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Jocelyn Bell Burnell
wuerg, 05.04.2018 00:23
Nach Chien-Shiung Wu, Rosalind Franklin und Lise Meitner auf den Plätzen 7, 1 und 5 der in [1] genannten Frauen, deren Ruhm Männer ernteten, nun Jocelyn Bell Burnell auf Platz 10 als die letzte, die keinen Nobelpreis erhielt. Während die ersten drei nur mittelbar beteiligt waren, hat Jocelyn Bell tatsächlich eine Entdeckung gemacht, weil sie mit Radioteleskopen aufgefangene Signale nicht als Störung abtat, sondern zusammen mit ihrem Doktorvater Antony Hewish untersuchte und heute als Entdeckerin des ersten Pulsares gilt.
Obwohl sie in der zugehörigen Veröffentlichung an zweiter Stelle genannt ist, erhielt neben Antony Hewish nicht sie den Nobelpreis, sondern der Institutsleiter Martin Ryle, der zuvor Grundlagen der Radioteleskopie schuf. Jocelyn Bell war in den Augen des Nobelkomitees nur eine mit Datenauswertung beschäftigte Doktorandin. „'Die Daten kamen auf Tabellenblättern heraus', erklärt sie. 'Damals gab es nur sehr, sehr wenige Computer, stattdessen ließ man die Ergebnisse einfach durch uns Absolventen auswerten.' […] Viele Forscher hätten diese Signale als technische Störung abgetan. Aber Bell und Hewish waren erstklassige Wissenschaftler, die es genau wissen wollten.“ [2]
Vom Nobelpreis abgesehen haben Männer nicht den größten Ruhm eingefahren. In einem Lehrbuch für Studenten steht Jocelyn Bell unter der Überschrift „Wie wurden Neutronensterne entdeckt?“ ganz vorne: „Die ersten Beobachtungshinweise auf Neutronensterne stammen aus dem Jahr 1967, als eine 24‑jährige Doktorandin namens Jocelyn Bell eine seltsame Radioquelle entdeckte. Bell hatte ihren Betreuer, Anthony Hewish, beim Bau eines Radioteleskopes unterstützt, […] Nachdem sie andere Möglichkeiten ausgeschlossen hatte, kam sie zu dem Schluss, dass irgendwo aus der Nähe des Sternbilds Schwan (Cygnus) gepulste Radiostahlung empfangen wurde. Die Intervalle betrugen genau 1,337301 Sekunden.“ [3]
Auch die Bibel der Astrophysik widmet sich nicht nur der Entdeckung, sondern in einer Fußnote auch der Kontroverse: „In 1974 Hewish was awarded a share of the Nobel Prize, along with Martin Ryle, for their work in radio astronomy. Fred Hoyle and others have argued that Jocelyn Bell should have shared the prize as well; Hewish had designed the radio array and observational technique, but Bell was the first to notice the pulsar signal. This controversial omission has inspired references to the award as the 'No-Bell' prize.“ [4]
Es war wohl nicht Frauenfreundlichkeit allein, die Hoyle die Nobelpreisvergabe kritisieren ließ. Er mochte vor allem Ryle nicht, der den Urknall bevorzugte, während Hoyle dem statischen Universum anhing. Vielleicht hat es ihn um den eigenen Nobelpreis gebracht. „Daß Hoyle übergangen wurde, ist eine der größten Ungerechtigkeiten in der Geschichte des Nobelpreises. Das Komitee brüskierte Hoyle vor allem, weil er sich über die Jahre mit seiner unverblümten Art zahlreiche Feinde gemacht hatte. Zum Beispiel hatte er sich lautstark beschwert, als der Nobelpreis für Physik 1974 für die Entdeckung der Pulsare vergeben wurde. Er räumte ein, daß die Entdeckung dieser pulsierenden Sterne ein wichtiger Durchbruch war, empörte sich jedoch, weil der Preis nicht mit der jungen Astronomin Jocelyn Bell geteilt wurde, der die entscheidenden Beobachtungen gelungen waren.“ [5]
Auch wenn der Nobelpreis an vielen Männern wie Hoyle vorbeiging und Verbrecher einen für den Frieden erhielten, ist die Frauenquote weiterhin sehr gering, was natürlich auch der Tatsache geschuldet ist, daß Frauen es in derartige Höhen auch heute nur selten schaffen. Deshalb ist der Nobelpreis kein guter Maßstab für die Gleichberechtigung. Werden Frauen nicht nominiert oder gehen trotzdem leer aus, zeigt dies allenfalls, daß die Männer im Vergabekomitee Frauen den Ruhm vorenthalten, ohne ihn selbst einheimsen zu können. Die Kollegen der übergangenen Frauen haben ihn zwar im gutmeinenden Wortsinne geerntet, aber nicht gestohlen, wie die Überschrift von [1] suggeriert.
[1] Jessica Samakow: Diese 11 Frauen haben Bahnbrechendes geschafft - den Ruhm ernteten Männer. Huffington Post, 31.03.2018. Link inzwischen ungültig.
[2] Couper, Henbest: Die Geschichte der Astronomie. Frederking & Thaler Verlag München, 2007. Seite 251.
[3] Bennett, Donahue, Schneider, Voit: Astronomie ‒ Die kosmische Perspektive. Pearson Studium, 5. Auflage 2010. Seite 835.
[4] Carroll, Ostlie: An Introduction to Modern Astrophysics. Addison Wesley, San Francisco, 2. Auflage, 2007. Seite 587.
[5] Simon Singh: Big Bang ‒ Der Ursprung des Kosmos und die Erfindung der modernen Naturwissenschaft. Büchergilde Gutenberg, 2005, Seite 409.
Chien-Shiung Wu | Rosalind Franklin | Lise Meitner
Obwohl sie in der zugehörigen Veröffentlichung an zweiter Stelle genannt ist, erhielt neben Antony Hewish nicht sie den Nobelpreis, sondern der Institutsleiter Martin Ryle, der zuvor Grundlagen der Radioteleskopie schuf. Jocelyn Bell war in den Augen des Nobelkomitees nur eine mit Datenauswertung beschäftigte Doktorandin. „'Die Daten kamen auf Tabellenblättern heraus', erklärt sie. 'Damals gab es nur sehr, sehr wenige Computer, stattdessen ließ man die Ergebnisse einfach durch uns Absolventen auswerten.' […] Viele Forscher hätten diese Signale als technische Störung abgetan. Aber Bell und Hewish waren erstklassige Wissenschaftler, die es genau wissen wollten.“ [2]
Vom Nobelpreis abgesehen haben Männer nicht den größten Ruhm eingefahren. In einem Lehrbuch für Studenten steht Jocelyn Bell unter der Überschrift „Wie wurden Neutronensterne entdeckt?“ ganz vorne: „Die ersten Beobachtungshinweise auf Neutronensterne stammen aus dem Jahr 1967, als eine 24‑jährige Doktorandin namens Jocelyn Bell eine seltsame Radioquelle entdeckte. Bell hatte ihren Betreuer, Anthony Hewish, beim Bau eines Radioteleskopes unterstützt, […] Nachdem sie andere Möglichkeiten ausgeschlossen hatte, kam sie zu dem Schluss, dass irgendwo aus der Nähe des Sternbilds Schwan (Cygnus) gepulste Radiostahlung empfangen wurde. Die Intervalle betrugen genau 1,337301 Sekunden.“ [3]
Auch die Bibel der Astrophysik widmet sich nicht nur der Entdeckung, sondern in einer Fußnote auch der Kontroverse: „In 1974 Hewish was awarded a share of the Nobel Prize, along with Martin Ryle, for their work in radio astronomy. Fred Hoyle and others have argued that Jocelyn Bell should have shared the prize as well; Hewish had designed the radio array and observational technique, but Bell was the first to notice the pulsar signal. This controversial omission has inspired references to the award as the 'No-Bell' prize.“ [4]
Es war wohl nicht Frauenfreundlichkeit allein, die Hoyle die Nobelpreisvergabe kritisieren ließ. Er mochte vor allem Ryle nicht, der den Urknall bevorzugte, während Hoyle dem statischen Universum anhing. Vielleicht hat es ihn um den eigenen Nobelpreis gebracht. „Daß Hoyle übergangen wurde, ist eine der größten Ungerechtigkeiten in der Geschichte des Nobelpreises. Das Komitee brüskierte Hoyle vor allem, weil er sich über die Jahre mit seiner unverblümten Art zahlreiche Feinde gemacht hatte. Zum Beispiel hatte er sich lautstark beschwert, als der Nobelpreis für Physik 1974 für die Entdeckung der Pulsare vergeben wurde. Er räumte ein, daß die Entdeckung dieser pulsierenden Sterne ein wichtiger Durchbruch war, empörte sich jedoch, weil der Preis nicht mit der jungen Astronomin Jocelyn Bell geteilt wurde, der die entscheidenden Beobachtungen gelungen waren.“ [5]
Auch wenn der Nobelpreis an vielen Männern wie Hoyle vorbeiging und Verbrecher einen für den Frieden erhielten, ist die Frauenquote weiterhin sehr gering, was natürlich auch der Tatsache geschuldet ist, daß Frauen es in derartige Höhen auch heute nur selten schaffen. Deshalb ist der Nobelpreis kein guter Maßstab für die Gleichberechtigung. Werden Frauen nicht nominiert oder gehen trotzdem leer aus, zeigt dies allenfalls, daß die Männer im Vergabekomitee Frauen den Ruhm vorenthalten, ohne ihn selbst einheimsen zu können. Die Kollegen der übergangenen Frauen haben ihn zwar im gutmeinenden Wortsinne geerntet, aber nicht gestohlen, wie die Überschrift von [1] suggeriert.
[1] Jessica Samakow: Diese 11 Frauen haben Bahnbrechendes geschafft - den Ruhm ernteten Männer. Huffington Post, 31.03.2018. Link inzwischen ungültig.
[2] Couper, Henbest: Die Geschichte der Astronomie. Frederking & Thaler Verlag München, 2007. Seite 251.
[3] Bennett, Donahue, Schneider, Voit: Astronomie ‒ Die kosmische Perspektive. Pearson Studium, 5. Auflage 2010. Seite 835.
[4] Carroll, Ostlie: An Introduction to Modern Astrophysics. Addison Wesley, San Francisco, 2. Auflage, 2007. Seite 587.
[5] Simon Singh: Big Bang ‒ Der Ursprung des Kosmos und die Erfindung der modernen Naturwissenschaft. Büchergilde Gutenberg, 2005, Seite 409.
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