchung, sondern der Wechsel ins vierte Semester. Und ebenso bedauere ich die nur 43 Tref­fer für Ü100, was aber nicht wesent­lich weniger als die 51 für die Ü‑Ei-​Party sind.

Ü14-Party

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Ü14-Party
In der FR von heute lese ich: „Sieben Tatver­däch­tige nahm die Polizei fest. Der Älteste von ihnen ist 17. Der Jüngste 14. Alle sollen türki­scher oder arabi­scher Her­kunft sein. "Alles Süd­länder", sagt Kosch­mieder, als würde das etwas erklären.“

Natürlich erklärt das vieles. Wenn der Schrei­ber­ling wirk­lich anderer Meinung wäre, hätte er sich drei der vier Kurz­sätze sparen können.

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1428
Im Islam gibt es keine Geister, die zu Neujahr mit Raketen und Knallkörpern vertrieben und mit Alkohol wieder gerufen werden müssen. Ich hätte aber schon erwartet, daß der Jahreswechsel wenigsten zur Kenntnis genommen wird. Eben, eine Stunde nach Sonnenuntergang war ich beim türkischen Gemüsehändler. Bei ihm war alles wie immer. Seine Kinder an der Kasse guckten nur ungläubig, als ich sie mit dem Jahr 1428 konfrontierte.

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Zinseszinsen
Welcher Monat ist der längste? Es ist der Oktober, er hat 31 Tage und dazu noch eine Stunde von der Zeitum­stellung. Solche Aufgaben fördern das Denken und verdeut­lichen die Lebens­weisheit, daß es neben einer korrek­ten Antwort, oftmals um Präzi­sierung der Frage­stellung geht. Auch als Haus­auf­gaben für Schüler sind sie gerecht­fertigt, solange der Lehrer selbst sie jeder­zeit durch­schaut. Das scheint mir nicht immer der Fall zu sein. Parade­beispiel sind Zinses­zins­aufgaben:

Du hast 511,29 Euro, die mit 3,6 Pro­zent verzinst werden. Wieviel befindet sich nach 18 Monaten auf deinem Konto? Jede Antwort zwischen 520,48 und 539,66 Euro sollte die volle Punkt­zahl erhalten, wenn sie ordent­lich begründet ist.

Leider hatte ich meiner Tochter zu genau erklärt, was in solchen Zinseszins­aufgaben fast immer gemeint ist, nämlich Konto­eröffnung am Jahres­beginn und Verzin­sung am Jahres­ende. So hat sie in einer Klassen­arbeit für eine 18‑monatige Laufzeit korrekt keine Zinses­zinsen berechnet und kam auf 511,29⋅1,036=529,70. Nur weil dadurch die Note noch ausrei­chend blieb und der Lehrer die halbe Punktzahl wegen guter Begrün­dung vergab, habe ich von Diskus­sionen mit ihm abge­sehen. Die hat mit Lehrern eh keinen Sinn, vor allem nicht für die mit Mathe­matik und Sport. Außerden wissen wir: Lehrer haben am Vor­mittag recht und am Nach­mittag frei.

Der mir auch in anderen Zusammen­hängen nicht gerade als gei­stiger Über­flieger aufge­fallene Mathe­matik­lehrer hatte in seiner Schlicht­heit entgegen der Aufgaben­stellung einfach ange­nommen, das Konto würde nach 18 Monaten gekün­digt, womit eine erneute Verzin­sung anfiele und man 511⋅1,036⋅1,018=539,23 ausge­zahlt bekäme. Die korrekte Inter­preta­tion meiner Tochter war für ihn nur eine „gute Begrün­dung“, die ihn zu keinerlei Einsicht ver­führte und als falsch einge­stuft wurde.

Es wurde also nicht belohnt, daß meine Tochter die Aufgaben­stellung genau inter­pre­tierte und auch wie gewünscht hätte rechnen können. Viel­mehr war ein allge­meiner Stiefel abzu­spulen, der leider dazu führt, daß viele Schüler einfach nur Formeln memo­rieren und hoffen, die richtge erwischt, korrekt einge­setzt und auch gerech­net zu haben. Aber wir lernen ja alle nicht für die Schule, sondern für das Leben. Und das sagt uns: Richtig ist, was Erfolg hat.

Und nun ist der interes­sierte Leser gespannt auf eine Erklä­rung, warum ich je nach Klein­gedruck­tem alles zwischen 520,48 und 539,66 für möglich halte. Eröffnet man das Konto am 30. Juni, so fallen am Jahres­ende für 180 der 360 Zins­tage 511⋅0,036⋅180/360=9,19 an, wenn nur ganze Euro verzinst und auf ganze Cent abge­rundet wird. Das führt zu 511,29+9,19=520,48, bei denen es auch bis zum 30. Dezem­ber des Folgej­ahres bleibt. Bei viertel­jähr­licher Verzin­sung auch der Milli­cent mit 0,9% sind es bereits 511,29⋅(1.009)⁴=539,53, bei monat­licher 511,29⋅(1,003)¹²=539,62 und bei konti­nuier­licher Verzin­sung 511,29⋅exp(0,036⋅18/12)=539,66.

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