Seemeile
Fast jedermann weiß, daß eine Seemeile einer Winkel­minute entspricht, nicht nur auf hoher See, auch auf dem Land. Sie wurde immer wieder neu definiert, zumal sie sich nur schlecht in Maßsysteme einfügt. Es ist auch nicht klar, wie lang denn eine Winkel­minute wirklich ist. Heute sehen wir die Erdge­stalt als ein Rotations­ellipsoid mit einem Äqua­tor­radius von 6378,137 Ki­lo­metern. Der Abstand der Pole vom Erd­mittel­punkt ist mit 6356,752 Ki­lo­metern etwa um ein Drei­hundert­stel kleiner. Wenig von Bedeutung ist dabei, daß ein Schiff nicht immer auf "Normalnull" die Meere kreuzt.
1842,90460 m - geographische Breitenminute am Äquator
1849,10429 m - geozentrische Breitenminute an den Polen
1851,5842  m - frz. Seemeile - 5700 Pariser Fuß
1851,85185 m - 40.000 km geteilt durch 21.600
1852       m - neue internationale nautische Meile
1852,01    m - alte internationale nautische Meile
1852,21593 m - Meridianlänge geteilt durch 54.000
1853,184   m - engl. Seemeile - 6080 imperial foot
1853,24867 m - amer. Seemeile - 6080,2 survey foot 
1853,24901 m - Winkelminute auf volumengleicher Kugel
1855,32485 m - geozentrische Winkelminute am Äquator
1855,46    m - alte Winkelmininute am Äquator - Landmeile
1861,56633 m - geographische Breitenminute an den Polen
Konfusionen sind vorpro­grammiert, wenn man andere Meilen in ähnlicher Größen­ordnung benutzt oder durch Teilung der Seemeile in die Nähe anderer Maße kommt. [1] Zum Beispiel im Bereich der Kabel­länge von etwa einer zehntel See­meile:
182,88     m - imperial cable length - 600 imperial foot
185,2      m - internationale Kabellänge - 1/10 Seemeile
185,22     m - Stadion zu 600 kyrenaische Fuß
185,3184   m - GB cable length - 608 imperial foot
194,9036   m - Encablure - 600 Pariser Fuß
200        m - metrische Kabellänge
219,456444 m - US cable length - 720 survey foot
Sehr unangenehm ist auch die Ähnlich­keit des Klafters mit einer tausend­stel Seemeile:
1,624176   m - Brasse - franz. Faden - 5 Pariser Fuß
1,8288     m - Fathom - engl. Klafter - 6 imperial foot
1,829      m - Fathom nach EG-Richtlinie gerundet
1,852      m - Faden als 1/1000 int. nautische Meile 
1,88312    m - preußischer Faden - preußisches Klafter
1,949036   m - Toise - franz. Klafter zu 6 Pariser Fuß
Die bemerkenswerte Überein­stimmung von Kalbel­länge und Stadion führt auf 216.000 Sta­dien für den Erd­umfang. Laut Wiki­pedia soll Erato­sthenes ihn mit 250.000 ge­mes­sen und auf 252.000 kor­ri­giert haben. Unklar ist, ob er grob daneben lag oder seine Stadien deutlich kürzer waren. Ich gehe von letz­terem aus. Und seine Korrektur mag darauf beruhen, daß er in den Biblio­theken genauere als seine Werte fand: 600 reale Gudea-Fuß zu metro­logischen 26,46 Zen­ti­metern bilden eine chal­däische Stadie zu 158,76 Me­tern, 70 davon die chal­däische Para­sange zu 11,1132 Ki­lo­metern, von denen 3600 mit 40.008 Ki­lo­metern den Meridian­umfang auf 400 Meter genau treffen. [2,3,4]

Warum sollte der Erdumfang nicht schon 4000 Jahre bekannt sein? Dazu benötigt man nur einen genauen Winkel­messer, mit dem man die Höhe des Polar­sternes an zwei Orten mißt, und fleißige Arbeiter zur Messung der Entfer­nung in Nord-Süd-Rich­tung. Erato­sthenes hat den Sonnen­stand vermessen, was wegen Größe und Bahn­schwan­kung der Sonne unge­nauer ist. Außerdem hätte jeder Flach­erdler gesagt, seine Messungen zeigten nur, daß die Sonne 6400 Kilometer über dem Erdboden schwebt. [5] Für Fixsterne zieht dieses Argument nicht, weil die Stern­bilder an jedem Ort die gleichen Propor­tionen zeigen, also sehr weit weg sein müssen.

Im Laufe der Jahrhunderte geriet dieses Wissen weit­gehend in Verges­senheit, weshalb noch heute viele annehmen, die Menschen hätten bis Koper­nikus die Erde als Scheibe geglaubt. Wohl nicht nur die Römer machten ihr Reich größer, indem sie den Erdumfang redu­zierten. Und Kolumbus meinte, in Indien gelandet zu sein, weil er von einer deut­lich zu kurzen Meile ausging. Hat es während seiner Reise­zeit eine genau vorher­gesagte Mond­finsternis gegeben, so hätte er seinen Irrtum erkennen können.

[1] Die Wikepedia nennt kontra­intuitiv 1843 Ki­lo­meter am Äquator und stolze 1862 an den Polen. Zu diesen Werten gelangt man, wenn der Winkel nicht vom Mittel­punkt der Erde, sondern von dem des Krümmungs­kreises gemessen wird. An die Stelle des geozentrischen Winkels tritt die geogra­phischen Breite, der Winkel zwischen Äquator­ebene und dem Lot auf die Ober­fläche des Erdellip­soides.
[2] Siegfried Schoppe: Heinrich der Seefahrer, Kolumbus und Magellan. Seite 140. Bei Google-Books zu lesen, URL ist mir aber zu lang.
[3] Natürlich liegt der Verdacht nahe, der reale Gudea-Fuß sei an den Erdumfang angepaßt worden, und zwar in der Neuzeit. Doch das wird den aktiken Maßen und insbe­sondere dem im Louvre zu besichti­genden Gudea-Fuß nicht gerecht. Und selbst wenn alles erfunden wäre: Der Erdumfang betrüge dann immer noch 151.200.000 er­fun­dene Füße, die wiederum 4/15 des Sekunden­pendels zu Babylon entspre­chen. Damit bilden 40.320.000 Se­kun­den­pendel den Erdum­fang. Auf den ersten Blick keine beson­dere Zahl, aber als 63 mal 64000 doch mit sehr kleinen Faktoren, also ein glück­licher Umstand.
[4] Möglicherweise ist der Faktor 7 in den 252.000 Sta­dien dafür verant­wortlich, daß der kyre­naische Fuß mit 30,87 Zen­ti­metern als 7/6 des realen Gudea-Fußes fest­gelegt wurde. Ein kyre­naisches Stadion mißt damit 185,22 Meter und ist so lang wie das Stadion zu Athen. Der Erdumfang beträgt dann 216000=60^3 dieser Stadien.
[5] Eric Dubay, 200 Beweise dass die Erde keine rotierende Kugel ist (German). Youtube, 14.12.2017. Wem diese zwei Stunden zuviel sind, der wird auch kürzere Filmchen finden. Keine Angst! Zwar sind solche abstrusen mit Nasa-Ver­schwö­rungen verbun­denen Vorstel­lungen eher im rechten Spektrum zu finden, doch färbt deren Betrachtung nicht braun ab.

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