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Steuerprogression
wuerg, 19.02.2007 23:42
Im Kompetenzteam [1] hatte ich zum Begriff Todessteuer eine leichte Auseinandersetzung über Gerechtigkeit und Besteuerung von Erbschaften. Da es dort um Sprache, nicht um Politik und schon gar nicht um Mathematik geht, will ich hier kurz erläutern, wie ich mir eine gerechte Besteuerung der Reichen vorstelle, warum dies zur Zeit leider nicht vernünftig ist und was ich von den Menschen diesbezüglich halte.
Die Diffamierung der Erbschaftssteuer als Todessteuer soll einreden, daß man für den Tod auch noch bestraft wird. Zwar nicht der Verstorbene selbst, sondern die Erben. Dies sei ungerecht, weil das weitergegebene Vermögen doch bereits erarbeitet und versteuert sei, selbst wenn es mehrere Generationen zurückliegt. Das kann ich nicht nachvollziehen, denn der Erbe hat ja nichts dafür getan. Warum soll er leistungslos etwas unversteuert erhalten, während ein hart arbeitender Mensch sein Einkommen zu versteuern hat. Und bezahlt dieser eine legal arbeitende Putzfrau, dann fallen erneut Steuern an. Es ist also ganz normal, daß bei Weitergabe von Geld oder Besitz auch Steuern zu zahlen sind.
Ungerechter finde ich eher, daß in schneller Generationenfolge vererbtes Vermögen öfter besteuert wird als das an die Ururenkel weitergegebene und daß langsam an die Nachfahren verschenktes oder in den Arsch gestecktes Geld gänzlich unbemerkt bleibt. Unschön ist es auch, wenn der besitzlose Erbe ebenso Steuern zu zahlen hat wie einer der schon vorher reich war. Die gleiche Ungerechtigkeit steckt auch in der Kapitalertragssteuer. Jenseits des Freibetrages wird ein Schwerreicher, dessen Kapital viel effizienter "arbeitet" und der nichts hinzuverdienen muß, nicht stärker zur Kasse gebeten als einer mit bescheidenen Gewinnen.
Es wäre durchaus gerecht, auf Erbschaftssteuer und Kapitalertragssteuer zu verzichten, wenn es eine wirksame Vermögenssteuer gäbe. Und damit meine ich keine, die oberhalb eines Freibetrages einen minimalen Prozentsatz verlangt, auch keine mit einer Progression auf unerhebliche Höhe. Ich würde einfach einen festen Satz q von etwa 2 Prozent pro Jahr und Millionen Euro als Vermögenssteuer erheben. Wer am Jahresende ein Kapital K besitzt, der muß den Betrag von (qK)K an Vermögensteuer zahlen. Wer zu Jahresbeginn K besitzt, es mit einen Zinssatz p zum Jahresende auf K(1+p) vermehrt hat, besitzt nach Besteuerung zu Beginn des Folgejahres ein Kapital K’ von
Ich glaube nicht, daß dies einen vernünftigen Reichen wirklich stören würde, wenn es in der ganzen Welt so wäre, denn es kommt ihm abseits einer "Grundversorgung" ja nicht auf die Höhe seines Besitzes, sondern auf die Rangordnung an. Er wird mit Genugtuung sehen, wie andere durch Erbschaft reich gewordenen Nichtsnutze schnell ihr Vermögen verpraßt haben, weil es ja nur ein paar Millionen gewesen sein können. Jeder bescheidene Reiche wird auch einsehen, daß die vielen sinnlosen Dienstleistungen, die einfache Menschen an den Superreichen vollbringen müssen, damit ihr Geld wieder unter die Leute kommt, gesamtwirtschaftlich nur schädlich sind.
Ich höre schon diejenigen, die um die geringe Zahl der Reichen und die Unerheblichkeit einer Vermögenssteuer wissen. Gewiß kann man die große Masse nur bei den kleinen Leuten und den mittleren Einkommen holen. Es geht aber im Leben der Menschen nicht nur um Geld, sondern auch um Gerechtigkeit. Ich jedenfalls würde es begrüßen, wenn die Superreichen auch nur deshalb abgeschafft würden, um sie aus den Medien zu verdrängen, in denen sie permanent ein falsches Bild der Welt vermitteln.
Ich weiß aber auch, daß es nicht möglich ist, Vermögen gerecht zu besteuern, solange Kapital ins Ausland geschafft werden kann oder reichenfreundliche Länder die sog. Leistungsträger anlocken. Deshalb bezeichne ich meine gerechten Vorstellungen auch gerne als unpraktikabel, wirklichkeitsfremd und für unsere Volkswirtschaft tödlich. Ich akzeptiere deshalb Superreiche als Teil der realen Wirtschaftswelt, für die es zur Zeit keine vernünftige Alternative gibt. Auch die Natur hat sich ja nicht der Gerechtigkeit verschrieben und nimmt enorme Reibungsverluste hin.
Und deshalb verachte ich auch nicht den Kapitalismus oder die Superreichen, die ich im Gegensatz zu vielen meiner Mitmenschen gar nicht zur Kenntnis nehme, sondern die einfachen Massen, die ihr hart erarbeitetes Geld zusammenlegen, um es einigen wenigen in den Arsch zu stecken, den Schauspielern, den Popstars und den Fußballspielern. Als reichten ihnen nicht ein paar Spekulationsgewinner, Aufsichtratsvorsitzende, Großgrund- oder –firmenbesitzer. Sie legen sogar Woche um Woche zusammen, um ein paar unter sich zu Lottomillionären zu machen, diese Idioten.
[1] Todessteuer
Die Diffamierung der Erbschaftssteuer als Todessteuer soll einreden, daß man für den Tod auch noch bestraft wird. Zwar nicht der Verstorbene selbst, sondern die Erben. Dies sei ungerecht, weil das weitergegebene Vermögen doch bereits erarbeitet und versteuert sei, selbst wenn es mehrere Generationen zurückliegt. Das kann ich nicht nachvollziehen, denn der Erbe hat ja nichts dafür getan. Warum soll er leistungslos etwas unversteuert erhalten, während ein hart arbeitender Mensch sein Einkommen zu versteuern hat. Und bezahlt dieser eine legal arbeitende Putzfrau, dann fallen erneut Steuern an. Es ist also ganz normal, daß bei Weitergabe von Geld oder Besitz auch Steuern zu zahlen sind.
Ungerechter finde ich eher, daß in schneller Generationenfolge vererbtes Vermögen öfter besteuert wird als das an die Ururenkel weitergegebene und daß langsam an die Nachfahren verschenktes oder in den Arsch gestecktes Geld gänzlich unbemerkt bleibt. Unschön ist es auch, wenn der besitzlose Erbe ebenso Steuern zu zahlen hat wie einer der schon vorher reich war. Die gleiche Ungerechtigkeit steckt auch in der Kapitalertragssteuer. Jenseits des Freibetrages wird ein Schwerreicher, dessen Kapital viel effizienter "arbeitet" und der nichts hinzuverdienen muß, nicht stärker zur Kasse gebeten als einer mit bescheidenen Gewinnen.
Es wäre durchaus gerecht, auf Erbschaftssteuer und Kapitalertragssteuer zu verzichten, wenn es eine wirksame Vermögenssteuer gäbe. Und damit meine ich keine, die oberhalb eines Freibetrages einen minimalen Prozentsatz verlangt, auch keine mit einer Progression auf unerhebliche Höhe. Ich würde einfach einen festen Satz q von etwa 2 Prozent pro Jahr und Millionen Euro als Vermögenssteuer erheben. Wer am Jahresende ein Kapital K besitzt, der muß den Betrag von (qK)K an Vermögensteuer zahlen. Wer zu Jahresbeginn K besitzt, es mit einen Zinssatz p zum Jahresende auf K(1+p) vermehrt hat, besitzt nach Besteuerung zu Beginn des Folgejahres ein Kapital K’ von
K’ = K(1+p)(1-qK(1+p)) ≈ K(1+p-qK)Ein solche wirklich progressiv zu nennende progressive Besteuerung des Vermögens würde arme Erben und Besitzer nur eines Reihenhauses weitgehend ungeschoren lassen, die wirklich Reichen aber spürbar besteuern. Ein paar Beispiele bei einer Vermögenssteuer von 2 Prozent pro Jahr und Millionen Euro:
Kapital Zinssatz Steuer Gewinn --------------------------------- 5.000 1,50% 0,01% 1,49% 50.000 4,50% 0,10% 4,40% 500.000 7,50% 1,00% 6,50% 5.000.000 10,50% 10,00% 0,50%Leicht ist zu sehen, daß selbst der unverschuldete Reihenhausbesitzer weniger zur Kasse gebeten würde als bisher, wenn er sein Vermögen nicht in Steine verbaut, sondern mit fünf oder mehr Prozent angelegt hätte. Erst ab einer Million wird die Steuerlast wirklich spürbar. Der Deckel ist bei etwa fünf Millionen. Selbst ein Superspekulant mit dauerhaft 30 Prozent Rendite schaffte es nicht mehr über 20 Millionen Euro.
Ich glaube nicht, daß dies einen vernünftigen Reichen wirklich stören würde, wenn es in der ganzen Welt so wäre, denn es kommt ihm abseits einer "Grundversorgung" ja nicht auf die Höhe seines Besitzes, sondern auf die Rangordnung an. Er wird mit Genugtuung sehen, wie andere durch Erbschaft reich gewordenen Nichtsnutze schnell ihr Vermögen verpraßt haben, weil es ja nur ein paar Millionen gewesen sein können. Jeder bescheidene Reiche wird auch einsehen, daß die vielen sinnlosen Dienstleistungen, die einfache Menschen an den Superreichen vollbringen müssen, damit ihr Geld wieder unter die Leute kommt, gesamtwirtschaftlich nur schädlich sind.
Ich höre schon diejenigen, die um die geringe Zahl der Reichen und die Unerheblichkeit einer Vermögenssteuer wissen. Gewiß kann man die große Masse nur bei den kleinen Leuten und den mittleren Einkommen holen. Es geht aber im Leben der Menschen nicht nur um Geld, sondern auch um Gerechtigkeit. Ich jedenfalls würde es begrüßen, wenn die Superreichen auch nur deshalb abgeschafft würden, um sie aus den Medien zu verdrängen, in denen sie permanent ein falsches Bild der Welt vermitteln.
Ich weiß aber auch, daß es nicht möglich ist, Vermögen gerecht zu besteuern, solange Kapital ins Ausland geschafft werden kann oder reichenfreundliche Länder die sog. Leistungsträger anlocken. Deshalb bezeichne ich meine gerechten Vorstellungen auch gerne als unpraktikabel, wirklichkeitsfremd und für unsere Volkswirtschaft tödlich. Ich akzeptiere deshalb Superreiche als Teil der realen Wirtschaftswelt, für die es zur Zeit keine vernünftige Alternative gibt. Auch die Natur hat sich ja nicht der Gerechtigkeit verschrieben und nimmt enorme Reibungsverluste hin.
Und deshalb verachte ich auch nicht den Kapitalismus oder die Superreichen, die ich im Gegensatz zu vielen meiner Mitmenschen gar nicht zur Kenntnis nehme, sondern die einfachen Massen, die ihr hart erarbeitetes Geld zusammenlegen, um es einigen wenigen in den Arsch zu stecken, den Schauspielern, den Popstars und den Fußballspielern. Als reichten ihnen nicht ein paar Spekulationsgewinner, Aufsichtratsvorsitzende, Großgrund- oder –firmenbesitzer. Sie legen sogar Woche um Woche zusammen, um ein paar unter sich zu Lottomillionären zu machen, diese Idioten.
[1] Todessteuer
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1.125.899.906.842.624
wuerg, 10.02.2007 14:16
„1 125 899 906 842 624 Bytes mal zwei“ lautet die Überschrift der gestrigen Frankfurter Rundschau. Gegen diesen Spaß wäre nichts einzuwenden, würde der Schreiber Joachim Wille im Artikel selbst durchblicken lassen, was gemeint ist. Über den Internet-Knoten AMS‑IX weiß er zu berichten: „Anfang 2006 wurde dort erstmals die Datenmenge von einem Petabyte (1 125 899 906 842 624) erreicht. Für Oktober 2007 werden bereits zwei Petabyte erwartet.“
Nun gut, ich gehöre auch zu den altmodischen Menschen, die PB oder Petabyte schreiben, wenn sie PiB oder Pebibyte meinen. Soviel Kontextsensitivität erwarte ich vom Leser. Doch was ist in der heutigen Zeit schon ein Petabyte? Das sind doch nur die versammelten Festplatten von zehntausend PC! Und warum sind es im Oktober erst zwei Petabyte, wenn es im Januar bereits eines war?
Gut, man kann sich informieren. Die Wikipedia nennt knapp über 200 Gigabit pro Sekunde Spitzenleistung. Das ergibt maximal zwei Petabyte am Tag. Nichts anderes als die pro Tag übertragene Datenmenge scheint also in der Überschrift gemeint zu sein. Warum kann man das nicht einfach hinschreiben?
Und wozu mache ich mir die Mühe, dies hier zu bemängeln? Zur abermaligen Bestätigung meiner Auffassung: Wenn alle Berichte in Tageszeitungen und Zeitschriften so falsch, ungenau und hingerotzt sind wie diejenigen, deren Inhalt ich überprüfen kann, dann sollte man eigentlich davon ausgehen, daß es auch sonst im wesentlichen nur ausgestoßenes Halbwissen vermengt mit persönlicher Überzeugung ist, also auch nicht viel besser als in Blogs.
Nun gut, ich gehöre auch zu den altmodischen Menschen, die PB oder Petabyte schreiben, wenn sie PiB oder Pebibyte meinen. Soviel Kontextsensitivität erwarte ich vom Leser. Doch was ist in der heutigen Zeit schon ein Petabyte? Das sind doch nur die versammelten Festplatten von zehntausend PC! Und warum sind es im Oktober erst zwei Petabyte, wenn es im Januar bereits eines war?
Gut, man kann sich informieren. Die Wikipedia nennt knapp über 200 Gigabit pro Sekunde Spitzenleistung. Das ergibt maximal zwei Petabyte am Tag. Nichts anderes als die pro Tag übertragene Datenmenge scheint also in der Überschrift gemeint zu sein. Warum kann man das nicht einfach hinschreiben?
Und wozu mache ich mir die Mühe, dies hier zu bemängeln? Zur abermaligen Bestätigung meiner Auffassung: Wenn alle Berichte in Tageszeitungen und Zeitschriften so falsch, ungenau und hingerotzt sind wie diejenigen, deren Inhalt ich überprüfen kann, dann sollte man eigentlich davon ausgehen, daß es auch sonst im wesentlichen nur ausgestoßenes Halbwissen vermengt mit persönlicher Überzeugung ist, also auch nicht viel besser als in Blogs.
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Steinwerfer
wuerg, 09.02.2007 08:33
Es wohl zu spät, um mich im Fall Kurnaz als Prophet zu erweisen, indem ich einfach vorhersage, was jeder so und so vermutet. Die Front derer, die für den Steinwerfer, Steinmeiers Vorgänger im Amt, wesentlich mehr Verständnis gezeigt hat, bröckelt bereits. Und sollten sich meine Genossen nicht eindeutig auf die plausible Seite schlagen, sondern auf die der Feiglinge, so werde ich wohl nachholen, was ich nach dem Putsch durch Nahles und Platzeck bereits erwog, und austreten.
Brandt-Nahles
Brandt-Nahles
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Schulmathematik
wuerg, 06.02.2007 19:42
Das Reizthema Schule schlägt sich auch in Überempfindlichkeit der Beteiligten nieder. Wer sich solchermaßen in einer hier erwähnten Aufgabe erkennt, sollte davon zu abstrahieren versuchen oder lieber einen schöngeistigen Roman lesen.
Zinseszinsen – Theorie und Praxis der Verzinsung
Damm-Schnitt – Manche sagen auch Trapez
Fallunterscheidungen – Eine Ameisenaufgabe
Kongruenzsätze – Statt Dreieckskonstruktionen
Was ist P(8|9)? – Der heilige senkrechte Strich
Warum lassen alle ungeraden Quadratzahlen bei Division durch 8 den Rest 1?
Warum ist die Summe zweier ungerader Quadratzahlen keine Quadratzahl?
Warum ist die Summe 5 aufeinanderfolgender Quadratzahlen keine Quadratzahl?
Zinseszinsen – Theorie und Praxis der Verzinsung
Damm-Schnitt – Manche sagen auch Trapez
Fallunterscheidungen – Eine Ameisenaufgabe
Kongruenzsätze – Statt Dreieckskonstruktionen
Was ist P(8|9)? – Der heilige senkrechte Strich
Warum lassen alle ungeraden Quadratzahlen bei Division durch 8 den Rest 1?
Warum ist die Summe zweier ungerader Quadratzahlen keine Quadratzahl?
Warum ist die Summe 5 aufeinanderfolgender Quadratzahlen keine Quadratzahl?
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Kongruenzsätze
wuerg, 03.02.2007 20:47
Da die Schüler der achten Klasse angesichts des Viereckes natürlich vom Dreieck nichts mehr wußten, wurden ihnen zur häuslichen Auffrischung die vier Kongruenzsätze für Dreiecke diktiert. Ich wüßte gerne, was das soll. Einmal abgesehen davon, daß meine Tochter nach Gehör Konkruents geschrieben hatte, ist es genau der falsche Weg, diese Sätze in einer verqueren Schulsprache aufzuschreiben, wenn man sie lernen, verstehen oder anwenden will [1]. Wer es nicht glaubt, der sehe sie sich in der Wikipedia [2] an, wo sie noch recht schlicht formuliert sind. Der Königsweg zeigt genau in die entgegengesetzte Richtung: Man verinnerlicht den simplen Sachverhalt und kann ohne Nomenklaturkurs sofort alles anwenden. Doch in der Schule gilt es, die Sätze korrekt numeriert und erwartungskonform niederzuschreiben.
Wegen der bis auf Kongruenz (Verschiebung, Drehung und Spiegelung) drei Freiheitsgrade, reichen drei unabhängige Angaben aus, um unter allen Dreicken eine endliche Anzahl auszusondern. Sie sind auch erforderlich. Sind nur Seitenlängen und bis zu zwei Winkel gegeben, sind im allgemeinen alle zugehörigen Dreiecke kongruent. Dann darf man die Lösung eindeutig nennen. Daraus Kongruenzsätze zu machen, ist recht albern. Es reicht zu beachten, daß nur in seltenen Fällen inkongruente Lösungen existieren. Und wer mehr an allgemeinen Erkenntnissen interessiert ist, sollte sich eher merken: Gibt es kein Dreieck zu den Vorgaben, so sind natürlich alle Lösungen kongruent.
Die Kongruenzsätze sind auch deshalb von geringer Bedeutung, weil man mehr sagen kann: Alle die drei Seiten- und Winkelangaben erfüllenden Dreiecke sind nicht nur kongruent, sie sind sogar ohne Geodreieck, Maßband und Computer aus zeichnerisch vorgegebenen Strecken und Winkeln allein mit Zirkel und Lineal bis auf Verschiebung, Drehung und Spiegelung eindeutig konstruierbar. Auch von zwei spiegelbildlichen Lösungen scheidet eine aus, sofern genauer spezifiziert ist, in welcher Drehrichtung die Seiten und Winkel zu sehen sind.
Weil die Dreiecke zu den Vorgaben also nicht nur an sich existieren, sondern mit Zirkel und Lineal konstruierbar sind, sollte meines Erachtens die Konstruktion im Vordergrund stehen, nicht ein sich daraus trivalerweise ableitbarer Satz. Deshalb war ich schon versucht, die Überschrift in „Dreieckskonstruktionen“ zu ändern, habe aber „Kongruenzsätze“ belassen, weil in Schule und Wikipedia [2] alles unter diesem mathematische Weisheit vortäuschenden Begriff läuft.
Weil man aus zwei Winkeln den dritten bilden kann, fehlt unter den drei Vorgaben immer einer. Für die restlichen Elemente (drei Seiten und zwei Winkel) gibt es 10 Möglichkeiten, drei aus diesen fünfen auszuwählen:
[1] Auch ich erläutere die Kongruenzsätze nicht in Bildern oder durch leicht verständliche Worte, denn es geht hier nicht darum, sie zu erlernen und möglichst effektiv im Kleinhirn zu verankern, sondern um eine Kritik an ihrer Darstellung in der Schule, die mäßige Schüler abschreckt und den mathematisch begabten nichts bringt.
[2] Wikipedia. Unter Kongruenzsatz werden der SSS-, der SWS-, der WSW- und der SSW‑Satz als erster bis vierter Kongruenzsatz numeriert. Ein SWW‑Satz ist erwähnt, aber keiner Nummer für wert erachtet. Bewiesen werden sie durch die ‚eindeutige‘ Konstruierbarkeit, doch gibt es keinen Artikel zur Dreieckskonstruktion.
[3] Bei Dreieckskonstruktionen in der Schule ist von zwei gespiegelten Lösungen zumeist nur eine richtig. Um diese Eindeutigkeit zu erlangen, sind den Drehsinn festlegende Angaben erforderlich. Am einfachsten durch Benennung der gegebenen Seiten (a,b,c) und Winkel (α,β,γ) im positien Drehsinn (links herum, gegen den Uhrzeigersinn).
Schulmathematik | Zinseszinsen | Damm-Schnitt | Fallunterscheidungen | Was ist P(8|9)?
Wegen der bis auf Kongruenz (Verschiebung, Drehung und Spiegelung) drei Freiheitsgrade, reichen drei unabhängige Angaben aus, um unter allen Dreicken eine endliche Anzahl auszusondern. Sie sind auch erforderlich. Sind nur Seitenlängen und bis zu zwei Winkel gegeben, sind im allgemeinen alle zugehörigen Dreiecke kongruent. Dann darf man die Lösung eindeutig nennen. Daraus Kongruenzsätze zu machen, ist recht albern. Es reicht zu beachten, daß nur in seltenen Fällen inkongruente Lösungen existieren. Und wer mehr an allgemeinen Erkenntnissen interessiert ist, sollte sich eher merken: Gibt es kein Dreieck zu den Vorgaben, so sind natürlich alle Lösungen kongruent.
Die Kongruenzsätze sind auch deshalb von geringer Bedeutung, weil man mehr sagen kann: Alle die drei Seiten- und Winkelangaben erfüllenden Dreiecke sind nicht nur kongruent, sie sind sogar ohne Geodreieck, Maßband und Computer aus zeichnerisch vorgegebenen Strecken und Winkeln allein mit Zirkel und Lineal bis auf Verschiebung, Drehung und Spiegelung eindeutig konstruierbar. Auch von zwei spiegelbildlichen Lösungen scheidet eine aus, sofern genauer spezifiziert ist, in welcher Drehrichtung die Seiten und Winkel zu sehen sind.
Weil die Dreiecke zu den Vorgaben also nicht nur an sich existieren, sondern mit Zirkel und Lineal konstruierbar sind, sollte meines Erachtens die Konstruktion im Vordergrund stehen, nicht ein sich daraus trivalerweise ableitbarer Satz. Deshalb war ich schon versucht, die Überschrift in „Dreieckskonstruktionen“ zu ändern, habe aber „Kongruenzsätze“ belassen, weil in Schule und Wikipedia [2] alles unter diesem mathematische Weisheit vortäuschenden Begriff läuft.
Weil man aus zwei Winkeln den dritten bilden kann, fehlt unter den drei Vorgaben immer einer. Für die restlichen Elemente (drei Seiten und zwei Winkel) gibt es 10 Möglichkeiten, drei aus diesen fünfen auszuwählen:
S W S W S Typ # S W S . . SWS 2 S W . W . SWW - S W . . S SSW 4 S . S W . SSW 4 S . S . S SSS 1 S . . W S SSW 4 . W S W . WSW 3 . W S . S SSW 4 . W . W S SWW - . . S W S SWS 2Da man Dreiecke drehen und spiegeln [3] kann, reduzieren sich diese zehn Fälle auf fünf Typen. Vier haben eine Nummer, SWW nicht, weil man aus den gegebenen zwei Winkel, den dritten bilden kann und SWW so in WSW übergeführt wird. Es bleiben also nur vier Fälle, aus denen die vier Kongruenzsätze gezimmert sind:
1. SSS alle drei Seiten gegeben 2. SWS zwei Seiten mit gemeinsamen Winkel 3. WSW zwei Winkel mit gemeinsamer Seite 4. SSW zwei Seiten mit nicht gemeinsamen WinkelManche versuchen, ein modernes Aussehen zu erreichen, indem alle W und S klein geschrieben werden. Und der vierte Fall SSW wird oftmals auch mit SsW, Ssw oder noch abartiger bezeichnt, um anzudeuten, daß die dem Winkel W gegenüberliegende Seite S größer sein soll als die dem Winkel anliegende s, um Mehrdeutigkeit auszuschließen und so Kongruenz für den vierten Satz zu erzwingen. Das ist das einzig Interessante an den Sätzen und Konstruktionen. Natürlich ist es in allen Fällen auch möglich, daß es keine Lösung gibt oder das Dreieck entartet ist und nicht als solches akzeptiert wird. Das macht den zugehörigen Kongruenzsatz aber nicht ungültig.
[1] Auch ich erläutere die Kongruenzsätze nicht in Bildern oder durch leicht verständliche Worte, denn es geht hier nicht darum, sie zu erlernen und möglichst effektiv im Kleinhirn zu verankern, sondern um eine Kritik an ihrer Darstellung in der Schule, die mäßige Schüler abschreckt und den mathematisch begabten nichts bringt.
[2] Wikipedia. Unter Kongruenzsatz werden der SSS-, der SWS-, der WSW- und der SSW‑Satz als erster bis vierter Kongruenzsatz numeriert. Ein SWW‑Satz ist erwähnt, aber keiner Nummer für wert erachtet. Bewiesen werden sie durch die ‚eindeutige‘ Konstruierbarkeit, doch gibt es keinen Artikel zur Dreieckskonstruktion.
[3] Bei Dreieckskonstruktionen in der Schule ist von zwei gespiegelten Lösungen zumeist nur eine richtig. Um diese Eindeutigkeit zu erlangen, sind den Drehsinn festlegende Angaben erforderlich. Am einfachsten durch Benennung der gegebenen Seiten (a,b,c) und Winkel (α,β,γ) im positien Drehsinn (links herum, gegen den Uhrzeigersinn).
Schulmathematik | Zinseszinsen | Damm-Schnitt | Fallunterscheidungen | Was ist P(8|9)?
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Fallunterscheidungen
wuerg, 01.02.2007 19:37
Es gibt Aufgaben, die für die einen zu mühsam und für die anderen zu blöd sind, ohne eine erhebliche Gruppe zwischen diesen beiden. Zum Beispiel:
Löse die Gleichung gb=fb+fg für alle drei
Variablen und unterscheide die Fälle.
Wenn ein Schüler der achten Klasse die Aufgabe versteht, nach den Variablen auflösen kann, nötige Fallunterscheidungen bewältigt und stumpfsinnige Wiederholungen liebt, kann er stur nach Schulroutine verfahren und zunächst nach f auflösen:
gb=f(b+g)
Fall 1: b+g=0
gb=0
Fall 1a: gb=0
𝕃=ℝ
Fall 1b: gb≠0
𝕃=∅
Fall 2: g+b≠0
f=gb/(b+g)
𝕃={gb/(b+g)}
Zusammengefaßt:
b=g=0 : alle f lösen die Geichung
b=−g≠0 : keine Lösung für f
b+g≠0 : eine Lösung f=gb/(b+g)
Danach macht der normale Schüler das gleiche für b und g und erhält statt des Plus- ein Minuszeichen. Dann ist das Heft voll, wenn er nicht vorher merkt, daß zur Auflösung nach b einfach b mit f vertauscht und g durch −g ersetzt werden kann. Analog zur Auflösung nach g einfach g und f vertauschen und b negieren.
Wer im Physikunterricht aufgepaßt hat und deshalb f, g und b verdächtig findet, wird in der Aufgabenstellung eine Tarnung des Brechungsgesetzes
Schulmathematik | Zinseszinsen | Damm-Schnitt | Kongruenzsätze | Was ist P(8|9)?
Löse die Gleichung gb=fb+fg für alle drei
Variablen und unterscheide die Fälle.
Wenn ein Schüler der achten Klasse die Aufgabe versteht, nach den Variablen auflösen kann, nötige Fallunterscheidungen bewältigt und stumpfsinnige Wiederholungen liebt, kann er stur nach Schulroutine verfahren und zunächst nach f auflösen:
gb=f(b+g)
Fall 1: b+g=0
gb=0
Fall 1a: gb=0
𝕃=ℝ
Fall 1b: gb≠0
𝕃=∅
Fall 2: g+b≠0
f=gb/(b+g)
𝕃={gb/(b+g)}
Zusammengefaßt:
b=g=0 : alle f lösen die Geichung
b=−g≠0 : keine Lösung für f
b+g≠0 : eine Lösung f=gb/(b+g)
Danach macht der normale Schüler das gleiche für b und g und erhält statt des Plus- ein Minuszeichen. Dann ist das Heft voll, wenn er nicht vorher merkt, daß zur Auflösung nach b einfach b mit f vertauscht und g durch −g ersetzt werden kann. Analog zur Auflösung nach g einfach g und f vertauschen und b negieren.
Wer im Physikunterricht aufgepaßt hat und deshalb f, g und b verdächtig findet, wird in der Aufgabenstellung eine Tarnung des Brechungsgesetzes
1 1 1 f: Brennweite ――― = ――― + ――― g: Gegenstandsweite f g b b: Bildweiteerkennen und möglicherweise voll auf die Schnauze fallen, weil es zur Ausgangsgleichung nur äquivalent ist, wenn alle drei Nenner f, g und b ungleich 0 sind. Wann die Lösungsmenge leer oder ganz ℝ ist, kann nicht aus dem Brechungsgesetz abgelesen werden. Wahrscheinlich kamen sich die Schulbuchautoren wieder einmal besonders schlau vor, weil sie mit ihrer Aufgabe gb=fb+fg neben 95 Prozent der Schüler auch 50 Prozent der Lehrer verarschen konnten.
Schulmathematik | Zinseszinsen | Damm-Schnitt | Kongruenzsätze | Was ist P(8|9)?
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Damm-Schnitt
wuerg, 31.01.2007 20:59
Gestern waren Damm-Querschnitte zu konstruieren. Mit beiden Wörtern, Damm und Querschnitt, wußte meine Tochter nichts anzufangen. Wer genau wissen möchte, was damit gemeint war: Gleichschenklige Trapeze. [1] In Teilaufgaben a bis c war der Damm stets aus drei der fünf Größen Dammsohle, Dammkrone, Dammhöhe, Böschungslänge und Böschungswinkel zu konstruieren. Wer meint, diese Begriffe würden sich Achtkläßlern aus der Schuhsohle und der Königskrone, notfalls aus der Abbildung im Buch erklären, hat allenfalls jüngere Kinder. Und was konstruieren bedeutet, ist wahrscheinlich auch dem Lehrer nicht klar. Darüber lasse ich mich später einmal aus. Hier soll es nur um den affengeilen Teil d der Aufgabe gehen:
Argumentiere, warum stets drei Bestimmungsstücke
für die Konstruktion eines Dammes ausreichen.
Offensichtlich wollen die Schulbuchautoren damit ihre fachliche Kompetenz beweisen oder Hochbegabten auch noch einen Anreiz bieten. Ich habe gar nicht mehr versucht, meiner Tochter eine allgemeine Überlegung nahezulegen, die auch in anderen Fällen gut funktioniert, sondern nur „argumentiert“, wie die Anzahl 3 aus schon bekannten Behauptungen ableitbar ist, zumal zuvor ja schon mit den Kongruenzsätzen für Dreiecke genervt wurde:
Für ein allgemeines Dreieck sind drei Bestimmungsgrößen erforderlich, für ein gleichschenkliges nur zwei. Ein Damm-Querschnitt entseht durch waagerechtes Abschneiden der Spitze in einer gewissen Höhe. Es kommt also wieder eine Bestimmungsgröße hinzu. Damit sind es drei für den Damm-Querschnitt.
Da moderne Schüler auch Lösungshefte (in Kopie) besitzen, hat mich die Antwort darin doch interessiert. Ich zitiere aus der Erinnerung:
Ein Damm-Querschnitt ist ein achsensymmetrisches
Viereck und benötigt deshalb drei Bestimmungsstücke.
Eine solche Antwort erwarte ich von einer Gouvernante, nicht von einem Mathematiker. Zum einen werden drei Freiheitsgrade für ein achsensymmetrisches Viereck als bekannt vorausgesetzt. Zum anderen wird nicht erklärt, noch nicht einmal behauptet, daß alle achsensymmetrischen Vierecke (ohne Punkte auf der Achse!) Damm-Querschnitte sind.
Und wie kommt man darauf, daß ein achsensymmetrisches Viereck drei Bestimmungsstücke benötigt? Weil es ein Damm Querschnitt ist? Ha ha! Das würde ich Schulbuchautoren zutrauen. Und wieviele Freiheitsgrade sind es für allgemeine Vierecke? Es sind fünf. Und warum vernichtet die Symmetrie zwei davon? Bei Dreicken geht durch Symmetrie doch auch nur einer verloren. Wenn das Unterrichtsfach Mathematik und nicht Anschauungslehre heißt, dann halte ich eine allgemeine Ableitung für angebracht.
Ein ebenes n‑Eck ist durch die Lage seiner n Ecken bestimmt. In der Ebene hat jede Ecke zwei Koordinaten, womit 2n Freiheitsgrade entstehen. Da jedes n Eck noch in zwei Richtungen verschoben und dazu gedreht werden darf, sind im allgemeinen 2n−3 Bestimmungsgrößen erforderlich und ausreichend. Beim Dreieck sind es 2·3−3=3 und beim Viereck 2·4−3=5.
Bei n-Ecken mit Symmetrieachsen kann man sich bezüglich Verschiebungen und Drehungen leicht irren. Deshalb zunächst auch für allgemeine n‑Ecke eine meines Erachtens einfachere Überlegung: Der erste Punkt kann auf den Ursprung eines cartesischen Koordinatensytems gelegt werden. Er hat keinen Freiheitsgrad. Der zweite mit einem Freiheitgrad auf die x‑Achse und die übrigen n−2 mit jeweils zwei Freiheitsgraden völlig beliebig. Das ergibt wieder 0+1+(n−2)⋅2=2n−3.
Ähnlich kommt man auch auf die Freiheitsgrade bei einer Symmetrieachse. Die sei einfach die y‑Achse. Ein allgemeines n‑Eck kann keinen, einen oder zwei Punkte auf der y‑Achse haben, denn mit dreien oder mehr ist es schon ein über die einfache Symmetrie hinaus spezielles. Drei Fälle:
Keine Ecke auf der Symmetrieachse: Die Ecken 2i−1 und 2i für i=1,…,n/2 (n muß gerade sein!) liegen symmetrisch zueinander. Die ersten beiden Ecken auf der x‑Achse mit einem Freiheitsgrad, die übrigen n/2−1 Paare frei in der Ebene mit zusammen jeweils zwei Freiheitsgraden. Insgesamt sind es 1+(n/2−1)⋅2=n−1.
Eine Ecke auf der Symmetrieachse: Diese kommt ohne Freiheitsgrad in den Ursprung. Die übrigen Ecken 2i und 2i+1 für i=1,…,(n−1)/2 (n muß ungerade sein!) haben paarweise zusammen je zwei Freiheitsgrade. Insgesamt sind es wieder 0+((n−1)/2)⋅2=n−1.
Zwei Ecken auf der Symmetrieachse: Die erste im Ursprung ohne Freiheitsgrad, die zweite auf der y‑Achse mit einem, und wieder die Ecken 2i+1 und 2i+2 für i=1,…,(n−2)/2 (n muß gerade sein!) als Paare mit gemeinsam zwei Freiheitsgraden Zusammen erneut 0+1+((n−2)/2)⋅2=n−1.
In jedem Falle sind es für ein n‑Eck mit einer Symmetrieachse n−1 Freiheitsgrade. Das kann man sicherlich auch ohne Fallunterscheidung exakt beweisen. Die Überlegung ist einfach: Ein Punkt auf der Symmetrieachse hat einen Freiheitsgrad, ein Punktepaar außerhalb zwei. Das ist ein Freiheitsgrad pro Punkt. Und einer geht ab für die Verschiebung längs der Achse.
Für n=3 sind es also zwei Bestimmungsstücke, zum Beispiel Höhe und Basis eines gleichschenkligen Dreieckes. Für n=4 sind es die bereits behaupteten drei. Im Falle zweier gespiegelter Punktpaare (gleichschenkeliges Trapez) kann es neben den beiden Abständen von der Achse die Entfernung der beiden Verbindungslinien sein, also der Abstand von Sohle und Krone. Bei zwei Ecken auf der Achse (Drachen [2]) bestimmen die vier Abstände der Ecken vom Schnittpunkt der Diagonalen das Viereck. Zwei sind gleich, also drei Bestimmungsgrößen.
Mit einer Symmetrieachse büßt ein n‑Eck also (2n−3)−(n−1)=n−2 Freiheitsgrade ein. Das Dreieck einen von 3 auf 2, das Viereck zwei von 5 auf 3.
[1] Warum Damm-Schnitte oder gar ganze Dämme auf beiden Seiten den gleichen Böschungswinkel aufweisen, erschließt sich einem normal denkenden Menschen nicht. Und wenn Seedeiche auch Dämme sind, dann ist die Wasserseite nicht nur wesentlich flacher, sondern auch nicht gerade.
[2] Es spielt hier keine Rolle, ob der Drachen konvex sein muß, der Diagonalschnittpunkt also immerhalb des Viereckes liegt. Auch könnte man ohne Einfluß auf die Freiheitsgrade sowohl beim Trapez als auch dem Drachen sich kreuzende Kanten zulassen, denn die endliche Anzahl von Eckpermutationen vermag keinen Freiheitsgrad zu erzeugen.
Schulmathematik | Zinseszinsen | Fallunterscheidungen | Kongruenzsätze | Was ist P(8|9)?
Argumentiere, warum stets drei Bestimmungsstücke
für die Konstruktion eines Dammes ausreichen.
Offensichtlich wollen die Schulbuchautoren damit ihre fachliche Kompetenz beweisen oder Hochbegabten auch noch einen Anreiz bieten. Ich habe gar nicht mehr versucht, meiner Tochter eine allgemeine Überlegung nahezulegen, die auch in anderen Fällen gut funktioniert, sondern nur „argumentiert“, wie die Anzahl 3 aus schon bekannten Behauptungen ableitbar ist, zumal zuvor ja schon mit den Kongruenzsätzen für Dreiecke genervt wurde:
Für ein allgemeines Dreieck sind drei Bestimmungsgrößen erforderlich, für ein gleichschenkliges nur zwei. Ein Damm-Querschnitt entseht durch waagerechtes Abschneiden der Spitze in einer gewissen Höhe. Es kommt also wieder eine Bestimmungsgröße hinzu. Damit sind es drei für den Damm-Querschnitt.
Da moderne Schüler auch Lösungshefte (in Kopie) besitzen, hat mich die Antwort darin doch interessiert. Ich zitiere aus der Erinnerung:
Ein Damm-Querschnitt ist ein achsensymmetrisches
Viereck und benötigt deshalb drei Bestimmungsstücke.
Eine solche Antwort erwarte ich von einer Gouvernante, nicht von einem Mathematiker. Zum einen werden drei Freiheitsgrade für ein achsensymmetrisches Viereck als bekannt vorausgesetzt. Zum anderen wird nicht erklärt, noch nicht einmal behauptet, daß alle achsensymmetrischen Vierecke (ohne Punkte auf der Achse!) Damm-Querschnitte sind.
Und wie kommt man darauf, daß ein achsensymmetrisches Viereck drei Bestimmungsstücke benötigt? Weil es ein Damm Querschnitt ist? Ha ha! Das würde ich Schulbuchautoren zutrauen. Und wieviele Freiheitsgrade sind es für allgemeine Vierecke? Es sind fünf. Und warum vernichtet die Symmetrie zwei davon? Bei Dreicken geht durch Symmetrie doch auch nur einer verloren. Wenn das Unterrichtsfach Mathematik und nicht Anschauungslehre heißt, dann halte ich eine allgemeine Ableitung für angebracht.
Ein ebenes n‑Eck ist durch die Lage seiner n Ecken bestimmt. In der Ebene hat jede Ecke zwei Koordinaten, womit 2n Freiheitsgrade entstehen. Da jedes n Eck noch in zwei Richtungen verschoben und dazu gedreht werden darf, sind im allgemeinen 2n−3 Bestimmungsgrößen erforderlich und ausreichend. Beim Dreieck sind es 2·3−3=3 und beim Viereck 2·4−3=5.
Bei n-Ecken mit Symmetrieachsen kann man sich bezüglich Verschiebungen und Drehungen leicht irren. Deshalb zunächst auch für allgemeine n‑Ecke eine meines Erachtens einfachere Überlegung: Der erste Punkt kann auf den Ursprung eines cartesischen Koordinatensytems gelegt werden. Er hat keinen Freiheitsgrad. Der zweite mit einem Freiheitgrad auf die x‑Achse und die übrigen n−2 mit jeweils zwei Freiheitsgraden völlig beliebig. Das ergibt wieder 0+1+(n−2)⋅2=2n−3.
Ähnlich kommt man auch auf die Freiheitsgrade bei einer Symmetrieachse. Die sei einfach die y‑Achse. Ein allgemeines n‑Eck kann keinen, einen oder zwei Punkte auf der y‑Achse haben, denn mit dreien oder mehr ist es schon ein über die einfache Symmetrie hinaus spezielles. Drei Fälle:
Keine Ecke auf der Symmetrieachse: Die Ecken 2i−1 und 2i für i=1,…,n/2 (n muß gerade sein!) liegen symmetrisch zueinander. Die ersten beiden Ecken auf der x‑Achse mit einem Freiheitsgrad, die übrigen n/2−1 Paare frei in der Ebene mit zusammen jeweils zwei Freiheitsgraden. Insgesamt sind es 1+(n/2−1)⋅2=n−1.
Eine Ecke auf der Symmetrieachse: Diese kommt ohne Freiheitsgrad in den Ursprung. Die übrigen Ecken 2i und 2i+1 für i=1,…,(n−1)/2 (n muß ungerade sein!) haben paarweise zusammen je zwei Freiheitsgrade. Insgesamt sind es wieder 0+((n−1)/2)⋅2=n−1.
Zwei Ecken auf der Symmetrieachse: Die erste im Ursprung ohne Freiheitsgrad, die zweite auf der y‑Achse mit einem, und wieder die Ecken 2i+1 und 2i+2 für i=1,…,(n−2)/2 (n muß gerade sein!) als Paare mit gemeinsam zwei Freiheitsgraden Zusammen erneut 0+1+((n−2)/2)⋅2=n−1.
In jedem Falle sind es für ein n‑Eck mit einer Symmetrieachse n−1 Freiheitsgrade. Das kann man sicherlich auch ohne Fallunterscheidung exakt beweisen. Die Überlegung ist einfach: Ein Punkt auf der Symmetrieachse hat einen Freiheitsgrad, ein Punktepaar außerhalb zwei. Das ist ein Freiheitsgrad pro Punkt. Und einer geht ab für die Verschiebung längs der Achse.
Für n=3 sind es also zwei Bestimmungsstücke, zum Beispiel Höhe und Basis eines gleichschenkligen Dreieckes. Für n=4 sind es die bereits behaupteten drei. Im Falle zweier gespiegelter Punktpaare (gleichschenkeliges Trapez) kann es neben den beiden Abständen von der Achse die Entfernung der beiden Verbindungslinien sein, also der Abstand von Sohle und Krone. Bei zwei Ecken auf der Achse (Drachen [2]) bestimmen die vier Abstände der Ecken vom Schnittpunkt der Diagonalen das Viereck. Zwei sind gleich, also drei Bestimmungsgrößen.
Mit einer Symmetrieachse büßt ein n‑Eck also (2n−3)−(n−1)=n−2 Freiheitsgrade ein. Das Dreieck einen von 3 auf 2, das Viereck zwei von 5 auf 3.
[1] Warum Damm-Schnitte oder gar ganze Dämme auf beiden Seiten den gleichen Böschungswinkel aufweisen, erschließt sich einem normal denkenden Menschen nicht. Und wenn Seedeiche auch Dämme sind, dann ist die Wasserseite nicht nur wesentlich flacher, sondern auch nicht gerade.
[2] Es spielt hier keine Rolle, ob der Drachen konvex sein muß, der Diagonalschnittpunkt also immerhalb des Viereckes liegt. Auch könnte man ohne Einfluß auf die Freiheitsgrade sowohl beim Trapez als auch dem Drachen sich kreuzende Kanten zulassen, denn die endliche Anzahl von Eckpermutationen vermag keinen Freiheitsgrad zu erzeugen.
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