Evolution
Da sitzen sie nun bei Maybrit Illner und verur­teilen einstimmig die Ausschrei­tungen von Chemnitz. Vier sülzen, nur einer ist die Furcht anzumerken, etwas falsches zu sagen. Ob sie im Verlaufe der Sendung ihre Grundsatz­position zementieren konnte, um auch einmal einen alter­nativen Gedanken zu äußern, weiß ich nicht, denn mir wurde schlecht und mußte abschalten.

Was ich überhaupt nicht hören kann, ist das Gerede von Trauer, die auch zu einer fried­lichen Kund­gebung hätte Anlaß geben dürfen. Doch wenn ich einmal von Verwandten, Bekannten, Arbeits- und Wohn­umfeld abesehe, kann ich keinen Grund erkennen, der einen normal veran­lagten Menschen zur Traurig­keit bewegen sollte, denn Tote, auch Ermordete und in letzter Zeit Gemes­serte sind Alltag unter Millionen von Menschen.

Wut ist daher das rich­tigere Gefühl. Sie gründet nicht auf Mitleid oder persön­licher Betroffenheit. Sie kommt einfach hoch, wenn wieder einmal Verhält­nisse sichtbar werden, die wir nicht wollen, gegen die nichts getan wird, ja verharm­lost werden. Gewiß fallen die meisten eher von einer Haushalts­leiter oder sterben hinter dem Steuer als das sie von einem Gold­stück abge­stochen werden. Doch ist die Evolution offen­sichtlich nicht der Meinung, daß solche Relati­vierungen, Populis­musfrei­heit und gutmensch­liche Ignoranz in jedem Falle zu favori­sieren sind.

Gewiß hat der Mensch es weit gebracht und sich in funktio­nierenden National­staaten so gut organi­siert, daß der Gerech­tigkeit weit­gehend im Detail nachge­gangen werden kann, auch keine Über­griffe oder gar Hetz­jagden geduldet werden müssen, weder in Chemnitz, noch in Hamburg. Aber der Staat kann nicht alles regeln. Vieles bleibt alten Formen der Selbst­organi­sation über­lassen. Dazu gehören vor allem unsere Familien, in die nur ungern einge­griffen wird und in denen viel Unrecht und Gewalt herrscht. Warum regt man sich also über ein paar über­griffige Priester oder Ausländer­schubse­reien auf?

Da die Evolution moralfrei arbeitet, schämt sie sich nicht, in kleinen Bereichen ein Optimum anzu­streben, obgleich viel größere Probleme von ihr nicht in Angriff genommen werden. Sie hat kein besseres Deutsch­land aus Barleys und G20-Gegnern hervor­gebracht, sondern eines mit Rechten und Ausländer­feinden. In uns allen steckt mehr oder minder die Furcht vor dem Fremden. Wie wertvoll diese uns einge­pflanzte Vorsicht ist, können wir seit Jahren zunehmend erkennen. Sie verhindert, von anderen einfach über­schwemmt zu werden.

Jahrtausende hat man in Vertei­digung investiert und Kriege geführt, um nicht von anderen verdrängt zu werden. Und weil man auch selbst gerne andere eroberte, durfte und darf man davon ausgehen, daß die Fremden, die Feinde genauso gestrickt sind. Es ist geradezu menschen­verachtend anzunehmen, die anderen seien Dummköpfe, hättem ihre Schwerter zu Pflug­scharen geschmiedet und seinen begierig, sich unsere Kultur über­stülpen zu lassen.

Der Nationalstaat kann sich zwar in Detail­gerech­tigkeit üben, doch sind alle übrigen Mecha­nismen der Evolu­tion eher statisti­scher Natur. Es ist ganz normal und bisher durch keine gesteu­erte Gesell­schaft überboten, gute und schlechte Erfah­rungen wertend mit allge­meinen Prin­zipien oder Menschen­gruppen zu verbinden. Wenn Frauen vor mir Angst haben, nur weil ich ein Mann bin, so muß ich damit leben und dankbar sein, daß trotz der Gewalt­tätig­keit meiner Geschlechts­genossen unsere Ausrot­tung nicht von evoluti­onärem Vorteil zu sein scheint.

Als Ausländer muß man selbst in Deutschland damit leben, für vieles verant­wortlich gemacht zu werden, was einige Fremde sich leisten: Lärm, Müll, Extra­würste, Messer­steche­reien. So funkti­oniert nun einmal die Evolution. Und es gibt Ausländer, die dieses Prinzip verstanden haben, die nicht belei­digt sind, wenn ihret­wegen eine Frau die Straßen­seite wechselt. Sie wissen: Das gilt nicht mir, sondern meinen hier einge­fallenen Artge­nossen. Ich muß damit leben oder der Situa­tion auswei­chen, zum Beispiel in meiner Heimat.

Früher war auch ich beseelt von umfas­sender Detail­gerech­tigkeit, habe sogar an eine kommu­nistische Gesell­schaft geglaubt. Inzwischen habe ich meinen Frieden mit der Evolu­tion und ihrer Krone, dem Menschen gemacht. Es gibt überall ernorme Reibungs­verluste, in der Familie, in der Schule, zwischen Arm und Reich, zwischen Einhei­mischen und Zugewan­derten. In Erman­gelung wirklich funktio­nierender Alter­nativen gab und gibt es Reli­gionen, Adelige, Super­reiche, die sog. Märkte, National­stolz, Fremden­angst.

Noch immer bin ich der Meinung, den Reichen stünde ihr weit­gehend leistungs­loses Einkommen und ererbter Besitz nicht zu, habe deshalb aber nie den gerne unter­stellten Neid empfunden und bin der Meinung, daß es bei aller Kritik, notwen­digen Beschnei­dungen und dringend erforder­lichen Rege­lungen derzeit kein besseres System zu sehen ist, das sich mit evolu­tionärem Vorteil durch­setzen könnte. Wir müssen damit leben, den Reichen den Arsch zu putzen, um an das Geld zu kommen, was sie moralisch verwerf­lich den weniger Betuchten abge­nommen haben. Eine Alter­native sieht die Evolu­tion derzeit wohl nicht.

Und ich sehe derzeit auch kein System, das mir auf der Straße zu jedem sofort anzeigt, ob er gewalt­bereit ist oder nicht. Auch keines, das Krimi­nelle automa­tisch ausson­dert oder an der Umsetzung ihrer Bösar­tigkeit hindert. Wir können die Gefahr nur stati­stisch mindern, zum Beispiel gefähr­liche Situa­tionen meiden. Aber solange wir uns noch in der Öffentlichkeit bewegen wollen und dürfen, bleibt vor allem die Einschät­zung nach dem Aussehen, so ungerecht sie auch sein mag: Der Tote von Chemitz mag ein netter und hilfs­bereiter Mensch gewesen sein, doch seinem Aussehen nach hätte ich ihm nicht gerne im Dunkeln begegnen wollen.

Das Problem mit unseren anonymen Mitmen­schen kann der einzelne kaum lösen, noch nicht einmal für sich selbst. Jeden Menschen für zivili­siert zu halten, kann ich keinem raten, auch wenn die meisten es sind. Persön­lich kann man allen­falls gefähr­lichen Begeg­nungen aus dem Wege gehen, auch wenn man es haßt, daß wider­wärtige Menschen Räume besetzen, die ihnen nicht zustehen. Doch vom National­staat als Spitzen­leistung der Evolu­tion können wir verlangen, daß er wenigstens die Statistik verbes­sert, indem er krimi­nelles und gewalt­tätiges Handeln hart bestraft, Täter ausson­dert und unsere Ängste durch eine sinn­volle Politik mindert.

Für die in den letzten Jahren alles domi­nierende Ausländer­proble­matik heißt das: Kein Bonus für fremde Krimi­nelle, sofor­tige Abschie­bung oder Fest­setzung bei ille­galem Aufent­halt, Begren­zung der Einreise, Auswahl nach Qualifi­kation und Gold­gehalt. Doch nicht nur wir und unsere Obrig­keit können etwas tun. Viele Ausländer können demon­strative Anders­artig­keit ablegen, sich zivili­siert kleiden und benehmen. Wunder bewirkt auch die Höflich­keitsform. Wenn die Sippen­haft reduziert werden soll, dann rate ich allen auslän­dischen Gruppen und Vertre­tungen, weniger zu jammern, zu leugnen und zu fordern, sondern am eigenen Image zu arbeiten und die Diszi­plinie­rung ihrer schwarzen Schafe in Angriff zu nehmen.

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Seicht aber unfair
Eben blieb ich kurz bei "Hart aber fair" hängen. Wieder geht es um Rassismus, wieder die üblichen Versatz­stücke und natür­lich in unausg­ewogener Besetzung. Diesen abgedro­schenen Begriff habe ich abgehakt. Doch der in seinem Schutze geäußerte Schwach­sinn ärgert mich dennoch.

Ein kürzlich durch die Medien gedrücktes Schul­diktat wurde erwähnt: Murat erhielt auf die gleiche Leistung einen Punkt weniger, für meine Gene­ration eine drittel Note schlechter. Ja und! Ist es nicht ganz normal, daß Vorurteile einfließen? Würde Kevin nicht ebenfalls schlechter abschneiden als Johannes oder gar Anne­marie? Jeder wird auch nach seiner Gruppe beurteilt, sonst hätte ich als Arbeiter­kind nicht den zweiten Bildungs­weg einschla­gen müssen. Da sollen mir bei solchen Kleinig­keiten die Tränen kommen? Diffe­renzen im Furz-Bereich werden immer bleiben. Wenn sie in die andere Richtung aus­schlagen sollen, muß die sich diskri­miniert fühlende Gruppe an ihrem Image arbeiten.

Ein Gemeinplatz wird erwähnt: Auslän­dische Gruppen heiraten in Deutsch­land vorwiegend unter­einander. Das meint für einen denkenden Menschen, daß die gruppen­über­grei­fenden Ehen weit zahl­reicher wären, wenn es nach den Wünschen der Heirats­fähigen ginge oder gemischte Freund­schaften mit wenig­stens halber Wahr­schein­lichkeit zu Ehen führten als gleich­rassische. Und zu welchem Argument entblödet sich der in der Diskus­sions­runde sitzende türki­sche Anwalt: Die Rate der ethnien­über­grei­fenden Ehen ist unter den Türken hier­zulande deutlich höher als unter den Deutschen. Ja, es heiraten immer zwei! Die größere Gruppe hat also immer den klei­neren Anteil.

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Butterkuchen
Wahrscheinlich wird mir der Papst nie die Füße küssen, weil ich es nicht mehr zum Schwer­ver­brecher bringe, vor allem nicht als Italiener mit guten Kennt­nisses der Landes­sprache in einem einhei­mischen Gefängnis.

Auch für Butterkuchen bei meinem Staats­präsi­denten steht es schlecht. Zwar hält er mich als Biodeut­schen nicht für minder­wertiger als einen auf Bewährung, doch kann ich selbst als weißer Mann nicht mit einem Diskrimi­nierungs­gefühl dienen.

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Kofi Annan
Mit zunehmenden Alter sterben viele Menschen, die man kennt. Zumeist ungenau und nicht persönlich, doch mit einem Bild vor Augen, weil sie über Jahre in den Nach­richten präsent und in der Tages­schau zu sehen waren. Dazu gehört auch Kofi Annan, der vorgestern verstarb, über den ich heute einen Bericht in der Frank­furter Rund­schau las.

Und schon gestern kam mir eine Frage in den Sinn: Warum erinnere ich mich an Kofi Annan als einen Menschen, nicht als people of color, Afri­kaner oder gar Neger? Warum ging es mir ähnlich mit Nelson Mandela, sogar mit Martin Luther King ohne weiße Haare. Und mehr noch: Warum war Khomenei im französischen Exil für mich ein Mensch und kein Mohamme­daner, Moslem oder gar Muslim?

Weil erst in letzter Zeit die Haupt­farbe im Vorder­grund steht und allent­halben weiße von anderen Menschen zu unter­scheiden sind, ja von mir verlangt wird, people of color stets als solche wahrzu­nehmen und sie vor Rassismus zu schützen. Und im Falle des Islam, weil er in den letzten Jahr­zehnten eine unselige Entwick­lung nahm und sich in den Vorder­grund drängte.

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Wegemaße
Früher maß man gerne verschiedene Dinge in getrennten Systemen, selbst die Längen, Breiten, Dicken, Entfernungen. Heute ist es ganz selbst­verständ­lich, alles dezimal in Metern anzu­geben, zumindest umrechnen zu können. [1] Trotzdem werden noch Klein- und Wegemaße unter­schieden, nur Schiffer-, Garn- und Dicken­maße sind so gut wie verschwunden.

Bei den Kleinmaßen orien­tierte man sich Jahr­tausende am mensch­lichen Körper. Und es liegt natür­lich nahe, die Wegemaße einfach als glatte Viel­fache davon zu sehen. [2] So war es zumindest in der Frühzeit, in der sich die Stadie von etwa 600 Fuß um 185 Meter beson­derer Beliebt­heit erfreute. Dummer­weise entspricht das ungefähr einer zehntel Seemeile, deren Unein­heitlich­keit weitere Verwirrung stiftet. [3]
158,7600 m - chaldäische Stadie - 600 reale Gudea-Fuß
182,8800 m - imperial cable length - 600 imperial foot
185,2200 m - kyrenaisches stadion - 600 kyrenaische Fuß
185,2200 m - römisches stadion - 625 römische Fuß
189,0000 m - biblische Stadie - 625 hebräische Fuß
189,6653 m - griech. stadion - 600 gemeingriechische Fuß
194,9036 m - encablure - 600 Pariser Fuß
201,1680 m - imperial furlong - 660 imperial foot
201,1684 m - survey furlong - 660 amerik. survey foot
219,4564 m - US cable length - 720 survey foot
234,1011 m - ghalva - 720 persische Fuß
Für Wegemaße liegt es natürlich nahe, einfach Schritte zu zählen. Leider fügt sich die mensch­liche Schritt­länge von etwa 75 Zen­timetern nicht unmit­telbar in das Zoll-Fuß-Raster. Aber schon früh sah man den Schritt normaler­weise als 2,5 und den Doppel­schritt demnach zu 5 Fuß. [4] Auf ihren riesigen Meilen­steinen gaben die Römer die Entfer­nung in 1000  Dop­pel­schritten (MP, milia passuum) an. [5] Doch leider wird oftmals auch eine Meile genannt, was deut­lich von diesen andert­halb Kilo­metern abweicht. Hier nur solche unterhalb von zweien:
 907,200 m - Sabbatweg - 2000 hebräische Ellen
1481,760 m - römische Meile - 1000 römische passus
1528,000 m - roman mile - 5000 imperial foot
1574,160 m - byzantinische milion - 2016 bema
1580,544 m - gemeingriechische milion - 2000 bema
1609,344 m - international mile - 5280 imperial foot
1609,347 m - survey mile - 5280 amerik. survey foot
1852,000 m - internationale Seemeile
Natürlich gibt es viele weitere Wegemaße, zum Beispiel für die Land­vermes­sung. Sie heißen Vermes­sungsmaß, Rohr, Rute, Seil oder Kette unter­teilt durch Kerben, Knoten oder Glieder. Hier nur einige der kürzeren:
2,721600 m - qaneh - 6 hebräische Ellen
2,963520 m - pertica decempeda - 10 römische Fuß
2,976750 m - gi, kanu - 6 reale Gudea-Ellen
3,008824 m - chulon - 9,5 gemeingriechische Fuß
3,167182 m - akaina - 10 gemeingriechische Fuß
3,840722 m - daca trayas - 6 persische Ellen
4,490411 m - kurze Schnur - 60 altägyptische Hände
5,029200 m - rod - 16,5 imperial foot
5,388493 m - mittlere Schnur - 72 altägyptische Hände  
5,953500 m - gar, kudurru - 12 reale Gudea-Ellen
6,286575 m - lange Schnur - 84 altägyptische Hände
Innerhalb eines antiken Maßsystemes stehen fast alle Längen in einem 5-glatten Verhältnis. Nur verein­zelt taucht der Faktor 7 auf. Unter­einander ist die Umrech­nung normaler­weise 7-glatt, im Einzel­fall steckt auch die Wurzel aus zwei drin. Man hat damals weniger gerechnet, sondern mehr gezeichnet und konstru­iert. Daß gelegent­lich 7- oder 11-fache Längen einen eigenen Namen erhielten (septunx, deunx) verletzt noch nicht die 5-Glatt­heit. Das anglo­amerika­nische Maßsystem ist dagegen wirklich nur 11-glatt, weil auf den Elf­fachen eine ganze Palette von Wege­maßen aufbaut: rod, chain, furlong, mile. Der Faktor 7 kommt nicht richtig vor, auch wenn die Höhen­einheit von 19-Zoll-​Schrän­ken aus 2 finger zu 7/8 inch besteht und manche Garnmaße Sieben­fache enthalten.

[1] Noch immer werden auch außerhalb des englischen Sprach­raumes besondere Längen benutzt: Fermi, X-Einheit, Angström, My, Planck-​Länge, natür­liche und atomare Längen­einheit, Astrono­mische Einheit, Lichtjahr, Parsec. Sie erleichtern Rechnungen und den Umgang mit Längen weit außerhalb der alltäg­lichen Welt.
[2] Während man in der Antike um geometrische, vorzugs­weise rationale Verhält­nisse bemüht war (600 ky­rena­ische Fuß sind 625 römi­sche), sie aber nur auf ein Promille genau reali­sieren konnte (angegebene Längen beruhen auf der metrolo­gischen Nippur­elle zu 518616 Mikrometer), sind moderne Defini­tionen zwar sehr genau, doch leider nicht einheit­lich (zwei ameri­kanische Füße mit 2 ppm Unterschied).
[3] Eine zehntel Seemeile heißt auch Kabel­länge. Unter Seemeile sind zahl­reiche Varianten aufgeführt, hier dagegen nur die Viel­fachen von 600, 625, 660 und 720 eines Fußes. Bis auf die 11-glatte 660 sind sie allesamt 5-glatt.
[4] Auch hier glänzen die letzten Mohi­kaner wieder mit Verwir­rung: So nennen sie den Schritt (gradus, pes sestertius) pace oder step, dafür den Doppelschritt (passus) grade oder ebenfalls pace.
[5] Man kann sich wunderbar darüber streiten, wie Fremd­wörter über­nommen und verändert wurden, wie sie zu dekli­nieren sind. Bei Maßan­gaben kommt hinzu, daß sie nicht dekli­niert werden müssen oder gar sollen. Ich orien­tiere mich an deutschen Regeln und sprach­licher Schönheit: Ein Kaffer, zwei Espressos, drei Meter lang, nach vier Metern, fünf Fuß, sechs Yard, sieben Stadien, acht Faden, zwei Nähfäden aber drei Wagen, keine Visas, ein Sinus, zwei Sinus, drei Lemmata, vier Prozent, null Punkte, Semmeln­knödeln.

Klafter | Wunschdenken | Megalithisches Yard | 518616 | Seemeile

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Spurwechsel
Ich möchte in einer Gesellschaft leben, in der ich denken kann, die Plastik­flasche sei wohl übersehen worden, als man seinen Grill­platz aufräumte und verließ, und in der ich von Ortsunkun­digkeit, besonderer Eile oder Unver­mögen ausgehen kann, wenn ein Auto­fahrer zu spät oder straßen­verkehrs­widrig in meine Spur wechseln möchte. Leider ist dem nicht so.

Um in diesem Bild zu bleiben: Jeder würde der SPD Platz machen und geduldig hinter dem Signal warten, wenn sie die Spur wechseln, also vom Abstell­gleis rückwärts auf die Strecke möchte. Doch der von Daniel Günther vorge­schlagene und sofort auch von der SPD begrüßte Spur­wechsel ist leider nur ein Euphe­mismus für Vordrängeln Ausreise­pflichtiger. Das soll ihre Anzahl reduzieren, ohne auch nur einen Finger krumm zu machen. Ähnlich den präkär oder teilweise Beschäf­tigten außerhalb der Arbeits­losensta­tistik.

Was machen eigentlich die Japaner in Deutsch­land? Haben sie Asyl beantragt und die Spur gewech­selt? Sind sie massen­weise von Ausweisung bedroht, obwohl sie in Deutsch­land einer regel­mäßigen Beschäf­tigung nach­gehen? Müssen sie hier ohne Familie in Männer­wohn­heimen leben? Unter­liegen sie dem betreuten Arbeiten und erlernen einen Beruf im Rahmen einer Image-Kampagne der Wirtschaft? Oder studieren sie alle kostenlos Musik?

Nein, der Spurwechsel ist nur ein Hilferuf von CDU, SPD und Konsorten, eine letzte Hoffnung, ohne grund­legende Änderung davon­zukommen. Den gut deutsch sprechenden Lehrling heraus­zukehren, der die Fach­arbeiter­lücke schließt, ist reine Augen­wischerei. Ganz abgesehen von der Frage, wie ein Asyl­bewerber oder Ausreise­pflichtiger hier eine Lehre beginnen und amtliche Entschei­dungen privat­wirt­schaftlich unter­laufen kann. Wäre es nicht besser, im Ausland begabte junge Leute anzuwerben, die sich nicht vordrängeln?

Man mag es für ungerecht halten, wenn arbeitende, deutsch sprechende und integrierte, aber leider abgelehnte Asylbe­werber dank fester Wohn­adresse abge­schoben werden, während ihre unter­getauchten Lands­leute sich jahre­lang durch­mogeln. Die Konse­quenz wären flächen­deckende Kontrollen der Ausweis­papiere, Erhebung eines Bußgeldes mit anschlie­ßender kosten­günstigen Abschie­bung in die Botschaft oder an die deutsche Landes­grenze. Dann könnten die wenigen gedul­deten Ausländer mit festem Wohnsitz und ausrei­chendem Einkommen als bedeutungs­loses Problem geduldet werden.

[1] Beifall für Daniel Günthers Vorstoß in der Einwan­derungs­politik. Zeit Online, 14.08.2018.
[2] Tobias Heimbach: "Deutsche haben den Eindruck, dass die falschen Leute abge­schoben werden" Welt, 17.08.2018. Was die Anführungs­striche in der Über­schrift sollen, bleibt mir verborgen. Leser­meinungen und Abstim­mung machen dagegen deutlich: Deutsche haben den Eindruck, daß die richtigen Leute nicht abge­schoben werden.

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Hallalabad
Frei-, Fahrten- und Jugendschwimmen bewahrten mich vor einer Fünf im Sport und erlaubten mir ein Abzeichen an der Badehose, ohne das man als Kind im Schwimmer­becken nichts verloren hatte. Auch wer sinnlos rumpad­delte oder mehr als einmal vom Becken­rand sprang, sah sich bald im Plansch­becken oder vor der Tür. Ohne Badekappe, die Haare in der Umwälz­anlage verhindern sollte, konnte man wieder nach Hause gehen.

Außerhalb des Schwimmunterrichtes kam ich nur selten in ein Frei- oder gar Hallenbad. Wir gingen zu Fuß zum Bagger­loch, wo es keine Bade­meister, aber auch keine Imbiß­buden gab. Ab und zu soff natür­lich einer ab, denn das Wasser konnte schnell sehr tief, kalt und strudelig werden. Wenn ich die aktuellen Meldungen lese, so scheint das wieder so zu sein.

Warum meiden die Menschen die zwischenzeitlich gebauten Hallen-, Frei-, Spaß- und Erlebnis­bäder mit ihren Wasser­rutschen, lauschigen Ecken, Sauna­anlagen, Wirlpoolen und Vollbe­wirtung? Die einen sind zu teuer, andere defekt oder geschlossen und alle durch­setzt mit allerlei Volks, das einem um ein mehr­faches stärker auf die Nerven geht als seiner­zeit die Radio­hörer mit den drei Tran­sistoren.

Erst wurden die Bäder geschlossen, weil sie marode wurden und kein Geld zur Verfügung stand, jetzt sind sie nur noch unter erheb­lichem Aufwand zu betreiben: Mehr und geschultes Personal, reich gebil­derte Hinweis­tafeln, Sicher­heitsleute und Müll­männer, die dank Disziplin­losigkeit und Gewalt­bereit­schaft gut zu tun haben. Und die Wasser­reinigung muß nicht nur mit Haaren und ungewa­schenen Bade­gästen, sondern auch mit deren Straßen­kleidung fertig werden. Beim Frauen­schwimmen gelegent­lich mit mehr.

Übergriffe, Lärm, Müll, Pöbeleien, Disziplin­losigkeit, Deutschen- und Frem­denhaß halten auch Leute fern, die sich ein Spaßbad leisten können. Sie ersaufen lieber hinter der Staustufe. Das könnte man den Dauer­meldungen der letzten Tage entnehmen, die trotz ihrer Vielfalt gar nicht für eine erhöhte Risko­bereit­schaft sprechen müssen, sondern nur einen letzter Versuch der Zeitungen darstellen könnten, sich mit Bade­unfällen über Wasser zu halten.

Ein Hallalabad [1] ist praktisch nur noch erträglich und seinen Preis wert, wenn man dank einer Jahres­karte regel­mäßig seine hundert Bahnen zieht und sich dann wieder aus dem Staub macht. Für Kinder und Frauen ist es wenig geeignet. Ob man als Mann mit seiner Tochter noch durch die Wasch­räume gehen sollte, weiß ich in Erman­gelung von Enkelinnen nicht. Früher mußte man mit ihnen nur an schwulen Rücken­duschern vorbei. Heute sollte man viel­leicht aufmerk­samer und abwehr­bereiter sein.

[1] Es gibt gewisse Flachwitze, die man sich ein Lebtag merkt: Wie heißt der chine­sische Polizei­hund? Langfing­fangwau! Wo gehen Moslems schwimmen? Im Hallalabad! Ein Witz aus der Zeit, da das Fremd­wort halal noch nicht in die deutsche Sprache einge­drungen war.

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