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3. Schwanzvergleich
wuerg, 07.07.2021 01:17
Länder mit Versagen in der ersten Welle (png)
In diesen dritten Schwanzvergleich kommt man nicht allein mit vielen Toten, sondern durch selbst veröffentlichte Zahlen zugegebenes Versagen während der ersten Welle. [1] Es sind Länder, die sich eine Letalität geleistet haben, die weit über das grau hinterlegte normale Maß hinausgeht, die nicht mehr allein dadurch erklärt werden kann, daß man viele Infektionen zu verzeichnen hatte. Wenn nicht grandiose Unfähigkeit oder vorsätzliches Fehlverhalten vorlagen, muß das Gesundheitssystem überlastet gewesen sein.
Belgien scheint eine einzige Katastrophe. Wir müssen also gar nicht in die Ferne schweifen. Daß die Letalität nunmehr etwa der deutschen entspricht, sagt nichts. Es haben sich einfach doppelt soviele angesteckt, und doppelt soviele sind gestorben. Das kann nicht allein auf eine desaströse erste Welle geschoben werden, auch wenn in ihr bereits einer von 1200 verstarb. Die Letalität von 16,5 Prozent in der Spitze ist blamabel für ein EU-Mitglied, das zudem noch an Nordrhein-Westfalen grenzt. Die zweite Welle lief auch nicht besser als bei uns, muß aber den Belgiern angesichts ihres Fehlstartes wie ein Spaziergang vorgekommen sein.
Italien lag in der ersten Welle gegenüber Belgien bei den Toten um etwa 30 Prozent zurück. Da wohl weniger getestet wurde, liegt die Spitzen-Letatilät nur zwei Prozentpunkte tiefer bei 14,5 Prozent. Im Laufe der zweiten Welle schloß Italien etwas zu Belgien auf, konnte es aber bisher nicht einholen. In Italien verstarb einer von 475, in Belgien von 458. Zum Vergleich in Deutschland einer von 909.
Großbritannien und Italien entwickelten sich in der zweiten Jahreshälfte fast synchron. In der ersten Welle waren die Angaben der Engländer recht unordentlich und lagen etwas höher. Durch die wohl früher einsetzenden Impfungen konnten sie in der zweiten Welle die Letalität schneller drücken und letztlich trotz Delta-Variante auch die Mortalität mit einem Toten auf 527 etwas geringer halten als die Italiener.
Auch Spanien lief weitgehend synchron mit Italien und Großbritannien, weil sie ihren Vorteil mit nur 12 Prozent Letalität in der Spitze der ersten Welle schnell verspielten. In der zweiten Welle konnten sie sich dann besser zusammenreißen, weshalb es derzeit bei einem Toten auf 578 Spanier geblieben ist.
Frankreich ist mit nochmals 25 Prozent weniger Toten als Spanien, Italien und Großbritannien aus der ersten Welle gekommen, wenn auch mit recht hoher Letalität von über 15 Prozent. Es wurde wohl weniger getestet. In der zweiten Welle aber haben die Franzosen ihren Vorsprung zumindest gegenüber Spanien fast vollständig verspielt. Einer von 586 Franzosen ist zur Zeit tot.
Die Niederlande sind nicht gut, bleiben aber mit 25 Prozent weniger Toten nach der ersten Welle hinter Frankreich zurück. Und in der zweiten Welle ist es Holland wohl durch rigoroses Testen gelungen, nicht nur die Letalität auf fast 1 Prozent zu drücken. Es kommen auch stolze 983 Bürger auf einen Toten. Besser als Deutschland, weshalb man vor den Niederländern nicht soviel Angst hätte haben müssen.
Schweden hat der Epidemie weitgehend freien Lauf gelassen und wie die USA einen sehr breiten Verlauf mit einer Delle im Abstieg. Die mit den Niederlanden und Spanien vergleichbare Spitzenletalität von 12,5 Prozent hielt sehr lange an. Sie ist zudem doppelt so hoch wie die amerikanische. Die zweite Welle wurde jedoch eigermaßen bewältigt, weshalb Schweden mit einem Toten auf 686 Bürger nicht mehr so schlecht dasteht wie die USA, die Ende September 2020 obsiegten und nun bei einem Toten auf 546 Amerikaner liegen.
Es bleibt Polen, das mit einer Spitzenletalität von 5 Prozent unterhalb der deutschen nicht in diese Kategorie zu gehören scheint. Dennoch liegen sie oberhalb des Normalbereiches, denn bei nur einem Toten auf 40.000 Mitte Mai 2020, als alle anderen bereits den Höhepunkt der ersten Welle hinter sich hatten, wären allenfalls 3 Prozent Letalität zu erwarten. Trotz geringer anfänglicher Betroffenheit hat sich Polen in der Folgezeit und mit der zweiten Welle auf einen Toten pro 505 hochgeschafft. Während ich dies hier schreibe, werden es nur noch 500 sein. Wie ist das möglich? Die zweite Welle ist überall und insbesondere in Polen so mächtig, daß die Fälle der ersten so gut wie keine Rolle für das Endergebnis spielen. Es ist also weitgehend egal, ob Polen nur kräftig nachgelegt oder, was mir viel plausibler erscheint, in der ersten Phase, wo es für hohe Zahlen noch nichts gab, einfach betrogen hat. Ich vermute, man hat zu Beginn die Inzidenz etwa um den Faktor 8 und die Mortalität um 20 heruntergerechnet.
[1] Natürlich gibt es in der fernen Welt auch weitere Länder dieser Kategorie. Sogar wie Sand am Meer, wenn alle von Anfang an ehrliche Zahlen geliefert hätten.
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