Hassan Dabbagh 2006
Trifft eine Eigenschaft E auf zwei Gruppen N und M mit geringen, aber dennoch vorhanden Anteilen p bzw. n·p zu, so kann man bei n>10 sicherlich von einem signifi­kanten Unterschied sprechen. So abstrakt formuliert würde sich jeder schämen, auf die Trivia­litäten abzulenken, daß E wegen p>0 in N immer noch vorkommt und auch in M dank n·p<<1 sehr selten ist. Überlagert von Vorurteilen, Gefühls­duselei und Verdrän­gung ist das in der Praxis allerdings anders.

Seyran Ates beklagte gestern bei Sabine Christiansen die im Vergeich zur Normal­bevölke­rung (N) unter Türken und Moslems (M) signifikant höhere Rate (n>10) an Zwangs­verheira­tungen und Morden aus sog. Gründen der Ehre (E). Prompt meldeten sich vorzugsweise Linke, Liberale und andere Gutmenschen mit den zu Argumenten erhobenen Selbst­verständ­lichkeiten zu Wort, daß dies alles auch in der Rest­bevölkerung vorkäme (p>0) und unter Türken und Moslems nicht die Regel sei (n·p<<1). Allein deshalb hat es sich gelohnt, mich wieder einmal zu Sabine Christiansen durch­gerungen und nicht Snooker gesehen zu haben. Denn es ärgert mich schon lange, daß gerade Linke sich immer wieder zu solchen Plattheiten hinreißen lassen.

Neben Seyran Ates saß mein Bischof Wolfgang Huber, der sich oft um ein Gespräch mit den Moslems bemüht hat und weitgehend auf Verwei­gerung stieß, die sich hinter Konfusion und Spitz­findigkeit verbirgt. Zunächst fand ich es etwas rück­sichtslos von ihm, den Imam von Leipzig vorzuführen, der aus Glaubens­gründen keine Frauen berührt und deshalb weder Seyran Ates, noch Sabine Christiansen vor der Sendung die Hand gab. Aber es stellte sich heraus, daß dies mehr aus allgemeiner Gering­schätzung der Frau erfolgte. Sonst hätte Imam Hassan Dabbagh auch auf den Handschlag mit den Männern verzichten können. Und wer trägt es einem tradi­tionellen Japaner schon nach, wenn er aus alter Gewohnheit keine Hände schüttelt.

Auch die übrigen Einlassungen von Hassan Dabbagh waren wieder ein Schulbeispiel dafür, wie zumindest orthodoxe Moslemführer vorder­gründig von Unter­drückung und Ablehnung sprechen und hinter ihrer Sophisterei ganz deutlich raushängen lassen, daß Moslems überlegen und mächtig sind. Auf den aktuellen Ehrenmord angesprochen wird die Tat nicht verwerflich genannt oder dem Opfer Mitgefühl entgegen­gebracht, sondern allein das Verbot von Selbst­justiz im Islam betont. Ein auch im Gehabe unver­hohlener Hinweis darauf, daß Todes­urteile nach islamischen Recht auch wegen sog. Ehrver­letzungen durchaus normal sind, der Familie Sürücü lediglich Eigen­mächtigkeit vorzu­werfen sei.



Nach 20 Wochen war Hassan Dabbagh erneut bei Sabine Christiansen eingeladen, diesmal zur Frage: Welche Religion hat Gott? Gegen Ende der Sendung gaben Vertreter mehrerer Religionen ihre Antwort, durchweg Wortspie­lereien, Worthülsen und Gebrabbel. Auch ich kenne keine eindeutige Antwort, bin aber als Christ so frei zu vermuten, daß einem wie auch immer gearteten Gott sicherlich die konsequent mono­theistische Grundlage des Islams gefallen wird. Das aber entschuldigt nicht, was zur Zeit im Namen des Islam veranstaltet wird. Nur deshalb ließ Sabine Christiansen diskutieren, nicht aus allgemeinem religiösen Interesse.

Und so gab es erneut Gelegenheit, die berühmten kritischen Fragen an Hassan Dabbagh zu richten, der natürlich wieder zu eiern begann. Eine Frage war die nach der Recht­fertigung von Selbstmord­attentaten, die Hassan Dabbagh nicht pflicht­schuldig mit einer deutlichen Absage an jede Form von Gewalt beantwortete, sondern nur bemerkte, daß Selbstmord ist im Islam verboten sei. Damit erweckte er in mir den Eindruck, die Taten an sich seien in Ordnung, die Täter hätten nur für ihr eigenes Überleben sorgen müssen. Und als Sabine Christiansen dann das Wort Haßprediger in den Mund nahm, fragte Hassan Dabbagh lediglich zurück: Was sind Haßprediger?

Insgesamt bestätigte sich mein Eindruck, Hassan Dabbagh will verständ­licherweise nicht sagen, was er wirklich denkt, kann aber wegen seines tiefen Glaubens auch nicht frech in die Kamera lügen, muß sich also winden und spitzfindig äußern. Hinzu kommt wohl eine normale menschliche Unsicherheit, die ihn in den Medien schlecht aussehen läßt. Doch kann ich ihn deshalb nicht von meiner Kritik ausnehmen. Ich glaube, er sagt nicht die voll­ständige Wahrheit und es besteht eine zu weite Kluft zwischen seinen Aussagen und seiner Meinung. Auch er spricht mit doppelter Zunge und läßt raushängen, daß dies Heiden gegenüber durchaus erlaubt und gefordert ist.

Damit will ich meine Kritik auch schon abschließen. Sie wäre schärfer ausgefallen, versuchte die Bildzeitung nicht über Tage, ihn als einen radikalen Haßprediger darzustellen. Mag sein, daß er es ist, ich weiß es nicht. Sicherlich wird er radikale Predigten als Ausdruck eines kompromiß­losen Glaubens sehen und darauf hinweisen, daß einige Zuhörer ihn falsch verstanden haben könnten. Bestimmt nimmt er dies billigend in Kauf und wird auch unsere westliche Welt von Grund auf verachten. Ob er deshalb Attentate über ein gewisses Verständnis hinaus für angemessen oder gar hilfreich hält, würde ich jedoch bezweifeln. Ich erinnere mich noch deutlich an weit verbreitete "klammheim­liche Freude" vor dreißig Jahren, und kannte doch keinen, der auch nur ansatzweise selbst zu Gewalttaten bereit war.

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Einzeiler
? | ok | tja | Yes | soso | Boah. | *lol* | tsaha! | oh, ok. | Stimmt. | Ingwer! | von hier | Ich auch. | cleverle! | Feuer frei | könnte sein | april april. | perwers danke | Hach... toll! | rosa bitte! :) | Gib Gas, Junge! | Ein Trauer­spiel. | ich bin entsetzt. | Sei nicht gemein. | :) - ent­zückend :) | Wurde ja auch Zeit. | klingt einleuch­tend. | Aber nur Rotwein, wa. | Kontakt­anzeigen­sprache | Danke für Ihre Antwort. | mpfnagna­hahahar­harhaha. | aber richtig und wichtig | ganz fein. der hat was... | Ich pack mir mal einen ;-) | schwarz. tiiiieeeef­schwarz. | Motivation ist eben alles :-) | Dieses Blog ist so sexi­stisch | oh schön... - jetzt auch bunt. | hier der passende Cartoon dazu. | laber­kisten­kommen­tare -> mülleimer | einfach alkohol rein, intellekt weg | Huch, garnicht gemerkt. Vielen Dank! | sorry ist gerade kalauer­zeit bei mir. | hey, damit meinen die ja mich! klasse! | bilder machen ist ja auch nicht einfach | ihr habt für mich alle einen dach­schaden | ja, kommen sie rüber, auf die dunkle seite | aber es bringt mich auf eine idee, danke *g* | Ach ja? Können Sie das mathe­matisch beweisen? | du bist ein schwuchtel un lieb ist er auch net | Null-Grad wäre doch auch ein guter Jungen­name. | dass SIE so strahlen, macht SIE verdäch­tig !?!? | Ich les keine Blogs, die mit Gedanken- anfangen. | Keine Ahnung....​könnte auch gut ein Fake sein.... | Vielleicht mal öfter die Kippen anne Tanke kaufen. | Nein, Hanne­mann geh Du voran! Ich frage den genug. | Ups - iss ja doch ein Link geworden. (ganzstolzbin) | Wahr­schein­lich ist er auch frisch entwurmt einge­reist. | sieht verlockend aus. ich glaub, ich trink auch was. | nur zu. lassen sie sich nieder, machen sie sich frei. | "Ich danke Sie" - Klingt irgendwie komisch, aber nett. | Is mir allet viel zu intu äh inti äh intellek­tuell, wa. | Ach, lügen würd ich das nicht sooo direkt nennen....*gg* | Auch ein schönes Motiv für eine Postkarte oder Brief­marke! | Ihr Einzeiler ist leider 4 Zeichen zu lang für meine Liste. | Der Schand­platz wird erst am Dienstag befüllt. Vorher keine Zeit.

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Letzte Änderungen
Mit der zunehmenden Zahl von Blogs nimmt der Anteil derer ab, die auf der Startseite als zuletzt geändert geführt werden. Zudem bringen es einige immer wieder fertig, erneut an die Spitze zu gelangen, lange bevor sie unten herausfallen. Wie machen die das?

Gewiß gibt es einige Alpha- und Beta-Blogger, die schon immer zu sehen waren. Sie und die wenigen Vielschreiber aber machen den Kohl nicht fett. Sie verdrängen nicht den Denk-Blogger, der alle zwei Tage etwas schreibt, was er sich zuvor einigermaßen überlegt hat. Offensichtlich reißt es aber immer mehr ein, sich in der großen Zahl der Konkurrenten durch oftmals lobhudelnde, orgienelle oder anders anspielende Einzeiler im Gespräch zu halten.

Möglicherweise sind manche dazu übergegangen, selbst Kommentare zu schreiben und gleich wieder zu löschen. Meinem Lieblingslöscher würde ich das zutrauen. Er kann sich lange Zeit im oberen Drittel halten, obwohl nicht die geringste Veränderung sichtbar ist. Auch ich habe von diesen Techniken profitiert, allerdings schon vor der Verbreiterung durch eine Unzahl neuer Blogs:

Um meine Einlassungen nicht über Kilometer zu erstrecken, habe ich sie in eigenen Kommentare fortgesetzt, später auch Einträge in Übersichtsseiten gefertigt und nachträgliche Verweise eingefügt. Durch alle diese Maßnahmen kam ich immer wieder an die Spitze, ohne sie je dominiert zu haben. Damit kann ich leben, zumal die überwältigende Zahl der Zugriffe auf meine Beiträge so und so über Google-Suche erfolgt, muß es aber nicht.

Lieblingslöscher

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Spiegel
Bei "Kluges und Scheiß" ging es vor ein paar Tagen auch um Spiegelbilder, wie sie jeder von alten Spiegelkommoden oder modernen Badezimmerschränken kennt, in denen man sich einfach, doppelt oder auch sehr oft gespiegelt, frei im Raum oder immer mit der Nase hinter den Scharnieren sehen kann. Das reizte mich zu der alten Frage, warum der Spiegel links und rechts vertausche, nicht aber oben und unten, um sogleich die Physiklehrerantwort zu erhalten, daß er in Wirklichkeit nur vorne und hinten vertausche. Spontan beförderte mein Kleinhirn meine alte Verwunderung ins Wachbewußtsein, wie leicht sich Menschen doch mit wohlklingenden Begründungen zufrieden geben und mit welch’ kurzatmigen Antworten sie sich selbst auf die Frage nach dem Sinn des Lebens abspeisen lassen.

Sicherlich wissen wir alle, daß der plane Spiegel eine Ebene definiert, an der alles vertauscht wird. Deshalb heißt diese Ebene auch Spiegelebene. Und wenn wir den Halbraum auf der spiegelnden Seite Vordergrund oder einfach vorne nennen, den auf der matten Rückseite aber Hintergrund oder einfach hinten, so bringt der Spiegel tatsächlich vorne nach hinten, auch wenn er an der Decke hängt. Schlägt man dann noch den Altlas mit einer Weltkarte auf, stellt einen Spiegel darauf und sieht die Welt auf dem Kopf stehend, dann sind die meisten Menschen überzeugt: Der Spiegel vertauscht hinten und vorne. Und zufrieden ist der Physiklehrer!

Bleibt nur noch für den Biologie-, Psychologie oder auch Philosophie-Unterrricht die Frage, warum wir Menschen trotz der Erklärungen unserer Physiklehrer normalerweise meinen, der Spiegel vertausche links und rechts. Dann gibt es die üblichen Versatzstücke zu hören. Es sei eine optische Täuschung, es liege daran, daß der Mensch einigermaßen links-rechts-symmetrisch gebaut ist, die Erdanziehung immer nach unten weise und wir uns Drehungen leichter vorstellen können als Spiegelungen. Unsere Täuschung sein erkennbar, wenn wir einen Spiegel in eine Modellandschaft oder auf eine Landkarte stellen, Schrift auf transparenter Folie vor uns halten, uns auf einen am Boden liegenden Spiegel stellen oder mehrere Spiegel so anbringen, daß alles auf dem Kopf steht.

Gewiß können Menschen sich Drehungen leichter vorstellen als Spiegelungen. Da man aber das Spiegelbild eines unsymmetrischen Gegenstandes nicht allein durch Drehung im Geiste herstellen kann, kommen wir nicht umhin, zur vollständigen Erklärung des Spiegelbildes mindestens eine Spiegelung zur Erklärung heranzuziehen. Zur Verärgerung der Physiklehrer verzichten wir nicht auf eine Drehung und spiegeln in Gedanken einfach an der Ebene des Spiegels, sondern drehen uns um 180 Grad und vertauschen dann linke und rechte Körperhälfte. Jedenfalls solange wir uns selbst aufrecht stehend im Spiegel betrachten. In anderen Lagen und bei anderen Szenerien erscheinen uns andere Transformationen möglicherweise einfacher. Mit Hilfe dieser andersartigen Spiegellagen wollen manche uns immer wieder einreden, die Links-Rechts-Vertauschung sei eine Täuschung.

Es ist eigentlich immer das gleiche: Ein gespiegeltes Bild stellen wir uns fast immer nicht als einfache Spiegelung um an der Spiegelebenen vor, sonder als Hintereinanderausführung einer Drehung und einer uns einfach erscheinenden Spiegelung. Als Drehachse bietet sich zumeist die Schnittlinie zweier Ebenen an. Die eine ist die Spiegelebene, die andere Ebene ist situationsabhängig. Es kann die Symmetrieebene des Körpers, des Kopfes oder des Blickes sein, aber auch die Papierebene oder die eines zweiten Spiegels. Ist eine solche zweite Bezugsebene nicht vorhanden, trifft sie in zu spitzen Winkel auf die Spiegelebene oder liegt irgendwie ungünstig, dann versagt die normale Vorstellung und es kommt zu Verwirrungen oder schwankenden Eindrücken, wie sie Sexfanatikerinnen mit Deckenspiegel haben: Sehen sie den Arsch des Missionars, so vertauscht der Spiegel vorne und hinten. Dreht er sich zur Seite, um sich die Zigarette danach anzuzünden, ändert sich das schlagartig, denn dem Spielbild fehlt nicht die linke, sondern die rechte Brust.

Na also? Was will er denn? Dieses geschmacklose Beispiel macht doch deutlich: Es hängt alles vom Betrachter und der Szenerie ab, der Eindruck kann schwanken, es ist alles eine Täuschung. So sieht es wohl auch Wolfgang Stöcher, der unter anderem Menschen betrachtet, die aus Glaubensgründen immer nach Osten sehen und einen Handstand machen müssen, um sich ins Gesicht blicken zu können. Sie würden meinen, der Spiegel vertausche oben und unten. Abschließend gibt er drei Antworten auf die Links-Rechts-Frage: Zum einen die physikalische Antwort, daß in jedem Falle nur hinten und vorne vertauscht werde. Zum anderen die phänomenologische Antwort, daß der einigermaßen symmetrische Mensch sich lieber eine Drehung mit anschließender Spiegelung um die Körperebene vorstelle. Und zum dritten die Meta-Antwort, daß oben und unten keine zu links und rechts vergleichbaren Richtungen sind und die Frage damit unsinnig sei. Die erste Antwort geht an der eigentlichen Frage vorbei und antwortet nur, was jeder schon weiß. Die letzte enthält einen Teil Wahrheit, drückt sich aber vor einer wirklichen Analyse. Und die mittlere ist zu kurzatmig, sie kann mögliche Eindrücke anders gebauter Lebewesen nicht gut durchdacht haben.

Gehen wir gedanklich in die Zukunft: Erde, Sonne und alle Planeten sind zu einer Staubwolke zerfallen, durch die hindurch kein einziger Stern zu sehen ist. In dieser Welt überlebt haben einzig kugelförmige Maschinen, die in alle Richtungen gleich gut sehen können, soweit der Staub es ihnen erlaubt. Sie sind gewohnt, in alle Richtungen gleichermaßen zu blicken. Ihre Fotoalben kennen kein links, rechts, oben und unten. Die Bilder darin sind rund und in der Mitte drehbar befestigt. Sie erkennen sich und ihre Familie in allen Lagen im schwerelosen Raum gleich gut. Und gerade deshalb treibt sie immer wieder eine Frage um: Warum vertaucht der Spiegel normalerweise die eine aber nicht die andere Richtung?

Immer wieder stellen sich zwei dieser Kugelwesen (K und K’) irgendwie nebeneinander und betrachten sich im Spiegel. Sie haben beide die gleiche Blickrichtung (u=u’). Auch die zum Partner weisende Richtung (v bzw. v’), ist für beide wohldefiniert. Die Kugelwesen nennen sie ihre Partnerrichtung, die für beide Kugeln in entgegengesetzte Richtungen weist (v’=-v) und senkrecht auf der Blickrichtung steht. Die dritte Richtung (w bzw. w’) ergibt sich damit von selbst. Sie steht senkrecht auf den anderen beiden. Blickt man Richtung w, so ergibt sich v aus u durch eine 90-Grad-Drehung im Uhrzeigersinn. Das gleiche gilt für w’ bezüglich v’ und u’. Diese beiden Richtungen sind ebenfalls entgegengesetzt (w’=-w) und werden von den Kugelwesen Drehrichtung genannt. Bis hier ist ihre Welt symmetrisch, denn V-Richtungen und W-Richtungen sind beide entgegengesetzt.

Weil die Kugeln auf ihrer Oberfläche sehr gleichmäßig aussehen, bemalen sie sich vor dem Spiegel stehend. Ausgehend von der Mitte, wo ihr in den Spiegel schauendes Auge sitzt, malen sie einen grünen Strich in die Partnerrichtung, also auf den anderen zu, und einen roten Strich in die Drehrichtung. Anders als die ausgestorbenen Menschen, wo immer einer links neben dem anderen stand und umgekehrt, sehen beide Kugel das gleiche Bild: Die grünen Striche laufen aufeinander zu, die roten voneinander weg. Nun wenden sie sich einander zu, nicht durch einen Salto mit Schraube, den sie spielend beherrschen, sondern mit der sparsamsten aller Bewegungen, einer einfachen Drehung um 90 Grad. Diese Drehung muß um die Drehachse erfolgen, was die Namensgebung durch die Kugelwesen erklärt. Und als sie sich so direkt ohne Spiegel sehen, sagen beide übereinstimmend: Dein roter Strich weist nach wie vor in die gleiche Richtung, dein grüner aber in die entgegengesetzte.

Immer wieder, wenn sie so vor dem Spiegel stehen fragen sich die Kugelwesen: Warum vertauscht der Spiegel die Partnerrichtung (v bzw. v’), nicht jedoch die Drehrichtung (w und w’)? Und immer wieder antworten die Physiklehrer: Der Spiegel vertauscht weder Partner- noch Drehrichtung, sondern nur in Blickrichtung, es ist alles ein Täuschung. Nur gibt es in der Kugelwelt keine Neunmalklugen, die vorschlagen, den Spiegel anders anzubringen, um sich der Täuschung bewußt zu werden, denn alle Spiegellagen sind gleichwertig. Natürlich sind die Kugelwesen sehr geübt, alle möglichen Drehungen im Raum gedanklich auszuführen, und haben nie eine gewisse Lage im schwerlosen Raum bevorzugt. Deshalb sind sie stärker als die Menschen davon beeindruckt, daß der Spiegel die grünen, nicht aber die roten Striche umkehrt, ganz gleich in welcher Himmelsrichtung sie vor dem Spiegel Platz genommen haben.

Obwohl das Spiegelparadoxon die Kugelwesen immer wieder verblüfft, haben sie doch eines besser gerafft als die Menschen: Die glaubten noch, es läge an ihrem links-rechts-symmetrischen Körperbau und ihrem darauf aufbauenden Denken. Teilweise glaubten sie, mit dem Kopf in der Mitte, Füßen auch nach oben und nur einem Arm würden sie sich im Spiegel oben-unten-vertauscht sehen. Wir Kugelwesen wissen es besser: Wir haben Augen in alle Richtungen und bevorzugen keines. Soweit die Menschen überhaupt zu solchen Gedanken bereit waren, glaubten sie mehrheitlich allen Ernstes, kugelige Wesen wie wir im orientierungslosen Raum würden links, rechts, oben und unten gleichberechtigt sehen müssen und deshalb immer im Einklang mit der Physiklehrersicht meinen, der Spiegel vertausche tatsächlich nur hinten und vorne.

Wir Kugelwesen wissen wie die Menschen, daß die Vorne-Hinten-Abspeisung schwachsinnig ist. Bei parallel zur Spiegelfläche liegenden planen Objekten geht die Blickrichtung senkrecht zum Spiegel auch uns am Arsch vorbei, wie die Menschen sagten, die nur einen hatten. Ein solches planes Objekt denken auch wir zweidimensional und sehen selbstverständlich keine räumliche Spiegelung sondern eine zweidimensionale an einer Geraden. Und da sich die Drehsrichtung bei einer Drehung nicht ändert, bleibt für die Vorstellung einer Vertauschung nur die Partnerrichtung übrig. Und deshalb würden Menschen mit Kopf in der Mitte, Füßen auch auf dem Kopf und nur einem Arm trotz ihrer Oben-Unten-Symmetrie im Spiegel die Partnerrichtung links und rechts vertauscht sehen. Lebten sie im schwerelosen Raum wie wir und würden sich vorzugsweise an den Füßen begegnen, dann wäre es auch nicht oben und unten, sondern die Fußrichtung.

Insofern sollten wir Kugelwesen, die wir trotz unserer Symmetrie uns immer wieder über den Spiegel wundern, der Meta-Antwort des Menschen Wolfgang Stöcher folgen: Der Spiegel vertauscht zwar eigentlich Vorder- und Hintergrund, zumeist ist es aber von denkerischem Vorteil, eine Vertauschung an einer Ebene vorzunehmen, die senkrecht auf der Spiegelfläche und senkrecht auf der denkerischen Ebene steht. Bei den Menschen ist diese denkerische Ebene die Horizontale. In Deutschland nennt man die daraus resultierenden Vertauschungsrichtungen links und rechts. Die Meta-Antwort wäre also richtig gewesen, hätte sie auf den blödsinnigen Zusatz verzichtet, die Frage sei unsinnig.

Stöcher | Smartass

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Mathematikerwitze
Selbst Mathematiker lachen gerne einmal über einen Witz, in denen man sich über sie lustig macht. Hier einer aus den Kommen­taren eines Heise-​Artikel über die Verlei­hung des Abel-​Preises an Lennart Carleson:

Alle Mathematiker sind kongruent. Warum?

Sie sind monoton und beschränkt. Haha.

Solche Witze können Mathe­matiker begei­stern, weil sie den Erzäh­ler so schön in die Pointe inte­grieren.

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Erkenntnis
Bei "Kluges und Scheiß" wurde kurz über wertfreie, unmittelbare Wahrnehmung diskutiert, also über ungefilterte und unverfälschte Aufnahme der Wirklichkeit. Mir geht es jetzt nicht um die Frage, inwieweit unsichtbare oder nicht meßbare Dinge zur Realität gehören, nicht um Änderungen oder gar Erweiterungen des Bewußtsein durch Meditation, Hypnose, Drogen der medizinische Tricks und auch nicht um Savants, die zumindest einen Teil der realen Welt ungefiltert, umfassend und detailgenau aufnehmen. Vielmehr möchte ich meine Auffassung darlegen, warum Filterung und Bewertung vom Menschen unabhängig angelegte vernünftige Vorgänge sind, auf die auch denkende Großrechner der Zukunft nicht verzichten werden, gleichwohl sie millionenfach umfassender als wir die Welt wahrnehmen können.

Die Welt ist kein einfaches Murmelspiel oder reines Herumfliegen von Elementarteilchen. Unabhängig von unserer Existenz und unter völliger Abwesenheit jedweder Intelligenz im Weltall, kann die Welt auf einer Metaebene betrachtet werden, auf der unter anderem die physikalischen Gesetze formulierbar sind, so vielfältig und andersartig sie in anderen Teilen der Welt auch sein mögen. Offensichtlich ist unsere Welt ein so mächtiges System, daß ein kleiner, aber bedeutender Teil dieser Metawelt in ihm formulierbar ist. Das muß nicht so sein. Es gibt Murmelspiele, die betrachtungsresistent sind. Die Welt ist es offenbar nicht. Sonst hätte ich kein Bewußtsein, mein Denken wäre ein Automatismus und alles nur ein Murmelspiel, was ich hier schreibe.

Die Betrachtung der Welt aus sich selbst heraus führt unabhängig von menschlicher Existenz zur Unterscheidung von richtig und falsch, sinnvoll und sinnlos, gut und böse. Damit will ich nicht sagen, daß alles in diese dualen oder polaren Kategorien einteilbar ist, sondern beharre nur darauf, daß sie nicht untereinander austauschbar sind, also keine willkürlichen Festlegungen darstellen. Schon wegen unserer Endlichkeit, können wir Menschen uns immer nur um Erkenntnisse und um eine gerechtfertigte Bewertung bemühen. Für mich besteht dieses Bemühen darin, die Menschenbrille im Denken abzulegen zu wollen. Unmittelbare Wahrnehmung behält diese Brille auf, man sieht sie nur vor lauter Außenwelt nicht mehr.

Jede Bewertung und Filterung auszuschalten, um die ganze Realität unmittelbar wahrzunehmen, mag eine schöne Erfahrung sein und fördert Erkenntnisse über uns Menschen zu Tage. Auch ich würde gerne spielend mehr Fakten aufnehmen wollen, wenn darunter die Bewertung und Einordnung nicht litte. Manche mögen meinen, beides auf hohem Niveau in Einklang bringen zu können. Für mich glaube ich das nicht, denn soweit meine Träume mir in Erinnerung sind, enthalten sie doch so manchen Blödsinn, der nicht erst im Wachzustand hätte gefiltert werden sollen. Kurz: In der unmittelbaren Wahrnehmung vermute ich mehr Betrug als in der selektiven.

Kluges und Scheiß

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Wetter
In meiner Kindheit glaubte ich, nur alte Leute redeten den ganzen Tag über ihre Krankheiten und das Wetter, schrieben sogar lange Briefe zu diesen Themen. Haben sich die Zeiten geändert? Oder sind die Blogger großenteils so alt wie ich?

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