Von Brandt bis Nahles
Willy Brandt war stolze 23 Jahre lang Vorsit­zender der SPD. In dieser goldenen Zeit bin ich in die Partei einge­treten. Und zwar vor der Kampagne "Willy wählen", erkennt­lich an meinem billigen hell­blauen Partei­buch aus Pappe. Die auch damals mit dem Wind einge­tretenen Genossen hatten bereits dunkel­blaues Plastik. Heute sind sie wieder rötlich.



Nach Brandt vergingen 30 Jahre mit 12 Vorsit­zenden in 13 Amtspe­rioden. Ohne die kommissa­rischen Kurzzeit­vorsit­zenden immerhin drei Jahre im Durch­schnitt. Gefühlt sind es nur andert­halb. Kaum zu glauben, daß Sigmar Gabriel ganze sieben Jahre im Amt durch­hielt. Er hat es abge­geben, um Außen­minister zu werden, und stieg zum belieb­testen Sozial­demo­kraten auf. Für den seiner­zeit nicht ernsthaft anvi­sierten Fall einer Regierungs­betei­ligung sollte er Außen­minister bleiben. Nun will Martin Schulz dieses Verspre­chen brechen.

Schlimmer noch: Martin Schulz darf sich auf Gabriels Minister­posten retten, weil er den Partei­vorsitz frei­willig an Andrea Nahles abgeben will. Sie wird die erste Frau an der Spitze sein. Scharping, Schröder, Münte­fering, Beck, Gabriel und Schulz pflastern ihren Weg. Oft wurde ich von mora­lisch über­legenen Grün­innen­wähler­innen gefragt, warum ich denn noch nicht ausge­treten sei. Und ich habe immer geant­wortet: Sobald Andrea Nahles Vorsit­zende wird.

Meine Ehrennadel für 50 Jahre Mitglied­schaft habe ich bereits und die Abstim­mung über die große Koali­tion werde ich noch mitge­nommen haben, wenn es am Tage des geplanten Sonder­partei­tages soweit ist. Da freut sich das Finanzamt, muß es sich doch nicht mehr mit 260 Euro am Beitrag betei­ligen.

Heute Zwerg, morgen Riese

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