Spieltheorie
„Die Spieltheorie ist eine mathe­mati­sche Methode, die das ratio­nale Ent­schei­dungs­ver­halten in sozia­len Konflikt­situa­tionen ableitet, in denen der Erfolg des Ein­zelnen nicht nur vom eigenen Handeln, sondern auch von den Akti­onen anderer abhängt.“ [1]

Wegen des Wörtchens „ist“ muß ich das gelten lassen. Als es noch den „ein­zelnen“ gab, war die Spiel­theorie zumin­dest für mich ein Gebiet der Mathe­matik, in dem man nicht zu ergrün­den ver­suchte, wie „Schach, Mühle, Dame, etc.“ [1] zu spielen ist, sondern sich über­legte, unter welchen Bedin­gungen gute, wenn nicht opti­male Stra­tegien exi­stie­ren und wie man sie zumin­dest theore­tisch findet. Das scheint als „mathe­mati­sche Spiel­theorie“ herab­gewür­digt Teil einer allge­meinen Spiel­theorie gewor­den zu sein, die den Finanz­töpfen nach­hängt und einen Pseudo-​Nobel­preis ermög­licht. [2]

So bleiben mir nur senti­mentale Erinne­rungen an ein Seminar: Auf die Eingangs­frage des Pro­fessors, ob das Maximum der Minima kleiner oder größer sei als das Minimum der Maxima, war ich natür­lich vorbe­reitet, hätte es mir aber auch schnell neu über­legen können. Damit machte es Sinn fortzu­fahren und den Beweis des Brouwer­schen Fix­punkt­satzes aus dem Buch von Burger [3] vorzu­tragen.

Wenn ich mir heute Youtube-​Filmchen [4] des Spiel­theore­tikers Chri­stian Rieck ansehe, dann scheint mir alles sehr weit davon entfernt. Seine Vorle­sungen gehen gewiß tiefer als seine regel­mäßigen Ein­las­sungen zu aktu­ellen Themen, in denen immer wieder alte chine­sische Kriegs­listen ange­führt werden. Nicht als histo­rische Referenz, sondern als immer noch gültige Stra­tegeme.

Trotzdem sehe ich mir seine Erläute­rungen gerne an, weil sie zumeist die aktu­elle Situa­tion ratio­naler zu beleuch­ten vermögen als es im allge­meinen ‚Diskurs‘ üblich geworden ist. Und so war ich zuvor gar nicht auf eine Binsen­weisheit im spiel­theore­tischen Konflikt zwischen der Hamas und dem Staate Israel gekommen:

Es geht der Hamas gar nicht um einen unmög­lichen Sieg über Israel, sondern um die Festi­gung der eigenen Herr­schaft. Ihr Angriff soll verhin­dern, in der Bedeu­tungs­losig­keit zu ver­sinken. Das hat Herr Rieck der NZZ ent­nommen, darauf sind also andere auch ohne Spiel­theo­rie gekom­men. Mich aber erinnert das an die fol­gende Über­legung:

Selbst theoretisch allerein­fachste Spiele wie Schach können ihre opti­malen, wenn auch unbe­kann­ten Strate­gien ein­büßen, wenn die Aus­zahlungs­funktion der Betei­ligten sich ändert, etwa durch Neben­abspra­chen. [5] Im allge­meinen ist unbe­kannt, was ein ratio­naler Spieler zu opti­mieren sucht. Das führte mich schon früh zur Umkehrung: Wenn seine Vor­gehens­weise einiger­maßen gewinn­verspre­chend ist, um was spielt er dann eigent­lich, was ist seine Aus­zahlungs­funktion?

Was verspricht sich die Hamas von einem Angriff, obwohl sie Israel nicht das Wasser reichen kann? Was macht die Ampel­par­teien glück­lich, daß sie Wahl­schlap­pen inkauf nehmen? Um was geht es Sahra Wagen­knecht, zumal sie in der Linken jede Posi­tion hätte erlan­gen können? Warum wollten viele den jetzt aufge­flogenen Ele­fanten im Raum nicht sehen, obschon sie ihn selbst ein­ließen? Was sind ihre Aus­zahlungs­funk­tionen?

[1] Wikipedia. Spieltheorie.
[2] Natürlich ist es eine große Leistung, Modelle durch­zurechnen, die dem Kern einer realen Situa­tion nahe kommen sollen. Selbst wenn es nur eine Simu­lation mit dem Computer ist. Ich kenne außer dem Film nichts von John Forbes Nash, doch wird er sowohl den Abel­preis für Mathe­matik als auch den Gedächt­nis-​Nobel­preis für Wirt­schaft verdient haben. Im Gegen­satz zu Arafat für den Frieden.
[3] Ewald Burger: Theorie der Spiele. De Gruyter, 1966. Mein Exemplar habe ich meinem Sohn über­lassen, der den Wert hoffent­lich zu schätzen weiß: Gebunden oder als PDF für 65 Cent pro Seite.
[4] Christian Rieck: Hamas greift Israel an: spiel­theore­tische Über­legungen. Youtube, 14.10.2023.
[5] Die Spieltheorie wird gerne dahin­gehend kritisiert, daß Menschen sich eben nicht rational ver­hielten. Diesen Makel weist die mathe­mati­sche Spiel­theorie nicht auf. In ihr geht es nicht um mensch­liche Spieler, sondern um die Spiele selbst. Und wenn einer sich schlau fühlt und zum Bei­spiel ein­wendet, im Turnier ginge es gar nicht um den Einzel­sieg im Spiel, dann lautet die Antwort: Ein Turnier ist eben ein anderes Spiel!

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Brandmauer
Schon lange frage ich mich, wie die Brand­mauer wohl fallen wird. Und mit der heu­tigen Wahl will ich eine Prog­nose wagen, die so falsch sein kann wie meine zu Corona und deren Ein­treffen oder Schei­tern ich wohl nicht mehr erleben werde.

Die Ampelparteien werden sich angesicht weg­schwim­mender Felle sowohl ordent­lich streiten als auch in einer Wagen­burg ums Über­leben kämpfen. Doch schon bald können sie allein keine Regie­rungen mehr stellen und müssen bei der CDU um Posten betteln. Die ist gezwungen, minde­stens einen der Waden­beißer mit ins Boot holen, im Bund wahr­schein­lich sofort zwei. Intern wird man disku­tieren, ob die aufstre­bende AfD nicht doch der ange­nehmere Koali­tions­partner sein könnte. Mit ihr hätte man mehr gemein, und sie stellte aus Dank­barkeit nicht soviele Ansprüche auf Posten.

Das alles kann schneller gehen, als man denkt. Zunächst im Osten, irgend­wann auch im Bund. Verliert die CDU dort nochmals über 8 Pro­zent­punkte, hal­biert sich die SPD erfolg­reich und orien­tieren sich auch Grüne und FDP weiter­hin nach unten, so kommt die Vierer­bande der Demo­kraten nur knapp auf die Hälfte aller Stimmen, müßte also hoffen, daß erheb­liche Anteile unter die Fünf­prozent­hürde fallen. Eine Wagen­knecht-​Partei könnte also den Prozeß beschleu­nigen.

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AfD-Mann
In Überschriften wird gejubelt, daß die Zivil­gesell­schaft den AfD-Mann nicht gewählt hat. Oftmals erst im Text hat er wie hier bei mir auch einen Namen, Jörg Prophet. Eigent­lich ist das alles wirk­lich unwich­tig, zumindest ich kannte Nord­hausen nicht, auch keine Gedenk­stätte. Auch hätte ich ihn nicht gewählt. Zu sehr verfängt selbst bei mir die Warnung unserer Gemein­samkeit der Demo­kraten samt den Haltung zeigenden abgehalf­terten Poli­tikern und Künst­lern, ich könne an einem vierten Reich schuldig werden. Und statt mich zu ent­halten, hätte ich nicht als gesichert rechts­extre­mer AfD-, aber weißer hetero­sexu­eller cis-Mann zusam­men mit inter­sekti­onalen Femi­nistin­nen über die Vor­würfe gegen den partei­losen Gewinner Kai Buch­mann hinweg­sehen können.

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39,2 Megatonnen
Das Heizungsgesetz soll bis zu 39,2 Mega­tonnen Kohlen­dioxyd bis 2030, also in maximal 7,2 Jahren ein­sparen. Kritiker wenden schnell ein, daß die Chinesen jeden Tag 32 Mega­tonnen aus­stoßen. Das ist unfair, denn sie bringen es zwar auf 7,7 Ton­nen pro Kopf und Jahr, wir aber auf stolze 9. Trotz­dem handelt es sich bei den 39,2 Mega­tonnen um eine Winz­menge, zumal Deutsch­land in dieser Zeit wohl 5000 Mega­tonnen in die Luft blasen wird.

Es bedarf nur einer kleinen kosten­günsti­gen Ein­sparung, um dieses Ziel zu erreichen, ohne Eigen­heim­besit­zern Milli­arden in den Arsch zu blasen: Fährt jeder täglich zwei Kilometer weniger mit dem Auto, so spart er 170 Gramm am Tag, 62 Kilo­gramm pro Jahr und 450 bis Ende 2030. Alle zusammen bringen es so auf 38 Mega­tonnen, weit mehr als aus dem Heizungs­gesetz wirk­lich zu erwar­ten ist. Und um das durch­zuset­zen bedarf es keiner kompli­zierten, sondern nur einer anderen unpopu­lären Ent­schei­dung: Anhebung der Mine­ralöl­steuer. Aber das haben die Grünen ja weit hinter sich gelassen.

Oder: Pflanzt man für jeden Deutschen sechs Bäume, binden sie jährlich 5 Mega­tonnen Kohlen­dioxyd. Auch so kommt man auf 36 Mega­tonnen bis Ende 2030. Diese sechs mögen viel erschei­nen, doch gibt es auf der Erde immer noch 370 Bäu­me pro Mensch, da sind sechs mehr eigent­lich nicht viel. Und noch eine Rechnung: 39,2 Mega­tonnen sind etwa 500 Kilogramm pro Kopf. Die tech­nisch aus der Luft zu ziehen, kostet derzeit etwa 250 Euro, vorwie­gend für Strom, weit weniger als eine Wärme­pumpe in sieben Jahren verpul­vert. Trotzdem: Es ist besser, weniger Kohlen­stoff zu ver­brennen als dessen Oxyd wieder aus der Luft zu ziehen.

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Waren Preise
Vor Jahren beantwortete ich artig ein paar Fragen, um meinen CO2‑Fuß­abruck bestimmen zu lassen. Statt eines Lobes wurde mir frech ausge­druckt, ich könne weniger Fleisch essen. Eine Unver­schämt­heit, zumal ich weder Auto fahre noch fliege. Und deshalb können mir Vege­tarier im Verein mit Ernäh­rungs- und Nach­haltig­keits­wissen­schaft­lerinnen ihre tenden­ziösen Rech­nungen vorbeten wie sie wollen. Sie gehen mir am Arsch vorbei.

Ich esse zunehmend teures Gemüse, weil es wohl wirk­lich gesund ist. Dazu fahre ich aber nicht mit dem Rad zu Penny, sondern bevor­zuge frische Ware. Die gibt es bei Edeka und auf dem Wochen­markt, solange es sich noch für den Händler lohnt. Daß ich bei ihm für mehr Geld eine höhere Qua­lität erhalte, will ich lieber nicht beschwö­ren. Es bleibt jedoch in der Region und bei arbei­tenden Men­schen, es fließt nicht in grün­waschende Werbe­kam­pagnen.

Was Penny unter wahren Preisen versteht, sind eher vermu­tete Kosten der Nahrungs­produk­tion samt Vertrieb und Profit. Warum sollte ich diese Kosten als Preis zahlen, wenn wie breit erklärt die Bela­stun­gen der Umwelt und der Gesund­heit weiter­hin von anderen ausge­glichen werden, letzt­lich vom Steuer­zahler? Wo ist die Gerech­tigkeit, wenn alter­nativ der Endver­braucher, egal ob arm oder reich, die Gesamt­bela­stung löhnen muß? So bleiben die wahren Preise in Wahr­heit eine Werbe­kampagne, die viel­leicht einen posi­tiven Effekt hat, wenn eine Diskus­sion darüber beginnt, ob Lebens­mittel unter­schied­lich besteu­ert werden sollten.

Wer viel Geld für Werbung ausgibt, mir ständig Prospekte einwirft, mich mit 16‑fachen Payback-​Punkten, Gut­scheinen, Rabatten, Sonder­ange­boten und einer sog. App lockt, kann nicht nur den kleinen Verlust ein­stecken, der dadurch entsteht, daß viele ihre Würst­chen woan­ders kaufen, sondern auch den Erlös für ein grünes Projekt direkt neben den Krom­bacher-​Bäumen spenden. Ich belasse es dabei, meinen Pfand­bon in den Spenden­kasten zu werfen und an der Kasse bar ohne Abzüge zu zahlen. Auch beein­druckt es mich nicht, daß Penny seinen Mitar­beitern eine Woche lang minde­stens 20 Euro als wahres Gehalt zahlt und dafür nur das Weih­nachts­geld streicht. [1]

[1] "Wahres Gehalt": Penny zahlt Ange­stellten eine Woche lang das, was sie eigent­lich ver­dienen sollten. Der Postillon. 31.07.2023.

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Heute schon gekotzt?
Man kann nicht vollständig unterbinden, daß Gehirn­zellen und ihre Verbin­dungen für Schwach­sinn ver­braten werden. Wegen Ramstein und der laut­lichen Bruta­lität blieb mir Ramm­stein hängen. Nun drängen Linde­mann, suck box und facefuck nach. Auch ein Ausschnitt aus einer Diskus­sion, in der eine Dame bei Maybrit Illner in dubio pro reo neugrün, woke, femini­stisch umdich­tete. Doch nachdem ich dank Herrn Sol­mecke weitere Gehirn­zellen verbriet, komme ich zu dem Schluß: Ja, für den Ange­klagten, dem keine Rechts­verstöße nach­gewie­sen werden konn­ten. Nein, wenn man die Ver­kommen­heiten bedenkt, die er frei­mütig einräumt.

Recht und Ordnung sind die eine Sache, Sitte und Anstand eine andere. Viel­leicht gelingt es den zivili­sierten Menschen eines Tages, sich von durch­sexuali­sierten, gewalt­bereiten, verkom­menen und einfach dummen Menschen abzu­setzen, sie nicht mehr zur Kennt­nis nehmen zu müssen, seien es deka­dente Musiker oder Mädchen aus der row zero. Bis dahin rate ich letz­teren, keine Gratis­getränke anzu­nehmen.

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Glückliche Zahlen
Das Sieb des Eratosthenes streicht in seiner naiven Form mit den natür­lichen Zahlen begin­nend im n-ten Schritt die echten Viel­fachen von n+1. Entfernt man dagegen jede (n+1)-te verblie­bene Zahl so ent­steht das Sieb von Josephus. Man kann sich im Sieb des Era­tosthe­nes auf die Strei­chung der echten Viel­fachen der (n+1)-ten im Sieb verblie­benen Zahl p(n) beschrän­ken. Macht man das auch in Josephus-​Manier und streicht jede p(n)-te Zahl aus dem Sieb, so ent­stehen die pseudo-​lucky numbers. [1] Bis 71 sieht das wie folgt aus:
                1         2         3         4         5         6         7              
n p(n) 12345678901234567890123456789012345678901234567890123456789012345678901
1   2  |X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|
2   5  | | O | X | | | | X | | | | X | | | | X | | | | X | | | | X | | | | X |
3   7  | | | O   | | X |   | | | |   | X | |   | | | |   X | | |   | | | X   |
4  11  | | | |   O |   |   | | | X   |   | |   | | | |     | | |   X | |     |
5  13  | | | |   | O   |   | | |     |   | X   | | | |     | | |     | |     |
6  17  | | | |   | |   O   | | |     |   |     | | | |     X | |     | |     |
7  21  | | | |   | |   |   O | |     |   |     | | | |       | |     | |     X
       1 3 5 7  11 13 17  21 23 25   31 35   41 43 45 47    55 57   63 65
Im ersten Schritt (n=1) ist p(n)=2 die zweite (n+1=2) Zahl unter allen natür­lichen. Deshalb wird jede zweite Zahl gestri­chen, auch p(n)=2 selbst. Es bleiben die unge­raden Zahlen. Im fol­gen­den Schritt (n=2) ist p(n)=5 die dritte im Sieb verblie­bene Zahl. So fällt mit 9, 19, 29, 39, ... jede fünfte durch das Sieb. Das sind die auf 9 enden­den Zahlen. Für n=3 ist p(n)=7, womit 15, 33, 51 und 67 im Abstand von 18 durch­fallen. Nun p(4)=11, wodurch 27 und 61 entfallen, p(5)=13 ent­fernt 37, p(6)=17 die 53 und p(7)=21 schließ­lich 71.

Streicht man p(n)=n+1 nicht, was zunächst die 2 im ersten und sodann die 3 im dritten Schritt betrifft, so entsteht eine ganz andere Folge
                1         2         3         4         5         6         7              
n p(n) 12345678901234567890123456789012345678901234567890123456789012345678901
1   2  |O|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|
2   3  ||O | | X | | X | | X | | X | | X | | X | | X | | X | | X | | X | | X |
3   5  ||| O X   | |   | |   X |   | |   | X   | |   | |   X |   | |   | X   |
4  11  ||| |     O |   | |     |   | X   |     | |   | |     |   | |   |     |
5  13  ||| |     | O   | |     |   |     |     | X   | |     |   | |   |     |
6  17  ||| |     | |   O |     |   |     |     |     | |     |   | X   |     |
       123 5    11 13 17 19   25  29    35    41    47 49   55   59   65    71
die der On-Line Encyclo­pedia of Integer Sequen­ces unbe­kannt ist. Um die Flut der Siebe zu mehren, könnte ich sie dort ein­reichen.

Gibt es pseudo-lucky numbers, so auch wirk­lich glück­liche [2]. Sie entstehen in Jose­phus-​Ana­logie aus dem Sieb des Era­tosthe­nes, wenn man die Sieb­schritte etwas ver­mensch­licht und für p(n) statt der (n+1)-ten verblie­benen Zahl einfach die kleinste nach p(n-1) aus dem voran­gehen­den Schritt wählt. Dazu wird p(0)=1 gesetzt. Also für die lucky numbers: Man beginnt mit allen natür­lichen Zahlen und p(0)=1. Im n-ten Sieb­schritt ist p(n) die mini­male im Sieb ver­blie­bene Zahl größer p(n-1), worauf­hin jede p(n)-te daraus ent­fernt wird. Bis 71 sieht das wir folgt aus:
                1         2         3         4         5         6         7              
n p(n) 12345678901234567890123456789012345678901234567890123456789012345678901
1   2  |X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|
2   3  | O X | | X | | X | | X | | X | | X | | X | | X | | X | | X | | X | | X
3   7  | |   O |   | |   X |   | |   | |   | X   | |   | |   | |   X |   | |  
4   9  | |   | O   | |     |   | X   | |   |     | |   | |   | X     |   | |  
5  13  | |   | |   O |     |   |     | |   |     | X   | |   |       |   | |  
6  15  | |   | |   | O     |   |     | |   |     |     | |   X       |   | |
       1 3   7 9  13 15   21   25   31 33  37   43    49 51         63  67 69
Im ersten Schritt ist p(1)=2 die kleinste Zahl nach p(0)=1. Damit ent­fallen wie­derum die geraden Zahlen. Die 2 ist weg, doch die 3 noch da, also p(2)=3, womit 5, 11, 17, 23, ... durchfallen. Nun ist 7 die kleinste Zahl nach der 3 im Sieb. Es werden 19, 39 und 61 gestrichen. Durch p(4)=9 ver­schwin­den 27 und 57, p(5)=13 ent­fernt die 45 und p(6)=15 schließ­lich die 55. Die folgen­den Schritte sind über­flüssig, da schon p(7)=21 bei nur noch 17 Zah­len im Sieb.

Wieder kann man sich der 2 erbar­men und p(n)=n nicht strei­chen, muß dieses Privi­leg aller­dings auch der 3 zuge­stehen:
                1         2         3         4         5         6         7              
n p(n) 12345678901234567890123456789012345678901234567890123456789012345678901
1   2  |O|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|X|
2   3  ||O | | X | | X | | X | | X | | X | | X | | X | | X | | X | | X | | X |
3   5  ||| O X   | |   | |   X |   | |   | X   | |   | |   X |   | |   | X   |
4  11  ||| |     O |   | |     |   | X   |     | |   | |     |   | |   |     |
5  13  ||| |     | O   | |     |   |     |     | X   | |     |   | |   |     |
6  17  ||| |     | |   O |     |   |     |     |     | |     |   | X   |     |
       123 5    11 13 17 19   25  29    35    41    47 49   55   59   65    71
Erneut entsteht eine ganz andere Folge, die nicht in der On-Line Ency­clo­pedia of Integer Sequen­ces zu finden ist.

Die Prominenz der glücklichen Zahlen beruht vermut­lich auf einem ihrer Urheber, Stanis­law Marcin Ulam. [3] Es bestand wohl die Hoff­nung, durch sie etwas über Prim­zahlen heraus­zufinden, zumal sie ähnlich ent­stehen und eine nur leicht gerin­gere Dichte auf­weisen. So gibt es bis zur einer Million 78.498 Prim­zahlen und immer­hin 71.919 glück­liche Zahlen, gut in der Nähe von 10^6/ln(10^6)≈72.382.

Wie man das Sieb des Eratosthenes ohne die 1 starten kann, um nur die Primzahlen ohne die 1 zu erhal­ten, so beginnt man das Sieb der glück­lichen Zahlen nor­maler­weise mit den unge­raden, um das Problem mit der 2 zu umgehen und wieder einfach die (n+1)-te Zahl im Sieb als p(n) nehmen zu können. Da liegt es nahe, die gleiche Methode auch auf den geraden Zahlen zu pro­bieren:
            1    2    3    4    5    6            1    2    3    4    5    6
n p(n) 13579135791357913579135791357913  p(n) 2468024680246802468024680246802468
1   3  |OX||X||X||X||X||X||X||X||X||X||    4  |O|X|||X|||X|||X|||X|||X|||X|||X||
2   7  ||-O|-||-X|-||-||-|X-||-||-||-X|    6  ||O-||X-|||-||X-|||-||X-|||-||X-||
3   9  ||-|O-||--|-|X-||-|--||-||-|X--|   10  |||-O|--|||-|X--|||-||--|||-|X--||
4  13  ||-||-O|--|-|--||-|--|X-||-|---|   12  |||-|O--|||-|---||X-||--|||-|---||
5  15  ||-||-|O--|-|--||-|--|--||-X---|   18  |||-||--O||-|---||--||--|||-|---X|
Links im Bild entstehen aus den unge­raden Zahlen wieder die lucky numbers, rechts aus den geraden die even-​lucky num­bers (ELN). [4] Ja, des Siebens ist kein Ende. [5]

[1] The On-Line Encyclopedia of Integer Sequences. Pseudo-​lucky numbers A249876. Lucky numbers heißen im deut­schen Sprach­raum glück­liche Zahlen. Für pseudo-​lucky numbers ist mir keine verbind­liche Bezeich­nung bekannt. Gut wäre schein­glücklich.
[2] The On-Line Encyclopedia of Integer Sequences. Glück­liche Zahlen A00959, glück­liche Prim­zahlen A031157 (darunter auch das Paar 37-73), unge­rade zusam­men­gesetzte unglück­liche Zah­len A032584, glück­liche Qua­drat­zahlen A031162, glück­liche Zwillinge A031160.
[3] Neben Ulam werden stets Gardiner, Lazarus und Metro­polis genannt, weil die vier gemeinsam im Jahre 1956 die heute glück­lich genannten Zahlen vor­stellten. Wer die drei anderen sind, scheint vergessen. Ich dachte zunächst an eine Internet-​Kopie-​Kopie-​Kopie eines Schreib­fehlers, weil Gardner einiges über glück­liche Zahlen schrieb. Doch der heißt Martin, der andere Verna Gardiner. Und Tony Gardiner war noch etwas zu jung.
[4] The On-Line Encyclopedia of Integer Sequences. Even-lucky num­bers (ELN) A045954 und ihre Hälf­ten A045989
[5] Natürlich gibt es auch die mir fremde Sieb­theorie als mathe­matische Diszi­plin, wozu die hier vorge­stellten Siebe wohl so gut wie nichts bei­tragen. Mir reichen die Erin­nerun­gen an die analy­tische Zahlen­theorie mit ihren ner­vigen Umsum­mie­rungen.

Sieb des Eratosthenes | Josephus-Problem | Sieb von Josephus | ludic numbers

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