Tau-Tag
Der sog. Pi-Tag am 14. März breitet sich in den USA wie Halloween aus, nur mit Kuchen statt Kürbis. Das sehen die Pi-Gegner nicht gerne und halten am 28. Juni mit doppelt soviel Pies dagegen. Für sie ist τ=2π=6,28... die bessere Kreiszahl. Auf den ersten Blick mag das sinnvoll scheinen, zumal 2π allenthalben in Formeln vorkommt und sich auf τ verkürzte. Dann wäre nicht 2πr, sondern einfach τr der Kreisumfang. Und der rechte Winkel als Viertelkreis hätte ein Bogenmaß von τ/4 statt π/2. Mit π rechnen wir nur, weil unsere Vorfahren den Umfang im Verhältnis zum Durchmesser setzten und allen­falls ahnen konnten, daß der Radius die elegantere Größe darstellt. Wenn Außerirdische uns mit τ statt π konfrontierten, wäre das nicht verwunderlich.

Gewiß könnten andere aus ebensolchen geschichtlichen Gründen zu τ statt π gekommen sein. Hätten die Griechen sich mehr für den Radius interessiert oder hätte man Jahr­tausende später nicht 3,14..., sondern 6,28... einen griffigen Namen gegeben, dann würde auch ich mit der gleichen Selbstverständlichkeit fragen: Warum sollen wir π als Ersatz für τ/2 einführen? Gut, das mit dem Winkel (360°=τ) ist ein Argument gegen π. Nur sollten aus dem gleichen Grunde auch die immer noch gebräuchlichen Analoguhren gegen solche ausgetauscht werden, deren Stundenzeiger nur eine Umdrehung am Tag vollführt. Und die Uhrzeit führt auf die Frage: Warum setzen sich gerade die Amerikaner [1] mit ihren komischen Zeitangaben, Maßen und Gewichten für eine winzige Verein­fachung des Kreisumfanges ein?

Ich bleibe bei π, wie ich zu τ stünde, hätte die Geschichte dies zur Kreiszahl gekürt. Nicht wegen der Kreisfläche, die mit π mal Radius zum Quadrat besser aussieht als mit τ/2, denn dazu führen die Tau-Freunde ins Feld: Die Kreisfläche ergibt sich durch Inte­gration über einen anschwellenden Umfang, und so entsteht aus dem Umfang τ mal Radius eben die Fläche τ/2 mal Radius zum Quadrat. Das mag schlichte Gemüter beeindrucken. Doch kann man umgekehrt den Umfang 2π mal Radius auch als Ableitung der Fläche π mal Radius zum Quadrat sehen. Gut, nicht nur die Griechen kümmerten sich zunächst um Streckenverhältnisse und erst später um Flächen. Heute aber sind wir schlauer: Wer Volumen und Oberfläche höherdimensionaler Kugeln berechnen will, wird zunächst durch fortgesetzte Integration das Volumen

Vn(r) = πn/2rn/(n/2)!

der n-dimensionalen Kugel bestimmen, woraus sich durch schlichte Ableitung nach r deren Oberfläche

On(r) = 2πn/2rn-1/Γ(n/2)

ergibt. Ersetzt man in diesen Formeln π durch τ/2 werden sie nicht einfacher. So erscheint mir π doch als die glücklichere Wahl für die Kreiszahl, nicht 2π wegen des Vollkreises, nicht π/2 für den rechten Winkel und auch nicht π/4 als dem gern vor­kommenden Verhältnis der Flächen von Kreis und Umquadrat.

[1] Ulrich Pontes, Revolution gegen die Kreiszahl - Physiker will Pi abschaffen, Spiegel-Online, 28.06.2011. Pünktlich zum Tau-Tag ein Bericht über den Physiker Michael Hartl, der sich unter tauday.com über die neue Kreiszahl ausläßt, die wohl im Jahre 2001 durch den Mathematiker Bob Palais mit einem Artikel π is wrong in der Zeitschrift The Mathematical Intelligencer halbwegs ernsthaft eingeführt wurde.

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Flamenco gegen Flamingo
Das interessiert Deutsche nicht so sehr. Sie sitzen auch ohne Fernseher auf den Bürgersteigen und in ihren Autos, wie ich es gestern und am letzten Mittwoch nicht beobachten konnte. Offensichtlich ist die Begeisterung für den Weltfußball doch stark an die Nation gebunden. Die Verlierer und ihre Staatsoberhäupter sind bereits auf dem Rückweg oder zu Hause. Soweit gehen ihr Interese an der vielbeschworenen Völkerverbindung und ihr stets im Munde geführter Respekt vor dem Gegner oder gar dem Besseren nicht, daß sie sich das Endspiel ansehen würden. Oder habe ich sie unter den Achtzigtausend nur nicht gesehen?

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625/1244
Für den sog. Powi-Unterricht sollte ich meiner Tochter sagen, was die DDR hätte machen können, statt eine Mauer zu errichten. Mir fiel nichts ein, auch wenn ich als Mensch und nicht als Staatsrats­vorsitzender gesagt hätte: Dann geht doch rüber! Wer die hilflose DDR immer wieder nur als ein System sieht, das seine Mitbürger unterdrücken wollte, findet nicht gerade meinen Beifall. Ob Joachim Gauck zu ihnen gehört, weiß ich nicht. Aber ich verstehe die darin begründeten Vorbehalte der Linken. Doch die haben nun bei mir wegen ihres Abstimmungs­verhaltens zur Wahl des Bundes­präsidenten verschissen. Ab heute glaube auch ich, daß zusammen mit den Linken nicht regiert werden kann. Vielleicht ihn zehn Jahren einmal, wenn sie nicht mehr die beleidigte Leberwurst machen.

Letztlich spielten die Stimmen der Linken keine Rolle, weil Christian Wulff mit absoluter Mehrheit gewählt wurde. Die Abtrünnigen der Koalition wollten lediglich einen Denkzettel erteilen. Dies hätten sie auch im dritten Wahlgang wiederholt, wären sie sich der Enthaltung der Linken sicher gewesen. Die Überlegung von Sigmar Gabriel, Joachim Gauck hätte mit den Stimmen der Linken im ersten Wahlgang gesiegt, ist falsch. In diesem Falle hätte es nicht soviele Abweichler gegeben. Vielmehr sollte er dankbar sein, daß letztlich nicht die zwei Stimmen der beiden weder erschienenen noch vertretenen SPD-Frauen den Ausschlag gaben.

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Sportmathematik
Täglich lasse ich mir zusenden, was Google zum Stichwort Mathematik neu zu vermelden hat. Zumeist geht es um irgendwelche Schulsieger, gelegentlich aber auch um sog. Sportmathematik. Selten theoretischen Betrachtungen oder komplizierte Berechnungen, sondern zumeist irgendwelche Punkte­zählungen, vornehmlich zur Formel 1.

Da ist es schon interessanter, sich am letzten Spieltag einer Gruppe zur Fußball­welt­meister­schaft zu überlegen, welche Plätze unter welchen Umständen noch möglich sind. Zumeist ist es einfach, und es wird nicht wirklich Mathematik benötigt, doch stehen immerhin noch zwei Ergebnisse mit vier nicht­negativen ganzen Zahlen aus, daß die Gewinnzone nicht immer mit einem kurzen Satz umrissen werden kann.

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Gastgeschenk
Die Franzosen wissen, was sich gehört.

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Dippeling
Ich habe mit mittlerer Reife einen Beruf erlernt, für den heute ein Abitur normal ist. Dafür muß man ihn nicht mehr in einer großen Firma zusammen mit einfachen Leuten erlernen, sondern kann ihn auch an einer Universität studieren. Nach einem guten Abschluß wollte ich eine Ingenieur­schule besuchen, um danach auch ohne Abitur Mathematik studieren zu können. Heute gibt es diese Ingenieur­schulen nicht mehr. Sie haben sich zu Fachhoch­schulen, technischen Hochschulen und technischen Universitäten hochgedient. Ihre Absolventen lassen gerne einmal den Zusatz technisch weg, verzichten aber selten auf ihren Dipl.-Ing. mit seinen zahlreichen Zusätzen. Nun sollen sie ihn für Bachelor und Master hergeben. Diese neuen Bezeich­nungen mögen ihnen wie mir nicht gefallen, doch eine Extrawurst steht Ingenieuren nicht zu.

Sebastian Balzter, Die Rückkehr des Dipl.-Ing., Frankfurter Allgemeine, 29. April 2010

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Tsunami
Dank der verbesserten Warnungen und Vorher­sagen sind nun auch Direkt­übertra­gungen von Tsunamis möglich. Die gerade bei CNN zu bewun­dernde Fernseh­sendung hat aber noch etwas von Neun-Live, wo der Hot-Button auch jede Sekunde zuschlagen soll, doch lange auf sich warten läßt.

Fernsehen

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